Zwei unter Zwei – ist das eine gute Idee?
Alles, was mir hier gerade an relevanten Überlegungen einfällt, teile ich der Einfachheit halber mal in drei Kategorien auf. Keine Ahnung, warum das jetzt nach einer superkomplizierten Matheaufgabe klingt! Egal, los:
Kategorie eins: Seelisches Befinden innerhalb des Mutter-Vater-Kind-Kerns.
Sind wirklich alle bereit? Bleibt genug Zeit und Raum für eine partnerschaftliche, mal leidenschaftliche, zwischendurch gar entspannte Beziehung? Wird sich das erste Kind vernachlässigt fühlen? Oder sich über den baldigen Spielkameraden freuen?
In Kategorie zwei geht es um das körperliche Wohl der Familie. Ist mit negativen Folgen für Mutter und Baby zu rechnen, wenn die zweite Schwangerschaft innerhalb von weniger als 12 Monaten auf die erste folgt? Kann es zu einem geringeren Geburtsgewicht oder gar einer Frühgeburt kommen? Alles, was sich drumherum abspielt, was eigentlich nicht so wichtig sein sollte, es aus praktischen Gründen aber doch ist, stecke ich in die dritte Kategorie: Können wir uns das überhaupt leisten? Wer geht wie lange in Elternzeit und was sagen die Chefs dazu? Wie wirkt sich das alles auf meine/unsere Karriere aus?
Da ich keine Ahnung habe, wie es auf euren Arbeitsplätzen und Konten aussieht, ist Kategorie drei wieder raus. Und, wenn ich ehrlich bin – nebenbei tut es mir leid, dass ich nach der verheißungsvollen Überschrift erst jetzt damit rausrücke – kann ich auf die Fragen aus den anderen Kategorien auch kaum hilfreiche Antworten liefern.
So war es bei uns
Was ich euch aber sagen könnte ist, dass mein Mann und ich uns entschieden haben, innerhalb von zwei Jahren zwei Kinder zu bekommen. Dass meine zweite Schwangerschaft wirklich hart war, viel härter als die erste. Dass ich mit jeder Menge Beschwerden und sehr frühen (Übungs-)wehen zu kämpfen hatte, mein Sohn dann aber acht Tage „zu spät“ kam und mit seinen fast 4.500 Gramm und 57 Zentimetern keinerlei Sorgen um eine defizitäre Versorgung während der Schwangerschaft zuließ. Überhaupt ist jede Schwangerschaft und Geburt anders, es kann alles immer super laufen, oder eben nicht – egal wieviel Abstand zwischen den Geschwistern liegt.
Ich kann euch auch sagen, dass die Glückwünsche und Geschenke aus unserem Umfeld weniger und zurückhaltender ausfielen bei Nummer zwei, was aber ganz egal war: Mein Mann und ich waren beim zweiten ganz genauso verliebt wie beim ersten Kind. Dass meine Tochter, als sie ihren Bruder zum ersten Mal sah, auf seinen Maxi-Cosi zuging, diesen wie selbstverständlich hin- und herwiegte und dazu mit engelsgleicher Stimme „Schaukel, schaukel, schaukel“ sang.
Auch dass die allererste Zeit zu dritt – als mein Mann wieder Vollzeit zu arbeiteten begann – dafür weniger Himmel als Hölle war, muss ich erwähnen. Dass das Baby ständig durstig war, während sich das Kleinkind nach meiner absoluten Aufmerksamkeit sehnte, sich an mein Bein klammerte und mit seinen nicht mal zwei Jahren „Nein, Mama, Tommy bitte nicht stillen“ sagte. Dass mein Mama-Herz dabei ein bisschen gebrochen ist. Dass dem Kleinkind aber auch oft die Worte fehlten, es das Baby schlug, trat oder schubste. Und ich mich, trotz bleierner Müdigkeit und Erschöpfung, immer wieder anhalten musste, Geduld und Verständnis zu fühlen, das hilflose Baby zu trösten, statt dem Kleinkind meine Wut zu zeigen.
Dass sich aber, mittlerweile, jeder von uns an die neue Dynamik gewöhnt hat; dass sie für unsere Familie so tatsächlich perfekt ist. Dass sich die Kinder jetzt am Morgen gegenseitig wachknutschen und kuschelnd zusammen aufs Frühstück warten. Dass sie mit ihren nicht mal zwei und gut drei Jahren so richtig miteinander spielen, untereinander teilen und aufeinander aufpassen (also, nur um das klarzustellen: Streitereien gibt es auch immer noch, täglich).
Ist es für größere Kinder leichter?
Ob sich ein anderer Zeitpunkt für die Einführung unserer Vier-Kopf-Familie als noch besser erwiesen hätte, kann ich jetzt genauso wenig sagen, wie vor dem zweiten Kind. Natürlich braucht ein Kind unter zwei noch sehr viel Nähe und Hilfe bei den allermeisten Anforderungen des Alltags. Dabei ist es kräftezehrend, wenn man plötzlich doppelt so viele Windeln wechseln muss, Nachts doppelt so häufig wachgeschrien wird und man unterwegs ein Kind im Buggy schieben und gleichzeitig das andere tragen muss.
Und dennoch: Mein erstgeborenes Kind ist auch heute noch so fordernd, dass ich davon überzeugt bin, dass es mit seinen mittlerweile drei Jahren nicht besser oder schlechter mit der Umstellung umgehen könnte bzw. dass es für unsere Familie nicht leichter oder schwerer gewesen wäre. Heute kommt meine Tochter manchmal von der Kita nach Hause und meckert, provoziert, schreit und weint. Schickt mich aus ihrem Zimmer und sagt, sie brauche Zeit für sich. Wenn ich dann dranbleibe, sie langsam mit viel Kuscheln und ihren Lieblingsbüchern aus ihrem Rückzug locke und der Tag harmonisch zu Ende geht, kann ich den Auslöser für ihren Unmut meist aufdecken. Oft denkt man ja: Die sind eben frech, ist ja ganz normal – wieder eine Phase. Doch meistens steckt dann doch ein ganz klarer Grund dahinter, zumindest bei uns. Dann hat zum Beispiel die beste Freundin in der Kita gesagt, sie wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben und für meine Tochter bricht eine Welt zusammen – und nur wenn es mir gelingt, äußerst geduldig und feinfühlig zu sein, kann sie ihren Kummer mit mir teilen. Die Herausforderungen, vor die mich meine Tochter heute stellt, sind also nicht weniger geworden, nur anders.
Jede Familie ist einzigartig
Doch wie gesagt: meine Erfahrungen können keine Antworten und schon gar keine allgemeingültigen Schlüsse liefern. Genauso wenig können das wohlwollende Ratschläge verteilende Omas, Opas oder Freunde, die schon mehrere Kinder haben. Dass man vorher unzählige Fragen hat und Antworten sucht, ist vollkommen normal. Man will eben bei diesem so wichtigen Thema nichts falsch machen. Doch anders als bei Fragen wie „Ist es okay, in der Schwangerschaft mal ein Gläschen Wein zu trinken?“ oder „Kann ich mein Kind mit drei Monaten auch mal allein zuhause lassen?“ gibt es hier ganz einfach keine klaren Antworten, denke ich.
Ach und vielleicht noch kurz: Wer nach Kind eins noch kann, Kind zwei aber dennoch nicht in Betracht zieht, der macht meiner Meinung nach auch alles richtig. UND, ja, natürlich: Wer weder eins, noch zwei (drei, vier …) Kinder haben will, der macht AUCH alles gut :)