Bitte gib mir deinen Müll und deine Essensreste!

Es gibt SO viele Dinge, die mit dem Kinderhaben zu tun haben, mit denen ich ÜBERHAUPT nicht gerechnet hatte. Bevor man schwanger wird, denkt man ja maximal: “Oh, süß, dann habe ich ein Baby”. Dass die Babyzeit kurz ist, und man stattdessen einen kleinen Menschen in sein Leben holt, das kann man sich nicht vorstellen. Und was damit alles einhergeht – niemand kann einen darauf vorbereiten.

Krankheiten, Windeltraining, die wundervollen Momente (Die erste, feste Umarmung! Die ersten Worte…) und die schweren und anstrengenden. Es ist viel.
Und es gibt ein paar Dinge, über die muss ich noch heute regelmäßig lachen.

Zum Beispiel: Spätestens seit meine Kinder selbstständig stehen und laufen können, drücken sie mir regelmäßig DINGE in die Hand. Steine, Krümel, Essensreste, Spielsachen, Jacken, Pullover, Stöcke. Und ganz besonders gerne: MÜLL.

Mülleimer und Garderobe in einem.

Sie machen das scheinbar gedankenlos. Mama ist eben für alles da. Mama hilft, wenn es weh tut, sie regelt, wenn es kompliziert wird und, na klar, ab und zu ist sie eben auch Mülleimer und Garderobe in einem.

Als die Kinder klein waren, 2, 3, vielleicht 4 Jahre, da habe ich noch alles entgegen genommen. Angesuppte Brezen, halbleere Quetschis, Unmengen von Steinen und “Erinnerungen”. Bei Wald-Ausflügen gab es dann irgendwann die Regel, dass nur mitgenommen werden darf, was SELBST getragen werden konnte. Hosentaschen, Pulli-Eingriffe, und Jackentaschen waren von da an voll mit Stöcken und Steinen und Blättern und Zapfen und wasweissichnichtalles, aber ich habe das als Fortschritt verbucht.

In Sachen Essensreste ist es auch minimal besser geworden. Mir angeleckte Brote und Snacks in die Hand zu drücken. Das machen sie nicht mehr. Gott sein Dank, denn nicht selten habe ich mir die klebrigen Maiswaffeln, Laugenstangen und Hirsekringel gedankenverloren selbst in den Mund geschoben. IGITT! Wobei. Es stimmt nicht, dass das nicht mehr passiert. Letztens hat mein 10-jähriger Sohn zärtlich meine Hand genommen, um dort ein ein veganes Eis, das nicht seinen Vorstellungen entsprach, unterzubringen.

Es KANN nicht an mangelnder Erziehung liegen

Meine Kinder sind 7 und 10 Jahre alt und seit mindestens 3 bzw. 6 Jahren wehre ich regelmäßig jedes Kaugummipapier, jede Bonbonverpackung, jeden Lolli-Stengel und alle Eisstiele ab. “Da ist der Mülleimer!” “Ich bin nicht dein Mülleimer!” “Was soll ich jetzt damit? Schau bitte, wo du es hintun kannst!” sage ich immer wieder gebetsmühlenartig.

Mit mittlerem Erfolg. Noch immer ist bei beiden Kindern der erste Reflex, mir ihren Müll einfach in die Hand zu drücken.

Was auch immer noch passiert und besonders dreist ist: KAUGUMMIS! Wie kann man annehmen, dass irgendjemand es okay findet, einen klebrigen, durchgekauten Kaugummi entgegenzunehmen?

Auch hier bin ich seit Jahren im Erziehungsmodus: “Such dir ein Papier, einen Mülleimer, entsorge den Kaugummi.” Ich finde es wirklich wichtig, dass man das lernt, denn ich kenne Erwachsene, die ihre Kaugummis IMMER noch regelmäßig einfach irgendwohin legen, wenn er nicht mehr schmeckt. Auf den Nachttisch! Ans Waschbecken kleben! Oder unter den Tisch? In der U-Bahn unter das Polster? Oder sie spucken ihn einfach in die Prärie! Letzteres lasse ich mir eventuell noch eingehen, aber nein, eigentlich nicht. Wer schon mal in einen suppigen Kaugummi getreten ist, weiß, warum.

Mir ist das also wirklich wichtig und ich meine, ich bin da sehr konsequent. Viele andere alltägliche Dinge, an denen man ein bisschen Erziehung erkennt (Begrüßen, Danke sagen, Schuhe ausziehen, Jacke aufhängen…) klappen mittlerweile bei uns super. Die jahrelangen Wiederholungen haben sich gelohnt. Aber nach all den Jahren denkt mein Nachwuchs anscheinend immer noch, Mamas Hand wäre doch eine gute Alternative zu einem Mülleimer.

Gestern wieder, wir sind im Freibad, die Kinder holen sich beim Rausgehen ein Eis und strecken mir sogleich die Packungen entgegen. Ich wehre ab, zeige auf den Mülleimer. Später, zuhause, entdecke ich beide Eispapierchen in meiner Korbtasche. Sie müssen sie unauffällig hineingeschummelt haben. Da musste ich dann doch lachen.

Foto: Bruno Nascimento