Eine Reise nach Südafrika hat bei Caroline Adam alles verändert und wenn das einer nachvollziehen kann, dann ja wohl ich! Die gebürtige Brandenburgerin war gerade schwanger, als sie fasziniert durch die kleinen Design-Stores und über die unzähligen Märkte flanierte und begeistert war von den vielen, talentierten und vielseitigen Designern. So begeistert, dass sie kurzerhand beschloss, einen Shop aufzumachen, der auf südafrikanisches Design spezialisiert ist.
Caroline Adam mit LennyWas in diesem kleinen, großen Wesen alles drin steckt!
The District Six Store ist das Ergebnis. Caro hat in den letzten Jahren viel auf und ab erlebt, das hat natürlich auch mit Sohn Lenny zu tun, der heute fünf ist und – wie jedes Kind – den Familienrhythmus neu aufgewirbelt hat. Warum sie so gerne Mutter ist, inwiefern sie beruflich runterschrauben musste und was ihr sonst noch wichtig ist – all das erzählt uns die sympathische Caro im Interview. Bühne frei!
Liebe Caro, erzähl doch bitte kurz woher du kommst und was dein Hintergrund ist!
Ich bin in Brandburg in den letzten Zügen der DDR geboren und dann nach der Scheidung meiner Eltern nach Berlin gezogen und hier aufgewachsen. Also eher als Stadtkind groß geworden. Nach meinem Abitur bin ich durch ein Praktikum in einer kleinen Agentur quasi in die Selbständigkeit gepurzelt und fühle mich hier (meistens) auch sehr aufgehoben. Die Arbeit als Grafikdesignerin begleitet mich seither stetig und ließ sich auch immer toll mit meinen sonstigen Interessen verbinden. Auf jeden Fall genieße ich das freie Arbeiten mit den unterschiedlichsten Kunden und verschiedenen Herausforderungen.
Wie kam es zur Gründung von The District Six Store?
Die Idee zum Shop begann mit einer Reise und war auch seither eine oft turbulente Reise. Angefangen hat es damit, dass meine Freundin nach Südafrika zu ihrer großen Liebe ausgewandert ist. Ich besuchte sie dort zweimal im Jahr und verliebte mich nebenbei in Land und Leute. Meinem Grafikerauge ist es wohl zu verschulden, dass auch die tollen Produkte, die man überall auf kleinen Märkten und in den Kreativ-Vierteln entdecken kann nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind. Und so beschloss ich, während ich gerade mit Lenny schwanger war, daraus ein Konzept zu entwickeln, den jungen Designern hier in Europa eine Plattform zu bieten und Südafrikanisches Design nach Deutschland zu bringen. Das war natürlich ein ziemlicher Akt, denn kaum einer der Designer war irgendwie professionell aufgestellt und musste ich neben dem Shop an sich auch nebenher noch ganze Bestellstrukturen, Import und Co. regeln plus das Marketing in Gang bringen, denn für die meisten Menschen und die Medien bedeutete Südafrikanisches Design bis dato hölzerne Giraffen und kitschiger Perlenschmuck. Da bin ich froh, dass ich mit diesem Image aufräumen konnte. Mittlerweile sind meine damaligen Entdeckungen auf der Maison Objet angekommen und Ikea bringt 2018 eine Afrika-Kollektion an den Markt, an der auch Designer beteiligt sind, mit denen ich arbeite. So viel zur Entwicklung der letzten sechs Jahre. Nebenher pflegte ich noch meine Grafikkunden, denn in der Elternzeit konnte ich nur bedingt ein finanzielles Pölsterchen schaffen, um das ganze Projekt zu finanzieren. Zum Glück hat mich mein Mann auch in jeglicher Hinsicht unterstützt, wofür ich sehr dankbar bin. Seit Anfang des Jahres betreibe ich nur noch den Onlineshop, da ich wieder mehr Zeit für die Familie haben wollte und für ein paar neue freie Projekte, die mir wieder neue Horizonte öffnen.
Hast du also lange Zeit zwei Standbeine gehabt?
Ja genau. Wenn man einen Onlineshop und Laden gründet bedeutet das mindestens 2-3 Jahre stetiges re-investieren, daher bin ich lange Zeit zweigleisig gefahren und habe nebenher weiter frei als Grafikerin gearbeitet. Bis sich bei mir ein großer Erschöpfungszustand eingestellt hat. Kein Wunder, wenn man über Jahre eigentlich nie mehr als fünf Stunden schläft, nachts um drei noch Produktfotos bearbeitet und um 7:30 wieder pünktlich am Frühstückstisch sitzt. Es war ein bisschen wie bei Forrest Gump, der mitten in seiner Marathon-Weltumrundung verkündete „Ich geh jetzt nach Hause.“
Inwieweit hat sich deine Einstellung zur Arbeit auch durch das Kind verändert?
Zu Beginn habe ich versucht, so weiterzumachen wie vorher, habe schon als Lenny drei Monate alt war wieder angefangen Jobs anzunehmen und nebenher den Shop aufzubauen. Das lief lange gut, weil ich immer etwas gefunden habe, das mich weiter angetrieben hat. Letztendlich war es aber ziemliche Selbstausbeutung und mittlerweile bin ich großer Befürworter der 20 Stunden-Woche und einem Grundeinkommen. Ich glaube einfach, trotz Kita und Co. – bis zum Schulalter und darüber hinaus sind Kinder sehr bedürftig und da ist es einfach unfair, ständig in Gedanken bei irgendwelchen Emails und Aufgaben zu sein. Ich glaube, ich habe es immer relativ gut hinbekommen, habe Lenny meist von der Kita abgeholt, lange Nachmittage verbracht, war zu Hause, wenn er krank war. Aber immer verbunden mit Nachtschichten und Stress für mich, was dann vor allem mir auf die Seele geschlagen ist. Gerade Selbständige haben es einfach schwer, sich bei dem ganzen Druck abzugrenzen. Insofern bin ich dankbar, dass ich durch meinen Sohn und aber auch durch meine Gesundheit etwas auf die Knie gezwungen wurde, mit der Arbeit kürzer zu treten und das alles nicht so wichtig zu nehmen. Wichtig ist man selbst, das Kind, die Beziehung. Die Arbeit kommt einfach irgendwann danach und eben nur soweit sie einen erfüllt und nicht krank macht.
Wie hast du das erste Jahr und den Start als Mutter empfunden?
Ich mag es sehr, Mutter zu sein. Und so war es von der ersten Sekunde an keine wirkliche Last, sondern eher ein gemeinsames Lernen, Zusammenwachsen, sich neu entdecken. Klar, gibt es immer Phasen, in denen man das Kind auf den Mond wünscht, aber es ist in etwa wie mit dem Geburtsschmerz – irgendwie vergisst man das alles wieder. Das hat die Natur schon schlau eingerichtet! Das erste Jahr war sehr stressig und auch manchmal einsam, aber auch gleichzeitig sehr entspannt und von vielen schönen Ereignissen geprägt.
Was hat dich überrascht, was überhaupt nicht?
Was mich damals ziemlich überrascht hat war zum einen, dass ich mit meinen 25 Jahren überall ‚das Küken‘ war. Ich fand mich gar nicht so jung, sondern das Timing eher genau richtig. So richtig überrascht, im Sinne überrumpelt, hat mich eigentlich nichts, da ich in keinem Bereich starre Vorstellungen habe. Ich glaube, vieles kann man eh nicht steuern und je mehr man etwas loslässt, desto weniger wirft einen was komplett aus der Bahn.
Was macht dein Mann und wie organisiert ihr euch?
Mein Mann ist ebenso selbständig, aber im Alltag wesentlich stärker eingebunden. Ich muss regelmäßig mit liebevollem Druck für meine kindfreien Nachmittage kämpfen, aber mittlerweile habe wir uns gut eingependelt. Wir sind beide nicht die Superplaner bzw. kommen häufig spontane Reisen oder Aufgaben dazu, so dass wir keinem strikten Wochenplan folgen und uns eher spontan absprechen. Innerhalb eines Tages gibt es aber schon einen groben Rahmen und Tagesablauf. Zum Beispiel essen wir meistens zusammen Frühstück und Abendessen, kochen zusammen und seit ich den Laden nicht mehr habe, sind die Wochenenden heilig.
Am Wochenende zieht es euch auf’s Land, oder? Erzähl mal wie das kam!
Durch Freunde, die sich in Brandenburg ein kleines Grundstück zugelegt hatten, wuchs bei uns auch der Wunsch, nach einem Stück Grün nur für uns. Wir haben zwar einen Park vor der Nase, aber wenn man raus aus Berlin fährt schaltet man einfach ganz anders ab. Auch die Kinder sind auf einmal ganz anders drauf, spielen viel freier und entspannter und ruhen mehr in sich. Mittlerweile hat sich unser Wochenende zu einem Kurzurlaub etabliert. In unserem kleinen Garten haben wir uns eine Wohlfühloase geschaffen, bauen unser eigenes Obst und Gemüse an und entdecken immer wieder zwischendrin mit kleinen Tagestouren Brandenburg, das mit all den Seen, Wäldern, Thermen usw. viel Entspannung bietet. Für uns ist es der perfekte Kontrast aus unserem auch geliebten Großstadttrubel und der Natur. Der Garten passte sehr gut zu einem Zeitpunkt, zu dem sich bei mir und uns viel in Richtung Reduktion bewegt hat.
Was möchtest du deinem Sohn weitergeben, was ist dir bei seiner Erziehung wichtig?
Ich glaube ein essentielles Credo, das ich auf verschiedenen Ebenen immer wieder zusammenfassend feststelle ist: sag und zeige deinem Kind, dass es genau so richtig ist wie es ist. Ich glaube, dass kann man bei all dem Druck von außen nicht genug tun. Das fängt bei lackierten Fingernägeln an und hört bei dogmatischen Vorstellung „so hat ein Kind zu sein“ auf. Ich möchte, dass meine Kinder immer das Gefühl haben, sie werden wahrgenommen und angenommen, selbst wenn ich manchmal anderer Meinung bin. Es gibt bei uns klare Grenzen und Absprachen, aber in diesem Rahmen kann Lenny sich frei bewegen und entfalten.
Und jetzt zu eurer tollen Wohnung. Ist es immer so ordentlich?
Ha, na klar! Spaß beiseite, natürlich sieht es nicht jeden Tag so gewienert aus, aber wir haben es schon gerne ordentlich. Irgendwie kann ich klarer denken und mich freier bewegen, wenn ich nicht permanent über etwas stolpere und beim Barfuß laufend Krümel an den Füßen kleben habe. Wir versuchen auch, nicht so viel Zeugs anzustauen und misten regelmäßig aus.
Teilt ihr euch die Hausarbeit?
So mehr oder weniger. Ich glaube, ich putze lieber oft und gründlich, schmeiße dafür häufiger meine Sachen in irgendeine Ecke, die mein Mann dann wegräumt. Hat so jeder sein Laster, nech.
Wie würdest du deinen Interieur-Stil beschreiben?
Ich würde sagen, die Basics sind bei uns alle relativ clean und minimalistisch skandinavisch. Bei den Accessoires dafür umso bunter gemischt, Ein kuscheliger Beni Ourain vor dem schwarzen Sofa, dazu afrikanische Kissen. Und jeden Monat kommen gerade ein paar neue Pflanzen dazu, das ist im Moment fast mein Favorit, um einer Wohnung Gemütlichkeit und Leben zu verleihen. Wenn der Sommer endgültig vorbei ist und bei uns der Garten ruht, möchte ich hier und da die Wohnung etwas umgestalten, Wände farbig streichen, Bilder aufhängen… da juckt es mir schon seit Monaten in den Fingern.
Was findest du am Nervigsten am Mama sein?
Wenn mein Sohn mit mir stundenlang Lego spielen möchte. Ich bin super im Aufbauen, aber die Begeisterung für Polizeieinsätze ist auch nach fünf Jahren nicht mehr geworden. Und naja, manchmal ist es eben nervig.
Und was am Schönsten?
Als Lenny eine Woche war, dachte ich DAS ist das Ultimum, besser geht’s nicht. Jetzt nach fünfeinhalb Jahren weiß ich: es wird immer besser, spannender und jeder Moment, jedes Alter hat seine ganz eigenen, magischen Momente und auch das Elternsein wird immer toller. Ich mag es, mich überraschen zu lassen, was noch in diesem kleinen großen Wesen alles drin steckt und was sich in den nächsten Jahren in ihm entfalten wird und auch wie wir als Familie weiter wachsen.
Danke, Caro!
Mehr über Caro und ihren Shop findet ihr hier!
Caroline Adam mit Lenny (5), August 2017
Fotos: Annelie Klein
Interview: Isabel Robles Salgado