50/50 Paare: Sarah und Torsten

Bei Sarah und Torsten dachte ich: klingt das schön! Die beiden leben mit zwei Söhnen sehr grün mit Garten im Nordosten Nordrhein-Westfalens. Beim ersten Kind lief alles noch "recht traditionell", sagt Sarah. Torsten hat zwei Monate Elternzeit genommen. Auch berufsbedingt hat Sarah dann aber nach der Geburt des zweiten Sohnes umgedacht.

So ist sie nach dem Mutterschutz direkt wieder mit 10 Wochenstunden eingestiegen, in der Zeit war Torsten zu Hause. Noch bevor der Kleine ein Jahr alt war, hat Sarah auf 25 Wochenstunden erhöht – und Torsten hat parallel seine Arbeitszeit auf 35 Stunden reduziert. Beide sind angestellt und obwohl diese Lösung nur als Übergang gedacht war, bis der kleine Sohn in die Betreuung kommt, mögen beide ihre faire Verteilung mittlerweile so gerne, dass es so weitergehen wird. Torsten bleibt bei 35 Stunden und Sarah plant, ihre Stundenzahl demnächst noch weiter auf (auf 29 Stunden) zu erhöhen. Schön daran auch: Beide verdienen fast gleich viel. Alles andere erzählt uns Sarah im Interview!

Was und wieviel arbeitet ihr beide? 

Wir sind beide fest angestellt (öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft). Ich arbeite 29 Stunden, Torsten 35. Ich fange morgens um 7 Uhr an zu arbeiten, Torsten bringt die Kinder in die Betreuung und fahre mittags in den Kindergarten zum Abholen. An einem Nachmittag betreut Torsten die Kinder und ich fahre nochmal ins Büro. Home Office wäre bei mir möglich, nutze ich derzeit aber nicht. Als ich in der Elternzeit nur 10 Stunden die Woche gearbeitet habe, durfte ich die Hälfte im Homeoffice machen. So richtig toll funktioniert hat das aber nicht. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es zum Beispiel im ersten Grundschuljahr nochmal hilfreich ist, dann sind die Kinder ja auch älter. Es ist auf jeden Fall ein Privileg, die Möglichkeit zu haben. Ich würde unsere beiden Arbeitgeber als familienfreundlich bezeichnen, da sie uns Beiden flexibles Arbeiten ermöglichen. Oft ist es ein Geben und Nehmen. Der Arbeitgeber lässt uns Freiheiten, dafür versuchen wir alle Termine, die außer der Reihe kommen, möglich zu machen.

Wie alt sind eure Kinder und wie sind sie tagsüber betreut? 

Die Kinder sind dreieinhalb und eineinhalb Jahre alt und gehen inzwischen beide in den Kindergarten. Sie sind jeden Tag von ca. 8 bis 12 Uhr dort.

Seid ihr zufrieden mit der Betreuungssituation?

Ja! Im Kindergarten fühlen wir und die Kinder uns sehr gut aufgehoben. Wir haben auch beide Omas in der Nähe, die im Notfall ebenfalls einspringen könnten und mitbetreut haben, als wir für den Kleinen noch keine Betreuung hatten.

Wie habt ihr eure Woche aufgeteilt?

Ja, das ist alles fest geregelt. Torsten bringt die Kinder hin, ich hole sie ab und er betreut einen Nachmittag. Das wird nur geändert, wenn berufliche Termine anstehen. Die Nächte teilen wir 50/50. Wir nennen es immer „Wellness-Bereich“, wenn man nicht neben dem Kleinen, der sich momentan noch jede Nacht meldet, schlafen muss…

Organisiert ihr euch spontan oder macht ihr einen Plan? 

Ich würde sagen, es gibt ein feststehendes Gerüst sowie flexibel gestaltbare Möglichkeiten. Gerade wenn die Kinder krank sind, wird das noch eine Herausforderung. Termine werden immer in beide Kalender eingetragen.

Welche Tools nutzt ihr? 

Wir nutzen beide ganz altmodisch noch einen Kalender in Papierform. Auch die Einkaufsliste und den Essensplan entwerfen wir auf Papier. Die App Bring habe ich aber immerhin schon mal auf dem Smartphone installiert (Torsten noch nicht).

Würdet ihr sagen, dass die Organisation des Alltags sehr zeitaufwendig ist und klappt sie gut?

Es hat auf jeden Fall gedauert, eine funktionierende Organisation aufzubauen. Und sobald sich Parameter ändern, muss wieder neu getestet werden, was am besten funktioniert. Es sind auch schon Termine verloren gegangen. Gerade in der Zeit kurz nach den Geburten herrschte leichtes bis mittleres Chaos. Zum Glück ließ sich alles irgendwie lösen. Aber man hat natürlich ein schlechtes Gewissen, wenn man einen Arzttermin verpasst, muss zusehen, wo man den Müll unterbringt, wenn man vergessen hat, diesen an die Straße zu stellen, sich Windeln leihen, weil man keine mehr hat usw.

Habt ihr einzeln Hobbies, oder macht Sport?

Ich mache ab Herbst Yoga, habe die letzten Jahre aber nichts gemacht. Torsten kommt derzeit leider auch nicht dazu, zumindest was den Sport angehen. Wir versuchen, dass wir jeder einen Abend die Woche etwas mit unseren Freunden unternehmen.

Was ist mit Paar-Zeit, wann bekommt ihr die unter?

An der hapert es tatsächlich noch ziemlich. Bisher mussten wir unsere vorhandenen Babysitter dazu nutzen, um arbeiten zu gehen. Da die Kinder nun beide in den Kindergarten gehen, können die Omas die Kinder auch mal nehmen, damit wir Paarzeit haben. Ab und zu haben wir etwas Zeit für uns, wenn die Kinder schlafen. Das erste halbe bis ganze Jahr nach der Geburt des jüngsten Sohnes sind wir allerdings oft mit den Kindern schlafen gegangen. Da war uns der Schlaf wichtiger als Paarzeit, muss man ehrlich sagen.

Habt ihr das Gefühl, genug Zeit mit den Kindern zu verbringen?

Ja da haben wir beide ein gutes Gefühl.

Sprechen wir über den Haushalt: wie teilt ihr euch hier auf?

Hier hat es sich mittlerweile ergeben, dass jeder feste Aufgaben hat, die ihm (mehr oder weniger) liegen. Torsten kümmert sich um das Essen und handwerkliche Tätigkeiten und ich mehr ums Aufräumen und Putzen. Die Wäsche macht der, der gerade Zeit und/oder Lust hat, genauso wie die Spülmaschine ausräumen (das mache ich aber auch oft vor der Arbeit morgens). Mit dem Rasenmäher stehe ich auf Kriegsfuß, das macht meistens auch Torsten (bzw. keiner). Pflanzen und gießen machen wir beide. Das Bügeln übernimmt Torsten. Einkaufen gehe ich öfters nachmittags mit den Kindern, aber auch mal Torsten am Wochenende. Ich zähle die Versorgung unserer Tiere jetzt auch mal zum „Haushalt“, da auch das jeden Tag gemacht werden muss. Ich kümmere mich um unsere beiden Hunde und Torsten springt im Notfall ein, bzw. gehen wir am Wochenende alle zusammen spazieren. Um unsere fünf Hühner kümmern wir uns beide.

Wer hat die Orga in der Hand? 

Ich würde sagen, das ist aufgeteilt. Da fühlen sich beide gleich verantwortlich. Oft ergänzen wir uns auch ganz gut: Der eine denkt an das, der andere an das. Die Urlaubsplanung hat bisher aber eher Torsten gemacht und ich habe Kindersachen besorgt. Das war aber Zufall und kann sich jederzeit ändern.

Seid ihr beide zufrieden mit eurem Haushaltssystem?

Klar kann es immer noch sauberer und aufgeräumter sein, aber eine Grundordnung ist vorhanden und damit kommen wir ganz gut klar. Wir besitzen mittlerweile auch weniger „Kram“ als noch in unserer kinderlosen Zeit. Durch die Ausmisterei und dem mittlerweile überlegterem Konsum ist es für uns einfacher geworden, Ordnung zu halten.

Habt ihr hier Hilfe, eine Putzhilfe zum Beispiel? 

Wir haben neuerdings eine Haushaltshilfe, die einmal die Woche für 2-3 Stunden kommt. Das hilft schon mal weiter. Außerdem haben wir einen guten Saugroboter, der Dank der Hunde und Kinder jeden Tag zum Einsatz kommt.

Wie habt ihr die Finanzen geregelt?

Jeder hat ein eigenes Konto, auf dem das Gehalt eingezahlt wird. Ich bekomme zusätzlich das Kindergeld. Außerdem haben wir ein Gemeinschaftskonto, auf dem wir beide denselben Betrag einzahlen, vom dem die meisten Haushaltsausgaben bezahlt werden. Eine Altersvorsorge hat jeder für sich abgeschlossen.

Wie seid ihr selbst aufgewachsen?

Sehr unterschiedlich. Meine Mama hat schnell wieder gearbeitet, ist aber nach der Geburt meines Bruders beruflich kürzer getreten und seitdem in Teilzeit geblieben. Mein Vater war immer voll berufstätig. Ich war viel bei meiner Oma und bin erst mit vier in den Kindergarten gekommen. Torsten wurde ab einem halben Jahr ganztägig in einer Krippe betreut (damals noch in der DDR). Seine Mama hat bis auf die Babypause immer Vollzeit gearbeitet und sein Vater auch.

Findet ihr euer System gerecht, seid ihr glücklich damit?

Ja!

Was würdet ihr euch vom Staat, von eurem Umfeld, vom Arbeitgeber wünschen?

Vom Staat würden wir uns wünschen, dass die Betreuung für die Kinder kostenlos ist, in anderen Bundesländern klappt das ja auch. Und die Regelung mit dem Elterngeld ist auch nicht optimal. Da müsste es mehr Anreize geben, dass die Elternzeit wirklich gerechter aufgeteilt wird – sofern gewünscht.

Vom Umfeld würde ich mir wünschen, dass Eltern mehr Unterstützung erhalten und mehr Feingefühl gezeigt wird. Oft werden gut gemeinte Ratschläge oder Lebensweisheiten rausgehauen, obwohl der Elternteil einfach erzählen möchte, wie er sich gerade fühlt. Mit Unterstützung meine ich die einfache Frage, die gerade in der Anfangszeit Gold wert ist: „Kann ich was für dich tun?“. Das kann dann ein Kinobesuch zum Abschalten, das Kochen einer Mahlzeit oder die Besorgung von etwas sein.

Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Männer in Teilzeit arbeiten und die Frauen dementsprechend mehr arbeiten können. Für die Arbeitgeber sollten Männer in Teilzeit genauso selbstverständlich sein wie Frauen in Teilzeit.

Was kommt immer zu kurz?

Die Paarzeit.

Und was klappt aber eigentlich ziemlich gut?

Unsere Absprachen und die Organisation klappt ziemlich gut. Und es bleibt immer einer ruhig, wenn der Andere gerade sehr gestresst ist (meist zumindest).

Was stresst euch im Alltag am meisten?

Wenn beide Kinder gleichzeitig (am frühen Morgen) schreien.

Und was macht am meisten Freude?

Geschichten vorlesen (wenn es nicht gerade 10 Bücher hintereinander sind), mit den Kindern und Hunden draußen unterwegs sein, wenn die Brüder miteinander spielen, mit den Kindern einkaufen (das könnte sich eventuell noch ändern) oder etwas unternehmen. Auch Gartenarbeit machen wir gerne mit den Kindern, also anpflanzen und ernten und bei handwerklichen Aufgaben sind sie auch gerne mit dabei. Es ist toll zu sehen, was für Fortschritte die Kinder machen, was sie jeden Tag lernen und wie sie die Welt entdecken. Und durch die vielen Fragen des Großen lernt man selbst unglaublich viel dazu – und merkt, was man alles nicht weiß. Große Freude macht es uns auch, wenn sie mal beide um 20 Uhr schlafen!

Danke, ihr beiden!