Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis so umschaue, dann hatten die meisten Neu-Mütter vor allem mit einer Herausforderung zu kämpfen: dem Verlust der individuellen Freiheit. Denn das, was sich in der Theorie wahnsinnig Herz erfüllend und sinnstiftend angefühlt hat, kann einen in der Praxis schon mal an die Grenze bringen: das ständige fremdbestimmt sein durch die Bedürfnisse eines kleinen Wesens, welches komplett von Dir abhängig ist.
Ein Baby bedeutet permanente Fremdbestimmung
Ich muss zugeben, dass ich mich manchmal gewundert habe, wenn ich von Müttern gehört habe, die sich mit dieser neuen Rolle sehr schwer tun. Ich habe mich insgeheim gefragt, was sie sich denn gedacht haben, wie das wohl werden wird, mit so einem hilflosen Mini-Menschen. Aber genau das ist ja der Punkt: denken kann man sich ja ganz schön viel. Die Realität und die dadurch hervorgerufenen Emotionen sind halt nochmal was ganz anderes.
Durch einen Hund können wir uns “rantasten”
Und hier kommt mein Hund ins Spiel und der Grund warum mir diese Konsequenz des Kinderkriegens ziemlich klar war. Denn seit fast vier Jahren habe ich durch meinen rumänischen Straßenmix Maya einen zuckersüßen Klotz am Bein. Dazu muss man wissen, dass mein Hund aufgrund seiner Herkunft etwas speziell ist was Besuch, Essen gehen und Verreisen betrifft. Aber auch bei gut sozialisierten Familienhunden kommt man immer wieder an einen Punkt, an dem man sich selbst zurücknehmen muss. Sei es, weil Hunde im Restaurant nicht erlaubt sind, dem Hund beim Autofahren schlecht wird oder der Hundesitter am Wochenende leider doch nicht kann.
Lektion in Demut
Alles in allem geben uns Hunde meiner Meinung nach eine ordentliche Lektion in Sachen Demut. Darin, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen. Und ich glaube, gerade in unserer Welt der tausend Möglichkeiten kennen wir das oft nicht mehr, dass etwas nicht geht, weil wir uns anpassen müssen. Das kann nerven, gehört aber zum Leben dazu. Spätestens dann, wenn ein Kind in selbiges tritt. Sich vorher bereits darin geübt zu haben könnte also sehr hilfreich sein, wenn man den großen Realitätsschock vermeiden möchte. So zumindest meine theoretische Hoffnung.
Theorie vs. Praxis
Wie es jetzt bei mir in der Praxis aussieht? Seit knapp drei Monaten ist Helena nun auf der Welt und natürlich habe ich die gleichen Themen, wie jede andere Mutter auch: ich bin müde, oft überfordert, meine Wohnung gehört mal wieder richtig geputzt und dennoch bin ich sehr glücklich über dieses kleine Wesen. Ein Gefühl habe ich aber tatsächlich nicht so sehr: Trauer über verlorene Freiheit. Ob das an Maya und meinem bisherigen Leben mit ihr liegt? Wer weiß, ganz unwahrscheinlich ist es zumindest nicht. Wobei ich eine Sache ehrlicherweise erwähnen muss: klar hatte ich schon Momente, in denen ich durch die Kind-Hund-Konstellation einfach auch doppelt gestresst war: Hund hat Durchfall und muss raus, Kind schreit und will nicht in die Trage, Freund ist nicht da. Aber hey, auch das kann man ja positiv sehen: als super Vorbereitung auf ein mögliches zweites Kind!
Deswegen auch mein ganz klares „Ja“ auf die Frage, ob einen ein Hund auf ein Kind und das Mutter-Dasein vorbereitet. Übrigens auch im Hinblick auf Gespräche über Farbe und Konsistenz von Babys Windelinhalt. Aber das ist dann ein anderer Text.