Die 30-Jährige Ingerid ist Norwegerin und wohnt mit Söhnchen Neo und ihrem Mann Yuuki in Tokyo. Ihr Sohn wächst dort drei-sprachig auf – mit Englisch, Norwegisch und Japanisch. Wie ist es, ein Kind so weit weg von zu Hause aufzuziehen, besonders in Japan, dessen Kultur so anders erscheint? Ich habe Ingerid nach ihrem Familienleben befragt und freue mich, dass sie so offen über ihre Zeit in Japan gesprochen hat.
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Hallo Ingrid! Seid wann wohnst du in Tokio und wie kam es dazu?
Hi Marie! Ich bin 2003 nach Tokio gekommen, als ich 18 war um als Model zu arbeiten. Japan war ein guter Markt für mich und so bin ich zwei Mal im Jahr immer mehrere Wochen in Tokio gewesen. 2009 habe ich dann über einen Freund in meinem Lieblingsrestaurant diesen unglaublich tollen Japaner kennengelernt – es war ein totaler Zufall! Ein paar Treffen später waren wir schon voll verknallt. Ich kam dann öfter nach Japan und bin nach einem Jahr dorthin gezogen.
Wie war es ein Baby so weit weg von zu Hause zu bekommen?
Es war eine ziemliche Herausforderung! Meine Mutter kam und blieb drei Wochen mit uns nachdem Neo geborgen war, und das war eine riesen Hilfe. Ich litt unter postnataler Depression und hatte ein Neugeborenes mit Koliken, sie bei mir zu haben bedeutete mir die Welt.
Mutter zu werden hatte ich mir als die pure Freude und totales Glück vorgestellt, stattdessen kamen Tränen, Ängste und Panikattacken Tag und Nacht. Gott seid Dank hat die Hebamme, die bei uns zu Hause vorbeikam um zu schauen wie es Neo und mir geht, gemerkt, in welchem Zustand ich war und geholfen. Und mein Mann war mein Fels in der Brandung – er war sehr liebevoll und hat viel Verständnis aufgebracht.
Was für Hilfe hast du bekommen?
Ich habe vom meinem Arzt Antidepressiva verschrieben bekommen. Man nimmt es jeden Tag und hat keinen sofortigen Effekt. Es braucht ungefähr eine Woche, oder mehr, bevor man eine Veränderung merkt. Und es ist kein Problem beim Stillen. Ich nahm es für ca. sechs Wochen und dann brauchte ich vier Wochen um die Dosis zu reduzieren. Danach war ich wieder fit. Mein Arzt hat mir erzählt, dass die Gefühle, die ich hatte, meine Hormone waren, die verrückt gespielt haben und das es ziemlich normal sei. Fast alle Mütter haben das, nur manche etwas stärker.
Ich weiß nicht, wie alles abgelaufen wäre, wenn ich das Baby in Norwegen bekommen hätte. Neo war in der Steißlage, und in Japan heißt das Kaiserschnitt. In Norwegen hätten sie es mit einer natürlichen Geburt probiert. Diese Erfahrung wäre also schon mal sehr anders gewesen. Ich weiß nicht, ob sie mir anders geholfen hätten bezüglich der Depression – wenn ich überhaupt eine gehabt hätte! Ich hätte allerdings so oder so in Norwegen mehr Menschen um mich herum gehabt, die mich unterstützt hätten.
Hast du japanische Freundinnen, die auch Mütter sind? Oder sind es hauptsächlich eher ausländische Mamis?
Beides! Aber ehrlich gesagt, sehe alle nicht so besonders oft. Wenn ich einen Rat brauche wegen des Babys, dann frage ich meine Mama, oder die Freunde meiner Mama oder eben mein Mummy-Idol Jenny…
Wer ist Jenny?
Sie ist eine meiner besten Freundinnen! Jenny kommt aus Finnland, aber lebt mit ihrem Mann Michael und der gemeinsamen Tochter Maya in Berlin. Sie war übrigens diejenige, die mich Yuuki vorgestellt hat! Und ich finde, sie ist eine unglaublich tolle Mutter. Da ihr Baby ein wenig älter ist als Neo, kann ich sie immer um Rat fragen, weil sie das meiste schon durchgemacht hat. Sie hat immer Antworten!
Kinderbetreuung gibt es in Japan erst für Kinder ab drei Jahren. Wie machen das Eltern in Japan? Und wie geht ihr damit um?
Wenn eine Frau in Japan heiratet und ein Baby bekommt, hört sie auf zu arbeiten und wird eine Vollzeit-Mama. Deshalb gibt es eigentlich keinen Bedarf an Kitas. Ab drei Jahren gehen die Kinder dann, aber eher um sich zu sozialisieren. Wenn eine Mutter weiter arbeiten will, muss sie ihr Kind privat betreuen lassen.
Ich habe da Glück, da mein Mann von zu Hause arbeitet. Deshalb teilen wir uns die Aufgabe und planen so, dass ich arbeiten kann, wenn ich als Model gebucht werde. Mein Mann hat nicht die typische japanische Mentalität, deshalb funktioniert es so für uns.
War es eine große Herausforderung ein Baby in Japan zu bekommen?
Tokio ist eine sehr babyfreundliche Stadt, daher gibt es nicht wirklich Probleme. Vielleicht könnte die U-Bahn mehr Aufzüge haben, manchmal kommt man mit einem schweren Kinderwagen nicht einfach da heraus.
Was für eine allgemeine Einstellung haben Japaner gegenüber Kindern? Sind sie einfach Teil des Lebens oder ein besonderer Segen?
Im Moment hat Japan das Problem, dass es zu viele alte Menschen gibt und nicht genug Kinder geboren werden. Im Jahr 2050 wird die Bevölkerung um 25 % geschrumpft sein. Deshalb sind Babys im Moment ein Segen und eine Notwenigkeit. In einer Stadt wie Tokio, in der viele Frauen Karriere machen, ist der Schritt eine Hausfrau zu werden hart. Deshalb machen das immer weniger. Wenn die Regierung die Frauen mehr unterstützen würde und ihnen das Recht auf Arbeit ermöglichen würde, gäbe es dieses Problem nicht.
Möchtest du noch mehr Kinder haben? Wenn ja, wo?
Ja, ich will definitiv noch mehr Kinder! Ich haben zwei Brüder und zwei Schwestern und sie bedeuten mir so viel! Es ist uns wichtig, dass Neo auch so etwas in seinem Leben hat. Ich hoffe, dass wir nach Norwegen zurückziehen können, bald. Ein Baby weit weg von zu Hause haben ist hart genug, aber zwei, drei oder vier sind unmöglich ohne die Unterstützung meiner Familie!
Welche japanischen Tugenden willst du deinem Sohn gern beibringen?
Japaner sind fleißig, höflich, mitfühlend und sehr respektvoll jedem und allem gegenüber. Ich glaube, dass Neo das automatisch mitnimmt, wenn er in Japan aufwächst. Wenn wir zurück in Norwegen sind, werden wir das auf jeden Fall weitergeben.
Was ist das Anstrengendste am Mamasein?
Die vielen Sorgen! Selbst wenn ich mal eine Nacht frei habe, um auszugehen und etwas Spaß mit meinen Freunden zu haben – ich denke immer an NEO!!!
Und was ist das Beste?
Alles!
Ingerid Itoh Maske mit Neo (12 Monate), Mai 2015
Interview: Marie Zeisler
Photography: Barbara Klein
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Ingerid is a Norwegian model and mom of Neo. The 30 year old lives in Tokyo together with her husband Yuuki. Their son Neo is growing up learning three languages: English, Norwegian, and Japanese. What’s it like to raise a kid so far away from your home country and especially in Japan which seems so different to our culture? I was wondering. So I asked Ingerid about her family life and I’m happy she shared these intimate insights with us…
Hello Ingerid. You live with your son and Japanese husband in Tokyo. Since when have you been there and why did you move to Japan?
Hi Marie!
I came to Tokyo in 2003 (when I was 18) to work as a model. Japan turned out to be a very good market for me, so I started coming twice a year for a three to four week period each time. In 2009 I was in Tokyo again and I met this amazing Japanese guy via a very good friend of mine at my favourite restaurant. It was completely by accident. And a few meetings later we were totally crazy about each other :-) . I started coming more often and stayed longer. Then, within a year, I had officially moved here!
How has it been, having a baby so far away from your home country?
It has been a big challenge to have a baby so far away from my home and family!
My mom came to stay with us for three weeks after Neo was born, and that was life-saving! I was suffering from post natal depression, so to have her here, helping with a new-born baby that suffered with colic – that was everything for me. I was expecting pure bliss and happiness becoming a mom for the first time. Instead it was tears, anxiety, and panic attacks all day and all night. Thankfully, the midwife that came to the house to check up on me and the baby saw how I was doing, and I got help. My husband was my rock through all of this. So helpful, loving, and understanding.
What kind of help did you get?
I got prescribed an anti-depressive from my doctor. It must be taken everyday, and does not have an immediate effect. It takes about a week or more before you feel any change. And it’s safe to take when breast-feeding. I took them for about six weeks, then I needed about four weeks to step down the dosage and to finally stop. After that I was completely fine. My doctor explained to me that these feelings I was having were my hormones going a bit mad and it was completely normal. And that most new moms have this, some just a little and some a lot!
I don’t know how things would have turned out if I would have had the baby in Norway. Neo was in breech, which in Japan means C-section. In Norway, they would most probably go for a natural birth. So that experience would have been totally different.
I don’t know which kind of help I would have gotten for the depression – if I would have had one. Maybe they would’ve just told me to suck it up! But I would have had more people around me and more support. That I know for sure!
Do you have Japanese mum-friends? Or are they mostly foreigners?
I have some Japanese mom friends, and some foreign ones. But truthfully – I don’t see any of them that much. If I need advice I turn to my own mom, my mom friends back home and to my mummy idol Jenny …
Who is Jenny?
She is one of my best friends. Jenny is from Finland, but she lives in Berlin with her husband Michael and their daughter Maya. She is actually the one who introduced me to Yuuki. I think she is an amazing mom, and since her baby is a little older than Neo, I can always ask for her advice on baby things since she has already gone through the things that I’m dealing with. She always has answers!!!!
You mentioned childcare is only for kids over three years. How do other parents deal with that? How do you manage?
Typically, in Japan, when a woman gets married and has a baby, she quits work and becomes a stay at home mum. So there is no need for child care, really. So at age 3, it’s more for the socializing, I assume. If a mom wants to continue working, she can put her kid in private childcare.
I’m quite lucky as my husband works from home, so we share the responsibility and arrange our schedules together, so that I can work whenever I have bookings. My husband does not share the typical Japanese mentality of life in general, so this really works for us.
What has been the most challenging about having a baby in Tokyo?
Tokyo is quite a baby friendly city, so there are not many challenges, really. The subway could have more elevators, as you run the risk of not having any way out if you are travelling alone with a big and heavy stroller.
What is the attitude the Japanese have towards having kids? Is it just part of life or more of a special blessing?
Right now, Japan is facing the situation of way too many old people and not so many children being born. By 2050 it’s predicted the population will go down by 25%. So babies, right now, are regarded as a blessing and a necessity. In a city like Tokyo, where a lot of women have careers, the step to become a stay at home mum is big. So fewer, and fewer are taking that step. If the government would change the benefits for moms and the right to work, I don’t think they would face this problem.
After Neo, are you planning on having more kids? If yes, in Japan or back in Norway?
Yes, we definitely want more children. I have 2 brothers and 2 sisters and they are everything to me. It’s important to us that Neo also has that in his life. I hope that we will be able to move back to Norway soon. Having one baby far away from home is hard enough, having two, three or four would simply be too much without the support of my family!
Which Japanese virtues do you want to teach your son?
Japanese people are very hard working, polite, compassionate, and respectful of basically everyone and everything. So these things I think will come naturally when he is in Japan. When we will be back in Norway, we will make sure we pass this on to our children.
What’s the most annoying thing about motherhood?
The worrying!!! Even when I have the night to myself, to go out and have fun with my friends. Im always thinking about NEO!!
And what’s the best?
Everything!! I can’t put my finger on it really :-)
Ingerid Itoh Maske with Neo (12 months), May 2015
Interview: Marie Zeisler
Photography: Barbara Klein
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