Bauch frei! Drei Mythen über Schwangere, die dringend mal berichtigt werden müssen

Bauch frei!” ist mal wieder so ein Buch, von dem ich wünschte, es wäre schon früher erschienen. Denn ich war in meiner ersten Schwangerschaft eine glückliche “Nebenbei”-Schwangere, in der zweiten dagegen ging es mir fast durchweg mies. Ich war unglücklich, mir war bis zur 30. Woche übel. Ich war schwach, nahm viel zu, fühlte mich unwohl und litt unter Wassereinlagerungen, Schlaflosigkeit und hormonellem Chaos. Es war echt. Nicht. Schön. Und mein Umfeld hatte zwar irgendwie Mitleid, aber so ganz ernst genommen, wurde ich eben auch nicht. Ich war ja schwanger und nicht krank…

“Ich hasse Schwangerschaftsratgeber, deshalb liebe ich dieses Buch.” sagt Mareice Kaiser über Marlene Hellenes neues Buch “Bauch frei!“, das HEUTE erscheint! Kennt ihr Marlene? Sie ist einer unserer liebsten Frauen in den sozialen Medien, denn sie schafft es, gesellschaftliche Zustände zu kritisieren ohne den Humor zu verlieren. In ihrem neuen Buch thematisiert sie viele Dinge rund um die Schwangerschaft, über die immer noch kaum jemand spricht: die Zweifel, die mit einer Schwangerschaft kommen (war das wirklich eine gute Idee?), die körperliche Anstrengung (wo bleibt der versprochene Glow?) – und vor allem die Tatsache, dass der schwangere Körper plötzlich zum Allgemeingut wird. “Ich fand das Thema so wahnsinnig einseitig einseitig beleuchtet,” erzählt Marlene. “Dabei ist der ganze Prozess so so individuell! Es geht schon beim “schwanger werden” los. Oft werden ja die schwanger, die es nicht wollen – und umgekehrt. Für die einen ist es Glück, für die anderen Pech. Aber selbst die, die gewünscht schwanger werden, haben oft überhaupt keine schöne Zeit in der Schwangerschaft. Und dann geht es schon los mit der Scham und der Schuld, sie denken nämlich dann bereits, dass sie keine guten Mütter seien – schließlich hat man sich doch zu freuen. Man macht das ja nicht umsonst, man bekommt ja ein Kind dafür!”

Der Untertitel von Marlenes Buch lautet “Ein Plädoyer für eine selbstbestimmte Schwangerschaft”. Und das ist es wirklich. Und nebenbei auch noch so unterhaltsam, dass man es irre schnell durchschmökern kann. Es geht um viele Tabuthemen, wie die Menstruation und Fehlgeburten, Scham, Gefühle im Wochenbett, und so weiter. Und es geht natürlich auch um gesellschaftliche Missstände rund um das Thema Kinder kriegen, wie den Hebammenmangel. Auf Instagram könnt ihr heute übrigens drei Exemplare gewinnen!

Und bei uns räumt Marlene heute mal mit drei Mythen auf, die so umhergeistern über Schwangere. Los geht’s!

Mythos Nummer eins: Schwangere sind durchweg glücklich

Meine Kinder waren und sind Wunschkinder. Und es ist ein Privileg, dass ich das von mir sagen darf. Vielen Frauen werden nämlich ungewollt schwanger und dann brauchen wir wirklich gar nicht von Glück sprechen (by the way: Glück wäre, man würde ungewollt Schwangere selbstbestimmt über ihre Körper entscheiden lassen…).

Aber selbst bei einer gewollten, vielleicht jahrelang herbeigesehnten Schwangerschaft ist eines Fakt: Schwangeren geht es bisweilen richtig mies. 
Weil die 40 Wochen, in denen sie ein Kind in sich tragen, 
eben nicht nur aus Vorfreude, Kontemplation und glückseligem Nestbau bestehen. Weil sich auch Zweifel regen und 
die Frage, auf was man sich da eingelassen hat. Weil neben 
dem Mageninhalt auch Sorgen hochkommen, wie man das 
alles schaffen soll. Weil sich der Körper verändert, 
man Ruhe braucht, wo man sonst durchpowert, Emotionen 
hinzukommen, die man von sich nicht kennt, und man sich 
deshalb bisweilen selbst kaum noch wiedererkennt. Die unbequemen, traurigen, schmerzhaften Seiten einer Schwangerschaft muss eine Gesellschaft nicht nur ertragen, sondern auch mittragen. Begleiten und nicht verurteilen. Die Gesellschaft muss unbedingt aufhören, Schwangeren, die sich sich (zurecht) beschwere, vorzuwerfen, sie würden ihr Kind nicht lieben oder seien undankbar. Denn so entsteht Scham über die schlechten Gefühle, die jedoch lediglich natürlich sind und zur Schwangerschaft dazu gehören. Bitte lasst uns endlich damit beginnen, Schwangeren alle Gefühle zu erlauben, nicht nur die rosaroten mit Puderzucker.

Mythos Nummer zwei: Schwangerschaft ist keine Krankheit

Der Satz «Du bist schwanger und nicht krank» ist meines 
Erachtens eine der größten Frechheiten überhaupt. So anmaßend, so perfide und gemein. Weil er ausdrückt: «Stell 
dich nicht so an.» Weil er bedeutet: «Dir fehlt nichts, du 
übertreibst, das ist normal.» Dieser Satz soll Schwangere 
mundtot machen. Und was soll das überhaupt? Auch wenn 
man im medizinischen Sinne nicht krank ist, kann man 
in schlechter körperlicher und/oder seelischer Verfassung 
sein. Der Grund ist in diesem Fall die Schwangerschaft, 
die Hormonumstellung, die dem Körper und der Seele viel 
abverlangt. Eine Schwangerschaft stellt den Körper des 
Menschen vor eine wahnsinnige Aufgabe. Das ist Schwerstarbeit. Das ist ein großes Ding! Aber darüber verliert kaum 
jemand ein Wort. Nein, irgendein Harald kommentiert eine 
Hyperemesis gravidarum mit den Worten «schwanger und 
nicht krank», während er sich selbst wegen einer Schnupfnase eine Woche von der Arbeit befreien lässt.
Also bitte diesen Satz nehmen und direkt verbannen. Für immer!

Mythos Nummer drei: Jungen machen spitze Bäuche, Mädchen breite…

„Mein Körper ist mein eigenes Haus.“ So lernten es meine Kinder im Kindergarten. Doch spätestens in der Schwangerschaft lernen die meisten, dass das nun nicht mehr gilt. Der Körper ist nicht mehr 
nur das eigene Haus. Nicht mehr nur zusätzlich das Haus des ungeborenen Kindes, sondern das Haus aller. Ein Haus mit offenen Türen 
und Fenstern, mit «Herzlich-Willkommen»-Fußmatte und 
«Mi-casa-es-su-casa»-Wandtattoo. 
Sobald eine Schwangerschaft bekannt wird, wird der Körper zur Bewertung freigegeben. Da wird über die Größe, die Form und den Umfang des Bauches philosophiert. Da wird geschätzt und getratscht. Beglotzt und betatscht. Und es werden krude Theorien über die Dauer bis zur Geburt oder das Geschlecht des Ungeborenen angestellt. Jetzt mal unabhängig davon, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass beispielsweise das Geschlecht des Fötus die Bauchform beeinflussen kann, habe ich zum Thema Babybauch nur eine Meinung: Außenstehende, und damit ist jede:r gemeint, mögen bitte ihr Klappe halten!

Was sagt ihr? Welche Mythen gehören noch berichtigt?

Auf dem Foto seht ihr mich, zwei Monate vor der Geburt meiner Tochter. Ich hab natürlich immer versucht, auf den Fotos zu lächeln. Schön war damals aber echt wenig…

P.S.: Weiterlesen: Schwangerschaftskilos – und warum ich bestimmte Kommentare nicht mehr hören kann

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