Weltenbummler: Familien auf Weltreise – mit den Rooses!
Seit wann seid ihr unterwegs und wie sieht eure Route aus?
Eigentlich seit unserem Umzug von München nach Berlin vor ziemlich genau einem Jahr. Damit hat eine neue Ära für uns begonnen. Seitdem führe ich unser Unternehmen NECTAR & PULSE mit meinem Mann Chris zusammen… Dann hat es etwas gedauert, bis wir es neu ausgerichtet hatten und seit dem 25. Oktober 2017 sind wir auf Weltreise. Ein Traum, den wir lange gehegt hatten!
Begonnen hat unsere Reise mit 10 Tagen in Hong Kong. Danach waren wir sieben Wochen auf Bali und in Nusa Lembongan/Penida unterwegs. Jetzt zelten wir in Australien, und dann stehen Tasmanien, Neuseeland, eventuell noch die Fidschis oder Hawaii, Peru oder Chile, Kalifornien und New York auf dem Plan. Ende April geht es zurück nach Berlin. Einmal rund um die Erde, also! Die Reiseplanung ist aber noch relativ offen. Es war uns wichtig, nicht zu durchgeplant zu sein, sondern die Möglichkeit zu haben, spontan zu entscheiden, wo es uns gerade gefällt und wo wir länger bleiben wollen. Unserer inneren Stimme zu folgen und dorthin weiterzureisen, wohin es sich richtig anfühlt.
Wie war der Anfang?
Unsere Reise hat – wie gesagt – mit 10 Tagen Hong Kong begonnen. Wir sind von Berlin über Helsinki direkt nach Hong Kong geflogen. Wir hatten Respekt vor einem so langen Flug mit zwei kleinen Kindern. Jonathan ist jetzt vier und Victor ist auf Bali zwei geworden. Sie sind schon einiges geflogen, aber eben nie so lange. Es ist aber ein ziemlich entspannter Nachtflug geworden: die Kids haben die meiste Zeit geschlafen, ansonsten haben wir gut entertained (mit Essen, Filmen, Spiele, Bücher,…). Kann ich generell sehr empfehlen, über Nacht zu fliegen! Wir hatten drei Sitzplätze, in der ersten Reihe direkt beim Notausgang mit mehr Beinfreiheit (vorher Plätze reservieren mit Kindern!). Victor konnte am Boden in einem der Flugzeug Bettchen schlafen. Perfekt! Die Zeitumstellung war natürlich ungewohnt, aber wir haben versucht, so schnell wie möglich in den normalen Rhythmus zu kommen und ziemlich schnell ging das auch gut.
Hong Kong war am Anfang ein ziemlicher Flash aber insgesamt großartig! Eine Großstadt mit 8 Millionen Einwohnern, so viele Menschen und Trubel, wenig Aufzüge, alles mit den Öffis – dazwischen schon sehr anstrengend und herausfordernd mit Kindern… Meine Cousine aus Schweden wohnt seit zwei Jahren dort mit ihrem Mann und ihrer zwei Monate alten Tochter. Es war schön, gleich Familie zu treffen, die sich gut auskennt. Wir haben so lecker gegessen (die Stadt ist kulinarisch ein Knaller) und sehr kontrastreich. Hong Kong fühlt sich ein bisschen an wie das Tor zwischen Asien und Europa. Wir hatten jeweils zwei AirBnb Apartments auf Hong Kong Island. 30 Minuten von dort gibt es megaschöne Strände. Einen Tag haben wir eine Freundin, die auch zwei Kinder hat auf Lantau besucht, das ist die größte Nachbarinsel. Sehr unbewohnt und natürlich schön, mit wilden Wasserbüffel an den Stränden und super Wanderungen. Von einer 8 Millionen Stadt ist es also nur ein Katzensprung zu wunderschöner Natur, Bergen, Hippie Camps und Stränden. Traumhaft. Die Menschen waren fast alle sehr freundlich und für uns als Familie war es wie ein 10 Tage Weltreise-Trainings-Bootcamp. Nach so einer Großstadt ist man dann gewappnet für alles.
Was sind die Herausforderungen und was die schönsten Dinge bisher? Wie stecken die Kinder den Wechsel weg?
Wir waren schon in den ersten fünf Wochen in neun Unterkünften. Das Ein- und Auspacken, neu einfinden und von A nach B ist aufregend aber eben auch anstrengend. Man kann zu viert als Familie nicht mehr ganz so reisen wie zuvor aber trotzdem bin ich immer wieder erstaunt, wie viel geht und wie toll die Kinder mitmachen, wenn wir als Paar relaxed sind. Das beobachten wir sowieso, dass die Kinder häufig unserer Stimmung folgen.
Die größte Herausforderung für uns ist es, nebenbei zu arbeiten. Wir haben ja ein eigenes Unternehmen, welches wir quasi mit im Koffer haben und mit den vielen Ortswechseln und teilweise extrem schlechtem Internet war das bis jetzt manchmal schwierig. Auch für uns selber die Balance zu finden zwischen Weltreise machen und diese in vollen Zügen genießen und parallel das Business vorantreiben. Mittlerweile klappt es gut. Am besten funktioniert es, wenn Chris und ich uns einig sind, auf unser Bauchgefühl hören, die Kinder und uns selber beobachten und wenn wir merken, dass es zu viel wird, eben auch wieder einen Gang runterschalten. Mal einen Tag nichts unternehmen und einfach wie zu Hause im Bett Bücher lesen, Benjamin Blümchen hören, die Sendung mit der Maus schauen, neben dem einheimischen Essen auch mal eine Pizza und Kakao für die Jungs organisieren.
Die schönsten Dinge: Wir lieben es, alles Neue zu entdecken, zu reisen, die Kultur und Menschen kennen zu lernen. Also sind wir insgesamt einfach MEGA happy, diesen Schritt gewagt zu haben. Einfach mal sechs Monate teilweise ohne feste Ziele auf dem Weg zu sein. Die Eindrücke auf sich wirken lassen. So viel intensive Familienzeit. Die Kinder dabei beobachten, wie sie immer selbstbewusster und neugieriger werden, unsere Welt zu entdecken. Ganz neue Fragen stellen, wissen wollen was die Dinge in der jeweiligen Sprache heißen. Wie sie mit einheimischen Kindern spielen ohne dass sie ein Wort miteinander wechseln können. Den Partner nochmal ganz neu kennen lernen. Außerhalb der Komfortzone als Team wachsen und noch mehr zu verschmelzen. Abstand zum Alltag zu Hause. Die Sterne neu ordnen. Reflektieren. Philosophieren.
Wie liefen die Vorbereitungen ab und wie habt ihr das strukturell/finanziell gemacht?
Die Idee zu dieser Reise haben wir schon lange – noch bevor wir Kinder hatten! Aber es hat erst unsere beiden Söhne gebraucht und die bald nahende Schulzeit, dass wir es realisiert haben. Wir sind beide schon immer viel gereist aber nie am Stück so lange und einmal um die ganze Welt. Konkret entschlossen und die Reiseplanung gestartet haben wir im April, also ein halbes Jahr vor Abflug. Immer ein bisschen nebenher. Insgesamt haben wir aber auch versucht, nicht zu viel zu planen und noch einiges offen zu lassen was Destinationen und so weiter angeht. Wir wollten uns bewusst mal treiben lassen. Sehen, wo es uns hinverschlägt.
Die Kinder haben wir aus dem Kindergarten genommen und sie starten, wenn wir zurück kommen in einem neuen. Da wir mit dem alten eh nicht so zufrieden waren, passte das auch perfekt. Im alten Kinergarten sind sie wenig rausgegangen, und jetzt auf der Reise sind sie eigentlich 24/7 in der Natur. Die Wohnung haben wir untervermietet und unser Auto verkauft. Unsere Versicherungen haben wir stillgelegt (damit kann man Einiges sparen) und Reiseversicherungen abgeschlossen. Da wir unser eigenes Unternehmen rund um das Thema Reisen haben, passt das ja perfekt zur Weltreise. Wir haben das Büro mit und nutzen die Zeit auch für Recherche, zum schreiben für Fotos und einige Treffen mit Hotels und co auf dem Weg. Wir nutzen die Reise auch, um neue Projekte zu beginnen, die eben gerade leichter fallen, wenn man aus der normalen Routine rauskommt und eh jeden Tag Neues lernt und sieht.
Chris war vorher angestellt, dann wäre es nicht so einfach gewesen. Jetzt, wo wir zusammen arbeiten, können wir uns den Traum von größeren Reisen dazwischen gut ermöglichen. Es ist so, wie wir uns unser Leben schon immer vorgestellt haben.
Einen Teil der Reise finanzieren wir noch über das Erbe meiner verstorbenen Eltern. Wir haben unser Elternhaus nach dem Tod verkauft und lange überlegt was wir mit dem Geld machen sollen. Sie hätten sich nichts mehr gewünscht, als das wir mit dem Geld die Welt entdecken. Es nicht als Sicherheit am Bankkonto haben oder in eine Wohnung investieren, sondern in Abenteuer und für uns wertvolle Erfahrungen stecken. Es ist schön, durch diese Unterstützung mit ihnen verbunden zu sein und Länder zu sehen, die sie in ihrem Leben nicht gesehen haben. Dinge mit unseren Kindern machen zu können, die sie damals nicht machen konnten. Dafür sind wir sehr dankbar.
Wie haben eure Freunde reagiert?
Die meisten sind selbst Abenteurer, waren sofort begeistert und haben uns in unserer Entscheidung bestärkt. Natürlich finden sie es schade, dass sie uns so lange nicht sehen, aber in Zeiten von Facetime, WhatsApp, Instagram und Co. kann man ja sehr verbunden bleiben. Das war früher sicher anders. Einige wollen wir auf dem Weg auch noch treffen. Chris’ Mama macht sich dazwischen manchmal Sorgen, da ja zum Beispiel aktuell auf Bali der Mount Agung wieder aktiv ist, aber sie unterstützt uns darin, Neues zu wagen – sie ist ja selbst eine Abenteurerin und dreht Filme in der Wüste und im Dschungel.
Was ist noch geplant?
#1 Wir wollen auf unserer Reise unseren Podcast beginnen, wo wir über Partnerschaft, Familie, Transformation und Reisen sprechen. Das sind Themen, die uns sehr am Herzen liegen. Da ist es auch spannend zu erleben, wie in Indonesien Partnerschaft und Familie gelebt wird…
#2 Dann natürlich all unsere Entdeckungen nach und nach auf unserer Website www.nectarandpulse.com teilen in Form von Travel Guides, Texten und Fotos + Filmen.
#3 Ich möchte noch mein Buch fertig schreiben, welches ich schon vor ein paar Jahren begonnen habe zum Thema Tod der Eltern.
Wie soll es nach der Reise weitergehen?
Zurück ins geliebte Berlin. Unsere Projekte, die anstehen erfolgreich umsetzen und NECTAR & PULSE vergrößern. Danach stehen einige Reisen in Europa an und gerne wollen wir zukünftig jeden Winter eine längere Reise machen. Berlin ist toll als Lebensmittelpunkt, außer im Winter. Da muss man sich was einfallen lassen.
Hast du eine liebste Anekdote von der Reise bisher?
Auf Bali als Familie zu viert auf dem Roller auf Entdeckungstour zu sein ist großartig. Wir sind zwischendurch in den krassen Monsun Regen gekommen, alle von oben bis unten klatsch nass und soooooooooooooooooo glücklich.
Besonders in Nordbali, wo kaum Touristen unterwegs sind, freute man sich über uns, winkte uns zu und wollte Fotos mit uns machen. Als wir auf einem Feldweg am Rückweg zu unserem Apartment waren, sind wir noch bei Mangobauern eingekehrt, die uns zu sich gewunken haben. Auch eine Familie mit zwei Kindern im ähnlichen Alter wie unsere. Sie hatten nicht viel und waren doch sehr reich. Sie haben uns gezeigt, wie sie ihre Fische mit Papaya füttern und wie sie ihr Feld mit einem Ochsen pflügen. Ihre Herzlichkeit und das gemeinsame Sein, war für uns alle sehr schön zu erleben. Wir bekamen zum Abschied noch zwei Kilo leckere Mangos geschenkt. Für unsere Kinder zu sehen, wie sie alles selber anbauen war toll. Dankbar zu sein, für was man hat und zu sehen wie andere leben ist wertvoll für Gross und Klein.
In Ubud haben wir auch den Reisbauern bei der Reisernte hautnah zusehen dürfen. Das war überwältigend.
Dann hatte ich zwei Wochen mega Rücken und Hüft-Schmerzen und war bei einem balinesischen Heiler. Der hat ein paar Griffe an den Zehen gemacht und sofort gewusst wo es hakt. Mich wieder eingerenkt und danach hab ich mich gefühlt wie ein neuer Mensch. Er meinte ich sollte mehr tanzen und mehr Yoga und Tai Chi machen. So beeindruckend dieses alte Wissen, das von Generation zu Generation weitergetragen wird. Es war eine lange Schlange und man mußte Stunden warten. Manche haben geschrien vor Schmerz und waren danach total erleichtert. Es hat sich definitiv gelohnt!
Ansonsten: es gibt so viele kleine Geschichten jeden Tag… am Abend zählen wir immer nochmal alles auf, was wir erlebt haben. Am schönsten war auch, als Jonathan vor ein paar Tagen aufgestanden ist und der erste Satz war noch ganz verschlafen: Ich liebe dich Mama, Ich liebe dich Papa, Ich liebe dich Victor. So schön mit euch auf Weltreise zu sein. Dann weiß man, man hat alles richtig gemacht.
Danke Tanja! Und noch viel Spaß und Abenteuer für euch!