Mit dem Kaisergarten fing alles an, mittlerweile führen die Thatenhorsts vier gastronomische Unternehmen in München, ein fünftes wird im Herbst eröffnet. Zwischendrin hat Steffi Thatenhorst zwei Söhne bekommen, Jimmy und Jonny. Im wahrsten Sinne des Wortes „zwischendrin“, denn Schwangerschaft bzw. Geburt trafen zeitlich ziemlich genau mit der Neueröffnung der „Seerose“ beziehungsweise der „Theresa“ zusammen. Pausen gab es kaum, was auch daran liegt, dass Beruf für Steffi Berufung ist und einfach dazugehört. Wie man es schafft, trotz Doppelrolle und Mehrfach-Belastung immer ein Lächeln auf den Lippen zu haben, und dass Krisen auch produktiv sein können, erzählte sie uns im Interview.
Steffi Thatenhorst mit Jimmy und JonnyFunktioniert doch alles!
Steffi, du wirkst immer schick und gut gelaunt. Bist du auch mal überfordert?
Ich stoße schon oft an meine Grenzen. Durch die Doppelrolle gibt es immer wieder so Peak-Phasen, wo alles völlig chaotisch wird. Gerade ist wieder so eine. Oft schaffe ich es nicht mal, die Kaffeetassen vom Frühstück wegzuräumen. Dann komme ich mit beiden Jungs nach Hause, will meiner Mutterrolle gerecht werden und mich zu 100 Prozent den Kindern widmen, aber die Spülmaschine muss mal angemacht werden. Das sind dann so Momente, da denke ich: Es wäre einfacher, wenn ich zum Beispiel einen Mann an meiner Seite hätte, der mit mir zusammen um fünf Uhr nach Hause kommen würde. Hab ich aber nicht. Will ich auch eigentlich gar nicht. Regelmäßigkeit gehört nicht zu uns und durch die Unregelmäßigkeit bleibt es immer interessant. Man muss halt nur schauen, dass man sich selbst nicht aufgibt, und dass man sich Freiräume schafft.
Wie kam es denn zu eurem kleinen Gastro-Imperium?
Ich will mich ja nicht mit fremden Federn schmücken. Mein Mann, der Markus, hat den Kaisergarten bereits geführt, als ich während meines Architektur-Studiums angefangen habe, dort als Bedienung zu jobben. Mit den Jahren bin ich da immer mehr reingerutscht und habe die Rolle als Gastronomin an seiner Seite gerne angenommen. Relativ schnell hat sich sogar herausgestellt, dass das Duo Gastronom und Architektin eigentlich perfekt ist. Wir dachten: Dann vergrößern wir uns halt! Es folgte der Freebird, dann kam die Seerose, die Theresa, und jetzt kommt noch das Occam Deli.
Wir sind ein Familienunternehmen, die Aufgabenbereiche sind aufgeteilt. Ich betreue den Ausbau und kümmere mich um die Einrichtung. Ehrlich gesagt habe ich mir wohl die schönste Rolle ausgesucht. Jeden Tag dafür da zu sein, dass alles schön gerichtet ist, dass es sauber ist, Blumen zu kaufen, das ist herrlich für einen Menschen wie mich, dem alles Schöne sehr am Herzen liegt. Und das ist doch das Allerschönste: morgens aufstehen, die Kinder in den Arm nehmen, sie in eine Einrichtung bringen, wo sie gut aufgehoben sind und dann einer Arbeit nachgehen, die einem Spaß macht. Auch wenn man mal Phasen hat, da wird einem alles zu viel, überwiegt das Gute letztendlich.
Jimmy kam mit der Seerose, Jonny mit der Theresa, Absicht?
Nein, das war natürlich nicht so geplant. Jetzt wo wir wieder einen Laden aufmachen, fragen alle: „Bist du schwanger?“ Beim Jimmy war’s ziemlich ungemütlich, die Seerose war noch im Umbau, als er kam. Ich musste die Baustelle nach der Geburt sofort weiterbetreuen. Er kam zum Glück zwei Wochen vor Weihnachten, deshalb waren mir drei, vier Wochen Pause gegönnt, aber sonst habe ich mir null Auszeit genommen. Oma, Babysitter und Freunde haben mir den kleinen Wurm abgenommen, sind mit ihm spazieren gegangen und haben ihn zum Stillen wieder gebracht. Ich erinnere mich an Situationen, da stand ich mit Baby im Laden, daneben der Presslufthammer, und mein Mann kam rein und ist durchgedreht. Wenn man ehrlich ist, war das wahrscheinlich unsere erste Grenzerfahrung.
Bei Jonny waren wir etwas eingespielter, die Theresa war bereits offen, als er auf die Welt kam, ich hab’s aber in der Schwangerschaft übertrieben mit dem Arbeiten. Dafür habe ich dann auch die Quittung bekommen, hatte Frühwehen und danach Zwangs-Verbot. Da bin ich dann auch runtergekommen, ich musste einfach Abstand gewinnen. Es war mitten im Weihnachtsgeschäft, ich hatte die Weihnachtsreservierungen betreut und fiel plötzlich aus, absolutes Chaos. Das war definitiv die zweite echt schwierige Phase!
Die ersten fünf bis sechs Monate mit Jonny waren dann die schönsten der letzten zehn Jahre für mich. Ich habe tagtäglich ein bisschen was gemacht, mit dem Kinderwagen die Runde gedreht, völlig selbstbestimmt und nebenbei viel Zeit mit dem Baby verbracht, aber war eben nicht nur auf die Mutterrolle reduziert. Nach sechs Monaten kam er in die Krippe. Ja und dann habe ich einen großen Architektur-Auftrag angenommen, da bin ich auch wieder total an meine Grenzen gestoßen.
Ich brauch das aber auch irgendwie. Und sei es, um zu merken: Okay, bis hierher und nicht weiter. Es ist bei meinem Mann und mir fast eine Sucht. Wir haben ja nach dem vierten Laden gesagt: Das war’s. Definitiv kein neuer mehr. Aber wenn man so eine Umtriebigkeit und Unruhe in sich hat, dann war klar, als es uns angeboten wurde: Wir machen noch was auf. Ein Deli mitten in Altschwabing.
Gerade in Bayern ist es nicht gerade Standard, seine Kinder früh betreuen zu lassen, oder?
Ach mittlerweile ist das eigentlich gar nicht mehr so. Bei Jimmy war mir das Ranking um die Krippenplätze schon zu doof, ich hatte dann aber Glück. Und während der Suche konnte ich das Wort „Geschwisterkind“ nicht mehr hören. Als der Jonny da war, kam ich dann auch in den Genuss des „Geschwisterkindes“! Ich hatte kein schlechtes Gewissen. Klar wird man mal angeschaut, ob das jetzt schon sein muss. Aber das muss jeder selbst entscheiden. Das ist mir total wichtig, dass man immer selber wissen muss, wie man das mit Muttersein und Berufsleben zusammenbringt. Ein Falsch oder Richtig gibt es nicht, jeder muss es individuell auf seine Situation abstimmen. Für mich ist es so am besten, die Ausgeglichenheit, die ich habe, wenn ich meine Kinder am Nachmittag abhole, die könnte ich ihnen anders nicht bieten. Und was die in der Krippe schon an Aktivitäten bieten, das ist toll. Und die soziale Komponente, dass die so früh schon mit anderen Kindern zusammen sind, da sind mein Mann und wir uns einig, dass ihnen das gut tut. Der Jimmy ist das beste Beispiel, er ist so aufgeschlossen!
Du bist eine, die gerne plant. Wie oft machen dir die Kinder einen Strich durch die Rechnung?
Oft. Aber ich finde das nicht schlimm. Eine gewisse Flexibilität zu behalten, ist wichtig. Ich finde es sogar manchmal schön, dass sie mir einen Strich durch die Rechnung machen! Man kann sein Leben eben nicht spießig durchorganisieren. Mal wachst du am Morgen auf, einer hat Fieber, das ganze Kartenhaus bricht zusammen. Und dann muss man halt kucken, was man macht. Sage ich alle Termine ab, organisiere ich die Oma? Und wenn es mir dann am Abend doch irgendwie geglückt ist, alles unter einen Hut zu bringen, denke ich: Geil. Funktioniert doch alles. Man will sich eigentlich nicht einschränken lassen, das ist auch richtig, man macht trotzdem Reisen zum Beispiel. Aber manchmal lassen wir uns auch gerne einschränken. Man sollte nix übers Knie brechen, auch mal den Rückwärtsgang einlegen. Mal innehalten. Letzten Winter war Jonny schlimm krank und Markus und ich fielen beide sofort komplett aus. Es hat uns völlig den Boden unter den Füßen weggezogen. Und es lief ja trotzdem weiter. Auch ohne uns. Der Stellenwert der Familie wird dir dann mal wieder bewusst. Alles andere ist so unwichtig. Hauptsache, die Kinder sind gesund!
Ihr fahrt also gerne mit den Kids in den Urlaub?
Ja, wir mieten meistens Häuser. Mein toller Mann ist ja leidenschaftlicher Koch, und da haben wir Freiheit, müssen zu keinen Essenszeiten irgendwo sein. Wie verreisen wahnsinnig gerne zu viert, weil wir das ja sonst nicht so oft haben. Letztes Mal in Frankreich habe ich meinem Mann einen lang ersehnten Wunsch erfüllt. Wir haben unseren Landrover ausgebaut und sind campen gegangen. Wir haben fast wild gecampt und wurden völlig auf des Wesentliche reduziert, der Kaffee am Morgen wurde wieder zum Erlebnis. Diesen Sommer machen wir Rosamunde Pilcher-Ferien und fahren nach Cornwall. Da haben wir eine kleine Hütte an der Küste gemietet. Ich freue mich schon sehr drauf.
Sind diese Urlaube eure Family-Zeit?
Ja absolut, und auch die Wochenenden. Wir schaffen es zum Glück seit Jonny da ist, die Wochenenden frei zu haben, was ja für die Gastronomie nicht selbstverständlich ist. Da bin ich vor allem auf meinen Mann stolz, dass er den Absprung geschafft hat. Am Wochenende ist jetzt Regeneration angesagt. Wir sind total intensiv mit den Kindern zusammen, leben einfach in den Tag hinein. Dieses spießige, klassische Wochenende – schon schön!
Du bist in Sachen Mode und Interieur immer ganz weit vorne. Hast du Tipps, wie man als Mama schick bleibt und wie die Wohnung trotz Kinder schön bekommt?
Also wegen Wohnung: Das darf man einfach nicht zu eng sehen. Wir wollten auch mal Kinder- und Spielzeugfreie Zonen schaffen. Aber eine Wohnung ist ja dafür da, dass in ihr gelebt wird und sie kann trotzdem charmant und schick sein, auch wenn es nicht immer perfekt aufgeräumt ist. Auch Kinderzimmer kann man fern vom Klischee einrichten, man muss nur ein bisschen über den Tellerrand kucken und experimentieren. In Sachen Mode: Es ist doch kein Unterschied, ob man Mama ist oder nicht. Ich ziehe mich genauso an, wie vorher. Wenn ich ein Seidenkleid anhabe, und der Kleine schmiert mir Schokolade drauf, dann kommt’s halt in die Waschmaschine. Ich nehme da keine Rücksicht drauf. Mir macht das so viel Spaß, da würde ich mich nie einschränken lassen. Ich stöckel jetzt nicht mit High Heels über den Spielplatz, aber man kann ja auch mit Sneakern cool und nicht verlottert aussehen. Klar, erst mal muss man wieder in den körperlichen Zustand kommen, in dem man vorher war, das geht bei manchen schneller, bei mir hat’s leider zwei Mal etwas länger gedauert. Aber mein Gott, gehört dazu!
Was ist das Schönste am Mama-sein?
Die Glückseligkeit, die ich täglich habe, wenn ich die Kinder abhole. Sie nach einem anstrengenden Tag im Arm zu haben, das ist der schönste Moment des Tages. Herrlich. Rührt mich jeden Tag aufs Neue!
Und was nervt dich am meisten?
Dass man nie einen Satz zu Ende sprechen kann, wenn wir alle vier zuhause sind. Aber freitags schlafen beide immer bei Oma und Opa, sodass wir dann am Samstagmorgen mal ausreden können.
Danke, Steffi!
Steffi Thatenhorst mit Jimmy (5) und Jonny (18 Monate), Juli 2013
Interview: Isabel Robles Salgado
Fotos: Sittig Fahr-Becker