Carolin Lessoued und Heidi Iman
Es ist verrückt. Verrückt wunderbar.

Carolin ist eine von den Frauen, die man gerne als beste Freundin hätte: lustig, fröhlich und ziemlich smart. Klar, dass auch ihre kleine Familie so bestechend sympathisch ist. Zusammen mit Töchterchen Heidi Iman und ihrem Mann wohnt Carolin im grünen Neuenhagen, kurz vor Berlin. Beide arbeiten, Carolin hat sich sogar vor zwei Jahren mit der Agentur Openers selbstständig gemacht. Es gibt also viel zu erzählen, wie das so war, wie das so funktioniert… Wir haben nachgefragt!

Liebe Carolin. Die Bilder sehen so idyllisch aus! Du hast mit 29 eine eigene Agentur, einen tollen Mann, ein Haus und eine überaus süße Tochter. War das schon immer der Plan?

Nein, absolut nicht ☺ Irgendwie fügte sich alles irgendwann zusammen. Manchmal halte ich auch kurz inne und muss darüber schmunzeln, wie sich mein Leben entwickelt hat. Meinen Mann kenne ich seit bald 8 Jahren und – natürlich – stellt man sich ab einem gewissen Punkt mehr vor. Uns war immer klar, dass wir Kinder haben wollen und diese Sache mit dem richtigen Moment… Nun, den gibt es wohl ohnehin nicht. Dass es nun 3 Monate nach der Gründung der Agentur soweit sein sollte, war erst Schock und dann unbändige Freude! Das Haus im Grünen war mehr Schicksal und emotionale Entscheidung, vollkommen unvorhersehbar. Unsere Agentur war allerdings tatsächlich lange vorbereitet und ein geplanter Akt. Wir haben viel nachgedacht, ausprobiert und eigene Erfahrungen gemacht, bis wir gegründet haben. Auf alles kann man aber – sowohl privat als auch beruflich – ohnehin nicht vorbereitet sein.

Vor drei Jahren habt ihr euch getraut und den großen Schritt gemacht, aufs Land zu ziehen. Gab es inzwischen mal eine kleine Zweifelsekunde, in der du das bereut hast? Vermisst du etwas besonders?

Bisher habe ich diese Entscheidung keine Sekunde bereut. Es gibt viele Vorteile, aber auch Nachteile, etwas weiter „draußen“ zu wohnen. Wir haben einen Garten, einen Hund, können uns bei gutem Wetter in den Pool legen, BBQs mit Freunden auf der Terrasse veranstalten oder aber einfach im 5 Minuten entfernten Wald spazieren gehen. Und diese Ruhe… Die kann nach einem langen Tag schon wirklich einiges. Auf der anderen Seite stehen die langen Fahrtwege, etwas Organisation, wenn man abends länger ausgehen UND Wein trinken will. Bisher habe ich noch keinen Taxifahrer überreden können, mich von Mitte nach Hause zu fahren…

Vor knapp einem Jahr kam eure Tochter Heidi Iman auf die Welt. Wie organisiert ihr euch? Funktioniert 50/50?

Bisher wirklich erstaunlich gut! Ich bin wahnsinnig glücklich und dankbar, dass mein Mann direkt gesagt hat, dass er Elternzeit nehmen will. Ich war vier Monate lang mehr oder weniger Vollzeitmama, von einigen Terminen und Meetings abgesehen, und bin seitdem 3 Tage pro Woche im Büro. Für mich eine wunderbare Abwechslung, da ich beides komplett auskosten und genießen kann. Außerdem macht es mich stolz, zu sehen, dass mein Mann in keiner Situation mit Heidi überfordert ist, weil er sie genauso gut kennt wie ich. Das erlebt man sonst eher selten, da kommt schnell die Frage auf: „Was soll ich dem Kind bei dem Wetter eigentlich anziehen, Schatz?“. Beruflich sind wir beide auch mal etwas länger unterwegs, ich war erst kürzlich 5 Tage in Tel Aviv. Die Beiden hatten einen Riesen-Spaß ohne mich! Als zusätzliche Unterstützung haben wir auch noch viel Familie um uns herum, bei denen Heidi auch oft und gerne unterkommt.

Gibt es bei allem Familienleben so etwas wie Zeit für dich? Oder ist das einfach gar nicht mehr so wichtig?

Mir ist Zeit nur für mich enorm wichtig. Das habe ich auch von Anfang an klar kommuniziert. Ob es mal „nur“ ein Bad in Ruhe oder ein Glas Wein mit den Kollegen am Abend ist oder aber ein Wellness-Wochenende mit Freundinnen. Genauso wichtig finde ich es, Zeit für die Partnerschaft zu haben. Heidi schläft einmal pro Woche auswärts, um uns genau das zu ermöglichen. Nur wer selbst glücklich ist, kann auch sein Kind und seinen Partner glücklich machen. Klingt abgedroschen, ist aber einfach wahr.

Mit zwei Partnern hast du 2013 die Agentur Openers gegründet. Was macht ihr da eigentlich?

Eine ganze Menge mittlerweile! Im Grunde bedienen wir aber zwei Hauptzielgruppen. Das sind zum Einen ausländische Unternehmen aus den Bereichen Tech, Digital und Lifestyle, die auf den deutschen Markt expandieren wollen – diesen helfen wir dabei, hier Fuß zu fassen. Die Leistungen reichen dabei vom vorherigen strategischen Marktscreening über Community Building, Public und Investor Relations bis hin zu größeren Event-Produktionen oder Guerilla Maßnahmen. Zum Anderen helfen wir größeren Konzernen dabei, Zugang zu dieser sehr innovativen und agilen Szene zu erhalten, ebenfalls über ziemlich diverse Wege. Meine beiden Mitgründer Kerstin und Niko sind die besten Co-Founder, die man sich wünschen kann. Vor allem Kerstin hat mir in den letzten Monaten regelmäßig geholfen, mich wieder aufgerichtet und motiviert, die Zähne zusammenzubeißen. Sie zeigt wahnsinnig großes Verständnis für die Situation und ist einfach eine Rakete.

Wo soll es hingehen in den nächsten Jahren? Wollt ihr mehr Kinder?

Also ich würde definitiv gerne noch ein Kind haben, allerdings erst in 3 bis 4 Jahren, jetzt geht es mir erstmal darum, Heidi aufwachsen zu sehen und die Agentur weiter nach vorn zu bringen. Zudem muss ich auch erstmal meine Partnerin Kerstin wieder etwas entlasten nach den letzten Monaten ☺

Unser Plan ist auch, viel zu reisen, nachdem wir die letzten 2/3 Jahre wegen Hochzeit und Haus etwas zurückgesteckt haben. Und wenn wir dann irgendwann – vielleicht – wieder ruhiger geworden sind, wäre ich mehr als glücklich darüber, noch so ein wunderbares Kind zu bekommen.

Kannst du dir vorstellen einfach dein ganzes Leben in dem Haus zu verbringen?

Warum nicht? Ich kann mir aber auch genauso gut vorstellen, irgendwann die Koffer zu packen und nach Schweden auszuwandern. Oder doch wieder in eine Wohnung in der Stadt? Ein anderes Haus? Für den Moment bin ich sehr glücklich, aber wer weiß schon, was in 10 Jahren ist.

Wie verbringt ihr am Liebsten einen Sonntag?

Sonntage sind für uns wirklich Familientage. Das aktuelle Projekt meines Mannes (und er hat mich angesteckt) ist die Restauration eines alten VW T2 Busses, mit dem wir nächstes Jahr im Sommer ein paar Wochen in den Norden fahren wollen. Hier ist noch einiges zu tun, aber wir kommen gut voran und er erstrahlt bald in altem Glanz. Mich reizt die Vorstellung, einfach loszufahren und zu schauen, wie weit wir kommen.

Ansonsten treffen wir uns auch regelmäßig mit Freunden auf Cheesecake und Kaffee in Kreuzberg oder laden zum Essen bei uns im Garten ein. Mir ist wichtig, möglichst viel Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen, weshalb es bei uns oft trubelig zugeht. Ich liebe dieses Chaos einfach.

Was ist das Anstrengendste am Mama-Sein?

Alles anzufangen, und meist wieder aufzuhören. Sich nicht unabhängig bewegen zu können, da man selten allein ist. Nicht zu verstehen, was in den kleinen Menschen manchmal vor sich geht. Nicht helfen zu können, wenn sie in einem Wutanfall feststecken. Nicht ausschlafen zu können.

Was ist das Schönste?

Dass all diese Sachen bedeuten, Verantwortung für SEIN Kind zu übernehmen. Und diese Liebe, die jeder Mensch nachvollziehen, aber keiner sich wirklich vorstellen kann, bis man zum ersten Mal in das Gesicht seines eigenen Kindes schaut. Diese vielen Momente, in denen ich mich auf dem Boden kringele, weil Heidi irgendetwas Lustiges von sich gegeben hat. Diese Blicke zwischen ihrem Papa und mir, wenn uns beiden vor Stolz die Brust platzt, weil sie es schafft, einen Turm aus 2 Holzbausteinen zu bauen. Es ist verrückt. Verrückt wunderbar.

Hier gehts zu Carolins Agentur.

Carolin Lessoued (29) mit Heidi Iman (1 Jahr), September 2015

Fotos: Leni Moretti
Interview: Marie Zeisler