Let’s talk about: Wie schnell reagiert ihr auf eure Babies?

Ausnahmsweise kommt heute schon am Donnerstag unser Artikel aus dem Archiv!
Isabel war vor sieben Jahren frisch Mama und beobachtete sehr genau. Wie schnell reagieren andere auf ihre Babies? Und sie selbst? Lest selbst…

Im Moment gehe ich mindestens zwei Mal pro Woche mit meinem Baby zur Rückbildung oder zum Postnatal-Yoga. Kann ich übrigens beides total empfehlen! Ich merke richtig, wie ich langsam aber sicher wieder fit bin, wie mein Beckenboden wieder stark wird, wie der Rücken das Tragen und Stillen besser wegsteckt…

Was ich aber eigentlich erzählen wollte, ist etwas anderes: Ich sehe dort jeden Tag viele andere Mamas mit ihren Babies und ich finde es interessant, wie jede unterschiedlich auf ihr Kind reagiert. Manche springen beim kleinsten Wimmern, nehmen die Kleinen sofort hoch oder an die Brust. Andere lassen ihre Kinder recht lange quengeln oder weinen und versuchen dann auch erst mal, sie mit Streicheln, gut zureden oder dem Schnuller zu beruhigen.

Gebranntes Kind

Ich bin durch meine beiden Schrei-Babies ein absolut gebranntes Kind, ich gehöre definitv zur ersten Sorte. Weil es mit beiden in den ersten Wochen so war: je schneller ich reagierte, desto höher war die Chance, dass das Quengeln nicht in eine richtige Schrei-Attacke ausartete. Als es mit meiner Tochter irgendwann besser wurde, merkte ich ganz stark, dass ich beim kleinsten Pieps sofort auf 180 war, die Trage schon umgeschnallt, Energien sammeln, mental auf einen untröstlichen Schreianfall einstellen: PUH! Gleich geht’s los! Andere Mamas hätten da gerade mal am Kinderwagen gewackelt oder einmal “Schhhh” gemacht. Und auch mein Baby war ja irgendwann einfach schnell wieder ruhig. Ich dagegen war überhaupt nicht entspannt. Die ersten durchgeschrieben Wochen saßen zu tief.

Ich bin also eine von denen, die immer sofort reagieren. Ich nehme die Kleine nicht immer gleich hoch (denn das mag sie nicht), oder an die Brust (denn davon lässt sie sich eh nicht beruhigen, sie nimmt den Busen meistens nur, wenn sie trinken will). Aber ich rede ihr gleich gut zu, ich streichle sie, ich checke ihre Windel, ich biete ihr den Schnuller an. Ich ertrage einfach kein Baby-Schreien! Auch wenn andere Mamas ihre Babies kurz weinen lassen, drehe ich immer schon fast durch und würde am liebsten eingreifen. Vor kurzem ließ eine Mutter ihr schreiendes Baby einfach im Kinderwagen liegen und hüpfte noch mal rein in den Laden – ich konnte nicht anders, ich musste dem Baby den Schnuller in den Mund stecken, am Wagen wackeln und “sccchhhhhh” summen. Übergriffig war das, aber wie gesagt, durch meine Vorgeschichte bin ich einfach zu sensibilisiert, ich KANN Baby-Weinen nicht mehr locker nehmen, dafür wurde ich zu viele Stunden in meinem Leben angeschrien.

Nun ist es vermutlich auch so, dass es da kein richtig oder falsch gibt, sondern dass jede einfach das macht, was sich für sie und ihr Baby richtig anfühlt. Ich kann aber nicht umher, an dieses verflixte Buch zu denken: “Warum französische Kinder keine Nervensägen sind“. Da heißt es mehrmals, die Französinnen würden einfach nicht immer sofort auf ihre Babies reagieren, so würden diese auch gleich “lernen”, dass sie nicht immer sofort alles bekommen. Ich habe dieses Buch als mein erstes Kind ein Baby war, verschlungen und fand es ganz toll. Am Ende habe ich aber fast alles anders gemacht und mich sogar darüber geärgert, dass ich es überhaupt gelesen habe…

Ich bin da nämlich hochgradig skeptisch. Ich denke erstens nicht, dass Babies in diesem Alter schon irgendetwas lernen können und müssen, zweitens wissen wir ja, dass das mit den Französinnen als Super-Vorbild-Mamas eine sehr zweischneidige Sache ist. Denn sicher läuft in Frankreich nicht ALLES toll, vieles finde ich wesentlich schlechter als in Deutschland und sicher machen auch nicht ALLE Eltern alles gleich im Nachbarland. Ich habe selbst in Paris sehr liebevolle Eltern gesehen, die immer prompt auf ihre Kinder reagierten. Ich denke eigentlich, dass es vor allem die grundsätzlich positive Einstellung der Franzosen Kindern gegenüber ist, die die Kinder weniger nervig erscheinen lässt. Sie nerven die Menschen einfach wirklich weniger!

Macht es einen Unterschied?

Trotzdem frage ich mich: macht es einen Unterschied, wie schnell man reagiert? Meine Tochter ist mittlerweile ein sehr ausgeglichenes, fröhliches und entspanntes Baby. Meine Mama sagt: Das kommt sicher, weil du am Anfang immer so gut auf sie reagiert hast, weil du ihr Schreien nicht ignoriert hast, sondern dich so um sie bemüht hast. Jetzt weiß sie, dass sie dir vertrauen kann und ist deshalb so entspannt.

Ich bin da skeptisch, ich denke eher, sie hatte irgendetwas und jetzt ist sie einfach so, wie sie ohne dieses “Etwas” von Anfang an gewesen wäre. Ich denke eher: vielleicht ist mein Sohn nach wie vor so ungeduldig, weil er von Anfang an gelernt hat, dass Mama immer springt.

Dabei glaube ich das ja eigentlich auch nicht. Manchmal denke ich, ich habe mich doch zu sehr von den Französinnen leiten lassen und hätte noch mehr auf auf mein Baby eingehen können. Auch schon auf das erste.

Oder sind Babies einfach wie sie sind – und Kinder auch?

Was meint ihr? Wie schnell reagiert ihr auf eure Babies, oder wie schnell habt ihr reagiert? Und macht es einen Unterschied? Können und sollen Babies in so jungen Jahren tatsächlich schon LERNEN?

Foto von Lina Grün. Baby war auf dem Boden leidig und wurde sofort von mir hochgenommen…