Wie geht es euch gerade auf Instagram?

Ich habe sie in letzter Zeit häufiger. Diese Momente, in denen ich Instagram gern auf den Mond schießen möchte und mich im nächsten Moment doch wieder dabei erwische, träumend durch mein Feed zu scrollen. Mein Verhältnis zu diesem Medium ist mindestens ambivalent. Ich habe die Vermutung, so geht das vielen.

Isabel hat ja schon einmal ausführlich über das Instagram-Phänomen gesprochen. Dass man immer im Hinterkopf behalten sollte, dass Instagram eben nicht Realität ist, beziehungsweise nur ein ganz kleiner, selektiver Ausschnitt davon. Man würde auch meinem, dass wir Konsumenten das wissen, dass wir als erwachsene Menschen den Bilderstrom einordnen können. Und doch erwische ich mich beim Vergleichen, merke, wie es irgendwie ungemütlich wird. Und wenn wir mal ehrlich sind – wir vergleichen uns doch trotzdem ständig oder? Schon Kleinkinder begreifen anhand des Vergleichens die Welt.

Ich scrolle also durch mein Feed und freue mich, ein paar Up-Dates von Freundinnen zu sehen, die man ja in einer Pandemie viel weniger trifft, und wenn dann auch nur mal kurz auf Abstand im Park. Als es mit Corona losging, dachte ich noch: Ich bin so gespannt zu sehen, wie sich das auf Instagram auswirkt! Welchen Content wird es geben, wenn Leute nicht mehr von Veranstaltungen, aus Restaurants und über Reisen nach Bali posten können? Wenn wir alle mehr oder weniger Zuhause sitzen? Und dann kamen sie auch: Die vielen Bilder selbst gebackener Brote/Kuchen/Kekse (zeitgleich ging in den Läden die Hefe aus und es wurden Rezepte für DIY-Hefe geteilt). Ich sah, wie tolle Gerichte gekocht wurden, wie Teller liebevoll verziert wurden. Wie das Mehr an gemeinsamer Zeit gefeiert wurde. Und der Druck stieg: Auch aus unserem Lockdown (korrigiere: Ausgangsbeschränkungen) sollte eine schöne Zeit werden.

Es war schön zu sehen, was andere machen, wie sie mit der Pandemie umgingen. In guten Momenten fühlte ich mich weniger allein, ein Gemeinschaftsgefühl überwog. In weniger guten Momenten hatte ich das Gefühl, ich mache das nicht gut genug, schön genug, harmonisch genug. Irgendwie absurd: Da draußen herrscht Ausnahemezustand und Zuhause fragt man sich, warum die Blumenkekse nicht so schön aussehen wie von Insta-Mom XY.

Unsere Leben sind unterschiedlich

Die amerikanische Soziologin Kathryn Jezer-Morton, erklärt den verstärkten Drang, uns mit anderen Familien auf Instagram zu vergleichen damit, dass uns die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die es gab, in der Theorie und an der Oberfläche gleich gemacht hätten. Dass man deshalb das Gefühl hatte, Vergleichen wäre gerade jetzt mehr möglich. Dabei galt auch im Lockdown weiterhin: Die Lebensumstände sind unterschiedlich, sehr sogar. Was hinter der Kulisse ist, weiß man nicht.

Etwas, das ich auch befremdlich fand: Fotos glücklicher Familien im Garten oder am Pool, mit der Caption wie dankbar sie sind für ihre Familie und zusammen durch diese schwere Zeit zu kommen. Mein erster Gedanke: Check you privilege. Die gemeinsame Zeit im Landhaus und offensichtlich ohne finanzielle Sorgen als “schwere Zeiten” zu beschreiben, kam mir dann doch etwas paradox vor. Auch hier hätte ich Instagram manchmal gern abgestellt. Dabei ist es total legitim, eine gute Zeit mit der Familie zu haben und das auch zu posten! Nur kommt mir die romantische Verklärung einer ach so “schweren” Pandemie-Zeit dann doch etwas lebensfremd vor.

Der große Gleichmacher

So beschleicht mich auch immer wieder dieses Gefühl, dass die Sehnsucht nach Teilnahme am Leben (und oft auch nur einfach die Lust an Unterhaltung), einen schnell in eine entrückte, narzisstische, isolierte Welt transportiert: Die Instagram-Bubble. Besonders in Zeiten, in denen der analoge Austausch fehlt, das echte Quatschen mit Freundinnen, ist man anfälliger dafür, ernst zu nehmen, was in dieser Bubble so läuft. Ich bezeichne Instagram ganz gern auch manchmal als den “großen Gleichmacher”. Früher vermutete man noch, das Internet würde für mehr Freiheit und Vielfältigkeit sorgen. Heute hab ich eher das Gefühl, dass diese große Vernetzung dazu führt, dass wir weniger davon haben: Weniger Meinungen, mehr große Gruppen. Weniger Stil, mehr Einheitsbrei.

Und hier kommt auch wieder die Ambivalenz ins Spiel: Instagram ist natürlich nicht nur das. Instagram ist auch Austausch, echter Austausch. Ist Inspiration, ist auch Gemeinschaft. Es ist nicht schwarz-weiß. Vor allem wenn man sich gut anschaut, welchen Leute man folgt.

Und über das Vergleichen: Auch eine Pandemie macht uns nicht gleich. Wie es unter wunderschön gedeckten Familientafeln aussieht, kann keiner wissen. Vielleicht möchte man das ja auch gar nicht.

 

Foto: Georgia de Lotz