Schwangerschaft, die Zweite: Ein kleiner Zwischenbericht

Eigentlich wollte ich ja nicht dieses typische "Ich-lege-die-Hände-behutsam-auf-meinen-Bauch-und-schaue-selig-drein"-Foto machen. Das hat man ja nun in millionenfacher Ausgabe gesehen. Und doch ist es irgendwie instinktiv genau die Position, die man einnimmt, die ich einnehmen will, denn so fühlt es sich gerade an: selig, beglückt und so, als ob ich es noch gar nicht fassen könne, dass es jetzt wirklich so ist, wie es ist.

Wohl gemerkt, GERADE fühlt es sich so an. Die ersten Monate der Schwangerschaft waren weniger selig und beglückt. Sie waren ganz schön anstrengend. Emotional ging es auf und ab, ich kotzte ein paar Mal (in meiner ersten Schwangerschaft vor sechs Jahren übrigens nicht ein einziges Mal). Ich war müde – so müde! Ich hatte die ein oder andere Migräneattacke, das erste Mal in meinem Leben. Solche Kopfschmerzen kannte ich eigentlich nur von durchgefeierten Nächten, an denen man bei strahlendem Sonnenschein draußen, nur im dunklen Zimmer liegen möchte und schon der Gang zur Toilette zum Problem wird, weil man beim Aufstehen das Gefühl hat, der Kopf platzt. Schlimmer fand ich aber die Übelkeit. Mir war vormittags übel, mittags, und nachmittags. Ganz früh am Morgen gings noch und ganz spät abends auch. Aber die Zeit dazwischen war nicht schön. Ich musste ständig essen, sonst kam die Übelkeit in doppelter Wucht wieder. Die niedlichen Darstellungen in Filmen, bei denen die werdende Mutter sich mal kurz übergibt und dann wieder fit und fröhlich ist – keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat (wahrscheinlich ein Mann). Bei den meisten Frauen sieht das nämlich anders aus.

Nerven & Jammern

Und das habe ich auch gemerkt: Auf keinen Fall wollte ich die “nervige Schwangere” sein. Oder schlimmer noch: die “jammernde Schwangere”. Hatte ich doch das Wunder der Natur im Bauch! Manchmal fühlte ich mich auch einfach so durcheinander! Hattet ihr das auch? Ich war froh und gleichzeitig musste ich weinen. Ich hatte Hunger und gleichzeitig ekelte mich alles an. Ich wollte an die frische Luft und gleichzeitig war mir alles zu viel. Ganz so einfach muss das also nicht mit mir gewesen sein in den ersten Wochen. Im Moment bin ich allerdings öfter mal die “meckernde Schwangere”. Ja, ich rege mich schnell auf. Und das nervt mich! Es verunsichert mich auch – so sehr, dass ich schon zur Sicherheit manchmal nach Gesprächen noch mal anrufe und mich für meinen eventuell nicht angebrachten Ton im Vorgespräch entschuldige. Und was mich noch viel mehr nervt: Dass ich diese Sorgen nicht einfach ablegen kann. Wäre nicht gerade die Schwangerschaft auch mal die Situation, in der man einfach mal so ist, wie man halt ist? In einem Moment ist es die jammernde Schwangere, im nächsten die vor Glück weinende.

Der Druck gefallen zu wollen, nett zu sein, oder, wie Caroline Rosales es nennt, freundlich und service-orientiert sein zu wollen, hört eben auch in der Schwangerschaft nicht auf. Und apropos Gefallen-wollen, wenn ich ehrlich bin, finde ich die sieben bis acht Kilo, die ich nun mehr drauf habe, auch ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Irgendwie auch schön, gemütlicher, aber auch ungewohnt. Hier also auch wieder: Ambivalenz. Und auch der Bauch ist laut Hebamme ja schon recht groß. Ich muss auch sagen, so wie ich jetzt aussehe, war das beim letzten Mal eher im 6./7. Monat der Fall. Es geht einfach so verdammt schnell beim zweiten Mal! Trotzdem finde ich es auch schön, so einen Bauch vor mir herzutragen. Und das genieße ich auch. Allerdings gibt es in so einer Schwangerschaft auch viel, was man eben nicht unbedingt genießen kann. Das erste Trimester zum Beispiel. Oder eben die anderen Wehwehchen, die einen danach immer begleiten. Oft bin ich auch gestresst, weil ich dann eben doch nicht so belastbar bin, wie ohne Kind im Bauch, die Arbeit nicht schaffe, das Spielen mit dem Kind nicht schaffe, oder, oder, oder. Wir machen in letzter Zeit häufiger mal Netflix-und-Bestellen-Abende.

“Genieß die Schwangerschaft!”

Wenn ich dann den gut gemeinten, “Genieß die Schwangerschaft”-Kommentar bekomme (schon häufiger!), dann setzt mich das noch mehr unter Druck. Weil, erstens, mindestens 50 % der Schwangerschaft einfach nicht genießbar sind. Und zweitens, man eben so schon viele Ratschläge und Tipps bekommt, dass jeder sich im Moment zu viel anfühlt. Vielleicht sagt man das mit dem genießen auch aus nostalgischen Gründen? Meine Vermutung: Ähnlich wie Geburten, sind Schwangerschaften im Rückblick immer schöner. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mir im Nachhinein denke, ach, hätt’ ich meine Schwangerschaft doch mehr genossen, ist wohl relativ hoch. Das denke ich aber auch über die Zeit, als mein Sohn zwei Jahre alt war: Oft vermisse ich es, hach, wie süß er war! Und ich denke mir, hätte ich’s doch mehr genossen! Aber: Es war eben auch eine verdammt anstrengende Zeit. Und das vergisst man einfach, beim Kinderkriegen wohl noch mehr. Und wenn man dann hört, genieße es!, dann macht das Frust, weil man sich noch blöder fühlt, dass es einem eben nicht so super geht und dann auch noch leichte Scham hinzukommt, dass man so etwas Wunderbares wie eine Schwangerschaft eben nicht in vollen Zügen genießen könne.

Was ich aber definitiv genieße: die ersten Kindsbewegungen! Ich habe sie schon relativ früh gespürt. Und trotzdem meinten Hebamme und Ärztin, das könne gar nicht sein. “Vielleicht Phantombewegungen” hörte ich da. Ich zischte nur zurück “Ich weiß, was ich gefühlt habe.” Denn die Kindsbewegungen beruhigen mich jedes Mal. Eigentlich hätte dieser Beitrag auch “Schwangerschaft, die Dritte” heißen können. Genau genommen war ich ja letztes Jahr schon mal schwanger. Aber eben nur kurz, bis zur 8. Woche. Von daher waren die ersten Wochen dieser Schwangerschaft auch nicht von “guter Hoffnung” geprägt: Ich verdrängte eher ein wenig, versuchte keine großen Pläne zu machen. Und ja, umso näher die achte Woche rückte, desto nervöser wurde ich. Ich mochte es auch nicht, wenn man von “dem Baby” sprach. Um mich zu schützen, sprach ich nur “von der Schwangerschaft”. Die Erleichterung kam dann mit dem ersten Herzschlag auf dem Ultraschall-Bild. Und auch vorsichtige Vorfreude.

Aber nun zurück zum Selig-drein-Schauen. Genauso ist es neben all den anderen Dingen eben auch: Sehr, sehr schön. Und aufregend. Und ambivalent. Manchmal “genieße” ich die Schwangerschaft, manchmal nervt es einfach nur. Und ich gefalle mir wehleidig nicht. Aber, so einen Menschen produzieren, macht man eben nicht mal so nebenbei. Vielleicht sollte ich auch ein bisschen weniger streng mit mir sein, mehr selig schauen, mehr meckern, mehr weinen. Mehr Farbe zeigen. Die Achterbahnfahrt hat ja gerade erst begonnen.

 

In unserem Little Years Podcast Kleine Jahre, große Fragen habe ich übrigens schon mal beschrieben, wie es ist, nach sechs Jahren wieder schwanger zu sein. 

Fotos: Anne Freitag