Wie ein Schlafcoaching unser Leben komplett verändert hat

Schlaf. Ich hätte ja nie geahnt, dass das jemals so ein großes Thema für mich werden würde. Und dann wurde ich Mutter. Haha. Über Schlafen habe ich hier schon einmal geschrieben, über meinen kleinen Jascha und seine Wutanfälle auch (da gibt es definitiv einen Zusammenhang, aber dazu später mehr). Seit diesen Posts hat sich eine Menge getan, aber zunächst wurde es eine ganze Weile bei uns erst einmal nicht besser. Unser Kind schlief nur, wenn wir neben ihm liegen blieben, wachte es auf und es war keiner da (natürlich immer mit Babyphone), dann nutzte es auch nichts, dass wir binnen Sekunden bei ihm waren. Dann konnte er gerne einmal eine Stunde schreien, bis er sich von diesem Schock wieder erholt hatte.

Als der Kleine neun Monate alt wurde, lagen wir also immer noch abwechselnd ab ca. 18 Uhr neben ihm im Bett, gingen nur im Notfall kurz raus und hatten seit seiner Geburt keinen einzigen Abend gemeinsam außerhalb des Schlafzimmers verbracht. Zudem konnte man sich auch nicht unterhalten, wenn man neben ihm lag, selbst von Flüstern wachte er irgendwann auf. Ich bin ganz ehrlich: Das war eine richtig harte Probe für unsere Beziehung und unsere Nerven, denn natürlich weiß man rational, dass das irgendwann vorbeigeht, aber auf einer emotionalen Ebene verzweifelt man irgendwann doch, vor allem, wenn man mitbekommt, dass so gut wie alle Babys im Bekanntenkreis zumindest mal ein paar Stunden am Abend im Bettchen alleine gelassen werden können, ohne dass sich Dramen abspielen. Ich muss rückblickend wirklich sagen, dass ich an der Grenze war – und das sehe ich auch so klar, weil es mir jetzt SO. VIEL. BESSER. geht.

Aber von Anfang an: Als ich mal wieder darüber klagte, wie schlecht Jascha schläft, war Isabel so nett und empfahl mir, es mit einem Schlafcoaching zu probieren, und zwar bei der lieben Julia Beroleit, die bei uns auch schon im Podcast zu Gast war und deren Firma Cosy Eleven großartig bewertet wird (zum Beispiel in diesem Video von Christine Neder, der Frau hinter dem Reiseblog Lilies Diary). Anfang August schrieb ich Julia also eine Mail (da war Jascha ziemlich genau neun Monate alt, schilderte unsere Situation – und merkte, dass es wirklich höchste Zeit war, aktiv etwas an unserer Situation zu ändern. Ich war richtig aufgeregt, als sie am nächsten Tag schon anrief und mit mir besprach, was wir sinnvollerweise tun könnten. Julia hat verschiedene Pakete: die Schlafsprechstunde, Babyschlaf im Wochenbett oder auch das klassische Schlafcoaching, wofür wir uns entschieden. Dieses besteht aus einem zweistündigen Diagnosegespräch, damit Julia die Familie und die Gesamtsituation kennenlernen kann – hier haben wir dann auch die Schlafprotokolle besprochen. Im nächsten Schritt kam das Erstellen der Videos des Babys in verschiedensten Situationen. Danach hatten wir das Coaching-/Auswertungsgespräch, in dem dann die Ergebnisse der Videos erläutert wurden, wir viel zum Thema Schlaf gehört haben und dann mit Julia gemeinsam der Schlafplan entwickelt haben. Zusätzlich gab es dann zwei Feedback-Gespräche im Nachgang, um zu besprechen, wie sich die Dinge entwickelt haben.

Ganz schön nervig, aber was soll’s

Auf unser allererstes Info-Gespräch war ganz schnell eine Mail mit klaren Anweisungen gefolgt. Ich sollte fünf Tage lang Jaschas Schlaf protokollieren und an zwei Tagen zusätzlich seine Ernährung. Julia stellte uns noch einige gezielte Fragen, die auch für uns selber erhellend waren, weil man sich bewusst mit dem Thema auseinandersetzt, und schickte uns eine Vorlage für die Protokolle. Vorab: Mir graute es davor, Protokolle schreiben zu müssen, ich wusste aber auch, dass das nötig sein würde. Wir hatten schon vor dem Coaching immer mal wieder damit angefangen, weil wir dieses Buch lasen, aber mit Julias Vorlagen war es einfacher und außerdem auch irgendwie motivierender, zu wissen, dass jemand über diese Protokolle liest und sie analysiert. Denn klar: Man könnte das alles auch im Alleingang machen, aber wer hat dazu schon die Motivation und zieht es durch?  Ich schickte nach einer Woche alles ab und rund zehn Tage nach dem ersten Telefonat hatten wir dann unseren ersten richtigen Termin mit Julia – per Facetime, super praktisch, denn man kann Julia auch buchen, wenn man nicht in Berlin wohnt, und ich kann mir vorstellen, dass das gerade im ländlichen Raum mit weniger Optionen in Sachen Schlafcoaching eine prima Sache ist.

Julia sprach mit meinem Freund und mir ganz ruhig und ausführlich über Jaschas bisheriges Leben. Die Geburt, die ersten Monate, unser Gefühl in der Elternschaft, was uns schwer fällt oder Probleme bereitet und was schon gut klappt. Sie versuchte wirklich, uns kennenzulernen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Familiendynamik ist, leider schrie Jascha zwischendrin ziemlich heftig, so dass ich das Gespräch zwischenzeitlich doch alleine führen musste, während mein Freund das Kind tröstete und schlafen legte. Julia erklärte uns auch, was genau sie im zweiten Schritt von uns an Videomaterial braucht, und erstellte eine Dropbox, in die wir das alles ganz easy hochladen konnten.

Den Alltag filmen

Die Videos zu erstellen empfand ich im Vorfeld dann tatsächlich als ziemlich stressig – einfach, weil man mit Baby ohnehin alle Hände voll zu tun hat.  Aber andererseits ergibt es natürlich total Sinn, denn schließlich sollte sich Julia ein genaues Bild von der Situation machen? Wir sollten Jascha beim Spielen filmen, ehe wir ihn tagsüber dann zu Bett bringen, quasi wenn wir sehen, dass er müde wird. Dann auch beim Essen, beim Einschlafritual, beim abendlichen Einschlafen und bei der Pflege bzw. Massage vor dem Zubettgehen. Wir besorgten uns ein Handystativ, drehten an einem Wochenende alle Videos (was dann auch nicht so stressig war, wie zuvor befürchtet) und waren danach ziemlich gespannt auf die Analyse. Julia nahm sich auch hier richtig viel Zeit und erklärte uns zuerst ein bisschen was zur Theorie des Babyschlafs, sprach von Sprachzyklen und Einschlaf-Fenstern (wenn ihr dazu mehr erfahren wollt, empfehle ich unseren Podcast mit Julia). Jascha war wieder dabei und wurde im Laufe des Gesprächs total wütend, weil er nicht mit meinem Stift spielen durfte (ich wollte mir Notizen machen, das vereitelte er aber tatsächlich irgendwann). Mein Freund versuchte, ihn zu füttern und mit ihm zu spielen, aber beides schlug fehl. Als er dann wieder zum Facetime-Call dazu kam, sah Julia gleich, dass  Jascha gerade müde war und jetzt besser schnell schlafen sollte. Live-Coaching quasi.

Und siehe da: Mein Freund ging mit ihm in den Nebenraum und der Kleine schlief sofort ein. Wow! Die Info mit dein Einschlaffenstern, woran man sie erkennt und wie lange sie dauern, hat wirklich mein Leben verändert. Julia riet mir außerdem, ein Stillkissen, mit dem Jascha beim Einschlafen immer spielte und so nicht zur Ruhe kam, anders zu platzieren. “Ihr habt da so eine ungute Dynamik, er nimmt es, du nimmst es wieder weg, und dich macht das total nervös”, sagte sie. Wie recht sie hatte, es machte mich wirklich irgendwann total fuchsig, dass er immer wieder mit dem Kissen spielte, anstatt zur Ruhe zu kommen, vor allem, wenn ich sah, wie drüber er war oder selber einen total anstrengenden Tag hatte. Sie bestätigte meinen Eindruck, dass er tagsüber wirklich noch alle 2.5 Stunden Schlaf braucht, obwohl viele Babys in seinem Alter problemlos schon 3 oder sogar 3.5 Stunden am Stück wach sein können, und sie gab uns noch den Rat, Jascha mit mehr Empathie zu begegnen, wenn er 45 Minuten oder länger braucht, um einzuschlafen und uns einfach zu sagen: “Mensch, Du Armer, Du bist so müde, komm’, ich helfe Dir, zusammen schaffen wir das”. Irgendwie komisch, das so zu artikulieren, aber ich fand diese Ansprache total hilfreich, sie brachte mich weg von dem Effizienzdenken (“Das Kind muss jetzt mal schlafen!”) und wieder hin zu mehr Einfühlsamkeit und Geduld.

Ein Zugewinn an Lebensqualität

Diese Tipps mögen banal klingen, aber in der Summe haben sie wirklich richtig viel ausgerichtet. Und ganz ehrlich: Natürlich ist das, was man tun muss, im besten Fall simpel und hat trotzdem eine große Wirkung, das ist ja der Sinn eines guten Coachings. In den vergangenen Wochen ist Jascha viel, viel ausgeglichener, er meistert die Kita-Eingewöhnung richtig gut und hat sogar zugenommen (durch die Müdigkeit war er auch nicht der beste Esser, das ändert sich gerade und ich bin sehr erleichtert). Vor allem aber gab es jetzt so oft Abende, an denen mein Freund und ich zwei, drei Stunden im Wohnzimmer zusammen saßen und Jascha sich schnell trösten ließ, wenn er kurz aufwachte. Mittlerweile sind wir oft zu fertig, um mit der gewonnenen Zeit großartig was zu machen, haha! Jetzt müssen wir lernen, nicht mehr um 21 Uhr einzuschlafen. Aber im Ernst: Der Zugewinn an Lebensqualität ist wirklich enorm und ich frage mich, warum ich nicht schon früher an ein Schlafcoaching gedacht habe! Ich würde es wirklich allen Eltern empfehlen, die das Gefühl haben, dass der Schlaf (oder Schlafmangel!) das Familienleben negativ beeinflusst. Ich war auch skeptisch, dachte, ist es nicht übertrieben, für ein kleines Baby einen Coach zu engagieren? Aber wie so oft geht es dabei eher um die Eltern, haha, beziehungsweise darum, mit wissenschaftlichem Input und einer individuellen Heransgehensweise ein System zu entwickeln, das für die Familie funktioniert. Und vor allem ist es einfach Gold wert, dabei nicht alleine zu sein, sondern einen Menschen an der Seite zu haben, der Erfahrung hat, Ruhe ausstrahlt und einen so wieder zu einem gesunden Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten als Elternteil bringt – schließlich verunsichert weniges mehr, als wenn man das eigene Kind einfach nicht beruhigen kann, oder?

Unser neuer Tagesablauf

Gegenwärtig wacht Jascha gegen 6 Uhr auf und geht um 8 Uhr noch einmal für ein Nickerchen von 45 Minuten ins Bett, danach ist er bis ca 11:15 wach, wir gehen zur Kitaeingewöhnung, danach gibt es Essen, und nach dem Mittagsschlaf folgt eine weitere Wachphase, ehe er dann um 15 Uhr beim Spazieren noch einmal kurz wegdämmert. Ab 17 Uhr ist bei uns dann auch schon Abendessen, und spätestens um 18.30 Uhr gehen die Lichter aus. Er wacht nachts viel weniger häufig auf als früher, und selbst wenn es in einer Nacht dann wieder öfter ist,  lässt er sich viel, viel schneller beruhigen.  Im Schnitt müssen wir einmal vor 21 Uhr trösten, und können ansonsten den Abend für uns nutzen – was für eine Revolution, wirklich!

Alles in allem bin ich damit schon richtig happy, und im nächsten Schritt werde ich, wie von Julia geraten, ein Schnullernest in Jaschas Bettchen etablieren, aus dem er sich mit der Zeit seinen Schnuller selber ersetzen kann, wenn er ihn nachts verliert. Schlaf ist jetzt wieder etwas Schönes und Jaschas nächtliche Zubettgehen ist für mich nicht mehr mit Stress verbunden. Das ist eigentlich das Beste, denn jetzt kuscheln, blödeln und lachen wir noch zusammen und unsere Beziehung ist noch einmal viel inniger geworden.