Kein Baby mehr
Das Leben entschleunigt
Wenn ich mir Fotos von ihm als Baby anschaue, macht mich die Vergänglichkeit des Lebens manchmal schon etwas traurig. Umso mehr muss man den Moment genießen, denke ich dann. Das ist etwas, was ich mir fest vorgenommen habe: Weniger aufs Telefon schauen, mehr im Hier und Jetzt sein. Ich finde übrigens auch, dass die Zeit nicht so schnell vergeht, wie so oft behauptet wird. Die letzten zwei Jahre waren lang. So lehrreich, ereignisreich, oft schön – mal anstrengend und herausfordernd. Ich habe ehrlich gesagt eher das Gefühl, in diesen zwei Jahren so viel erlebt zu haben, wie sonst in zehn. So einprägend war die Zeit, so stark die Veränderung.
Nicht nur ich habe natürlich viel erlebt, sondern mit mir im Team: mein Sohn. Auf die Welt kommen, Mama und Papa kennenlernen. Zwei Zuhause kennenlernen, so langsam zwei Sprachen lernen. Gar nicht mal so schlecht für seine kleinen zwei Mini-Jahre.
Wie schön es aber auch war, als er noch keine 15 Kilo wog und ich ihn den ganzen Tag mit mir rumtragen konnte. Wie spannend, als die ersten Worte kamen oder er laufen gelernt hat. Dann der erste große Schock: Sein Armbruch. Es waren zwei aufregende Jahre. Manchmal nehme ich ihn jetzt in den Arm und schaukel ihn wie ein Baby. Er findet das natürlich ziemlich doof. Er ist ja jetzt ein großer Junge. Er läuft mit mir die Straße entlang, macht Kommentare über das Mmmmmüllauto oder den Gackgack. Er sitzt im Café neben mir und teilt sich mit mir ein Stück Kuchen. Er ist definitiv kein Baby mehr.
Freiraum im Kopf
Aber mit dem Größerwerden kommen langsam gewisse Freiheiten wieder. Punkt 8 Uhr abends schläft der Sohnemann und dann bis 6:30 Uhr morgens durch. Man kann mit diesen zwei bis drei Stunden Abends immer planen: Freunde zum Essen da haben, noch etwas lesen oder weiterarbeiten. Und manchmal kriecht es dann an mir hoch: Will ich überhaupt noch ein Kind? So schön und toll das Kind-Haben ist, seinen Körper wieder für sich selbst zu haben, weiterkommen im Beruf, endlich wieder mal ein Buch lesen können und im Kopf den Freiraum haben, über die beliebigsten Themen nachzudenken – das tut gut. Keine Hormone mehr, die einen zur Baby-verrückten, ständig der Tränen nahen Mama machen. Auch ganz angenehm. Die Journalistin Wendy Russel hat eine nicht ganz ernst zu nehmende Liste mit 10 Gründen, nur ein Kind zu haben verfasst.
Einmal Mama, immer Mama
Wenn ich Freundinnen mit kleinen Babys sehe, finde ich das schön – und bin gleichzeitig irgendwie froh, diese Phase hinter mit gelassen zu haben. Aber wer weiß – so wie ich mich kenne, kann sich das auch von einen auf den anderen Tag ändern. Dann läuft man wieder Baby-toll durch die Gegend und kann es gar nicht abwarten sich einfach gleich noch mal in dieses verrückte, anstrengende Abenteuer zu werfen. Aber jetzt ist erst mal er da, mein Junio, der kein Baby mehr ist.