50/50 Paare: Franziska und Franz

Franziska und Franz haben sich auf meinen Aufruf hin gemeldet. So wie viele andere übrigens, tausend Dank! Ich fand es unheimlich interessant zu hören, wie ihr euch zuhause organisiert, und auch welche Hürden es so gibt, um wirklich gleichberechtigt zu leben. Franziska und Franz bekommen es ziemlich gut hin: die beiden wohnen südlich von München, haben eine zweijährige Tochter und arbeiten beide etwa 30 Stunden die Woche. Kinderbetreuung, Haushalt - teilen sie alles 50/50. Wie das genau läuft, das erfahrt ihr im Interview.

Was und wie viel arbeitet ihr beide?

Franziska ist stellvertretende Leiterin eines kleinen Museums und arbeitet noch freiberuflich als Kunsthistorikerin. Franz ist als Projektleiter in einem Tiroler Naturpark angestellt und plant freiberuflich naturnahe Gärten. Beide arbeiten wir jeweils ca. 30 Stunden pro Woche, davon 20 in unseren Anstellungen. Wir haben beide sehr familienfreundliche Arbeitgeber mit angenehmen Arbeitsverhältnissen (z.T. Home Office, Vertrauensarbeitszeit).
Zwar haben wir beide vereinzelt Termine auch am Wochenende, in der Regel halten wir uns aber den Freitag frei, um ein langes Wochenende mit der Familie zu haben.

Wie habt ihr eure Woche aufgeteilt? Habt ihr feste Tage, wer kümmert sich nachmittags, abends (und nachts!!) um das Kind?

Jede Woche ist doch unterschiedlich und wir haben keine feste Verteilung, wer bringt oder abholt. Manchmal sprechen wir Sonntagabend die anstehende Woche kurz durch, meist aber läuft es im leicht chaotischen Alltagsflow mit.
Zuhause nach der Tagesmutter ist es meistens so: Nach dem Abendessen lesen wir zusammen Bücher und wechseln uns mit dem Ins-Bett-bringen ab, je nachdem wie es gerade passt.
Die Nächte waren ein schwieriges Thema und werden erst jetzt besser. Während der 10-monatigen Stillzeit konnte nur Franziska unsere im Stundentakt hungrige Tochter besänftigen (sie verweigerte auch die Flasche), Franz schlief meist auf der Couch und übernahm die frühe Morgenschicht von 6-9 Uhr.
Im zweiten Lebensjahr kam sie regelmäßig nachts zu uns ins Bett und schlief nur, wenn Franziska da war (verstecken im Wohnzimmer ging nicht!); auch hier hat Franz zahlreiche Nächte auf der Couch zu Ende verbracht. Jetzt – da sie meistens durchschläft – genießen wir die Galgenfrist, bis das Geschwisterchen im Juni auf die Welt kommt.

Welche Tools nutzt ihr? 

Wir benutzen ein gemeinsames iCal und haben so alle Termine (privat und beruflich) voneinander im Blick. Das funktioniert auch beim Abstimmen von Arbeitsterminen sehr gut.

Würdet ihr sagen, dass die Organisation des Alltags sehr zeitaufwendig ist und klappt sie gut?

Die Organisation ist punktuell aufwendig, wenn z.B. die Tagesmutter Urlaub hat oder unsere Tochter krank ist. In der Regel haben wir uns nach 1,5 Jahren aber ganz gut eingegrooved.

Habt ihr einzeln Hobbies, oder macht Sport? Und was ist mit Paar-Zeit? 

Wir haben beide Hobbies und Leidenschaften, denen wir nachzugehen versuchen. Natürlich finden wir seit der Geburt unserer Tochter nicht mehr so viel Zeit dafür, allerdings achten wir sehr darauf, uns gegenseitig immer wieder „freizuspielen“. Angefangen von einer Stunde alleine in der Natur bis hin zu langen Wochenenden mit Freunden klappt das super gut.
Neben dieser unregelmäßigen „Freizeit“ macht jeder von uns ein Mal pro Woche Sport, während der andere zuhause ist.
Schwieriger ist es, im Alltag Zeit zu zweit zu finden, da man bei Arbeit, Haushalt und Elternsein schwer gleichzeitig zusammen abschalten kann. Wir versuchen uns allerdings regelmäßig die Abende daheim besonders zu machen, z.B. mit Stockbrot am Kachelofen, Beamer-Kino-Abend oder Rotwein am Fluss (danke, Babyphone-App). Auch versuchen wir, statt Bildschirmzeit mit Serien die Abende mit Gesprächen oder lesend zu verbringen.   

Habt ihr mit der Kinderbetreuung Hilfe, also einen Babysitter oder so? 

Wir haben keinen Babysitter, dafür aber die besten Großeltern der Welt! Sie wohnen beide jeweils ca. eine Stunde von uns entfernt und haben unsere Tochter schon mit einem Jahr über Nacht zu sich genommen. Sie sind sehr wichtige Bezugspersonen, selbst sehr glücklich über jede Minute mit ihr, und entlasten uns irrsinnig, wenn sie uns einen Abend oder gar ein Wochenende zu zweit ermöglichen. Einen fixen „Oma-Tag“ gibt es nicht, jedoch springt Oma öfters bei Termin-Konflikten ein.

Sprechen wir über den Haushalt: wie teilt ihr euch hier auf?

Wir haben keine Putzhilfe und nach anfänglichem Bemühen, es ohne Struktur gemeinsam zu machen, mussten wir feststellen, dass die Person mit dem stärkeren Sauberkeitsbedürfnis (…) ständig mehr im Haushalt gemacht hat und/oder unzufrieden war. Darum haben wir uns klare Ressorts zugeteilt: Franz ist für Bad und Klo sowie fürs Staubsaugen, Kompost wegbringen und Feuerholz holen zuständig (wir heizen mit Holz) und Franziska macht die Wäsche und wischt den Boden. Das ist zeitlich so ziemlich 50:50 und wir sind beide glücklich mit der Verteilung.
Wir legen beide viel Wert auf gutes Essen und kochen jeden Abend frisch; je nachdem wer gerade lustig ist und Zeit hat.

Wer hat die Orga in der Hand? Oder teilt ihr das auch auf?

Insgesamt hat Franziska mehr Orga in der Hand, aber das liegt auch in ihrem Naturell!

Wie habt ihr die Finanzen geregelt, gibt es ein Familienkonto, unternehmt ihr gemeinsam etwas in Sachen Altersvorsorge?

Wir haben ein gemeinsames Konto und können monatlich etwas beiseite legen; eine konkretere Altersvorsorge gibt es allerdings nicht (hüstel).

Wie seid ihr selbst aufgewachsen? Mit zwei arbeitenden Eltern, oder nicht?

Wir sind beide im altmodischen Stil aufgewachsen: mit Vollzeit-arbeitendem Vater und Haushalt-führender Mutter. Wir hatten beide eine sehr schöne Kindheit und haben es genossen, täglich zur Mama nach Hause zu kommen.
Allerdings haben wir auch gesehen, dass unsere Väter sehr viel weniger Zeit mit uns verbracht haben und unsere Mütter ihre berufliche Laufbahn geopfert haben.
Als für uns der Kinderwunsch konkret wurde, waren wir uns darin ganz einig, dass wir beide eine gleichberechtigte Aufteilung in Kindererziehung und Beruf wollen. Diese Entscheidung fühlt sich für uns nach wie vor vollkommen richtig an.

Wie habt ihr die Elternzeit(en) aufgeteilt?

Durch Franz’ befristetes Projekt war es ihm leider nicht möglich, Elternzeit zu nehmen, sodass Franziska 12 Monate in Anspruch nahm. Allerdings konnte Franz durch Überstunden und Urlaub sowie den gänzlichen Verzicht auf freiberufliche Arbeit in dieser Zeit auch sehr viel zuhause sein.

Habt ihr das Gefühl, genug Zeit mit dem Kind zu verbringen?

Ja! Unsere Tochter ist Montag-Donnerstag von 8:00-16:00 Uhr bei der Tagesmutter. Wenn wir sie abholen wird nicht mehr gearbeitet (zumindest für einen von uns). Sie genießt die Zeit mit den anderen Kindern – und vermisst diese auch wenn wir Urlaub haben! – was uns sehr freut und den Wiedereinstieg enorm erleichtert hat. Freitag haben wir extra nicht dazu gebucht, damit wir mehr Zeit zusammen haben. Durch die langen Wochenenden können wir die gemeinsame „Quality-Time“ voll auskosten.

Findet ihr euer System gerecht, seid ihr glücklich damit?

Zwei Mal ein großes Ja! Wir sind wirklich glücklich mit unserem neuen Leben als Eltern und als Elternpaar. Was uns als das A und O erscheint, ist unsere gute Gesprächskultur: wir besprechen auch kleinste Belange und Verstimmungen und verhindern damit, dass sich Frust aufstaut. Tatsächlich versuchen wir uns jeden Tag aufs Neue rückzuversichern, ob die Art der Lebensführung noch wirklich aufrichtig bejaht werden kann oder ob sich nicht doch ein Ungleichgewicht eingeschlichen hat. 

Was würdet ihr euch vom Staat, von eurem Umfeld, vom Arbeitgeber wünschen?

Vom Staat würden wir uns wünschen, dass es für beide Elternteile Pflicht wird, Elternzeit zu nehmen, um die strukturelle Benachteiligung (Frauen werden seltener eingestellt oder befördert weil sie schwanger werden können, von Männern wird erwartet, keine Elternzeit zu nehmen, usw.) aufzubrechen.
Vom Umfeld würden wir uns ein offeneres Miteinander unter Eltern wünschen, ohne herabschauendes Vergleichen und Verurteilen. Jede Entscheidung zur Erziehung und Rollenaufteilung ist individuell und hat ihre Gründe; wir würden uns wünschen, dass mehr Eltern daran denken und sich mit Solidarität und Anteilnahme in dieser doch manchmal sehr fordernden Grundsituation begegnen. 

Was stresst euch im Alltag am meisten?

Schienenersatzverkehr!

Und was macht am meisten Freude?

Die gemeinsamen Mahlzeiten sowie sich (und jeden einzelnen darin) als Familie wachsen zu sehen. 

Danke, ihr beiden!!