Julia Bubenik mit Bo
Bloß weil man Kinder bekommt, wird man nicht zu einem anderen Menschen.

Julia Bubenik wohnt mit ihrem Mann Jan und dem dreijährigen Bo mitten im schönen Berliner Prenzlauer Berg. Die sympathische Julia ist uns schon öfter mal aufgefallen und wir freuen uns sehr, einmal einen Blick in ihren tolle Familienwohnung werfen zu dürfen! Außerdem ist Julia gerade schwanger, bald kommt noch ein kleines Mädchen dazu. Wir haben uns mit Julia über ihren Familienalltag unterhalten, über ihren Job als Head of Mercedes Benz Germany in der Agentur antoni und warum sie und ihr Mann erst kürzlich aus Randberlin wieder zurück in die Innenstadt gezogen sind…

Liebe Julia! Dein Sohn Bo ist drei und ihr erwartet gerade euer zweites Kind. Wie habt ihr euch denn kennengelernt, du und dein Mann?

Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass wir uns erst seit 2015 kennen. Auch damals habe ich viel gearbeitet und es gab selten Anlässe, neue Leute kennenzulernen. Außer im beruflichen Kontext. Und obwohl wir beide in der Werbung, im Management von Agenturen arbeiteten, und nur ein paar hundert Meter entfernt voneinander wohnten, lernten wir uns über Tinder kennen. Ich war total beleidigt, als er nach dem zweiten Date nicht mehr auf der App zu finden war. Ein paar Tage später haben wir uns noch mal verabredet und er meinte „Tinder habe ich gelöscht. Brauche ich ja jetzt nicht mehr.“

Wie organisiert ihr euer Familienleben?

Ich bin total begeistert von den unterschiedlichen Formen der Aufteilung, die in den letzten Jahren immer populärer geworden sind. Meinen Kolleg*innen habe ich immer die Angst vor dem Karriereknick genommen und versucht, die Väter zur Elternzeit zu ermuntern. Jan und ich unterstützen uns stark bei allen Jobthemen, springen kurzfristig ein, wenn ein Meeting länger dauert oder tauschen die Bring- und Abholverantwortlichkeiten über mehrere Monate, wenn z.B. ein größerer Pitch ansteht. Da wir beide in verantwortungsvollen Positionen und der gleichen Branche arbeiten, gibt es sehr viel Verständnis füreinander.

"Ich glaube an „It takes a village to raise a child.“

Habt ihr Hilfe in Berlin? Gibt es Großeltern?

Wie bei den meisten in Berlin, leben die Großeltern nicht um die Ecke. Meine Eltern wohnen aktuell in ihrem Haus an der Ostsee und finden die Zeit mit Bo sehr schön. Besonders in diesem Jahr waren wir häufig dort. Aber ich glaube an „It takes a village to raise a child“ und habe ein tolles Supportsystem hier in Berlin. Bo wird mehrmals pro Woche von den Nachbarskindern für play dates abgeholt. In der Kita helfen wir uns gegenseitig. Eher selten kommt ein Babysitter zum Einsatz. Aber am wichtigsten finde ich den Austausch mit anderen Müttern, um an besonders verrückten Tagen nicht verrückt zu werden.

Du arbeitest ja festangestellt und frei. Weißt du schon, wie ihr das mit der Elternzeit beim zweiten Kind machen wollt?

Ich habe mal gelesen, dass unsere Kinder in ihrem Leben vier mal die Karriere wechseln werden. Das hat mich beeindruckt und inspiriert, stetig Neues zu lernen. Mein Talent, Wissen und Können wende ich seitdem sehr unterschiedlich an. Ich arbeite als Head of Mercedes Benz Germany bei antoni, berate Unternehmen im Bereich Marketing als Consultant, unterrichte an der Miami Ad School und helfe jungen Influencerinnen dabei, Unternehmerinnen zu werden, indem wir gemeinsam E-Commerce Produkte entwickeln und vermarkten. Klingt viel. Ist es auch. Aber weil nicht immer alles in gleicher Intensität parallel läuft, kann ich es gut handeln. Die nächste Elternzeit möchte ich auf jeden Fall bewusster erleben. Stay-at-home mum wird es aber auch nicht.

...wenn man noch so kleine Kinder hat, dann steigt die Sehnsucht nach der erwachsenen Freiheit, dem Prä-Kinder Status quasi.

Was machst du am allerliebsten, wenn du mal nur Zeit für dich hast? Wie entspannst du dich?

Man muss echt aufpassen, dass alleine in Ruhe duschen nicht zu „Jetzt gönne ich mir was“ wird. Das sollte, genau wie ohne Kinder einkaufen zu den Dingen gehören, die man eben so macht und ist nicht die Belohnung für Mutti. Ich glaube, wenn man noch so kleine Kinder hat, dann steigt die Sehnsucht nach der erwachsenen Freiheit, dem Prä-Kinder Status quasi. Ich gehe manchmal zwischendurch alleine in eine Ausstellung. Da reichen 30 Minuten und man hat das Gefühl von Autonomie, Inspiration, Self-Care.

Ihr wohnt im schönen Prenzlauer Berg, aber habt euch auch schon mal im grünen Randberlin ausprobiert. Warum seid ihr wieder zurückgezogen?

Ich wohnte seit 2012 im Prenzlauer Berg und Mitte, Jan auch. Als ich dann das erste Mal schwanger wurde, dachten wir, es wäre eine gute Idee, rauszuziehen. Großes Learning: Bloß weil man Kinder bekommt, wird man nicht zu einem anderen Menschen. Ich hatte solche Sehnsucht nach meinem alten Kiez, den Freunden, dem Lifestyle, dass ich häufig zum spazieren gehen extra reingefahren bin, was ja absurd ist, wenn man im Grünen wohnt. Wir sind glücklich wieder in unserer Hood zu sein. Neulich meinte eine Freundin, die gerade aus Paris nach Berlin zurückgezogen ist, dass man nirgends so gut Erwachsensein und Kinder zusammenbringen kann, wie hier. Das war an einem Donnerstag Nachmittag, auf dem Spielplatz, neben dem Markt, der leckeren Riesling gekühlt in Gläsern verkauft.

Wie sieht ein normales Wochenende bei euch aus?

Das ist total unterschiedlich. Durch die Pandemie sind wir in diesem Jahr sehr häufig in dem Sommerhaus von Freunden gewesen. Einfach Natur genießen und die Zeit tickt langsamer. Wir sind nicht besonders gut im Planen von Wochenendaktivitäten. Es wird viel spontan entschieden. Ich bilde mir ein, dass es so leichter ist, die Wünsche aller zu berücksichtigen. Aber bewundere auch Familien, die die nächsten Wochen mit privaten Highlights durchgetaktet haben. Jetzt am Wochenende wollen wir Äpfel pflücken und Saft daraus machen.

Was ist das Nervigste am Mama-Sein?

Am Anfang hatte ich Panik, dass ich nie wieder Zeit für mich haben werde. Die Kinder wachsen so schnell und werden selbstständiger. Im Moment fühle ich Druck, den ich mir 100% selber mache, wenn es um Themen geht, wie strengere Regeln, windelfrei, gesunde Ernährung, Kind soll immer schön gekämmte Haare haben.

Und was ist das Schönste?

Hier die totalen Klischees, aber sie sind wahr: unconditional love, Zeit mit dem Kind zu verbringen, die kleine Persönlichkeit zu beobachten, den schönsten Job der Welt zu haben und viel Energie für alle Bereiche des Lebens zu bekommen (auch wenn man so müde ist, wie man es sich nie hätte vorstellen können).

Vielen Dank, liebe Julia!

Julia Bubenik und Bo (3), September 2020.

Hier geht’s zum Julias neuem Unternehmen: Tribe Papaya.
Interview: Marie Zeisler
Fotos: Katja Hentschel