Barbara Giandomenico mit Mathilda und Josefin
Struktur und Nähe

 

Ich kenne Barbara schon lange aus dem Bekanntenkreis. Eine liebenswürdige, kreative Frau, die auf einmal ganz plötzlich aus Berlin verschwand und in München gefühlt in Windeseile zwei Töchter bekommen hat. Nebenbei hat sie immer gearbeitet, vor kurzem hat sie sich mit einem Kaschmir-Label selbstständig gemacht. Das Label heißt so, wie ihre kleine Agentur und ich liebe den Namen, denn ich bin auch einsdreiundsechzig: Studio 163. Wie das läuft mit zwei Mädels und einer Firma mit dem Mann zusammen, das erzählt Barbara im Interview:

Liebe Barbara, erzähl doch erst mal woher du kommst und ein bisschen was über deinen beruflichen Werdegang…

Mittlerweile bin ich in München zuhause, aber die Wurzeln meiner Familie sind in Berlin. Dort habe ich nach meinem Studium für visuelle Kommunikation auch fast sieben Jahre lang gelebt und gearbeitet. Ich war Art Directorin in größeren Agenturen für Werbung, allerdings habe ich immer schon den Wunsch verspürt, etwas Eigenes aufzubauen. So kam es, dass ich mich 2011 mit „einsdreiundsechzig.com“ und meinen ersten Berliner Kunden selbstständig gemacht habe. Die beste Entscheidung! Diese Mini-Agentur führe ich mittlerweile hier in München weiter, zusammen mit meinem Mann Alexander, der auch Grafik-Designer ist. Das ist wunderbar. ABER: Schon beim Design auf Papier hatte ich eine Vorliebe für den Fashion-Bereich, unter anderem hat mich die Freundschaft zu meiner damaligen Nachbarin Johanna Perret von Perret Schaad in vielerlei Hinsicht sehr geprägt und so kam ich der Mode-Branche immer näher.
Bis wir letztendlich Mitte des Jahres mit der Mini-Agentur in ein Ladenbüro gezogen sind und zweite Selbstständigkeit in Form eines Kaschmir-Labels ins Leben gerufen haben. Das Studio 163. Es ist ein kleines Label, mit feinen und vor allem zeitgemäßen Basics. Wir machen alles selber, vom Design über die Besonderheiten der Schnitte und der Farben bis hin zum Vertrieb und dem Laden. Und natürlich treffen wir unsere liebenswürdige Produzentin aus der Mongolei einmal im Jahr persönlich, um die Qualität zu sichern und die neue Ideen auf den Weg zu bringen. Ach, und natürlich haben wir das ganze CI, also die Webseite, das Logo und die Hangtags auch selber gemacht. Eine schöne Verbindung der beiden Selbstständigkeiten!

Wie hast du deinen Mann kennengelernt und wie teilt ihr euch jetzt mit den Kindern auf?

Ich kannte Alexander schon länger über Freunde, und gemocht habe ich ihn quasi schon bevor ich ihn kannte! Entsprechend ging alles sehr schnell, als wir zusammenkamen. Die kleine Familie mit unseren beiden Töchtern war bereits zu unserem dritten Jahrestag komplett, wir haben wirklich ein gutes Tempo vorgelegt.
Durch den gemeinsamen Beruf teilen wir nicht nur zu Hause, sondern eben auch das Büro. Das macht das Familienleben sehr flexibel. Wir haben beide die Möglichkeit, wenn es nötig ist, viel zu arbeiten, allerdings ist es auch anders herum – wenn wir eine Pause absehen können, entscheiden wir spontan, Zeit mit den Mädchen zu verbringen oder einen kleinen Urlaub zu machen. Und vor allem: wer hat mehr Verständnis für Überstunden als der Geschäftspartner bzw. für einen Kindergeburtstag oder andere Termine für die Kinder, wenn nicht der Papa oder die Mama. Alles in allem also eine recht komfortable Situation.

Wann habt ihr Zeit für euch und wann hast du Zeit für dich alleine?

Ja, das ist vielleicht der Nachteil: obwohl wir uns viel sehen, haben wir nicht viel Zeit miteinander.
Das flexible Arbeiten heißt oft auch mal abends noch zu arbeiten und zusätzlich sind viele zweisame Momente außerhalb der Agentur trotzdem mit Gesprächen über das Label oder das Grafik-Design gefüllt. Allerdings haben wir tolle Omas, die uns die Kinder auch mal länger abnehmen, so können wir ab und zu Zeit auf dem See verbringen oder sogar verreisen.

Zeit für mich habe ich eigentlich momentan nur, wenn ich Nachmittags allein im Büro/Laden bin. Das schätze ich aber sehr, denn dann es ist wieder wie zu Beginn meiner Selbständigkeit in Berlin: ich genieße das Gefühl, frei zu arbeiten und mir schöne Dinge auszudenken, sei es ein Pullover oder ein Corporate Design. Das macht mich glücklich!

Okay, vom Job zum Mama-sein: Ich fand den Schritt von eins auf zwei krass, wie war das damals für dich?

Ja auf jeden Fall, ich fand das auch eine weitere krasse Veränderung.
Man wird nochmal ein Stück mehr aus dem Alltag, den man irgendwann mal hatte, gerissen.
Und was ich auch irre empfunden habe, dass ich immer dachte: dieses keine Wesen ist meine große Liebe! Und dann ist da plötzlich dieser zweite Zwerg und es ist schon wieder so überwältigend und eine weitere riesengroße Liebe, für die man nochmal 100% geben will. Da bleibt natürlich erstmal nicht viel Kopf übrig für anderes. Trotzdem konnten wir uns leider nach der Geburt von Josefin nicht allzuviel Zeit geben. Aber auch hier haben wir schon die flexible Arbeitszeit genutzt. Alexander hat die ersten zwei Wochen von zu Hause gearbeitet und ich habe die ersten Jobs nach ca. sieben Wochen angenommen. Erstmal von zu Hause, oft mit Oma und irgendwann lag sie dann im Büro zwischen den Rechnern auf einem kleinen Fell… wir haben ein Spielzeug an der Schreibtisch-Lampe über ihr festgemacht und sie fand das richtig schön.

Zwei Mädchen und ähnlich sehen sie sich auch noch, sind sie sich ähnlich? 

Klar, sie sind sich auch in Ihrer Art ähnlich, aber Mathilda ist immer schnell der große Spaß, Josefin hingegen braucht ein wenig, um aufzutauen – und dann ist sie ein kleiner Schelm.

Du hast ein gutes Auge für Interior und Mode, wo holst du dir Inspiration? 

Oh danke, das ist ein schönes Kompliment! Ich lasse mich quasi den ganzen Tag inspirieren… Wenn ich in die Arbeit laufe, sehe ich mir schöne Schaufenster an, wenn ich arbeite und Bilder suche, merke ich mir das, was ich schön finde, auch wenn es in dem Moment nichts mit dem Job zu tun hat. Das kann auf Instagram oder Pinterest sein, oder auf schönen Blogs wie deinem. Natürlich finde ich aber auch Schönes in Magazinen wie „Papiermache“, „Paradiso“ oder in französischen Modezeitschriften.

Und wo shoppst du für die Mädchen? 

Ganz unterschiedlich! Auch hier hab ich die Augen immer offen.
Gern gehe ich zu Walking the Cat oder WinzigundKlein in Berlin, wenn ich denn mal da bin! Hier in München gehe ich ins Zuckerschnürl, zu Schwittenberg oder zu „enpetit“. Online liebe ich die kleinen französischen Labels, wie etwa Louise&Louise oder Louise Misha. Ach ja, nicht zu vergessen: Studio163, wir haben auch Kindersachen und die mag ich zur Zeit natürlich besonders gern!

Wie sieht ein typischer Tag bei euch aus?

Puh, der typische Tag… Schon beim Aufwachen muss man an die strenge Kindergarten-Leitung denken, die einen zusammenfaltet, wenn man auch nur zwei Minuten zu spät kommt.
Deshalb um 8:12 schnell schnell raus aus der Haustür und um 8:14 rein in die Kindergarten-Hauschuhe. Dann los ins Büro und dort versucht man in Eile möglichst viel zu erledigen, bis einer von uns (falls keine Oma bereit steht) die Kinder wieder abholt.
Zum Glück haben wir die besten Nachbarn im Hof: Alexanders Schwester mit ihrer kleinen Familie. Da ist für das Nachmittagsprogramm immer gesorgt und für das am Abend meist auch.

Kinder und Karriere – geht das zusammen? 

Ich bin kein Freund von Karriere um jeden Preis und bin davon überzeugt, dass irgendetwas immer auf der Strecke bleibt. Mir würde es nicht gefallen, wenn es die Kinder wären, die es zu tragen hätten. Denn das, was wir Ihnen jetzt mit auf den Weg geben, kann ihnen niemand mehr nehmen. Meine Eltern haben mir ein sehr ausgeprägtes Gefühl von Geborgenheit gegeben und mir gleichzeitig alle Freiheiten gelassen, und das gibt mir bis heute eine innere Ruhe.

Das möchte ich meinen Kindern auch vermitteln und ich denke, das geht hauptsächlich durch eine gewisse Struktur und Nähe in den ersten Lebensjahren.
Deshalb bin ich so froh über die flexible Arbeitszeit. So bekommen wir tatsächlich beides einigermaßen zusammen. Allerdings bleibt das nette Ehepaar dann ein bißchen auf der Strecke… aber das hatten wir ja bereits!

Was ist das Nervigste am Mama-sein?

Mit den besten Freundinnen nicht mehr ganz so unbeschwert um die Häuser ziehen zu können – generell nicht mehr so spontan sein zu können. Und ganz klar: dass immer alles klebt oder schmutzig ist oder irgendetwas fehlt.

Und was ist das Schönste?

in zwei strahlende Gesichter zu schauen, wenn man nach Hause kommt. Eine so ehrliche und unbeschwerte Liebe ist das Schönste, was es gibt!

Danke, Barbara!

 

Mehr über Studio 163 gibt es hier und bei Instagram, in  München könnt ihr auch im Laden vorbeischauen: in der Nymphenburger Str. 151!

 

Barbara Giandomenico mit Mathilda (4) und Josefin (2), September 2016.

Fotos: Sittig Fahr-Becker

Interview: Isabel Robles Salgado