Kristina Iaksen mit Otto, Alfred und Siri
Mein Leben fühlt sich so bedeutsam an jetzt!

Kristina, ihr Mann und die drei Kinder sind schon viel herum gekommen. Eine Zeit lang haben sie in Paris gewohnt, vor einigen Jahren ist die fünfköpfige Familie in Düsseldorf sesshaft geworden. Das Hin- und Her war nicht immer leicht, aber es lohnt sich, sagt Kristina, die seit einigen Jahren Stay-at-home-Mum ist. Eine Entscheidung, die sie bis heute nicht einen Tag bereut hat. Gerade als Dänin ist dieser Lebensstil für sie ein Privileg. Im Interview erzählt Kristina über den Weg der Familie, die Vor-und Nachteile der dänischen Arbeitskultur und was für sie wirklich wichtig ist im Leben…

Hallo Kristina! Dein Mann und du, ihr seid ursprünglich aus der Nähe von Kopenhagen. Ihr habt aber schon drei Jahre in Paris gewohnt, dann vier Jahre in Kopenhagen und nun seid ihr seit 2014 in Meerbusch bei Düsseldorf. Ihr seid ganz schön rumgekommen! Wie sind eure Kids damit umgegangen?

Es war eigentlich gar keine schwere Entscheidung, nach Düsseldorf zu ziehen. Zu der Zeit hatten wir ein sechsjähriges Kind, ein dreijähriges und ein Baby. Ich sollte damals eigentlich wieder anfangen zu arbeiten und wir beide waren der Meinung, dass es unser Leben ganz schön anstrengend machen würde. Da kam dann das Jobangebot meines Mannes und uns war klar: Das machen wir. Wir haben es bis jetzt nicht einen einzigen Moment bereut. Da ich zu Hause bleibe, haben wir als Familie viel mehr Freiheiten und es macht das Leben für alle einfacher. Ich bereue es überhaupt nicht, meinen Job gekündigt zu haben – ich sehe diese Jahre jetzt als Auszeit vom Arbeitsleben. Und ich weiß auch, sobald wir wieder in Dänemark sind, fange ich wieder an zu arbeiten.

Wie kam es, dass deine Tochter Siri heißt?

Wir hatten die Idee dazu, lange bevor Siri des iPhones so berühmt wurde… Es ist ein alter, wunderschöner, norwegischer Name. Und ich liebe die Autorin Siri Hustved!

Sprechen eure Kinder mehrere Sprachen?

Die beiden älteren sprechen beide Deutsch, Englisch und natürlich Dänisch. Meine Jüngste ist in einem deutschen Kindergarten. Unseren Jungs fiel der Wechsel am Anfang allerdings ziemlich schwer. Beide sind hier in die internationale Schule gekommen und hatten wirklich Probleme mit der Sprache. Und natürlich vermissten sie ihre Freunde! Nach drei Monate waren sie dann aber in der Lage, zu kommunizieren. Für meinen älteren Sohn war die Anpassung relativ unkompliziert, mein mittleres Kind hatte es da schwerer…

"Am Anfang gab es viele Tränen, das war für alle schwer."

Warum?

Er war drei als wir umgezogen sind. Schon damals ist er nicht gern in den Kindergarten gegangen. In der internationalen Schule – wo keiner ihn verstanden hat und auch er niemanden verstand! – wurde es natürlich nicht besser. Er hatte Angst und war einsam. Es gab aber viele verständnisvolle Erzieher und wir versuchten, ihn früher abzuholen. Und er durfte wieder in unserem Bett schlafen! Das hat er sogar gemacht, bis er sechs war. Er brauchte einfach diese extra Sicherheit. Nach wenigen Monaten wurde es dann besser, er fand Freunde, mit denen er immer noch eng befreundet ist. Darüber sind wir sehr glücklich. Am Anfang gab es viele Tränen, das war für alle schwer. Dafür ist es jetzt umso besser und entspannter.

Du bist eigentlich Grundschullehrerin, aber – wie schon erwähnt – jetzt bereits seit einer Weile stay-at-home Mum. Ihr habt das damals zusammen entschieden, richtig?

Ja, genau. Ich hätte eventuell auch halbtags gearbeitet, aber es gibt dieses Modell in Dänemark gar nicht. Von meinen circa 30 Freundinnen haben zwei einen Tag die Woche frei, eine ist eine Zuhause (und die lebt in Deutschland), alle anderen arbeiten Vollzeit. Wir haben in Dänemark einfach keine Auswahlmöglichkeiten, es gibt keine Teilzeit und ganz wichtig: Die dänischen Frauen verbinden mit ihren Job genauso viel Stolz und Prestige wie die Männer! Wir schätzen unsere Unabhängigkeit, und wir lernen von früh an, wie wichtig es ist, allein für uns zu sorgen. Zuhause zu bleiben ist deshalb einfach nicht so akzeptiert. Hier in Deutschland hat man eine Wahl.

Außerdem ist das Leben in Dänemark durch die hohen Steuern ziemlich teuer. Man braucht einfach ein volles Doppeleinkommen, um sich einen gewissen Standard zu leisten – also ein Haus und ein Auto zum Beispiel.

Hier in Deutschland schauen wir oft nach Dänemark – besonders wenn es um Gleichberechtigung und familienfreundliche Arbeitswelten geht. Ist es wahr, dass niemand, der Kinder hat, länger als 18 Uhr im Büro bleibt?

Die meisten Familien teilen sich die Wochentage auf: Einer bringt die Kids morgen ins die Kita, der andere holt ab. Einer kann also früh anfangen zu arbeiten und der andere dann bis später. Und ja, dann essen immer alle zusammen um 18 Uhr. Das ein essentieller Bestandteil unserer Kultur! Beide Eltern sind immer um 18 Uhr zu Hause. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber die sind eher selten. Es ist so eine schöne Tradition.

Wie sehen Frauen ihre Situation in Dänemark?

Ich glaube, dass viele gern nur halbttags arbeiten würden… wenn sie die Wahl hätten! Besonders während die Kinder noch klein sind. Alle geben ihre Kinder in die Kita, sobald sie ein Jahr alt sind. Es gibt genug Kita-Plätze bzw. wie wir es in Dänemark nennen, “die Krippe”. Dort können Kinder ab sechs Monate bis knapp drei Jahre hin. Dann gehen sie in den Kindergarten.

Wenn ihr zurück nach Kopenhagen zieht, wirst du auch wieder arbeiten. Vermmisst du die Arbeit manchmal?

Ja, in ein paar Jahren werden wir zurück nach Dänemark gehn. Ich hoffe, ich werde die Möglichkeit haben halbtags zu arbeiten, aber ich glaube, dass wird nicht möglich sein. Ich vermisse meinen Job als Lehrerin, aber den Alltagsstress, der damit einhergeht, wenn wir beide wieder arbeiten, den vermisse ich überhaupt nicht!

"Ich will mich natürlich für die Zukunft absichern... Man weiß nie was passiert!"

Du hast vorhin viel von der Unabhängigkeit der dänischen Frauen erzählt. Wie hältst du es selbst mit deiner Rente und sozialen Absicherung? Habt ihr darüber gesprochen?

Darauf kannst du wetten! Natürlich haben mein Mann und ich über meine Rente gesprochen. Es ist extrem wichtig für mich! Da ich vorher Vollzeit gearbeitet habe, bekomme ich eigentlich eine gute Rente. Ich will natürlich meine Zukunft absichern… Man weiß nie was passiert! Mein Mann sieht das genauso, deshalb gibt es eine feste Summe, die ich von ihm erhalte: Genau so viel wie ich sonst in meinem Job zurückgelegt hätte.

Vermisst du etwas an Dänemark?

Was ich vermisse? Bei meiner Familie und meinen Freunden zu sein natürlich. Ich sehe meine Familie sehr viel weniger, als es mir lieb ist. Und ich vermisse die spontanen Treffen mit meinen Freunden. Aber auch hier in Deutschland habe ich tolle Freunde gefunden!

Was ist das Anstrengendste am Mama-Sein?

Wenn ich wieder anfange zu arbeiten, werde ich die Zeit vermissen, die ich jetzt noch für mich habe. Ich glaube auch, dass das Schwierigste als Mama von drei Kindern ist: Dass man einfach keine Zeit mehr für sich hat. Ich liebe es, Zeit mit meinen Kindern zu verbringen, aber ab und zu brauche ich einfach Zeit allein. Das ist fast unmöglich, wenn man arbeitet und für eine Familie sorgt.

Und was ist Schönste?

Das Beste daran eine Mama zu sein, ist all die Liebe, die mit dem Mama-Werden kommt. Mein Leben fühlt sich so bedeutsam an jetzt.

Kristina und Brian Isaken mit Otto (10), Alfred (7) und Siri (5) Mai 2018.
Interview: Marie Zeisler
Fotos: Melanie Osterried