15 Weisheiten für jeden Tag von Familientherapeut Jesper Juul

Jesper Juul
Wenn es ein Top-Thema unter den Eltern-Aufreger-Themen gibt, dann wohl dieses eine, dass es von allen Seiten scheinbar ständig Ratschläge hagelt - ja, es sicher selten mehr Ratgeber-Potenzial als dieser Tage gab: In Buchform, von Passanten, der Nachbarin, uns Bloggern, immer gerne von der eigenen Familie oder noch besser Menschen ohne Kindern - am liebsten ungefragt, immer aber latent Verwirrung stiftend. Mir geht das genauso. Also mit dem darüber Schmunzeln, zuweilen auch Echauffieren. Weil es ja doch immer wieder bewirkt, dass das Bauchgefühl als der allerbeste Indikator von den Stimmen, die zwei Etagen höher angesiedelt sind und sich Verstand nennen, unterwandert wird. Und trotzdem hege ich gewisse Sympathien für Jesper Juul. Jenen dänischen Familientherapeuten, der inzwischen wohl sowas wie den Messias für die ob der Ratgeberflut zuweilen schwer verunsicherten Elternschaft stellt und der so Sachen sagt wie, dass man seine Kinder erst einmal kennenlernen muss, ehe man sich Ratschläge von außen holt.

Ich bin nicht immer in der Stimmung für Juul. Aber oft trifft er doch den für mich richtigen Nerv, trägt er mehr zu meiner Entspannung bei, als dass er mich – wie andere Ratgeber zuweilen – stressen würde. Und weil das so ist, folgt anbei eine kleine Liste Juulscher Weisheiten.

  1. In den letzten Jahren hat man das Familienleben auf die Kindererziehung reduziert. Und darin wollen wir immer besser werden. Aber Erziehung ist kein Leistungssport, sondern eine Konsequenz der Art und Weise, wie man in einer Familie miteinander umgeht.
  2. Kinder machen nicht das, was wir sagen, sondern das, was wir tun.
  3. Kinder haben kein Bedürfnis, Lob zu bekommen. Sie haben das Bedürfnis, gesehen und anerkannt zu werden.
  4. Seien Sie als Eltern ein authentisches Vorbild, was ihre eigenen Grenzen anbelangt. Wenn Kinder sehen, dass Eltern jeden Tag etwas machen, was sie eigentlich nicht machen möchten, und immer frustrierter werden, ist das kaum ein konstruktives Vorbild.
  5. Wer lernen soll, die richtigen Entscheidungen zu treffen, dem müssen die Eltern auch die Möglichkeit geben, sich falsch zu entscheiden.
  6. Am wichtigsten ist, dass Eltern ehrlich sind. Ihre Reaktion muss authentisch sein.
  7. Um Eigenverantwortung zu übernehmen, brauchen Kinder Übung und die Sicherheit, dass sie ihnen nicht negativ angerechnet wird.
  8. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Kinder so viel Zeit bekommen, wie sie brauchen.
  9. Da ein Konflikt als eine Situation definiert ist, in der zwei Menschen etwas Unterschiedliches wollen, besteht mindestens die Hälfte der gemeinsamen Zeit von Kindern und Eltern aus Konflikten.
  10. Verstecken Sie nicht alle Konflikte vor Ihrem Kind – lassen Sie es lieber an der Lösung teilhaben.
  11. Das Vertrauen, das Kinder von ihren Eltern so sehr benötigen, ist die Zuversicht, dass die Kinder ihr Bestes geben, um zu dem Menschen zu werden, der sie gerne sein möchten.
  12. Die Qualitäten von Eltern bemessen sich nicht nach den Regeln, die sie ihren Kindern vorgeben, sondern nach der Art ihrer Reaktion, wenn diese Regeln gebrochen werden.
  13. Wenn Eltern sich überwiegend machtlos fühlen oder sich scheuen, Verantwortung und Autorität zu übernehmen, leiden die Kinder.
  14. Jugendliche lassen sich nicht mehr sagen, was sie sein sollen. Mit denen muss man in den Dialog treten – was übrigens wesentlich besser funktioniert, wenn man das von klein auf praktiziert hat.
  15. Wir müssen lernen auszudrücken, wer wir sind und wofür wir stehen, anstatt unseren Kindern vermitteln zu wollen, wer sie sein sollen.