Laura Dilthey mit Johan und Carl
Die Kinder haben uns noch näher zusammen gebracht

Laura habe ich vor fast zwei Jahren in Kapstadt kennengelernt, sie und ihr Mann Jacob haben dort – genau wie wir – ein paar Monate der Elternzeit mit ihrem Sohn Carl verbracht. Ich habe Laura sofort als patente, warmherzige und weltoffene Frau wahr genommen, dass sie aber auch noch so viel Power und Karriere-Fokus in sich trägt, das hat mich im Laufe der Zeit ganz schön umgehauen! Laura ist eine ziemlich rastlose Seele, kann nie nichts tun, ist dabei aber gleichzeitig wahnsinnig entspannt und empathisch. Nach der Geburt von Sohn Nummer eins stieg sie nach neun Monaten wieder Vollzeit ein, auch Jacob arbeitet mehr als Vollzeit. Mittlerweile ist ein zweiter Sohn dazu gekommen, Laura ist gerade wieder in Elternzeit – und will danach ähnlich weiter machen, wie beim ersten Mal. Wie geht das alles zusammen? Wir haben Laura in Kreuzberg besucht und sie gefragt!

Liebe Laura, erzähl doch vielleicht erstmal woher du kommst und ein bisschen was über deinen beruflichen Werdegang…

Ich komme aus der schönen Kaiserstadt Aachen, gleich an der Grenze zu Belgien und den Niederlanden. Dort habe ich auch studiert – an der University Maastricht. Nach meinem Abschluss in Art & Sciences, ging es für mich erstmals nach Berlin. Bei Jung von Matt schaute ich mir an, wie Werbung gemacht wird, während die Hauptstadt mit ihren Reizen nicht geizte. Ich war sofort verliebt in die Stadt und mir war schon damals klar, dass ich hierher zurückkehren würde. Doch erstmal habe ich dann vier Jahre als Brand Manager für einen großen Kosmetikkonzern in Düsseldorf gerbeitet. Mit reichlich Marketingerfahrung in der Tasche folgte dann endlich der Umzug nach Berlin und ein kurzer Ausflug zu Rocket Internet. Da der Job dort aber wenig kompatibel mit Kindern war, wechselte ich nach meiner ersten Elternzeit zu Zalando. Hier arbeite ich jetzt als Brand Lead.

Wie lange bist du mit deinem Mann zusammen? Wolltet ihr immer Kinder?

Eine Ewigkeit! Jacob und ich haben uns bereits in der 6. Klasse kennengelernt und sind damit wohl klassische Highschool Sweethearts. Während der Teenagerzeit waren wir Partner in Crime – zum Ende der Schulzeit sind wir dann zusammengekommen. 

 

Wir sind klassische Highschool Sweethearts!

Heute sind es 13 Jahre, geheiratet haben wir aber erst kurz vor der Geburt unseres ersten Sohnes Carl – vor zwei Jahren.

Und ja, Kinder wollten wir immer. Jacob kommt aus einer großen Familie mit sechs Geschwistern. Für uns war schnell klar, dass wir besser früher als später selbst eine Familie gründen möchten. Der Wunsch des jungen Elternseins ist sicher auch geprägt von meinen Eltern, die mich und meinen Bruder schon mit Anfang 20 bekommen haben. Ganz so flott ging es bei uns dann aber doch nicht – unsere Jungs kamen jetzt mit knapp zwei Jahren Abstand am Ende meiner 20er.

Du bist nach Carls Geburt recht schnell wieder eingestiegen. Wieviele Stunden hast du gearbeitet und wie habt ihr die Betreuung geregelt?

Für deutsche Verhältnisse war das schnell, ja. Wir haben unsere Elternzeit in Berlin und Kapstadt verbracht. Eine großartige Zeit, die wir niemals missen möchten. Danach ergab sich für mich ein spannender Job bei Zalando – und so bin ich nach neun Monaten wieder voll ins Berufsleben eingestiegen. Jacob hat mich dabei unterstützt – und kurzerhand seine Elternzeit auf sechs Monate verlängert. Für die beiden Männer war das eine tolle Zeit. Und weil Jacob sonst von Montag bis Donnerstag für seinen Job unterwegs war, habe auch ich es als riesen Luxus empfunden, morgens gemeinsam in den Tag zu starten und abends bekocht zu werden. Jacob hat dann auch kurz vor Carls erstem Geburtstag die Kita-Eingewöhnung gemacht – bevor er im Sommer 2017 auch wieder 100% in seinen Job zurückgekehrt ist.

Genau, nach der Elternzeit habt ihr dann ja beide ganz schön viel gearbeitet, Jacob war sogar mehrere Tage die Woche außerhalb Berlins unterwegs oder?

Genau, auch nach unserer Elternzeit hielt ich meine 40 Stunden Woche, während Jacob in seinen Berater Job zurück kehrte. Damit verbunden war er unter der Woche unterwegs und wir ‚alleine‘ in Berlin. Da hat man sich schon das ein oder andere Mal die lieben Großeltern herbeigewünscht. Erst recht als der böse, erste Kitawinter kam und der kleine Mann gefühlt wöchentlich mit Schniefenase oder Husten zuhause bleiben musste. Ohne viel Unterstützung hätte unser Modell mit zwei voll berufstätigen Eltern also nie funktioniert. Es lief so ab: Ich brachte Carl morgens in die Kita, wo er dann täglich um 15:00 Uhr von seiner amerikanischen Nanny abgeholt wurde. Die beiden machten sich einen schönen Nachmittag bevor ich um 18:00 Uhr nach Hause jagte. Es folgten die zwei schönsten Stunden des Tages gemeinsam mit meinem Sohn, bevor er ins Bettchen und ich meist zurück an den Rechner huschte. 

Ich arbeite wahnsinnig gerne und brauche neben dem Mama-sein auch zwingend meine berufliche Herausforderung als Ausgleich. Dennoch habe ich mich manchmal wie im Dauerwettrennen mit der Zeit gefühlt – und meistens war ich nicht der Gewinner.

Aktuell befinde ich mich wieder in Elternzeit mit unserem zweiten wunderbaren Sohn, Johan. Das entschleunigt ungemein und lässt viel Freiraum für unsere Jungs und eigene Projekte. Weil ich ja – wie du schon erwähnt hast – nicht so gut still sitzen kann, entwerfe ich gerade unter dem kleinen Label CAJO Rasselbande Kinderspielzeug und Baby Accessoires. Die Sachen sind an meinem Lebensmittelpunkt orientiert – und meine Kinder sind natürlich die größte Inspirationsquelle und die besten Produkttester. 

Manchmal habe ich mich wie im Dauerwettrennen mit der Zeit gefühlt - und ich war selten der Gewinner.

Wie organisiert ihr das Familienleben jetzt gerade, habt ihr immer noch Hilfe?

Jacob hat seit Sommer einen neuen Job in Berlin, damit steigt unsere Qualityfamilytime ungemein. Ich habe aktuell viel Zeit für die Boys und so fahren wir unser Familienmodell im Moment ohne Nanny. Allerdings lassen es sich unsere Eltern nicht nehmen, uns regelmäßig zu besuchen. Das sind Carls absolute Lieblingswochenenden, denn in echt sind Oma und Opa noch viel besser als über Facetime. Spontane, großartige Hilfe finden wir außerdem bei unseren Freunden und Jacobs Schwester, die auch in Berlin lebt. Johan ist jetzt drei Monate alt und letzte Woche hatten wir unsere erste Datenight seitdem wir zu viert sind.

Apropos: wie ist es denn so bisher zu viert?

Super, wir lieben es. Vorher waren wir ein Pärchen mit Kind – jetzt sind wir eine richtige Familie. Johan ist das tiefenentspannteste kleine Menschlein auf Erden und verbringt die meiste Zeit schlummernd und schlemmend. Carl war anfangs ziemlich eifersüchtig auf den neuen Familienzuwachs, ist jetzt aber super stolz und liebt seinen kleinen Babybruder heiß und innig – manchmal noch etwas zu innig!

Willst du es nach der zweiten Elternzeit beruflich wieder genauso machen?

Gerne möchte ich auch diesmal relativ früh zurück in den Job – ob 100% kann ich noch nicht sagen. Mit zwei Kindern ist das sicher noch mal mehr eine Frage der guten Organisation. Wir spielen mit dem Gedanken an ein Au Pair, sind uns hier aber noch nicht einig, ob wir den Versuch wagen wollen. Alternativ begeben wir uns gemeinsam mit Carl auf die Suche nach einer neuen Nanny für die Jungs. Das hat in der Vergangenheit super funktioniert und auch Carl immer viel Freude gebracht. 

Bekommst du manchmal negatives Feedback zu eurem Modell – oder positives?

Negatives Feedback eigentlich nie. Oft zeigen die Leute in unserem Umkreis aber Interesse und wollen verstehen, wie wir Familie und Vollzeitjob unter einen Hut bringen. Wir haben uns selbst zu Beginn oft gefragt ob Carl unter der Woche zu kurz kommt. Dafür war uns der Dialog mit seinen Bezugspersonen in der Kita und mit unserer Nanny besonders wichtig. Das positive Feedback, und natürlich in erster Linie sein glückliches Wesen haben uns aber alle Bedenken genommen. Carl ist ein wahnsinnig aufgeschlossener, extrovertierter Junge, der viel Trubel und Action liebt. Das wilde Treiben in der Kita, und das abwechslungsreiche Nachmittagsprogramm machen ihn glücklich. Und abends, genauso wie am Wochenende waren uns die gemeinsamen Stunden immer heilig. Aber du hast recht, unser Modell wird sicher in Deutschland mehr hinterfragt als in anderen europäischen Ländern.

Unser Modell wird sicher in Deutschland mehr hinterfragt als in anderen europäischen Ländern.

Wann haben dein Mann und du Zeit für euch, und wie hat sich eure Beziehung durch die Kinder verändert?

Wir sehen uns gerade so viel wie in keiner bisherigen Lebensphase unserer Beziehung! Durch den früheren Job meines Mannes, aber auch unterschiedliche Auslandsaufenthalte waren wir die Jahre vor der Geburt unseres ersten Sohnes recht viel getrennt. Man könnte also sagen, die Kinder haben uns noch näher zusammen gebracht.

Die Zeit für uns als Paar ist limitiert, aber wir schaffen uns ausreichend Freiräume zu zweit. Dennoch: Klar, in Sachen Flexibilität und Spontanität haben wir sicher Einbuße machen müssen, seitdem wir zu viert sind. Vieles braucht heute deutlich mehr Planung und Organisation und verliert dadurch manchmal an Leichtigkeit und Abenteuer.

Sieht es bei euch immer so aus? Wann hast du Zeit, das Familienchaos zu beseitigen?

Ich denke wir halten es generell recht minimalistisch. Einige Schmuckstücke haben wir von unseren Großeltern geerbt oder auf Flohmärkten ergattert. Wir lieben hochwertige Klassiker, die uns ewig begleiten. Gleiches gilt für Spielzeug. Wie sagt man doch so schön: oft ist weniger mehr. Dann lässt sich auch das Familienchaos ganz schnell beseitigen. Unser Zuhause soll gerne ein Ruhepol im schnelllebigen Alltag sein, und Quelle neuer Energie. Sicher hilft aber auch, dass wir erst vor kurzem umgezogen sind. Regelmäßiges Ausmisten ist aber tatsächlich zum Leid meines Mannes generell eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.

Wo holst du dir Inspiration für die Wohnung?

Ich habe die AD, IDEAT und Atrium abonniert, die monatlich in unseren Briefkasten flattern. Und für mich gibt es nichts Schöneres als bei einem Kaffee durch Interior Magazine zu blättern! Ansonsten findet man natürlich auch reichlich Inspiration auf Instagram und Pinterest. 

Wie würdest du deine Söhne beschreiben?

Carl ist ein großartiger, kleiner Junge mit vielen verrückten Gedanken und killer Dancemoves. Er ist mutig und schreckt vor keiner Herausforderung zurück. Kein Klettergerüst ist zu hoch, keine Rutsche zu steil, keine Schaukel zu schnell, kein Seewasser zu kalt und kein Wettrennen wird ausgeschlagen.
Unser Neuzugang Johan ist ja erst drei Monate alt. Wir warten gebannt und voller Vorfreude auf seine ersten Charakter Züge.

Und wie bist du so als Mutter?

Ich gehe mit viel Leichtigkeit und Herz durch den Alltag und versuche das auch auf meine Kinder zu übertragen. Unsere Nachmittage sind meist am Interesse der Jungs orientiert, ich bin aber sicher niemand, der sich auf Strukturen einschießt. Ich bin sehr entspannt und schätze Improvisation. Sicher kann ich unter anderem an der gesunden Ernährung meiner Kinder feilen…

Bei uns gibt es schon mal zwei Tage hintereinander Pasta mit Butter und Parmesan!

Was ist das Nervigste am Mama-sein?

Aufwachen um 5:30 Uhr mit Kindertränen, weil die morgendliche Milch nicht schnell genug serviert wurde. Wutausbrüche immer dann, wenn man vollbepackt eigentlich nur auf dem schnellsten Weg nach Hause will. Überhaupt: die manchmal endlosen Jammerschleifen am späten Nachmittag. 

Und was ist das Schönste?

Zeit, den Geschichten von Carl zu folgen. Ihn beim Spielen heimlich zu beobachten und Teil seiner kindlichen Fantasie zu werden. Die uneingeschränkte Liebe und Zuneigung in ihren funkelnden Augen. Die Wissbegierde von unserem Großen und die Frage nach dem Warum. Die Suche nach Geborgenheit und Nähe von Johan. Und sein zauberhaftes Glucksen vor Glück.

Danke, Laura!!

Laura Dilthey mit Carl (2 Jahre) und Johan (3 Monate), Berlin, September 2018

Fotos: Lina Grün

Interview: Isabel Robles Salgado