Yay or Nay: Kinder vegan ernähren
NAY:
Ich ernähre mich seit einigen Jahren vegan. Vorher war ich lange Vegetarierin. Ich habe das weniger wegen moralischer Bedenken gemacht, als einfach aus meinem Körpergefühl heraus. Ich merkte einfach: Ich will keine tierischen Produkten konsumieren, ich brauche das nicht.
Meine Kinder will ich in diesem Sinne aber nicht bevormunden. Sie sollen selbst entscheiden können. Deshalb fahre ich eher eine moderate Linie mit ihnen. Wenn wir irgendwo unterwegs sind, dürfen sie alles essen was sie wollen; Familienfeste, Schule, Kita, Kindergeburtstage. In der Kita zum Beispiel habe ich nie Bescheid gesagt, dass sie Vegetarier sind oder gar vegan ernährt werden sollen – ich hab sie immer machen lassen. Ich wollte nicht, dass meine Kinder aufgrund ihrer Ernährung eine besondere Aufmerksamkeit bekommen, finde das eher kontraproduktiv und wollte kein Sonderrolle für die Kids. Zuhause lasse ich sie auch selbst entscheiden. Ich kaufe eigentlich bewusst kein Fleisch, aber wenn wir zusammen einkaufen gehen und meine Kinder sagen, sie wollen lieber Kuhmilch als Hafermilch, dann finde ich das in Ordnung und kaufe die Kuhmilch für sie.
Ich selbst habe da immer ganz viel ausprobiert mit veganem Essen und sie dann kosten lassen. Und wenn ihnen die veganen Würstchen nicht so schmecken, dann kaufe ich auch ab und zu mal richtige Wienerwürstchen. Ich möchte einfach nicht für sie bestimmen, weil ich fest daran glaube, dass der menschliche Körper Bedürfnisse hat und dass auch schon Kinder merken können, was sie gerade brauchen und was nicht. Ich möchte meinen Kindern nichts vorenthalten, sondern wünsche mir, dass sie lernen auf ihre Bedürfnisse zu hören. Deshalb schließe ich Fleisch pauschal nicht aus und ich habe auch keine Lust meinen Kindern Vitamin-B12-Tabletten zu verabreichen.
Ich bin auch mal mit beiden Kindern zum Fleischer gegangen und habe mit ihnen zusammen ein teures Steak ausgesucht, es gekauft und Zuhause zu bereitet (es hat ihnen dann aber nicht so gut geschmeckt) – alles in allem: Ich will keine künstliche Schranke bauen. Sie sollen essen können, worauf sie Lust haben.
Aber es schon so, dass manche Lebensmittel bei uns eher etwas besonders sind. Milch zum Beispiel gibt es nicht täglich. Mein größerer Sohn ist schon ein sehr bewusster Esser geworden. Und interessanter Weise mag er Würstchen überhaupt nicht. Auf Kinder Geburtstagen, bei denen es oft Hot Dogs gibt, findet er den Geruch richtig eklig. Aber ab und zu isst er auch mal Fleisch. Und doch, manchmal habe ich doch ein kleines schlechtes Gewissen und versuche Fleisch schmackhaft zu machen, aber klar, authentisch vorleben kann ich ihnen das nicht. Mein Fazit: Alles in Maßen und später können meine Kinder einfach selbst entscheiden wie und was sie essen möchten. Ich finde es schön, wenn Kinder vielfältig essen und wenigstens immer alles einmal probieren.
YAY:
Als unsere Tochter ein halbes Jahr alt war und an Neurodermitis erkrankte, begann ich unsere Ernährung umzustellen. Wenige Monate später waren wir komplett vegan. Hier füge ich gerne ein, dass vegan nicht zwingend gesund bedeutet. Man könnte sich schließlich Tag ein, Tag aus von Brot mit Erdnussbutter oder Sojaersatzprodukten ernähren – dann wäre man zwar strikt vegan, aber definitiv auch mangelernährt. Solche Veganer gibt es, ich nenne sie “junk food Veganer.” Unsere Ernährung beschreibe ich lieber als pflanzlich, denn wenn man zu der veganen Ernährung hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen gelangt, und wenn ethische Aspekte erstmal eine sekundäre Rolle spielen, geht es doch in erster Linie um Vitamine und Nährstoffe. Und somit pressen wir seit Jahren frische Gemüsesäfte, trinken grüne Smoothies, und ernähren uns von Gemüse, glutenfreiem Getreide, Hülsenfrüchten, Obst, Nüssen und Samen. Unsere eigene Mandelmilch machen wir auch. Und siehe da, die Neurodermitis unserer Tochter wurde immer besser, bis sie letztendlich fast ganz verschwand. Erkältungen halten sich in Grenzen, Rotznasen gibt es wenig, da wir keine schleimproduzierenden Lebensmittel verzehren, und unsere Kinder überstehen Kita und Winter bisher immer ohne Antibiotika.
Abel mal kurz zurück zum Brot mit Erdnussbutter. Wenn ich ehrlich bin, essen viele Kinder sowas von ungesund – Nudeln bis zum Abwinken (ich war so ein Nudelkind), Joghurts, Kuhmilch-Kakao, Nutella, ständig haben sie Brötchen oder Kekse in der Hand. Was mich schon immer aufgeregt hat, ist, dass, wenn Eltern mit ihren Kinder zum Beispiel bei McDonalds essen, sich keiner fragt, woher diese Kinder denn ihre Vitamine bekommen. Genauso ist es mit Bratwurst im Brötchen, Pommes rot/weiss, Eis am Stiel, und das täglich, den ganzen Sommer lang im Freibad – keinen schockt es. Aber wehe dein Kleinkind nagt zum Zahnen an einer Selleriestange, weil es sich pflanzlich ernährt und weil kalte Selleriestangen einfach genial für zahnende Münder sind, dann ist der Aufschrei groß. Woher bekommt sie denn Proteine? Was ist mit B-Vitaminen? Calcium? Eisen? Und warum überhaupt willst du für sie entscheiden, dass sie keine Tierprodukte essen soll? Für meine Tochter hat es immer Sinn gemacht, dass Kuhmilch für Kälber gemacht ist, genau so wie “Mamamilch” für Menschenbabies bestimmt ist. Und welches Kind isst schon gerne und freiwillig tote Tiere? Unzählige Videos auf den Sozialen Media Kanälen zeigen, wie empathisch Kinder gegenüber anderen Lebewesen sind.
Seitdem die Neurodermitis unserer Tochter seit Jahren besser ist, und unser Sohn mit Essproblemen zu kämpfen hatte, hat sich unsere Ernährung ein wenig verschoben. Rein pflanzlich essen wir immer noch zu ca. 95%. Bei uns ist die Regel: ich bestimme, was auf den Tisch kommt und meine Kinder dürfen dann auswählen. Es gibt keine Extra-Kinder-Essen und Gemüse verstecke ich auch nicht. Das ist zwar nicht immer bequem, aber der gesündeste Weg für unsere Familie.