Julia von Loessl mit Charly
Auszeiten sind für mich enorm wichtig

Kennt ihr das? Man entdeckt ein super Produkt, einen guten Text, ein besonderes Bild oder einen tollen Shop – und möchte gleich wissen, wer wohl dahinter steckt. So ging es mir, als ich Little Foshi entdeckt habe.
Entsprechend erfreut war ich, als ich herausfand, dass Little Foshi von einer spannenden Frau gegründet wurde! Julia ist eine echte Hamburgerin und hat sich nach vielen beruflichen Experimenten mit Little Foshi ihren Traum erfüllt, etwas Eigenes zu entwerfen und zu gestalten. Von dem Vater der gemeinsamen Tochter Charly lebt sie schon seit Jahren getrennt, und obwohl der Spagat zwischen Unternehmerin und Single Mum-Sein manchmal ganz schön kräftezehrend ist, sagt sie selbst, dass sie jeden Tag dankbar für ihr Glück ist. So viel Lebensfreude und Power steckt sicher an und tut gerade in der Vorweihnachtszeit gut, dachten wir uns. Und deshalb haben wir Julia in ihrer weihnachtlich dekorierten Hamburger Wohnung besucht!

Liebe Julia, erzähl doch mal ein bisschen was über dich….

Ich komme aus Hamburg. Nach dem Abi habe im Verlagswesen und dann bei einer ganz tollen Filmproduktion gearbeitet. Die Firma ist bis heute meine Benchmark in Sachen Kreativität, Company-Lifestyle und Arbeitsalltag! Danach habe ich den Börsengang des Online-Ablegers einer Verlagsgruppe begleitet.

Ich bin also ein Kind des Internet-Booms und habe den Aufstieg und den ersten Untergang hautnah miterlebt. Danach habe ich mein erstes eigenes Unternehmen gegründet, das ich dann meiner Schwester überlassen habe, als ich die Möglichkeit bekam, die Picturepark Studios zu entwickeln, zu gründen und aufzubauen. Mit diesem Projekt ich habe ich den größten Teil meiner bisherigen beruflichen Laufbahn verbracht und ein Unternehmen mit über 120 Mitarbeitern zur Markführung in Europa gebracht. Irgendwann war dieses Kapitel für mich allerdings gelesen und ich war auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Da ich in der Zwischenzeit Mutter geworden war, war es dann mein Ziel, die für mich gefühlte Lücke des Kids-Fashion-Segmentes – für meine Zielgruppe – vor allem online zu schließen. Da stehe ich nun – und ich bin gespannt was der Weg für mich noch bereithält.

So kam es also zu Little Foshi! Würdest du sagen, du hast ein Unternehmergen in dir?

Ja, schon. Ich habe schon als Kind auf Sylt frisch gepflücktes Gras als Kaninchenfutter für eine D-Mark verkauft – und habe es zu einem stattlichem Taschengeld gebracht! Es ist also tatsächlich Teil meiner DNA, schaffen und gestalten zu wollen. Ich habe schon zu Beginn meines Studium an Konzepten gearbeitet und unterschiedliche Ideen und Projekte verfolgt. Als ich dann einige Zeit in größeren Unternehmen verbracht hatte, war mir klar, dass ich meine Fähigkeiten nutzen möchte, um etwas Eigenes aufzubauen.

Es ist tatsächlich Teil meiner DNA, schaffen und gestalten zu wollen.

Ich bewundere das total, dass du dich das getraut hast. Viele haben sicher gesagt: Mutig heutzutage, wo der Einzelhandel so schwierig ist, oder?

Der Einzelhandel allein hat Probleme, wenn er den Einzelhandel so betreibt wie er in den letzten 50 Jahren betrieben wurde. Daher glaube ich langfristig auch nur an das Überleben von modernen Omni-Channel-Konzepten, also denen, die sich nicht nur am Point of Sale, sondern auch digital als ganzheitliche Marke präsentieren können. Andersherum glaube ich auch nicht an den Onlinehandel als stumpfes, digitales Warenhaus ohne Berührung für den Endkunden. Und ja, Mut gehört dazu. Man muss entschlossen sein und lichterloh für sein Projekt brennen. Dazu muss man auch bereit sein, das Scheitern in Kauf zu nehmen – und auch das muss man tragen können. Mit wehenden Fahnen Erfolge feiern kann jeder. Aber mit Karacho mit einem Projekt zu scheitern, oder es durch eine Krise zu führen, das muss man vorher einmal tief verinnerlichen. Wenn Mut und Entschlossenheit auch unter diesem Szenario nicht leiden, gibt es nur einen Weg: Nach vorne!

Wie lief es mit Little Foshi an und was hebt euch von den anderen ab?

Ich habe Little Foshi langsam entwickelt, aber auch bewusst vorangetrieben. Sowohl der Store als auch der Online-Shop haben sich in den letzten zwei Jahren enorm entwickelt. Wir haben inzwischen einen amtlichen Flagshipstore, der uns die Möglichkeiten bietet, uns so zu entfalten, wie wir es für einen Concept-Store für wichtig erachten. Andererseits entwickeln wir auch das digitale Erlebnis jeden Tag weiter. Was uns am Ende wirklich abhebt, müssen Andere entscheiden. Ich wünsche mir, dass Little Foshi eine moderne Produktauswahl zusammenträgt, mit Produkten, die Spaß machen, die besonders sind – und eben auch kein Mainstream. Wir versuchen, den Gedanken an Nachhaltigkeit immer in unsere Entscheidungen einfließen zu lassen, auch wenn wir kein reiner Organic oder Fairtrade Marktplatz sind. Wir tun das, was uns und unseren Kunden Freude bereitet. Es muss rund sein.
Das hat uns schließlich auch zu dem „runden“ Gedanken LOVED by Little Foshi geführt. Hier kann secondhand Kinderbekleidung verkauft und künftig auch gemietet werden. Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit bieten, aus dem Investment eines tollen Outfits am Ende auch wieder zu profitieren, in dem wir die Möglichkeit des Wiederverkaufes gleich mit anbieten. Das ist für mich nachhaltiger und achtsamer Konsum – ohne, dass ich mich dogmatisch Zwängen von außen zu unterwerfen habe, ob ein Produkt nun glitzern darf, oder nicht.

Du erziehst deine Tochter zum größten Teil alleine, seit wann ist das so?

Sie war eineinhalb, als wir uns getrennt haben, ich bin also schon seit ein paar Jahren alleinerziehend. Mein Ex-Mann und ich stehen in einem wirklich sehr guten Verhältnis zueinander. Wir respektieren uns und wissen, dass wir den Rest unseres Lebens Seite an Seite für unsere Tochter da sein werden und wollen. Wir haben es ziemlich gut geschafft, eine Balance zwischen dem, was uns trennt und dem, was uns eint, herzustellen.
Da er freiberuflich arbeitet und sehr viel unterwegs ist, ist unsere Regelung meist sehr dynamisch. Wenn er da ist, versuchen wir so etwas wie einen Rhythmus herzustellen. Ergänzend gibt es aber auch Absprachen für die kommenden Wochen, so dass ich weiß, wann er unsere Tochter sehen möchte und kann.

Wir haben es geschafft, eine Balance zwischen dem, was uns trennt und dem, was uns eint, herzustellen.

Alleinerziehend und selbstständig – zwei große Päckchen, oder?

Ja. Eindeutig ja. Ich höre oft von Frauen, deren Männer beruflich viel unterwegs seien, dass ihre Situation ja genauso wäre wie meine. Aber immer und mit jeder Situation und jeder Entscheidung alleine zu sein, ist etwas völlig anderes. Ich trage die volle Verantwortung für unser Leben. Finanziell und organisatorisch. Das heißt, ich muss dafür sorgen, dass der Kühlschrank voll ist, die Hausaufgaben gemacht sind, und das Wlan-Modem läuft. Parallel dazu ein Unternehmen aufzubauen und auch dort alle Last alleine zu tragen ist im Gesamtpaket eine Menge. Dafür muss man eine gewisse Belastbarkeit und Grundkonstitution mitbringen.
Ich gehöre selbst zu den Frauen, die andere Gründerinnen bestärken und ihnen Mut machen. Aber im Zuge des ganzen Gründerhypes und des female empowerments gehört auch dazu, sich zu fragen, ob man für diese Belastung überhaupt gemacht ist: Halte ich den Druck aus? Schaff ich es, auch Krisen zu meistern? Unternehmer*in sein ist nicht nur ein paar witzige Instagram-Stories zu machen, sondern eben sehr viel mehr. Und es nimmt am Ende des Tages auch unglaublich viel Raum ein. Den muss man bereit sein zu opfern. Wenn das Gründen und ein vermeintlicher Erfolg also eher dazu dient, das eigene Ego zu bedienen, sich darüber Bestätigung zu holen, dann ist der Preis, den man als berufstätige Mutter zahlt, schon ziemlich hoch. Aber mir erlaubt dieser Weg Freiheit, Eigenständigkeit und Selbstbestimmung. Und ich habe gelernt, die Erwartungen an mich selbst so zu stellen, dass ich sie auch erfüllen kann. Ich messe mich nicht und ich vergleiche mich nicht. Und wenn das mal heißt, dass die Milch im Kühlschrank leer ist, dann lachen wir. Und trinken Tee. So einfach ist das.

Wie organisierst du dich im Alltag, wie sehen deine Arbeitszeiten aus?

Als gebürtiges Schlaftier ist es ein Wunder, dass mir der neue Schulmodus meiner Tochter so gar nichts ausmacht und ich tatsächlich meinen Arbeitstag um kurz nach 8 Uhr starte. Dann sitze ich meist im Büro und arbeite möglichst effektiv alle wichtigen Themen ab. Um 15 Uhr hole ich sie dann aus der Schule und verbringe den Rest-Nachmittag mit ihr oder mit Kinder-Organisations-Dingen. An ein bis zwei Nachmittagen wird Charly von ihrem Vater abgeholt, so dass ich in der Woche meist zwei lange Tage habe. Freitags hole ich sie aber gern um 13 Uhr ab. Dann gehen wir noch über den Markt, essen Mittag zusammen oder fahren ins Wochenende. Natürlich ist mein Handy mein mobiles Büro und alle Fäden laufen dort zusammen. Umsätze, eMails, Analysen, Reportings – das checke ich dann schon auch zwischendurch, aber ich versuche gerade im Umgang mit meinem Kind, den Handy-Konsum so weit es geht zu reduzieren und Vorbild zu sein. Außer in Ausnahmen, wenn ich selbst auch mal samstags im Store bin, gehört das Wochenende uns. Wenn meine Tochter allerdings bei ihrem Papi ist, dann verbringe ich doch wieder mehr Zeit damit, zu arbeiten, als einfach mal die Füße hochzulegen. Ich komm da nicht ganz aus meiner Haut. Und ein paar Vorsätze müssen ja auch bleiben. Immerhin ist bald Jahreswechsel.

Deinen Hang zu schönen Dingen sieht man auch an eurer Wohnung, wann nimmst du dir Zeit, alles hübsch zu machen?

Ich bin ein visueller Mensch und ich brauche eine gewisse Atmosphäre um mich herum. Die hat mit Geld nicht viel zu tun, man kann auch mit wenig Mitteln große Effekte erzielen. Aber mein Zuhause muss mein Nest sein, mein Rückzugsort. Da von der Nachteule, die ich mal war, nicht viel übrig geblieben ist, ist mir ein schönes Zuhause inzwischen noch wichtiger geworden. An unserem Zuhause puzzle ich immer wieder herum. Eigentlich hört es nie auf, ich finde immer wieder Ecken und Orte in meiner Wohnung, die ich neu ordnen oder behaglicher machen möchte. Ideen hole ich mir immer und überall. In Zeitschriften, auf Instagram, bei Freunden – die Inspirationsmöglichkeiten sind ja heute so vielfältig, dass es schwer ist, nicht ständig neue Ideen zu haben.

Hast du Hilfe im Haushalt?

Eine klassische Hilfe habe ich nicht. Hätte ich aber gern. Ich hätte dafür auch vielfältige Verwendung: Wäsche waschen und bügeln, morgens um 6:30 Uhr ein herrliches Frühstück auf dem Tisch stehen zu haben, Einkäufe erledigt zu bekommen, Post zu öffnen, Überweisungen zu tätigen.. Ach, so eine private Hilfe für alle Belange, das wäre mein Traum. Die Wahrheit ist, dass ich einmal die Woche eine Putzfrau habe, die grundreinigt. Alles andere mache ich selbst.

Was macht ihr an den Wochenenden?

An den Wochenenden fahren wir gern aufs Land. Wir lieben es den ganzen Tag im Schlafanzug zu vertrödeln und im Garten herumzubutschern. Wir sind viel am Meer und das zu jeder Jahreszeit.
Auszeiten sind für mich enorm wichtig und auch meine Tochter liebt es im Garten und im angrenzenden Wald auf Entdeckungstour zu gehen und den normalen Alltag hinter sich zu lassen. Ich brauche die Natur und die Ruhe – und auch den Tapetenwechsel. Auch wenn es nur ein oder zwei Nächte sind, ich erhole mich in dieser kurzen Zeit und lade die Akkus etwas auf. Denn auch wenn ich nicht arbeite, leben wir natürlich direkt in der unmittelbaren Nähe unseres Stores. Da so völlig abzuschalten und nicht doch ständig an den Laden zu denken, fällt mir an den Samstagen die ich in Hamburg verbringe deutlich schwerer, als einfach nicht da zu sein.

Ich brauche die Natur und die Ruhe - und auch den Tapetenwechsel.

Was ist das Nervigste am Mama-Sein?

Ehrlicherweise ist für mich gar nichts nervig. Es ist manchmal anstrengend und besonders herausfordernd. Jeder kennt die Momente, in denen man an etwas scheitert, verzweifelt oder auch mal mit einer Situation überfordert ist. Aber ich habe schon so viele schlimme Dinge gesehen, dass ich jeden Tag sehr dankbar bin für das Glück, das ich habe. Für den Stress, die schlaflosen Nächte, die Streitereien.
Mama, alleinerziehend und Unternehmerin zu sein ist, schon eine spezielle Herausforderung, aber außer einer 5-jährigen lange Haare zu kämen finde ich wirklich gar nichts nervig.

Ich bin jeden Tag sehr dankbar für das Glück, das ich habe: für den Stress, die schlaflosen Nächte, die Streitereien.

Und was ist das Schönste?

Die Liebe, das Lachen. Das Kindsein. Jeden Moment die Welt noch einmal wie durch Kinderaugen zu erleben. Diesem kleinen Wesen Schutz und Kraft zu geben. Es heranwachsen zu sehen und dabei zuzuschauen, wie sich ein Charakter formt. Mama-sein ist definitiv meine Bestimmung und es ist das größte Glück auf der Welt einen Menschen mit Wärme, Liebe und einem großen Herzen auszustatten. Ach, und glückliche Kinderaugen, die Freude, das Strahlen – damit kriegt man mich immer rum.

Danke, Julia!

Julia von Loessl mit Charly (7), Dezember 2019
Fotos: Cindy und Kay Fotografie
Interview: Isabel Robles Salgado