Dana und Nicolas Roski mit Eden
Eine Familie zu haben ist schon irgendwie total cool

Dana hat viele Jahre in Berlin gelebt und ein aufregendes Leben geführt. Als Stylistin ist sie um die Welt geflogen, aus einem Nebenjob entstand die Geschäftsführung eines Shops in Mitte – und daraus ein Schmuck-Label, das international erfolgreich ist: Wald Berlin. Als sie Nicolas, den sie schon seit ihrer Jugend kennt, wiedertraf, änderte sich alles in Windeseile. Dana wurde schwanger, zog nach München, kurz danach sogar ins Umland. Nun hat für die kleine Familie also eine ruhigere Phase begonnen. Doch Nummer zwei ist unterwegs, im Frühjahr sind die Roskis zu viert, mal sehen, wie ruhig es dann noch ist! Wir durften die zauberhaften Drei in ihrem Mietshaus im Süden von München besuchen. Alles war weihnachtlich geschmückt und so atmosphärisch. Und wir haben uns sehr gut unterhalten…

Liebe Dana! Du bist ja der Liebe wegen nach München gezogen. Erzähl mal!

Mein Mann und ich kennen uns schon seit über 15 Jahren, wir kommen beide aus Stuttgart. Er ist seit 12 Jahren in München – und ich war hochschwanger, als ich nach 12 Jahren in Berlin in den Süden gezogen bin. Mit einem weinenden  und einem lachenden Auge. Ich habe mir als Familie aber ein wenig Ruhe und mehr Ordnung gewünscht, auch wenn ich meine Freunde und die vielen Möglichkeiten in Berlin jetzt, nach fast 4 Jahren, immer noch vermisse. Aber meine Schwester lebt schon lange hier, auch in unserer Nähe. Ihr Sohn ist nur einen Monat älter als mein Sohn Eden, die beiden sind beste Freunde und mit dem Fahrrad nur fünf Minuten voneinander entfernt. Das war auch ein Hauptgrund, warum wir uns entschlossen haben, ins Grüne zu ziehen.

Seid ihr dann auch schon so lange ein Paar?

Nein! Wir waren in unserer Jugend nur kurz zusammen, damals war er noch keine 20 und ich ein paar Jahre älter. Er ist aber nach dem Abi nach Südamerika, ich wollte nach Berlin. Wir hatten immer Kontakt, er war auch ein paar Mal in Berlin, hat immer mal wieder geschaut, ob ich einen Freund habe – hatte ich immer. Erst vor ein bisschen mehr als fünf Jahren hat es dann geklappt. Und wir haben direkt Nägel mit Köpfen gemacht, ich war schnell schwanger und geheiratet haben wir dann auch.

Du hast in Berlin ein aufregendes Leben und auch deine Mit-Gründerin Joyce zurückgelassen. War das schwer?

Jein. Ich bin mit 22 Jahren aus dem spießigen Stuttgart nach Berlin gekommen und habe echt alles mitgenommen, das meiste wäre so in einer anderen Stadt – außer vielleicht New York – gar nicht möglich gewesen. Wir haben Wald Berlin quasi aus dem nichts aufgebaut. Ohne Investor und mit 30 Euro auf der Bank. Das ging nur wegen dem kreativen Chaos, das mich auf der einen Seite wahnsinnig gemacht hat, aber auf der anderen Seite natürlich auch immer viel Platz für Entwicklung ließ.

Irgendwie ging mir genau dieses Chaos und die kreative Verplantheit aber auch auf die Nerven.

Im Job klappen in Berlin immer nur 50%, was recht arbeitsintensiv sein kann, weil man vieles einfach doppelt machen muss. Und irgendwann will man den Sprung in die Professionalität schaffen, was in Berlin vielen schwer fällt, weil es eine ewige Spielwiese sein kann.

Was ist denn dein beruflicher Hintergrund?

Ich habe einen Handelsfachwirt gemacht – und davor eine Lehre im Einzelhandel. Meine Eltern hatten einen Bio-Großhandel, ich komme ganz klassisch aus dem Verkauf. In Berlin wollte ich Mode-Management studieren, bin aber ins Styling reingerutscht, weil Joy Denalane mich für eine private Geschichte angefragt hatte. Das hat sich gut entwickelt, ich habe einige Schauspielerinnen und Sängerinnen betreut und das auch sehr gerne gemacht. Durch das Styling habe ich Joyce kennengelernt, sie hat mir mal assistiert und wir haben dann beide nebenbei in der Wald Boutique in Mitte gearbeitet. Irgendwann hat sich dort das Inhaber-Verhältnis geändert, der Besitzer hat gefragt, ob wir den Laden kaufen wollen, aber wir waren so jung! Wir sind schlussendlich als Inhaberinnen eingestiegen, acht Jahre lang haben wir das gemacht, mit immer mehr finanzieller Verantwortung. Und wir sind da ehrgeizig ran gegangen, haben ein Magazin herausgebracht, Veranstaltungen gemacht, viele Kooperationen. Es war eine tolle Zeit, aber sie war auch wirklich intensiv.

Und dann?

Irgendwann haben wir eine Pause gebraucht. Ich bin viel gereist, Joyce hat für Adidas gearbeitet. Aber nach der Pause haben wir beschlossen, dass wir gerne wieder zusammenarbeiten wollen, aber wir wollten was anderes – keinen Laden mehr. Im Shop hatten wir viel Schmuck verkauft, und wir dachten: Schmuck ist dankbar, man braucht kein großes Lager, Schmuck hat keine Saison. Und dann haben wir einfach mal angefangen! Es ist ganz organisch gewachsen. Ich habe die erste Kollektion designt, Joyces Mutter ist bei der Produktion mit eingestiegen, irgendwann haben wir immer mehr Mütter gefragt, ob sie für uns arbeiten wollen. Dann hat Leandra Medine uns vorgestellt und wir hatten eine Agentur in London – dadurch wurde das Ganze internationaler. Das war aber auch ganz schön schmerzhaft, so schnell zu wachsen. Es ist uns zwischendurch auch über den Kopf gewachsen. Aber jetzt haben wir uns eingegroovet!

Was sind denn deine Aufgaben? Und arbeitest du komplett remote?

Ich bin für Design und Marketing zuständig, aber weil wir so klein sind, muss ich natürlich auch andere Dinge machen, die mir jetzt vielleicht nicht ganz so liegen. Und ja, ich arbeite eigentlich recht viel von Zuhause oder eben von unterwegs. Wobei wir auch ein Büro in München und Berlin haben. Unsere Mitarbeiter_innen sitzen zwischen Berlin, München, Stuttgart, Barcelona, New York und Olso. Ich mache 70% meiner Arbeit mit meinen Handy, da ich mich weigere, einen Computer zu benutzen. Wirklich! Ich habe das Gefühl, das ist noch eine Maschine, die meine Kreativität und Freiheit tötet. Die restlichen 30% sind rein kreative Arbeit. Alle Entwürfe mache ich offline, mit Papier und Stift oder eben bastelnderweise, indem ich Dinge und Formen ausprobiere.

Das klingt so, als ließe es sich gut mit Kind vereinbaren!

Ja, das tut es. Bevor ich Kinder hatte, bin ich viel gereist, war oft in Hotels – und wenn ich in Berlin war, immer abends unterwegs. Das war total cool, ich habe es sehr genossen. Jetzt ist mein Leben das komplette Gegenteil. Aber ich finde, dass dieses wilde Leben mit Kind nicht gut vereinbar und stressig ist. Zumindest klappt das mit meinem Kind nicht, das ist etwas, was ich auch erstmal lernen musste. Anfangs ist Eden noch total viel mit mir gereist und war im ersten Jahr in New York, London, Barcelona und Berlin auf Terminen mit mir. Was aber zur Folge hatte, dass er wahnsinnig schlecht geschlafen hat – und ich damit auch. Das hat mich körperlich irgendwann an meine Grenzen gebracht hat. Ich habe gemerkt, dass ihm das nicht gut tut. Ich war es gewohnt, aber er eben nicht. Er braucht viel Ruhe, Routinen, bekannte Abläufe. Eden ist ein Kind, das ganz viel mitbekommt, aufsaugt und spürt. Und deshalb muss man ihn fast davor schützen, dass es ihm nicht zu viel wird.

Ich glaube auch fest an das Konzept von „Lebensabschnitten“. Das Leben verläuft nicht geradlinig, es gibt immer neue Phasen und alle sind für sich spannend, alle haben Vor- und Nachteile. Zum Beispiel war ich früher komplett selbstbestimmt. Aber das hatte auch negative Seiten, ich war zum Beispiel oft einsam, fand es schade, dass ich alle die tollen Erlebnisse nicht teilen konnte. Jetzt bin ich gar nicht mehr alleine. Nie! Aber ich weiß, dass sich das auch wieder verändern wird.

Ich gebe mich diesen Lebensphasen einfach komplett hin.

Unser Leben ist wirklich sehr ruhig hier, wir machen wenig, sind super viel zuhause. Heute auch wieder. Später bauen wir die Krippe auf, ansonsten spielt Eden, ich wurschtle im Haus herum. Im Sommer mache ich viel im Garten. Ich genieße diese Ruhe total. Und mein Kind ist so auch sehr ausgeglichen, wir haben keine Hobbys. Er braucht die Ruhe!

Wie habt ihr denn euer traumhaftes Haus gefunden?

Wir wohnen in einem Vorort von München und anscheinend findet man hier keine Häuser zur Miete. Es gibt Freunde, die über zwei Jahre gesucht haben. Ich habe aber einfach bei ImmobilienScout geschaut, es war das zweite Objekt, das wir angeschaut haben und wir haben es genommen. Ein Mietshaus mit großem Garten, nur ein paar S-Bahn-Stationen von der Innenstadt weg.
Wobei man auch sagen muss, dass ich mich immer in Sekunden entscheiden kann. Entweder es passt – oder nicht. Auch bin ich ein sehr pragmatischer Mensch. Nur ein Bad, kein Problem. Wir müssen eine Küche einbauen, auch kein Ding.

Das Haus stand lange leer und das lag wohl an genau diesen Dingen. Keine Küche, nur ein Bad, die meisten wollen es luxuriöser. Wir haben auch einen riesigen Garten, um den man sich kümmern muss. Das schreckt viele ab, sie denken, man muss den Garten für Tausende von Euro anlegen. Aber ich gehe da kreativ dran. Ich mache das selbst, es muss nicht perfekt sein, ich mag wilde Bauerngärten eh lieber. So ist es bei mir oft. Ich mache Dinge, die vielleicht ein bisschen mehr Arbeit sind, die dafür aber langfristig mehr Charakter haben.

Du hast offensichtlich ein Händchen für Interieur. Wie bist du beim Einrichten vorgegangen?

Ich liebe ein schönes Zuhause. Das war schon als Kind so. Schöne Dinge sind mir extrem wichtig. Alles andere stört mein Auge sehr und macht mich nervös. Mir war es wichtig, dass der Stil zum Haus passt. Wir haben ja vorher in der Stadt gewohnt und da waren wir eher bunt und skandinavisch eingerichtet. Wir hatten zum Beispiel ein hellblaues Wohnzimmer. Hier würde das aber überhaupt nicht reinpassen! Es würde nicht dem Charakter des Hauses entsprechen, das ist umgeben von einem riesigen Garten, außerdem haben wir viele Rundbögen und Holz-Elemente im Haus, da war es klar, dass ich was Organischeres aus vielen Erdtönen und mit Natur-Materialen und -Elementen machen will.

Du räumst auch oft um, oder?

Ja, ständig! Alles ist immer im Wandel. Gerade erst habe ich das Schlafzimmer mit dem Arbeitszimmer getauscht. Auch für das Wochenbett, ich will in dieser Zeit im hellsten Raum des Hauses sein. Das mit dem Umräumen ist für meinen Mann manchmal ein bisschen stressig. Es bringt ja auch Unruhe rein. Zum Glück lässt er mich machen, solange er nicht selbst ständig streichen muss, oder so.
Ich brauche das richtig, schon als Kind habe ich oft abends mein Zimmer umgeräumt und meine Mutter ist dann morgens gegen den Schrank gerannt. Ich mag Veränderungen. Alles muss immer in Bewegung sein, die visuelle Vielfalt inspiriert mich.

Ich bin einfach nicht der Typ, der es einmal perfekt macht und dann 10 Jahre so stehen lässt.

Auch unser Garten verändert sich ständig. Mit den Jahreszeiten aber auch sonst.

Es ist ja oft so, dass die Einrichtung in den Händen der Frau liegt. Bei euch auch?

Ja, zu 100%. Mein Mann genießt es, wenn es schön ist. Aber im Grunde legt er nicht wirklich wert drauf. Ich glaube, das Schönste für ihn ist, dass es mir Freude bereitet und wir es immer gemütlich haben.

Wie teilt ihr euch generell auf?

Mein Mann ist eher für das Bäume zurückschneiden und für die Pflanzenlöcher im Garten zuständig. Ich sage, wo die Pflanzen hin sollen.

Und das ist auch schon irgendwie die Metapher für unser Leben. Ich bin schon eher die, die die Ansagen macht. Ich bin ja auch älter, habe fünf Geschwister, ich habe schon lange Mitarbeiterinnen, ich bin es gewohnt, dass ich die Arbeit verteile und die Zügel in der Hand habe. Manchmal fühlt er sich nicht so wohl in der Rolle – und auch für mich ist das blöd, immer in der Führungsposition zu sein. Ich versuche, es so einzurichten, dass er seine Gebiete hat, in denen er gut ist und wo ich mich nicht einmische. Frühstück ist zum Beispiel sein Feld. Das kann ich nicht, ich frühstücke nicht. Auch beim Kochen ist er besser als ich. Ich mache mehr Hausarbeit, dafür kümmert er sich mehr, spielt mehr mit Eden, das mache ich nicht gerne.

Bald kommt Nummer zwei, denkst du, dass das die Dynamik stark verändern wird?

Ja und nein. Mein Sohn ist bald vier und freut sich wahnsinnig auf sein Geschwisterchen. Ich denke, er wird sehr viel mit dem Baby kuscheln wollen. Mein Sohn ist es aber auch gewohnt, 100% Service von uns zu bekommen – Das wird sicherlich eine Umstellung werden. Aber generell wird die Freude hoffentlich größer sein, als der Frust…
Ich habe eher Respekt davor, nochmal von vorne anzufangen. Noch mal Geburt, Wochenbett, ein Baby. Zumal ich wahrscheinlich wieder nach zwei Wochen arbeiten werde, das habe ich das letzte mal auch gemacht. Aber ich habe mir immer mehrere Kinder gewünscht, da muss ich wohl durch.

Du bist ja auch selbst in einer Großfamilie aufgewachsen!

Ja, genau. Wir sind sechs Kinder Zuhause, meine Eltern hatten einen Bio-Großhandel in Stuttgart und haben beide immer gearbeitet. Ich bin recht früh von Zuhause ausgezogen und war von Anfang an finanziell auf mich selbst angewiesen. Was mich sehr geprägt hat und sehr fleißig werden ließ. Arbeit war schon super früh ein wichtiger Teil von mir. Ich arbeite extrem gerne und liebe das, was ich tue bis heute sehr.

Wie sieht ein normaler Tag bei euch aus?

Mein Sohn geht hier in den Waldorf-Kindergarten und mein Mann bringt ihn in der Früh. Währenddessen checke ich meine  Mails und trinke einen Matcha Tee. Mein Mann ist selbstständiger Anwalt und arbeitet auch von Zuhause. An drei Tagen in der Woche fahre ich in unser Büro in die Stadt und arbeite von da, bis ich gegen 14 Uhr meinen Sohn abholen gehe. Dann machen wir meistens was Schönes zu zweit. Wie gesagt, alles immer eher ruhig. Spielplatz, backen, basteln, Kaffee oder wir treffen uns mit Freunden. Gegen 18h macht einer von uns Abendessen, gegen 19h gehen wir hoch, lesen zusammen im Bett. Recht langweilig vielleicht – aber der immer gleiche Alltag macht meinen Sohn sehr zufrieden. Und mich mittlerweile auch!

Was ist die größte Herausforderung am Familie-sein?

Für mich und meinen Mann ein Liebespaar zu bleiben. Und für  mich persönlich, mir auch Zeit alleine zu nehmen. Hier bin ich sehr gespannt, ob wir das alles noch besser hinbekommen. Heute wollten wir essen gehen – jetzt bin ich krank. Irgendwas ist halt immer. Das ist einfach eine krasse Zeit mit kleinen Kindern. Erst vor Kurzem habe ich gelesen, dass der Mann von Marie Nasemann mal aufgeschrieben hat, wie heftig und schmerzhaft das Vater-sein ist für ihn, wie eifersüchtig er manchmal auf seine Kinder ist, weil sie so eine Bindung zur Mutter haben. Ich denke, diese Gefühle sind total normal und ich fand es toll, dass er sie ausspricht. Wie gesagt, die Lebensphasen. Jetzt sind wir in der Lebensphase mit kleinen Kindern, wir müssen schauen, dass wir nicht zu kurz kommen. Auf der anderen Seite brauchen uns die Kinder eben auch viel. Es ist ein ständiger Spagat…

Und was macht am meisten Freude?

Eine Familie zu haben ist schon irgendwie total cool. Man hat so viele Glücksmomente, jeden Tag und ist einfach nur stolz. Klar: Es ist wahnsinnig anstrengend und man muss sich eigentlich immer zerteilen, um alles zu schaffen. Aber alleine dieses Gefühl, sich jetzt mit meinem 3,5 jährigen Sohn zu unterhalten ist wahnsinnig schön und ich platze vor Stolz darüber, was das für ein toller kleiner Mensch geworden ist.

Danke, Dana! Und alles Gute!

Dana und Nicolas Roski mit Eden (3), Dezember 2022
Fotos: Alke Habbe
Interview: Isabel Robles Salgado