Alles dreht sich natürlich erstmal um die Frau. Ihr Bauch wird immer runder, sie spürt das Schwangersein von Beginn an am eigenen Leib, sie ist eben doch ganz und gar schwanger. Ihr sieht man das Schwangersein sehr bald von Weitem an.
Für alle werdenden Väter <3
Sie beschäftigt sich – mal mehr, mal weniger – intensiv mit alledem, sie ist es, die die Arzttermine verabredet, zum Yoga geht. Die schon weiß, welches Kinderbett gekauft werden soll. Und sie ist es, die permanent von anderen nach ihrem Befinden gefragt wird.
Und, wie geht es Dir, als werdender Vater?
Mit all dem Wahnsinn, der da gerade passiert? Außerhalb Deines eigenen Körpers, aber doch mittendrin in Deinem Leben? Außerhalb vor allem – auch außerhalb deiner Kontrolle? Mit allen Ambivalenzen, die natürlich dazu gehören?
Das, was spürbar ist, ist vor allem Veränderung, an allen Ecken und Enden. Dass sich da auch mal mulmige Gefühle einschleichen, ist ja klar. Ist ja schließlich auch jetzt schon eigentlich alles ganz schön schön, Euer Leben, jetzt, ohne Kind. Klar, ein Baby ist toll, du freust dich wie irre – aber welches Maß an Verzicht heißt das? Welches Maß an neuer Verantwortung? Welche noch mal ganz andere Verbindlichkeit, ab jetzt „Familie“ zu sein? Es scheint ein bisschen so, als würde es jetzt wirklich ernst im Leben, der Spaß vorbei.
Der Spaß vorbei? Oh Gott … – wollten wir das wirklich?
Vielleicht geht es dir auch richtig super mit allem. Dein Leben kriegt eine Richtung, du hast nicht mehr nur deinen Chef, für den du all das machst. Kinder wolltest Du schon immer. Endlich kannst Du, bester Laune (verzeih den kurzen Ausflug ins Klischee), im Baumarkt umherstreifen für all die Wickelaufsätze, die du natürlich selbst baust, maßangefertigte Wärmelampenkonstruktion inclusive. Hast gesehen, dass es Fußballschuhe auch schon in ganz Mini gibt. Erstlings-Bodys deines Vereins beruhigenderweise auch. Der Frage, ob Du auch so ein Öko-Tragtuch umbinden musst, stehst du noch ein bisschen skeptisch gegenüber, aber bist tapfer mit zu so einem Hechel- ähh … Geburtsvorbereitungskurs angemeldet.
Letzteres: Sehr gute Idee! Damit Du eine realistische Vorstellung davon bekommst, was denn zwischen Wickelplatzkonstruktion und Drachen steigen lassen liegt: die Geburt. Auch oder gerade, weil dir in dieser Situation eher eine ungewohnte Nebenrolle in Sachen „harter körperlicher Arbeit“ zugedacht ist, wird so ein Kurs gut sein. Damit du weißt, dass lautes Rumstöhnen (im Kreißsaal, nicht im Kurs 😉 hilfreich ist und total gesund-normal, und dass auch nicht mit viel „Blut fließen“ zu rechnen ist und ob man eine Plazenta unbedingt mit nach Hause nehmen muss. Und dass schlichtes „Da-Sein“ zwar erstmal ungewohnt wenig ist in Sachen „tatkräftig sein“, unter der Geburt aber von deiner Frau endlos geschätzt werden wird. Vielleicht weißt Du auch noch gar nicht, ob Du wirklich mitkommen solltest zur Geburt. Man hört ja so Einiges … Ein Kurs macht die Dinge konkreter und eine Entscheidung möglicherweise klarer.
Die Biologie macht uns Männer und Frauen eben doch so viel unterschiedlicher, als man es bei all den „Gender-Diskussionen“ glauben mag. Und jetzt treten diese Unterschiede deutlicher als jemals vorstellbar zutage. Nicht nur im Kreißsaal. Damit sind auch die vielfältigen Veränderungen deiner Frau schon jetzt gemeint. Die Schwangerschaftshormone machen uns Frauen nicht nur empfindsamer, sondern vielleicht auch aufbrausender und kompromissloser. Die Evolution braucht das, eine gute Mutter ist eben in gewissen Dingen kompromisslos (und in der heutigen Zeit kann das sein: „Ich will aber diesen Wickelkommodenaufsatz, und zwar im Bad und nicht im Kinderzimmer. Und ich will auch nicht diesen superfiesen Tatort gucken, all die böse Welt da draußen. IN MEINEM ZUSTAND!“) Gegen diese Veränderungen ist kein rationales Kraut gewachsen, da hilft nur ein schlichtes „Ja, Schatz“.
Was Frauen unbedingt und an allen Ecken und Enden, in der Tat und in Gedanken, emotional und ganz praktisch in der Schwangerschaft so sehr brauchen, ist vor allem eins:
Unterstützung! Auch das ist ein Teil Deiner Dir von der Evolution zugedachten Aufgaben.
Und: All deine Gedanken, auch die komischen, auch die ambivalenten, sind natürlich total normal und sehr gesund. Gut tut wahrscheinlich der Austausch mit Männern „in einem Boot“, mit Männern, die schon Kinder haben. Die kennen nämlich ALLE diese Gedanken und Ambivalenzen.
Zum Weiterlesen zu diesen Themen gibt es mittlerweile auch eine Anzahl von Büchern, im Prinzip zwei Gruppen: Die ha-ha-Schenkelklopfer, in der alle vorstellbaren Klischees mal mehr, mal weniger witzig verbraten werden, und dann die, deren Augenmerk auf eher inhaltlich-praktischen Schwerpunkten liegt. Aus der zweiten Gruppe wäre z.B. „Der werdende Vater – Anleitung zur perfekten Partnerschaft“ (Jens Oenicke) ein weiterführender Lesetipp. Oder auch dieses mit dem vielsagenden, schockierenden und vollkommen korrekten Titel „Geht alles gar nicht: Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können“ (Marc Brost und Heinrich Wefing). Und natürlich Papipedia von Christian Gaca. Da steht eigentlich alles drin, was du wissen musst.
Auf bestimmte Wahrheiten sollte man sich vorbereiten und nicht naiv hineinstolpern.
Und, mal wieder ganz praktisch: Manche Sachen kann man vorbereiten, und zwar so konkret wie möglich. Auch wenn ich die grundsätzliche Einstellung: „Das wird schon alles“ so sympathisch finde – bestimmte Dinge sollte man nicht zu sehr dem „das lassen wir mal alles auf uns zukommen“ überlassen. Also: Hier kommen Dinge für die Tat:
- Es stimmt, was alle sagen: Nach der Geburt kommt man zu gar nichts mehr. Projekte wie „Keller aufräumen“ (das Wort „Stauraum“ gewinnt an Bedeutung bei der Geburt eines Kindes. Er erklärt den Satz, von den Frauen, mindestens sechs Mal in der Schwangerschaft ausgesprochen: „Schatz, wir müssen noch mal zu IKEA“), Steuererklärung machen (braucht ihr ggf. auch für den Elterngeldantrag) und überhaupt die Beschäftigung mit all den Anträgen, im Wesentlichen Kindergeld und Elterngeld – das macht man schlauerweise vor der Geburt. Am besten jetzt schon mal die ganzen Anträge im Netz downloaden und weitest möglich ausfüllen. Wenn einer von euch beiden privat versichert ist, überlegt auch die verschiedenen Möglichkeiten, wie denn das Baby krankenversichert werden soll (oder muss).
- Nimm Dir rechtzeitig Urlaub für die Zeit nach der Geburt, also rechtzeitig mit Kolleg*innen / Partner*innen / Vorgesetzten absprechen. Zwei bis drei Wochen sind eine realistisch benötigte Zeit. Im besten Fall heißt Urlaub auch: nicht erreichbar sein müssen und nicht versuchen, „nebenbei“ noch mal kurz was wegzuschaffen. Unterschätze das nicht. Es gibt wenig, was eine Frau im Wochenbett mehr auf die Palme bringt, als ein Mann, der ständig heimlich E-Mails checkt oder so halb auf dem Sprung ist: „eigentlich muss ich nachher noch …“. Dann lieber: Eine (oder zwei) klar umrissene Stunden arbeiten und dann wieder „ganz da“.
- Wenn Urlaub nicht möglich ist und Du arbeiten musst, braucht ihr auf jeden Fall eine Haushaltshilfe, die zum Beispiel kocht, frischen Tee macht, Bettwäsche wäscht und die tausend kleinen Besorgungen macht (für die Quarkwickel, für Babies Schmieraugen die Augentropfen und den Stilltee) – und zwar in der ersten Woche nach der Geburt vier bis sechs Stunden pro Tag, in der zweiten Woche auch noch an zwei, besser drei Tagen, in der dritten sporadisch! Das ist komplett mein Ernst – aus Erfahrung weiß ich, dass fast alle Paare dies vorher für total übertrieben halten, genau so, wie generell die erste Zeit von der zweiten Lebenswoche an total unterschätzt wird im Sinne von: „man kommt wirklich zu gar nichts“. Vorher kümmern ist deshalb wichtig, weil man sonst ganz kurzfristig niemanden mehr findet. Adressen erhaltet ihr von der Krankenkasse oder übers Netz. Wenig Begeisterung wird meistens der Satz ernten „Ach weißt Du Schatz, ich dachte, meine Mutter kann zwei Wochen zu uns kommen, das ist doch bestimmt eine ganz tolle Hilfe. Sie würde sich auch echt freuen!“
- Frauen nach der Geburt können sich nicht (gar nicht!) um Kochen und Haushaltsarbeiten kümmern, geschweige denn um Einkäufe, große Kinder in den Kindergarten bringen, etc. Gleichzeitig ist eine gute und reichhaltige Versorgung (auch aus „medizinischer Sicht“!) dringend notwendig, um nach der Geburt wieder zu Kräften zu kommen. Wochenbett heißt Wochenbett, weil Frauen sich dort vorwiegend aufhalten.
- Eine Haushaltshilfe (oder natürlich auch sonstiges „Outsourcing“) dient auch dazu, dass nicht du all diese Pflichten übernehmen musst, sondern auch Zeit bleibt für euch beide (drei).
- Denk dir schon mal ein angemessen großartiges Geschenk für deine Frau aus – sie ist die wundervollste der Welt …