Ich glaube, jede(r) hier kennt diese Phasen, in denen die Kinder nicht gerne in den Kindergarten gehen – oder eben auch die, in denen sie nicht abgeholt werden wollen. In denen es täglich Drama gibt, immer beim Abholen. Vor Kurzem wurde in unserer Kita die “Abholsituation” noch mal en detail durchgesprochen und ich kann mir vorstellen, dass viele Eltern einige Tipps mitnehmen können, um diese Situation besser zu gestalten.
Jeden Tag Drama – wie kann das Abholen aus dem Kindergarten einfacher werden?
Für die Kids ist die Abholsituation nicht nur ein freudiges Wiedersehen mit den Eltern, ihren engsten Bezugspersonen, sondern auch ein Abschied – von ihren Freund*innen, den Erzieher*innen, den Räumlichkeiten… Es ist ein großer, täglicher Wechsel und demnach auch oft eine emotional sehr fordernde Situation für sie. Das zu verstehen, hilft vielleicht schon. Wie immer gibt es Kinder, die mit neuen Situationen sehr schnell und gut klar kommen und andere, die länger brauchen oder vielleicht sogar richtig Probleme haben. Das zu sehen, zu verstehen und gegebenenfalls darauf einzugehen, hilft sicher allen Beteiligten!
Eine emotional fordernde Situation und ein tägliches “Fallenlassen”
Egal wie wohl sich die Kids in der Kita fühlen, so ein Tag ist auch einfach anstrengend. Sie müssen Regeln beachten, ihren Platz im sozialen Gefüge finden, sie müssen sich konzentrieren. All das ist gut für ihre Entwicklung, aber es braucht halt auch Energie! Kinder haben deshalb oft, wenn die Eltern kommen, vor allem ein Bedürfnis: sich fallen zu lassen und sich auszuruhen, alles rauszulassen. Manchmal wirkt dieses Sich-fallen-lassen ein bisschen wie Klammern oder Quengeln. Manchmal auch so, als wolle sich das Kind auf nichts einlassen und als wäre es mit allem unzufrieden. Dabei ist es höchstwahrscheinlich einfach nur erschöpft und überfordert. Viele Kinder haben Phasen, in denen sie im Kindergarten ganz wunderbar sozial und vorbildlich agieren, sich zuhause aber wie kleine Monster aufführen und richtig rebellieren. Es ist auf den ersten Blick nicht so leicht zu erkennen, aber es ist tatsächlich ein Zeichen für eine gute Bindung, wenn die Eltern das alles dann geballt “abbekommen”. Das Kind fühlt sich bei den Eltern so geliebt und angenommen, dass es alles rauslässt. (Das heißt natürlich nicht, dass Kinder, die nicht quengeln, keine gute Bindung haben :))
Was hilft, ist fast immer: Zeit. Den Kindern Zeit geben, mal kurz durchzudrehen oder zu weinen. Dann nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes fragen: Kuscheln? Noch kurz spielen? Toilette? Hunger? Wer hier mit Ruhe das Verständnis reagieren kann, kommt meist einen Schritt weiter. Manche Kinder wollen umarmt und auf den Arm genommen werden, andere nicht, aber Körperkontakt kann unheimlich hilfreich sein: Die Kids laden so schnell ihren Speicher an Glückshormonen auf. Und wir übrigens auch!
Auch bei richtigen “Anfällen” sind Verständnis und Ruhe das beste Mittel, selbst wenn das schwer ist, insbesondere wenn viele zusehen… Diese Anfälle sind ja ein Zeichen dafür, wie erschöpft das Kind ist, es macht das sicher nicht aus Boshaftigkeit. Manche Kinder werden auch ausgesprochen frech nach der Kita, meckern die Eltern an, strecken die Zunge raus, wehren sich gegen alles. In der Regel hat das immer einen Grund: sie sind müde vom Tag und wissen, Mama und Papa haben mich immer lieb, ich kann mal kurz alles rauslassen, nicht “funktionieren”. Wer cool bleiben kann, gewinnt!
Zeit nehmen!
Wie gesagt: auch ich merke immer, dass das beste Mittel für einen reibungslosen Wechsel Zeit ist. Wenn ich gestresst und unter Zeitdruck in der Kita ankomme, ist das Drama quasi vorprogrammiert. Wenn eine halbe Stunde Puffer ist, kann man die Kinder auch noch mal machen lassen. Sie sind vielleicht gerade mitten im Spiel (oder beim Aufräumen, ha!), malen noch etwas oder sitzen mit den Freund*innen zusammen. Niemand mag es, wenn man auf Kommando plötzlich alles liegen und stehen lassen muss. Es kann total hilfreich sein, den Kids Zeit zu geben, ihre jeweilige Aktivität zu beenden und sich zu verabschieden.
Manchmal können sich die Kids einfach nicht losreißen und wollen noch eine Weile oder auch länger in der Kita bleiben. Wenn das für alle Beteiligten okay ist, kann man das auch einfach mal machen. Ich genieße es sogar sehr, dann ein bisschen mehr vom Kita-Alltag mitzubekommen. Lasse mir zeigen und erklären, was die Kinder den Tag über gemacht haben oder wo sie gerade zu Gange sind.
Wenn dieses Längerbleiben allerdings konfliktbeladen ist, weil ich es eilig habe und eigentlich genervt bin, dann hilft “noch kurz bleiben” natürlich weder mir, noch meinem Kind. Dann ist es besser, in die Situation mit einsteigen, und dem Kind zu helfen, schnell fertig zu werden. Zum Beispiel sagen, dass die Baustelle nun schließt, weil die Bauarbeiter*innen auch schon sehr hungrig sind oder gemeinsam aufräumen. Oder klare Ansagen machen, wie: „Ok, jetzt baust du noch den schönen Turm fertig, und dann ziehen wir unsere Jacken an, abgemacht?“
Nur Augen für das Kind
Beim Abholen ist es oft sehr wuselig im Kindergarten. Die Erzieher*innen wollen vielleicht noch die eine oder andere Information loswerden, andere Eltern, mit denen man kurz quatschen möchte, oder auch andere Kinder oder Geschwister. Da kann es schon mal passieren, dass man das eigene Kind übergeht und einfach „mitschleift“. Logischerweise finden diese das meist gar nicht schön. Mir hilft es total, den Kindern einfach die volle Aufmerksamkeit zu schenken, andere Gespräche müssen dann kurz warten. Oder aber: das Kind mit einbeziehen, es zum Beispiel auf den Arm nehmen und es beim Gespräch mit der Erzieherin gemeinsam vom Tag erzählen lassen. Gleich fühlt sich das Kind auf Augenhöhe, ernst genommen und gesehen.
Kleine Rituale.
Einmal extra die Treppen hinauf- oder wieder heruntergehen, bei dem Balkon mit den vielen Gartenzwergen hochschauen, die Baustelle um die Ecke beobachten, die Nachbarskatze begrüßen, … Nichts Langwieriges, aber eine Kleinigkeit, auf die sich die Kids auf dem Heimweg schon immer freut. Nicht immer, aber doch sehr oft helfen solche „Tricks“, das Abholen stressfreier zu gestalten. Manche Eltern haben auch Snacks dabei, auch das hilft sehr oft. In unserem Kindergarten hat es sich als sinnvoll erwiesen, das dann erst vor der Tür zu überreichen. Sonst wollen andere Kinder etwas davon abhaben, es gibt wieder Konflikte… Und in vielen Kitas gibt es auch klare Regeln, wo gegessen werden darf, es verwirrt die Kinder dann auch einfach, wenn es zum Beispiel plötzlich in der Garderobe snacken darf!
Jacke ausziehen
Für mich fast der wichtigste, die Mutter aller Tipps, denn nur so kann man ruhig bleiben, jetzt wo es draußen kalt ist: Sobald ich die Kita betrete, ziehe ich Jacke bzw. Mantel aus – denn wenn man selber schon schwitzt, weil das Kind nicht sofort kommt, wird man logischerweise viel schneller ungeduldig! Und Schuhe und Schneenanzüge anziehen, während man selbst schon schwitzt – das ist wirklich furchtbar!!