Akke Aimaq und Avra
Ich hätte nicht gedacht, dass es so schön ist.

Akke Aimaq hat einen Sinn für schöne Dinge. Nach ihrem Design-Studium in Maastricht machte sie sich mit einem Label für Schmuck und Lederwaren selbstständig und nannte die Firma Akkesoir. Das Feedback war von Anfang an großartig, Akke gewann unter anderem den Hubert Burda New Faces Award und auch Katy Perry und Sienna Miller tragen ihre Einzelstücke. Parallel kam Tochter Avra auf die Welt – eine turbulente Zeit begann, doch Akke meistert es seither scheinbar problemlos, das Label, den Shop in Berlin Mitte und das Kind unter einen Hut zu bekommen. Die neue Rolle als Mutter floss natürlich auch in ihre Arbeit mit ein – im Sortiment sind mittlerweile auch wunderschöne Wickeltaschen.

Wie kamt ihr auf den Namen Avra?

Das hat nicht lange gedauert. Mein Mann hatte eher klassische Namen im Kopf und ich eher kürzere, modernere Namen, die ausgefallender sind und die man nicht so oft hört. Ich hatte erst einen anderen Favoriten: Alma. Uns war wichtig, dass wir einen Namen mit A haben. Mein Mann heißt Andre und ich Akke, unser Nachnahme ist Aimaq. Erst dachten wir, es wird ein Junge und hatten einen Namen und dann mussten wir uns doch noch mal etwas anderes überlegen, als wir erfahren haben, dass es ein Mädchen wird. Wir haben dann ganz romantisch das Zehntausend-Namen iPhone App benutzt, wo man nach Ländern und Sprachen suchen kann. Und so kamen wir auf Avra, das heißt Aura auf Griechisch. Andre hat dann noch Grace hinzugefügt.

Du hast dich mit deinem Label Akkesoir 2008 selbstständig gemacht und zwei Jahre später den New Faces Award gewonnen. Wie gehst du jetzt mit Avra und deiner Selbstständigkeit um?

Das war natürlich eine Frage, die ich mir vorher auch gestellt habe: Wie mache ich das eigentlich? Als ich schwanger wurde, hatte ich eine Partnerin. Im sechsten Monat hat sie aufgehört, sie hatte einfach andere Wünsche im Leben. Das war zu dem Zeitpunkt ein wenig schwierig, weil ich zusätzlich zu meiner Schwangerschaft auch gerade den kleinen Laden in der Linienstraße in Berlin Mitte eröffnet hatte.
Ich habe dann einen ziemlichen Druck gespürt – wollte einerseits eine super Mutter werden, die viel Zeit mit ihrem Kind verbringt und andererseits mein Leben nicht ganz aufgeben. Letztendlich habe ich es aber dann einfach auf mich zukommen lassen. Ich habe den Laden durch Personal laufen lassen und habe mir guten Ersatz geholt. Am 15. April kam Avra und ab Mitte März habe ich dann nicht mehr gearbeitet, natürlich liest man noch Emails etc. aber der Laden lief ohne mich und das Label musste ich erst mal ruhen lassen.
Die Sorgen gingen dann aber weg – denn da kommt einfach von Natur aus etwas ganz Starkes und man spürt: Das ist jetzt das Allerwichtigste. Die Geburt, die große Veränderung, diese Bereicherung. Das konnte man sich gar nicht vorstellen, wie das sein wird.
Wir haben uns dann für ein Au-pair-Mädchen, Monica, entschieden seit Avra zwei Monate alt ist. Das hat uns sehr geholfen. Sie passt 30 bis 40 Stunden die Woche auf Avra auf und ich kann in der Zeit arbeiten. Das war ziemlich früh und auch nicht einfach, diesen Mini-Menschen jemanden zu geben. Am Anfang sind wir mit Monica erst mal zusammen in den Urlaub gefahren, damit man sich aneinander gewöhnt.

Wie habt ihr das Au-pair-Mädchen gefunden?

Das ging über eine Au-pair-Agentur in Hamburg, die hauptsächlich mit Brasilianerinnen arbeitet. Wir haben dort Monica entdeckt und ein, zwei Mal mit ihr geskypt und uns auf unser Gefühl verlassen. Ich war natürlich schon unter Druck: Was, wenn sie es nicht ist? Man bezahlt ja den Flug. Aber es funktioniert gut und sie ist nach mir und meinem Mann Avras nächste Bezugsperson. Monica lernt Deutsch hier und Avra und sie verstehen sich gut. Sie ist wie ein viertes Familienmitglied. Das ist super.

Wann kommt Avra in die Kita?

Sie ist bei Verschiedenen angemeldet. Noch haben wir aber das Au-pair. Es ist natürlich wichtig, dass sie mit anderen Kindern zusammenkommt. Einmal die Woche treffen wir uns mit befreundeten Müttern und ihren Kids zum Spielen. Dann gehe ich mit ihr zum Babyschwimmen, und es gibt einmal die Woche noch eine Musikstunde für ganz kleine Kinder.

Hattest du eine Vorstellung davon, was für eine Mutter du sein wirst? Wie hat sich das nach der Geburt verändert?

Ich hatte gehofft, dass ich eine entspannte Mutter sein würde und dass sich das auch auf Avra auswirkt. Ich glaube, dass diese Vorstellungen ungefähr so sind, wie man dann auch tatsächlich ist. Wir versuchen, sie immer mitzunehmen, auch auf Flugreisen.

Du bist dann natürlich Mutter, und das ist schon anders. Aber wir versuchen trotzdem weiterzuleben wie vorher, so weit es geht. Als Avra zehn Wochen alt war sind wir nach Ibiza gegangen und manche Leute haben schon gesagt: Oh, sie ist doch noch zu jung, um zu verreisen und das heiße Klima! Aber Avra hat es geliebt. Und dort leben ja schließlich auch Kinder. Mit sechs Monaten sind wir nach Indonesien und es lief total vorbildlich. Ich versuche bei solchen Situationen, auch weil es mein erstes Mal ist, entspannt zu sein. Man macht sich dann natürlich viele Gedanken, aber wenn man die einfach mal loslässt, das merkt das Kind dann auch, dann entspannt sich alles.

Und das Leben mit deinem Mann, hat sich da was verändert?

Die Beziehung wird natürlich schon ein wenig getestet. Mein Mann und ich waren ja noch nicht so lange zusammen, bevor ich schwanger wurde. Man selbst rutscht dann auch in eine Rolle und er sagt: Am Anfang bist du nur wichtig fürs Kind. Du hast die Hormone. Und ich denke: Na toll! Aber man verbringt natürlich schon mehr Zeit und ist erste Bezugsperson, wenn man stillt.

Deine Schmuckdesigns sind alle Einzelstücke. Wie hat das Kind deine Kreativität beeinflusst?

Die ersten Monate war die Kreativität nicht so fließend. Ich war auch einfach so müde. Nach einem halben Jahr ging das besser. Wenn ich die Stücke herstelle, ist das wie malen. Man braucht dafür Ruhe, dann entstehen die Bilder, Kompositionen. Da bin ich lockerer geworden, einfach Dinge entstehen zu lassen und auch wenn’s mal nicht klappt, ist es kein Drama. Als Mutter habe ich jetzt gelernt Momente zu nehmen, wie sie sind. Normalerweise bin ich sehr zielstrebig, aber mit Kind bestimmt das Kind.

Wie schaffst du dir Zeit für dich?

Mein Mann arbeitet recht viel. Er hat eine eigene Werbefirma und verbringt unter der Woche einen halben Tag mit Avra. Ich kenne das aus Holland: Da machen die Männer einen Papa-Tag die Woche. Wenn man aber eine große Firma hat mit einigen Angestellten, ist es nicht so einfach. Er nimmt sie aber auch am Wochenende für ein paar Stunden und dann habe ich Zeit, mal mit Freundinnen einen Kaffee trinken zu gehen oder zur Maniküre, Pediküre oder Shoppen zu gehen. Das ist mit Kind natürlich sonst nicht so einfach. Das Au-pair hilft auch, dann kann man sich auch mal mit Buch und Tee in ein Café setzen, wo dich niemand kennt und das Telefon ausschalten. Oder einfach mit dem Auto losfahren, wie man das von früher kennt. Ich war fast 35 Jahre ohne Kind. Man hat ja immer spontan gemacht, worauf man Bock hatte. Das ist mit Kind dann erst mal anders.

Was ist das Nervigste am Mama-Sein?

Vieles ist eine Frage der Organisation. So ein Kind will eigentlich nur bei dir sein. Ich arbeite drei Tage, bin aber selbstständig. Und obwohl ich Montag und Donnerstag eigentlich nicht arbeite, erledige ich doch Sachen, die mit der Arbeit zu tun haben. Einerseits ist der Mama-Kind-Tag natürlich total wichtig. Aber dann muss man doch noch schnell etwas erledigen oder man muss diese E-Mail schreiben, und man schafft es dann einfach nicht: Sie hat die Windel voll, sie kann nicht schlafen, sie will auf den Arm. Das ist frustrierend! Man kommt einfach nicht dazu. Man bekommt eine ruppige Art und das Kind kann nichts dafür. Das ist eigentlich wichtig: Wenn man mit dem Kind ist, sollte man 100% bei dem Kind sein. Ansonsten braucht man ein Büro. Und: Man darf nicht so hohe Erwartungen an den Tag haben. Sonst ist man oft frustriert, also lieber ‘Go with the flow’.

Und was ist das Schönste ?

Die Interaktion mit meiner Tochter. Es ist nichts schöner als nach Hause zu kommen und diese große, schöne Reaktion von ihr zu bekommen. Dann kichert sie und freut sich.
Und das Körperliche, wenn man sein Kind so festhält. Man kennt ja seinen eigenen Körper und wie man gebaut ist. Sie ist noch ein Baby und eine Mischung aus deinem Mann und dir. Wie man sich selbst in dem kleinen Wesen spürt, diese extreme Verbundenheit, die Knochenstruktur, die man von sich kennt und wie man das dann bei seinem Kind auch spürt … Das löst bei mir immer noch Tränen aus. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schön ist. Ich hab Kinder schon gemocht, hatte aber nie dieses krasse: oh das möchte ich auch. Eher: Ich hoffe, es passt irgendwann mit dem richtigen Mann in meinem Leben.
Wir sagen das oft zueinander: Es ist das Allerschönste, wenn sie dich anlächelt. Und wenn sie dann so gern bei dir sein will …

Danke, Akke!

 

Mehr Informationen zum Label gibt es auf der Akkesoir-Website.

Akke Aimaq und Avra (11 Monate), Frühjahr 2013

Interview: Marie Zeisler
Fotos: Bella Liebermann