Dem Sonnenlicht hinterher – eine Europareise im Winter mit Baby

Ach, das gute alte Reisebüro. Ich begann es zu vermissen, nachdem ich mir wochenlang Gedanken über unsere geplante Reise in der Elternzeit gemacht hatte.
Auf der Suche nach einer Alternativroute zu den üblichen Reisezielen mit Baby hatten wir recht schnell alles durch. Thailand? Bali? Chile? Da fahren alle hin und da waren wir schon. Wir wollten etwas Neues. Warum eigentlich nicht Hawaii?

Unsere Idee war, bestenfalls vier Wochen an jedem Ort zu bleiben, um Baby Frida, die zu diesem Zeitpunkt etwa acht Monate alt war, und uns selbst nicht zu sehr zu stressen. Der Reisezeitpunkt: Mitte Dezember bis Mitte Februar, über Weihnachten und Silvester wollten wir in der Sonne liegen und Frida das Meer und den Strand entdecken lassen.

Ernüchternd.

Die Recherche war sehr ernüchternd. Die Häuser, die ich mir vorstellte auf Hawaii für vier Wochen zu bewohnen, kosteten bis zu 1000 Euro pro Tag. Ja, pro Tag. Ich meldete mich bei einer Haustauschplattform an und schrieb ein paar Leute an, doch die Resonanz ging gen null. Nun ja – ich blieb optimistisch und überlege noch mal von vorne. Bali wäre toll. Ich hatte die Insel bereits selbst drei Monate allein bereist und hatte mir damals fest vorgenommen wieder dorthin zurückzukehren. Eine Woche später wurde der Vulkan aktiv und mir klar: Mit einem kleinen Baby leider keine perfekte Option. Zurück auf Los: Thailand. Ich war vor schon vor 12 Jahren, direkt nach meinem Studium dort und fand es damals super, außerdem schien es eine Option zu sein, die ins Budget passte.

Pustekuchen. Thailand über Weihnachten und Neujahr sollte soviel kosten, wie wir insgesamt für unsere Reise geplant hatten: 6000 Euro. Und das, so dachte ich, wäre schon extrem großzügig geplant.

Je tiefer ich mich in die Reiseplanung stürzte, umso unsicherer wurde ich: Dengue Fieber, die heiße Sonne, Klimaanlage, so richtig am Strand abhängen den ganzen Tag mit Baby geht auch nicht. Nach außen wirkte ich wie die coole Mama, die unerschrocken mit Baby reist, aber in Wirklichkeit nagen die Zweifel.

In den sozialen Netzwerken und im Bekanntenkreis schienen gefühlt jeder zweite mit Baby nach Thailand gereist zu sein, warum also sollte ausgerechnet uns etwas passieren? Dennoch fragte ich mich: Fände ich es wirklich entspannend, mein Baby Tag und Nacht mit Mückenschutz einzucremen und bei jedem Fieber zum Arzt zu rennen um zu überprüfen, ob es Dengue Fieber hat? Nein, das fände ich nicht.

Also: Europa?

Der einzige Ort, an dem das Wetter in Europa halbwegs gut sein könnte, sind die Kanarischen Inseln. Dazu fällt mir spontan ein: Massentourismus, deutsche Rentner und Hotelburgen. Aber egal: die Neugier und mein scheinbar unerschöpflicher Wille, dann eben dort eine tolle Unterkunft zu finden, siegen.

Weil ich auf eine Prise Exotik und Abenteuer nicht verzichten möchte, entwickeln wir nach und nach eine Europaroute, mit der wir uns gut fühlen und die uns trotzdem an Orte führt, an denen wir noch nie waren:

Schwarzwald – Lanzarote – Teneriffa – Marrakech – Rom
Liest sich lustig und das war es auch!

Die Vorteile einer Europa-Winter-Tour liegen auf der Hand: Das, was man am Flugpreis einspart, kann in tolle Unterkünfte investiert werden. Eine schöne, inspirierende Unterkunft ist für mich insbesondere mit Baby das Highlight jeder Reise. Gerade im Winter sollte man sichergehen, dass man sich dort lange aufhalten möchte, wenn das Wetter mal nicht mitspielt. Eine Heizung oder ein Kamin können natürlich auch nicht schaden. Denn selbst dort, wo die Sonne scheint, wird es abends sehr kalt.

Im Schwarzwald feierten wir bei meiner Familie Weihnachten und flogen dann an Sylvester nach Lanzarote. Wir hatten die beste Hummerpaella unseres Lebens und fielen um 22 Uhr ins Bett. Dafür wartete direkt am 01. Januar strahlende Sonne und ein Pool in der hippiesken Unterkunft Casa El Morro auf uns. Die Unterbringung ist mit Baby recht großzügig, die Anlage schon ein bisschen in die Jahre gekommen aber für ein paar Tage reicht uns das – hier bleiben wir. Die nächsten Tage erkunden wir die wunderschönen Installationen und Lavahäuser von Cesar Manrique, der sich auf der Insel Zeit seines Lebens für einen nachhaltigen Tourismus eingesetzt hat.

Die spektakulärste Unterkunft der Reise haben wir auf Teneriffa – ein wunderschönes Haus mit einem in den Felsen gehauenen Naturpool, das wir über diesen Anbieter gefunden haben.
Wir wollen nach sechs Wochen unterwegs sein auf keinen Fall wieder nach Hause. Wohin dann? Marrakech hatten wir eigentlich gar nicht eingeplant, aber es liegt direkt nebenan und der Flug dauert nur 1.5 Stunden. Spontan entscheiden wir uns für Afrika und werden nicht enttäuscht. Der Beldi Country Club ist eines der schönsten Hotels, das wir je besucht haben. Fridas blaue Augen machen uns hier zu Celebrities, überall werden wir angehalten und nicht wenige versuchen Frida zu küssen – das bringt nach marokkanischem Glauben Glück. Nach dem ersten Auweia-Moment legen wir es als gutes Omen aus.
Hier ist es allerdings viel kälter als wir dachten und ich werde sehr kreativ im Umgang mit den einzigen zwei Pullovern, die ich dabei habe.

Krönender Abschluss unserer Reise ist Rom – eine Stadt, die schon lange entdeckt werden will – am besten zur Nebensaison, denn dann ist die immer überlaufene Stadt ein wenig leerer. Hier übernachten wir in einem Hostel Apartment im Stadtteil Breda, das sicher noch getoppt werden kann, aber für uns und unser Budget, dass sich gefährlich dem Ende zuneigt passt es. Die zwei Zimmer sind außerdem perfekt, um Frida’s Reisebett aufzustellen. Wir schlemmen uns durch die besten Restaurants und Frida flirtet wie wild mit den römischen Köchen – in den oft von den Inhabern selbst geführten Familienrestaurants werden alle Babywünsche erfüllt und Brot und Olivenöl stehen immer direkt auf dem Tisch.

Die Restauranttipps für alle Orte und noch mehr Eindrücke von der Reise findet ihr übrigens hier.

Und was kostet das?

Im Schnitt haben wir tatsächlich nur 45 Euro pro Flug bezahlt – in Rom war die Taxifahrt in die Stadt teurer als der Flug dorthin. Da wir kein Auto besitzen und zuhause in Berlin alles mit dem Rad erledigen, sind für uns die europäischen Flugstrecken mit dem Umweltgewissen gerade noch vertretbar.

Unsere Unterkunft auf Teneriffa ist relativ teuer, doch weil wir vier Wochen bleiben, kann ich vor Ort einen großzügigen Rabatt raushandeln. Der Marrakech Aufenthalt schlägt ziemlich zu Buche und auch Rom ist nicht so günstig wie gedacht, doch am Ende kommen wir genau hin und können die Reise von unserem Urlaubskonto bezahlen, auf das wir beide jeden Monat einen fixen Betrag überweisen.

Der 5 Stunden Flug mit Ryanair nach Lanzarote ist nicht unbedingt empfehlenswert, aber irgendwie haben wir es rumbekommen. Im Nachhinein war es ein Glück, dass Frida zu diesem Zeitpunkt noch nicht laufen konnte und auch kein extrem bewegungsfreudiges Baby war, so konnten wir sie mit Magazinen, Wickeln und den Mitreisenden bei Laune halten. Am allerbesten ist natürlich Schlaf – die Flüge, die wir nach ihrem Schlafrhythmus gebucht hatten, verliefen viel einfacher.

Immer noch im Reisefieber

Und wie geht es dem Reise-Ich nach der Europa Tour? Ich stelle fest: Meine Reisefreude ist weiterhin ungebremst, nur die Kriterien haben sich geändert. Eine großzügige Unterkunft, das Etablieren von Routinen vor Ort und ein einfacher Alltag zählen für Reisen mit Baby mehr als jede Sehenswürdigkeit.

Reisen bildet, das stimmt. Mit Baby umso mehr, denn mein Partner und ich lernen wahnsinnig viel über uns und wie wir als Familie gut funktionieren. Es gibt keine Ablenkung von außen, keine Jobthemen, nur uns drei und das Meer, den Wind, das Sonnenlicht.

Europa im Winter, wir kommen wieder. Nächstes Mal mit ein, zwei Pullovern mehr.