Hallo Mama, Ciao Papà – Mein bilinguales Kind
Ich habe Kinder, die zweisprachig aufwuchsen immer beneidet: Ohne den Stress in der Schule konnten die einfach so eine zweite Sprache! Dabei ist es so einfach für die Kleinen nun auch nicht. Während Isabels Xaver schon ganze Romane erzählte, verstand Junio zwar viel, aber konnte doch nur einzelne Worte rufen und das lief dann nicht ohne einigen Frust ab. Im Vergleich (immer diese blöden Vergleiche…), dauert es bei ihm sprachlich alles etwas länger. Er hat eine ausgeprägte Babysprache entwickelt, weil er natürlich wie die Großen auch immer mitquatschen will. Erst seit ganz Kurzem fängt er an Sätze zu bilden, die aus mehr als zwei Worten bestehen. Das bilinguale Kinder etwas länger brauchen, hat auch eine Studie in der UK ergeben:
Kinder, die Englisch und eine andere Sprache zu Hause sprechen, brauchen etwas länger die Vokabeln der englischen Sprache zulernen, als Kinder die nur mit Englisch aufwachsen. Mit fünf Jahren hatten aber die meisten bilingualen Kinder diesen Rückstand aufgeholt. Und ehrlich gesagt, dieser “Rückstand” – ist das denn wirklich einer? Immerhin lernen die Kleinen zwei Sprachen auf einmal!
Italienisch mit deutschem Akzent
Es klingt etwas zynisch, aber: Erst durch die Trennung lernt mein Sohn tatsächlich Italienisch. Im ersten Jahr, als wir noch einen Haushalt hatten, wurde doch meistens Deutsch gesprochen. Im Alltag war es für den Vater schwierig plötzlich umzuschalten und praktisch war es schon gar nicht. Aber seit über einem Jahr wächst Junio in zwei Haushalten auf. Ein italienischer Haushalt, in dem nur Italienisch gesprochen wird und ein deutscher Haushalt. Trotzdem ist Deutsch eher seine Muttersprache, denn wir leben nun mal in Deutschland, seine Mama spricht Deutsch und auch in der Kita wird Deutsch gesprochen. Wenn er Italienisch spricht, tut er das (noch) mit deutschem Akzent. Der Papa findet das lustig, ich höre es natürlich kaum. Aber die langen Sommerurlaube bei den Großeltern in der Toskana stehen für Junio noch an: Mit Sicherheit kommt er dann als kleiner Italiener zurück. Das sagen sie übrigens auch in seiner Kita: “Unser kleiner Italiener”. Denn er hat dort einige Kinder angesteckt: Manchmal wird nun nach Aqua gefragt, statt nach Wasser. Viele Dinge übernehme ich dann aber auch. Zum Beispiel Latte, Aqua oder Basta, wenn ich sauer bin und er den Bogen überspannt hat.
Bilingual und bikulturell ?
Aber tatsächlich: Er lernt immer das zweite Wort zu jedem Tier. Auf dem Bauernhof weiß er genau, dass da nicht nur ein Pferd steht, sondern auch ein cavallo. Wenn er bei den Großeltern ist und Hunger hat, probiert er es erst mit “Essen”, wenn daraufhin keine Reaktion folgt, wird gleich ein “mangiare” hinterhergerufen. Manchmal macht mich das richtig Stolz. Und ich bin ungeheuer gespannt, wie er später damit umgehen wird. Hier geht es ja nicht nur um Sprache, sondern um Mentalitäten. Wird er sich mehr als Italiener fühlen? Oder eher in Deutschland zu Hause? Oder werden solche Identifikationen für ihn gar keine Rolle mehr spielen? Sicher ist nur; es wird spannend und ich freue mich über die Vielfältigkeit, die wir ihm als Eltern anbieten können, ohne jeglichen Druck. Und dabei kann ich sogar noch richtig was lernen, Italienisch nämlich, aber presto!