Wahrheiten und Weisheiten über das Wochenbett

Hach ja, das Wochenbett. Ich habe es zwei Mal erlebt und beide Erfahrungen könnten unterschiedlicher kaum sein. Mit Xaver habe ich diesen Ausnahmezustand einfach nur genossen, er hat geschlafen, ich habe ihn angeschaut oder auch geschlafen. Wir haben Stillen gelernt, hatten ab und zu Besuch. Es war nicht völlig reibungsfrei, aber es lief irgendwie.

Vorfreude – und Ernüchterung

Als ich die letzten Tage mit Quinn schwanger war, freute ich mich deshalb schon richtig auf das Wochenbett mit ihr. Auf Kuscheln und Ruhe – doch es kam anders: mit einem großen Kind ist das mit der Ruhe ja schon mal per se schwieriger, der Mann war mit diesem beschäftigt, ich war viel alleine. Und Quinn fing auch noch an Tag zwei an zu brüllen, die Stillprobleme begannen, ich hatte überhaupt keine Möglichkeit, zu regenerieren. Ich trauere immer noch um diese Zeit, bin aber froh, dass ich sie wenigstens ein Mal richtig schön erlebt habe. Und dankbar für die gute Betreuung, die ich hatte. Gemeinsam haben wir das beste aus der Situation gemacht.

Ich sage immer: viele Rädchen müssen funktionieren nach so einer Geburt, damit es rund läuft: die mütterliche Psyche muss stabil sein, die Regeneration muss laufen, das Stillen muss klappen, das Baby sollte schlafen und entspannt sein. Man sollte eine sehr gute und intensive Betreuung haben und einen Mann (oder jemand anderen), der einem alles abnimmt – den Haushalt, das Kochen und auch das Wickeln zum Beispiel. Wenn alle Rädchen sich gut drehen, kann das Wochenbett wundervoll sein, richtig schön: Baby-Flitterwochen! Wenn eines ausfällt, können die anderen das vielleicht noch auffangen. Wenn mehrere nicht gut funktionieren: kann es richtig doof werden. Und so war es leider bei mir.

Kontraste

Es kann so traumhaft sein! Stillen, schlafen, essen, stillen, schlafen, Glückshormone im Körper und die Brüste voller Milch. Gemeinsam nackig kuscheln, einfach genießen. Unzählige Fotos vom kleinen Wurm machen, regenerieren, die Geburt verarbeiten.

Aber es kann sich auch so anfühlen: Schmerzende Brustwarzen, Überforderung, Augenringe, in einem Milchsee aufwachen, nachts überhaupt nicht mehr schlafen, sondern ein quengelndes Würmchen herumtragen, tagsüber auch schwer zur Ruhe kommen, Sorgen um das Baby, Unsicherheit, vollgeblutete Binden, vollgemilchte Stilleinlagen, Schmerzen im Beckenboden, Trauer um den Bauch, starkes Schwitzen, Wunden, die nicht heilen wollen, Milcheinschuss, und vor allem: ans Bett gefesselt sein!

Ich erinnere mich an Tage, die begannen mit einem unzufriedenem Baby, einem das mir in die Brust biss und nicht andockte. Mit Stillhütchen ging es, dann stillen, ewig. Das Baby schien wegzudösen, endlich! Ich bettete sie neben mich und wollte gerade aufstehen, um endlich mal auf die Toilette zu gehen und ein Glas Wasser und eine Banane zu holen. Oder zu duschen! Grundbedürfnisse! Doch sie ließ mich nicht. Kaum bewegte ich mich weg, begann sie zu schimpfen, ich versuchte sie zu beruhigen, wiegen, Schnuller… Und irgendwann nach STUNDEN bin ich dann mit ihr zusammen aufs Klo gegangen, sie im Arm, mein Finger in ihrem Mund, Zwangsjacke. Auf dem Weg zum Bad ein Spiegel, oh je. Ungewaschene Strubbelhaare, ein großer Milchfleck auf dem Schlafanzug, das Oberteil natürlich halb offen, die vollgesuppte Stilleinlage blitzte raus. Der Bauch noch dick und weich von der Schwangerschaft, in der Hose eine Binde der Kategorie “Surfbrett”. Arghs.

Das Wochenbett ist vieles, glamourös ist es nicht.

Aber es kann kuschelig, gemütlich und erholsam sein!

Es gab Tage, da saß ich nachmittags noch im Bett und habe mich so hilflos gefühlt, weil ich es nicht mal in die Küche geschafft habe, um mir ein Brot zu machen. Und es gab Tage, die waren wie ein verschmuster Sonntag: warm, weich, ruhig und mit viel Essen bestellen.

Und ich kann euch an dieser Stelle leider kein Patentrezept geben, wie das Wochenbett schön wird – wie gesagt: viele Rädchen müssen sich reibungslos drehen… Wenn eines Probleme macht, sollte man sich aber auf jeden Fall sofort Hilfe besorgen! Eine gute Betreuung ist sowieso das A und O. Und nicht alleine sein ist schön. Ihr solltet euch umsorgt fühlen, Väter sollten im Idealfall wochenlang frei nehmen und ihre Frau betüdeln, sie hat es verdient! Auch die Mutter oder Schwiegermutter kann das übernehmen. Falls niemand kann, stehen unten noch mehr Tipps.

Was ich auch gut finde ist wenn man sich früh damit auseinandersetzt, was das Wochenbett bedeutet. Es ist eine wichtige Zeit, eine die es verdient hat, zelebriert zu werden. Eine, die nie wieder kommt und deshalb eher länger als kürzer dauern darf, auch wenn es sich zwischendurch langweilig anfühlt, auch wenn man ungeduldig ist und  schnell wieder zurück ins Leben will. Das Wochenbett ist wichtig. Um zu verarbeiten, zu heilen, in der neuen Rolle anzukommen. Verbringt gerne Wochen im und um das Bett herum, erst nach acht Wochen ist das Wochenbett offiziell beendet.

Es gibt ein tolles, neues Buch von Anja Gaca und Loretta Stern: Das Wochenbett. Alles über diesen wunderschönen Ausnahmezustand. Ich kann es sehr empfehlen, es steht alles drin, was Ersteltern wissen müssen. Auch alle werdenden Papas sollten mal reinlesen!

Und hier noch ein paar Tipps von meiner Seite im Überblick:

Gesundheit und Pflege

Eine gute Betreuung durch eine Nachsorge-Hebamme, der ihr vertraut ist das ALLERWICHTIGSTE! Am besten man kümmert sich sofort nach dem positiven Schwangerschaftstest um eine solche. Hier findet ihr ein Hebammenverzeichnis, ansonsten kann man auch in den Kliniken durch Beleghebammen durchtelefonieren, oder Freundinnen fragen, die schon Kinder haben. Dieser wundervolle Beruf stirbt leider gerade ein bisschen aus, ich könnte heulen, wenn ich daran denke, denn nichts ist wichtiger für Frauen!!

Man hat nach der Geburt oft Anspruch auf eine Haushaltshilfe, informiert euch bei eurer Krankenkasse. In vielen Städten gibt es auch Mütterpflegerinnen, die den Wöchnerinnen im Haushalt und beim Kochen helfen und auch seelisch einfach da sind.”Bemuttert” werden eben – das tut so gut im Wochenbett, hier ist eine Adresse für Berlin, hier ein weiteres Verzeichnis. Und wieder übernehmen viele Kassen die Kosten.

Wenn es mit dem Stillen nicht so ganz klappen will: eine Stillberatung macht viel Sinn. Fragt eure Hebamme oder informiert euch hier. Gegen wunde Brustwarzen helfen Cremes, Salzbäder und Multi Mam Kompressen. Die besten Stilleinlagen sind von Lansinoh, wenn es nicht so schlimm läuft, reicht auch babydream (die von babylove sind nicht gut).

Für die Wundheilung im Damm-Bereich kann man viele Dinge tun, fragt auch hier eure Hebamme, was Sinn macht und nötig ist. Bei mir war zum Glück beide Male nicht viel nötig, aber viele schwören auf die Arnika Wundtücher von Wala und die Calendula-Essenz von Weleda als Spülung, auch das Regenarations-Spray von Motherlove wird gerne verwendet. Einen guten Artikel zur Dammpflege findet ihr bei Jana.

Stichwort: Binden. Ja, man blutet heftig nach der Geburt. Am Anfang muss man die “Surfbretter” tragen, hier sind die ganz billigen ohne Plastik die besten (Tipp: aus dem Krankenhaus mitnehmen!). Später reichen normale Binden, dann sogar Slipeinlagen. Ich habe alle durchprobiert und die besten (weil ganz natürlich, kein Plastik und guter Sitz) sind die Binden und Slipeinlagen von natracare.

Eine kleine Achterbahnfahrt der Gefühle nach der Geburt ist normal, auch ein bisschen Babyblues. Ingeborg Stadelmann hat mal gesagt: “Geburt ist etwas so Einzigartiges – da kann man ruhig außer Rand und Band sein“, Neu-Mamas dürfen also ruhig ein bisschen wankelmütig sein! Wenn ihr aber das Gefühl habt, dass euch eine postnatale Depression mehr schlechte Gefühle beschert als sein sollten, dann reagiert! Und fragt eure Hebamme nach mehr Hilfe.

Ich habe mir dieses Mal auch Plazenta-Kapseln machen lassen. Und ich bilde mir ein, dass sie mir immer wieder Kraft gegeben haben. Vor allem, wenn man starke hormonelle Stimmungsschwankungen hat, sollen sie toll sein.

Für die Rückbildung kann ein Bauchgurt sehr angenehm und effektiv sein. Ich hatte diesen hier und war damit sehr zufrieden. Meine Hebamme empfahl die Rückenlage als ideale Stellung für die Rückbildung! Gegen starke Schmerzen und Nachwehen hilft Ibuprofen, ansonsten ist Liegen, liegen, liegen die beste Medizin.

Eine Bauchmassage mit einem schönen Öl kann sich wundervoll anfühlen. Fragt den Mann, bei mir hat die Hebamme das sogar gemacht. Ein toller Service für alle Berlinerinnen: Eine Wochenbett-Massage mit Hausbesuch von der Praxis Mamunette. Ist der Wahnsinn!!

Ernährung

Vorkochen macht total viel Sinn, oder zumindest den Kühlschrank und das Gefrierfach voll machen. Man glaubt es nicht, aber man hat in den ersten Tagen mit einem Baby tatsächlich so viel zu tun, dass Einkaufen richtig nerven kann. Und man soll gut und viel essen im Wochenbett. Der Körper braucht Kraft und Nährstoffe!

Viele empfehlen eine Kraftsuppe für Wöchnerinnen, ich war kein Fan, aber ein Rezept findet ihr hier.

Was ich dafür richtig toll fand: eingeweckte, fertige Malzeiten von Gesund & Mutter. Einfach, lecker, superschnell gemacht und auch noch ideal für stillende Frauen. Ich habe viele Gerichte probiert, alle waren richtig gut! Ganz neu im Sortiment sind auch viele vegane Gerichte. Schaut euch im Shop um, da läuft einem schon das Wasser im Mund zusammen. Ein großartiges Unternehmen, das man unterstützen sollte!!

Viel trinken ist unheimlich wichtig. Fürs Stillen, fürs Regenerieren, für die Verdauung. Man muss keinen Stilltee trinken, aber es schadet nichts. Meine Erfahrung ist, dass der Stilltee von Weleda der Einzige ist, der wirklich die Milch in Gang bringt. Alle anderen Tees sind einfach Fenchel-Anis-Kümmel-Tees.

Es gibt nichts Schlimmeres als Verstopfung im Wochenbett. Ich empfehle Trockenpflaumen, Leinsamen und Kefir, um alles in Gang zu bringen. Und eine sehr abwechslungsreiche Ernährung natürlich!

Mode und Lesen

Mode? Ja, ich fand es schön, zu wissen, dass ich nicht mit einem ollen T-Shirt im Wochenbett liegen muss. Das mag anderen egal sein, aber für mich hat es viel zum Wohlfühlen beigetragen, dass ich mir mehrere stillfreundliche Baumwoll-Nachthemden und -Schlafanzüge besorgt hatte. Mehrere! Denn man schwitzt viel, die Milch… Ich hatte vier Stück, die ich abwechselnd getragen habe. Auch ein schöner Bademantel ist toll. Ein paar Beispiele hier:

Schlafanzug von Hanro

Bademantel von Vossen

Nachthemd von Oysho

Wie cool ist der?? Bademantel von Missoni

Nachthemd von Ralph Lauren

Pyjama von ThreeJNYC

Nachthemd von Hanro

Und darunter?

Man muss Tag und Nacht BH tragen, meine liebsten waren immer die BHs von Boob, die sind aus Baumwolle und unschlagbar bequem:

 

Fast Food BH von Boob in rosa oder schwarz

Und untenrum Baumwoll-Buxen, gerne in zwei Nummern größer als gewohnt. Bequemlichkeit ist das Wichtigste!

Viele schwören auch auf dicke Socken, mir war immer nur warm im Wochenbett… Was ich aber immer empfehle: eine Pediküre kurz vor der Geburt. Gerade weil das Wochenbett so unglamourös ist, kann es unheimlich erheiternd sein, wenigstens schöne Füße zu haben.

Was ich zudem sehr geschätzt habe, war gute Lektüre. Wenn man ans Bett gefesselt ist und stundenlang stillt, ist ein gutes Buch ein wahrer Segen.

Meine Wochenbett-Lektüren waren:

Angst vorm Sterben von Erica Jong 

Mein Jahr als Säugetier von Theresa Thönnissen

Völlig fertig und irre glücklich von Okka Rohd

Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Wells

 

Was war bei euch im Wochenbett unverzichtbar? Was könnt ihr werdenden Müttern auf den Weg geben? Ich bin wirklich gespannt!!

 

Foto: Lina Grün – das kann ich auch empfehlen. Lasst euch fotografieren, auch wenn ihr euch vielleicht nicht danach fühlt. Ich bin so dankbar für diese wunderschönen Erinnerungen.

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