Yay or Nay: Taschengeld geben
YAY
Der Grund, warum bei uns Taschengeld eingeführt wurde, waren tatsächlich diese unsäglichen Kindermagazine mit billigem Plastikspielzeug beklebt, die der damals fünfjährige Sohn immer und jeden Tag haben wollte. Wir fanden sie teuer (vier Euro) und besagtes Spielzeug war so trashig, dass es meistens nach kurzer Zeit kaputt ging und den armen Sohn frustriert zurückließ. “Dann bekommst du jetzt Taschengeld und kannst dir sowas selbst kaufen” sagte der Vater. Und so hatte ich Taschengeld auch in Erinnerung: damit kaufte ich mir all das, was meine Mutter mir nicht kaufen wollte!
Es gibt ein paar Regeln für das Taschengeld bei uns. Taschengeld gibt es immer, jeden Sonntag, man darf Taschengeld nicht als Erpressungsmittel einsetzen. Und das Kind darf es ausgeben, für was immer es möchte, das wird weder beobachtet noch bewertet von den Eltern. Also wenn es davon ausschließlich Süßigkeiten kaufen will, dann ist das auch okay.
Der Sohn machte es dann aber anders: er sparte am Anfang, Geld besitzen gefiel ihm richtig gut. Er zählte und hortete. Am Ende bleibt es auch nie bei dem einen Euro: Hier und da stecken Omas und Opas ihm auch mal Geld zu, manchmal darf er das Pfand-Geld im Supermarkt behalten oder das Restgeld, wenn wir ihn losschicken, etwas zu besorgen. So hatte er sehr schnell seine ersten zehn Euro zusammen, die dann gleich in ein Lego-Set gesteckt wurden. Wir sind seitdem schon mehrmals ins Kaufhaus zusammen gefahren und haben Plastikkram mit vielen Münzen bezahlt, er liebt das sehr.
Ich wäre nie darauf gekommen, dass das Taschengeld eine ungute Idee sein könnte, aber ich finde es auch sehr wichtig, dass man die Kids damit nicht manipuliert und dass es nicht die einzige Quelle für geheime Wünsche bleibt, denn dafür ist es einfach zu wenig. Unser Sohn hatte sicher auch manchmal Momente, da hat ihn das Thema frustriert: zum Beispiel, wenn er sein ganzes Geld in etwas investiert hatte, was er dann doch nicht so toll fand. Da kann man jetzt aber auch sagen: eine gute Lehre. Überhaupt würde ich sagen, die guten Seiten überwiegen: er hat früh angefangen, das Geld zu zählen, und sich selbst Sachaufgaben zu stellen, also etwa: wenn ich 20 Euro habe, wieviele Magazine kann ich mir dann kaufen. Entsprechend viel Spaß macht ihm Mathe jetzt in der Schule. Er wollte schon nach kurzer Zeit alleine loslaufen, um sich ein Magazin zu kaufen, und diese kleinen, selbstständigen Aktionen haben ihm sichtbar gefallen und gut getan.
Er hat auch schon gemerkt, welche Magazine zum Beispiel wirklich Schrott sind (die mit dem Superbillig-Spielzeug) und welche eine bessere Idee (die mit Lego) und dass die Wunderheft-Magazine ein besserer Deal sind, denn da bekommt man zwei für den Preis von einem, es kann aber sein, dass man den Inhalt nicht so 100% toll findet. Auch festgestellt hat er schon, dass man auf dem Flohmarkt deutlich besser shoppen kann, als ihm Laden.
Wie gesagt: er bekommt auch so mal was, darf sich was aussuchen im Supermarkt, fragt nach einer Badekugel, einem Kaugummi und ich sage da immer wieder JA. Auch die Magazine kaufe ich ihm hin und wieder, zum Beispiel wenn wir verreisen. Und ich lasse ihn bei allem mitentscheiden, kaufe also wenig über seinen Kopf hinweg. Wenn ich ihm Klamotten kaufe, besprechen wir vorher, ob sie ihm gefallen und an Weihnachten und so weiter gibt es auch mal eine Sache, die ich persönlich furchtbar finde. Dieses Jahr waren das zum Beispiel diese Bakugan Kugeln.
Mittlerweile sehen wir Eltern übrigens auch die Magazine nicht mehr so eng. Der Sohn ließt die Comics jetzt ja schon selbst und hütet sie wie ein Schatz, verbringt also wirklich viel Zeit damit. Der Mann meinte jüngst: “er liebt Print. Was soll daran schlecht sein!” Ha! Und ich finde, solange man das Thema verantwortungsvoll angeht, ist auch an Taschengeld nichts Schlechtes. Bald wird mein Kind sieben Jahre alt und das Taschengeld wird dann endlich mal von einem auf zwei Euro erhöht, ich weiß, dass er sich irre freuen wird. Und mit fünf bekommt seine Schwester selbstverständlich auch Taschengeld. Und zwar ganz genauso viel, damit es hier nicht schon zum Gender Pay Gap kommt!
NAY
Als ich von Nora Imlau und ihrem Thread auf Twitter mitbekam, dachte ich wirklich: ENDLICH sagt das mal jemand. Denn ich beobachte in meinem Freundes- und Bekanntenkreis genau das, was sie beschreibt: fast alle Kinder bekommen ab einem gewissen Alter Taschengeld, meistens in der Vorschule, oder spätestens in der ersten Klasse. Ein Euro ist das meistens pro Woche – ein Euro! Was kann man sich denn von einem Euro kaufen. Vielleicht ein paar Süßigkeiten, aber echte Herzenswünsche sind natürlich nicht drin. Damit geht es los, die Kinder sind dann nämlich oft frustriert, weil sie schnell merken, dass die anfängliche Freude über “eigenes Geld” wenig wert ist, weil man vier Wochen auf ein ersehntes Ninjago Comic sparen muss – und es bis dahin wahrscheinlich schon nicht mehr erhältlich ist. Sie verlangen dann oft mehr Taschengeld und die Eltern bezeichnen sie als “gierig”.
Ich bezweifle auch stark, dass Kinder durch Taschengeld lernen, mit Geld umzugehen, und das ist es ja, was propagiert wird. Die Beträge sind so klein, dass sie vor allem merken, wie viel das Leben kostet und wie sehr sie von ihren Eltern abhängig sind. Und während die Eltern sich zum Beispiel ständig Zeitschriften kaufen, muss das Kind um ein Comic (es geht ja wirklich oft um diese Comics!) kämpfen. Auch wird das Taschengeld oft verwendet, um die eigene Machtposition auszuspielen: “Tja, hättest du mal gespart!” heißt es dann, oder: “das kannst du dir ja von deinem Taschengeld kaufen.” Noch schlimmer fand ich, als eine Freundin zu ihrer Tochter sagte: “Ich habe ja für mein Geld gearbeitet!”, als diese sie darauf hinwies, dass sie sich so oft Nagellack kaufe – und der Tochter fast nie. Seitdem läuft es in dieser Familie so, dass das Kind kleine Geldbeträge bekommt, wenn es zum Beispiel den Tisch deckt oder die Spülmaschine ausräumt. Auch das finde ich wirklich schrecklich, wer bezahlt denn seine Kinder? Man sollte doch in der Familie helfen, weil alle zusammenhalten und nicht für Geld!
Eltern reden sich schön, dass sie ihren Kindern Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit vermitteln, wenn sie ihnen kleine, eigene Geldbeträge zutrauen. In der Realität sind diese Beträge aber meist so klein, dass gar niemand was lernt. Und sie sollen lernen, das Geld nicht auf Bäumen wächst und eine endliche Ressource ist. Da sie das Geld aber ja von ihren Eltern bekommen, lernen sie auch, dass sie von diesen abhängig sind.
Noch schlimmer, und das beschreibt Nora ja auch, wird es, wenn Kinder unterschiedlich mit Geld umgehen: das eine Kind spart und kauft sich dann etwas Tolles und zeigt es herum. Das andere Kind hat sein Geld in Gummibärchen investiert und ist dann völlig frustriert. Alles schon erlebt. Bei meinem Sohn in der Klasse gibt es die feste Regel: Man darf kein Geld mitbringen. Denn, so sagt die Lehrerin, Geld führt immer zu Konflikten bei Kindern. Das sehe ich auch so und deshalb möchte ich meinen Kindern (8 und 5) kein Taschengeld geben. Wir handhaben es so: wenn die Kinder große Wünsche fernab von Geburtstag und Weihnachten haben, dann besprechen wir diese, schreiben sie auf. Und wenn sie nach einer Weile immer noch da sind, dann bekommen sie sie (wenn wir es uns leisten können). Auch wenn wir im Supermarkt sind, darf jeder aus der Familie sich mal was aussuchen. Eine Gesichtsmaske für mich, ein Kaugummi für die Kinder, oder eine neue Zahnbürste. Sie wissen das und nutzen es nicht aus. Sollte das Geld mal kapp sein, erkläre ich das – und dann gönnen wir uns alle eine Zeit lang weniger. Wenn wir zusammen auf dem Flohmarkt sind, stecke ich Ihnen einen Fünfer zu, mit dem dürfen sie machen, was sie wollen.
Sie haben also auch immer wieder Geld zur Verfügung, aber ohne diesen wöchentlichen Druck des Taschengelds und ohne, dass ich mich als regelmäßiger Geldgeber aufspiele. Und ja, ich finde, sie lernen dadurch einen schöneren Zugang zu Geld: Es gibt Familiengeld, das ist für alle da, egal, wie alt sie sind!
Und nun sind wir gespannt! YAY or NAY, was sagt ihr: Bekommen eure Kinder Taschengeld?