Über Geld spricht Frau – mit Helene

Heute gibt es mal wieder ein Interview aus der Serie "Über Geld spricht Frau"! Helene arbeitet im sozialen Bereich, in einem Projekt für geflüchtete Frauen. Mit Mann und Kind lebt sie in einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz. Sie und ihr Mann leben das "klassische" Modell der Dazuverdiener-Ehe. Helene sieht dieses durchaus kritisch, weiß aber, dass es auch Vorteile für sie hat. Was genau am Ende des Monats übrig bleibt - erzählt sie im Folgenden!

Liebe Helene, wie alt bist du, wieviele Kinder hast du und was machst du beruflich?

Ich bin 33 Jahre alt, habe ein Kind, bin Sozialpädagogin und Systematische Beraterin und habe einen Bachelor- und Masterabschluss. Ich arbeite in einer Beratungsstelle und leite dort neben meiner Beratungstätigkeit ein Projekt für geflüchtete Frauen. Insgesamt arbeite ich 26 Stunden. Nebenher bin ich Lehrbeauftragte an einer Hochschule. Dort habe ich zwei Lehraufträge.

Man sagt, dass Männer eher für das Geld arbeiten, Frauen eher, um etwas „Sinnvolles“ zu tun – stimmt das bei dir?

Mhm, schwer zu sagen. Ich habe definitiv einen Beruf gesucht und auch gefunden, der zu mir und meinen Kompetenzen passt, um auch darin gut zu sein. Ich habe schon einen idealistischen Anspruch an meine Arbeit, gehe aber auch sehr realistisch mit meinem Beruf um. Mir ist es beispielsweise auch wichtig, mit meinem Beruf Geld zu verdienen und Aufstiegsmöglichkeiten zu haben. Und dies auch in finanzieller Hinsicht. Aber natürlich benötigt man im sozialpädagogischen Bereich eine innere Haltung, die die Aufgabe und nicht das Finanzielle in den Vordergrund stellt.

Wieviel verdienst du aktuell brutto im Monat uns seid ihr verheiratet?

Ja, ich bin verheiratet und in der Steuerklasse 5. Ich verdiene 2727,12 Euro in meiner Festanstellung, dazu kommen rund 200 Euro monatlich durch die Lehraufträge.

Wieviel bleibt dir davon in der Steuerklasse 5 netto?

Es bleiben 1450 Euro übrig.

Hat sich deine finanzielle Lage nach dem Mutterwerden verändert?

Auf jeden Fall. Ich habe zwar das Glück, momentan noch Homeofficetage zu haben, allerdings könnte ich keine Vollzeitanstellung innehaben, da mein Mann der Hauptverdiener ist. In meiner Elternzeit habe ich meine zuvor ersparten Rücklagen fast gänzlich aufgebraucht und habe mir viele Sorgen um meine eigene finanzielle Situation gemacht, da ich es wichtig finde, prinzipiell finanziell unabhängig zu sein. Wir haben es jetzt so gemacht, dass ich in der Lohnsteuerklasse 5 bin und somit einen höheren steuerlichen Anteil zahle. Dafür übernimmt mein Mann unsere Fixkosten wie Miete, Strom etc.
Die Veränderung die ich am meisten merke ist, dass ich viel mehr um meine Berufstätigkeit herumorganisieren muss – und manchmal Babysitterkosten gegen mein Einkommen aufrechnen muss, um zu sehen, was sich mehr lohnt. Das finde ich ziemlich erschreckend.

Und vorher hast du Vollzeit gearbeitet und mehr verdient?

Vollzeit habe ich nicht gearbeitet, aber ich hatte vor meiner Elternzeit drei Jobs und hatte noch Zuverdienste dadurch. Würde man alles zusammenrechnen, wäre es allerdings eine Vollzeitbeschäftigung gewesen. Aber ich habe mich damals für die Variante 12 Monate Basiselterngeld aber 1,5 Jahre Elternzeit entschieden. Dadurch habe ich dann ein halbes Jahr von meinem Ersparten gelebt, von dem nach meiner Elternzeit nicht mehr viel übrig war, obwohl ich nicht über meine Verhältnisse gelebt habe. Wir haben in der Zeit einige Anschaffungen (neues Auto, Möbel) getätigt, die nötig, aber auch nicht billig waren. Bei einem zweiten Kind würde ich das nun anders machen und viel schneller ins Elterngeld-Plus gehen.

Paaren wird oft geraten, dass beide in die Steuerklasse 4 wechseln, eben damit das kleinere Gehalt nicht noch kleiner wird und sich so wenig wertvoll anfühlt. Warum habt ihr euch für diese Regelung entschieden?

Das ist eine gute Frage, die ich mir im Moment auch stelle. Letztens habe ich mir noch mal sehr genau angesehen, wieviel Steuern ich zahle und musste mich erstmal setzten. Wir wollten einfach nicht am Jahresende so viele Steuern nachzahlen müssen, ich glaube das war der Grund. Was es allerdings mit einem macht, wenn man dies aber nicht auf dem Konto sieht, war mir damals nicht so bewusst. Deshalb überlege ich auch, ob wir das zukünftig ändern wollen.

Bei euch ist es relativ „klassisch“: er arbeitet voll und zahlt mehr, sie arbeitet weniger und erledigt dafür mehr Familienarbeit. Wolltest du das so oder würdest du es dir anders wünschen, wenn es ginge?

Prinzipiell hätte ich es gern gleichberechtigter aufgeteilt, da ich schon merke, wie sehr mich immer wieder meine eigene, individuelle, finanzielle Lage beschäftigt. Ich habe viel für meinen beruflichen Werdegang getan, arbeite schon immer viel und hatte teilweise drei Jobs – aber im sozialen Bereich ist es nie ein annäherndes Gehalt wie in der freien Wirtschaft. Somit ist auch klar, wer bei uns der Hauptverdiener ist und auch bleiben wird. Es waren also ganz pragmatische Gründe, warum wir uns für dieses Modell entschieden haben. Hätte ich einen anderen Beruf, wäre es ganz sicher anders, denn mein Mann liebt die Zeit mit unserem Sohn und unterstützt mich jederzeit, wenn bei mir beruflich etwas ansteht. Damit ich zum Beispiel an einem Nachmittag in der Woche arbeiten kann, kommt er früher nach Hause und übernimmt unseren Sohn. Ich denke, beide Seiten haben ihre Vor- und Nachteile. Zwar würde ich gerne mehr verdienen, liebe aber meine Beruf und die Möglichkeit die Lehrtätigkeit noch auszuüben, ebenso genieße ich es auch so viel Zeit mit meinem Kind verbringen zu können und so viel mehr von seinem Leben mitzubekommen, als es zum Beispiel mein Mann tut.

Welche Fixkosten gehen monatlich von deinem Konto weg?

Tatsächlich gar nicht so viele, da mein Mann die Miete und Co übernimmt. Ich zahle unsere Autoversicherungen, das Essen in der Kita, das Fitnessstudio und die Kursbeiträge (Turnverein, Ballschule) für unseren Sohn und alles, was Kleidung, Schuhe und zusätzliche Artikel (Windeln etc.) angeht. Wenn ich es überschlage komme ich ca. auf 300-400 Euro.

Und den Rest sparst du?

Genau. Ich brauche selbst nicht so viel und habe keine hohen Fixkosten. Ich freue mich dann aber auch, problemlos in den Urlaub fahren zu können oder mir einen Wunsch zu erfüllen, so habe ich mir letztens einen Croozer gekauft.

Unternimmst du etwas in Sachen Altersvorsorge, machst du dir Gedanken, wovon du im Alter leben möchtest?

Ich habe eine betriebliche Altersvorsorge, das finde ich sehr gut. Ansonsten leider nicht.

Unternimmt dein Mann etwas? Habt ihr gemeinsame Pläne, zum Beispiel eine Immobilie kaufen?

Ja, wir möchten gerne eine Immobilie kaufen und das wird dann bei uns so ablaufen, dass mein Mann sie alleine kauft und ich mit im Grundbucheintrag stehe, sodass sie mir ebenfalls gehört. Dafür spart er zum Beispiel monatlich.

Werdet ihr erben?

Ja. Ich hoffe natürlich, dass dies noch eine ganze Ewigkeit dauern wird, aber dadurch wird es bei uns finanziell auch nochmal ganz anders aussehen.

Würdest du dich gerne besser in Sachen Finanzen auskennen und denkst du, dass Männer da oft besser gestellt sind?

Das denke ich nicht unbedingt. Ich regele bei uns viele finanziellen Dinge und habe den Überblick über Versicherungen, etc. Und mein Mann und ich entscheiden finanzielle Dinge immer gemeinsam und in Absprache. Meine Mutter hat mir in dieser Hinsicht viel beigebracht und dafür bin ich sehr dankbar. Ich denke, besonders in der Situation der Wenigerverdienenden muss man sich mit finanziellen Frage befassen. Beispielsweise haben mein Mann und ich für eine zweite Elternzeit eine zusätzliche finanzielle Absicherung von mir besprochen, damit es nicht solch ein AHA-Erlebnis wird, wie bei der ersten.

Hast du mal überlegt, ob du das, was du monatlich sparst, anlegst – zum Beispiel in Aktien?

Ehrlich gesagt nicht in Aktien, aber ja. Ich habe überlegt, einen gewissen Betrag fest anzulegen.

Hast du in deiner Branche noch Aufstiegschancen?

Jein. Ich kann in die Geschäftsführung oder auch in anderen Stellen in eine höhere Gruppierung. Das geht schon, allerdings ist meine Überlegung, mich in der Zukunft als Systemische Beraterin selbstständig zu machen.

Ihr wollt ja noch ein Kind, wie wollt ihr dann die Elternzeit u.ä. regeln?

Es ist sogar schon so weit. Wir bekommen tatsächlich im Sommer unser zweites Kind. Und ich habe mich entschlossen, nach 5 Monaten Basiselterngeld die restlichen 7 Monate ins Elterngeld-Plus zu gehen. Zum einen, damit ich nicht so lange aus dem Beruf raus bin, denn der hat mir ehrlich gesagt auch sehr gefehlt, zum anderen aber auch, damit mein Sohn seinen Ganztagsplatz dann wieder bekommt. Mein Mann wird wahrscheinlich wieder die zwei Partnermonate nehmen und hat auch geplant, zukünftig einen Tag Homeoffice zu beantragen. So hätten wir definitiv mehr Zeit als Familie und können Aufgaben mehr verteilen. In den zwei Monaten Elternzeit wollen wir mit den Kindern unbedingt in die Sonne und mal richtig lange weg, um als Vierer-Gespann anzukommen, fernab von Alltag und Aufgaben. Aus finanzieller Sicht möchte mein Mann mein Gehalt in der Elternzeit aufstocken, sodass ich auf meinen ursprünglichen Verdienst komme.

Was würdest du dir vom Staat wünschen? 

Eine bessere Bezahlung und dadurch Aufwertung des Berufes wäre definitiv wichtig und angebracht. Ohne den Sozialen Bereich könnte unsere Gesellschaft nicht so wirtschaftlich sein. Das sieht man ja gerade sehr deutlich. Dennoch ist das leider noch nicht in der Gesellschaft angekommen, denn wir haben immer noch ein schweres, gesellschaftliches Standing. Abgesehen aber von meinem Arbeitsbereich fände ich eine bessere Unterstützung für Familien wichtig. Ich finde die Regelung, dass der Ganztagsplatz des Kindes verloren geht, sobald man in Elternzeit ist unmöglich. Auch dass das erste Kitajahr hier noch bezahlt werden muss, finde ich nicht richtig. Viele Frauen entscheiden sich gerade deshalb dafür, zwei Jahre zu Hause zu bleiben und erleben einen großen Einschnitt in ihrer beruflichen Karriere. Auch fände ich es wichtig, die generelle Arbeitszeitregelung in Deutschland zu überdenken. Studien haben gezeigt, dass Teilzeitkräfte effektiver arbeiten als Vollzeitbeschäftigte und Finnland möchte es ja nun verändern. Dadurch hätten Familien teilweise überhaupt erst die Chance, das Thema „Verteilung der Care-Arbeit“ anzugehen. Das Thema Homeoffice wäre ebenso ein Thema, welches auf politischer Ebene weiter diskutiert werden sollte. Da sieht man ja auch gerade, wieviel eigentlich geht. Für mich ist das schon immer so: Ich schaffe dadurch so viel Arbeit und kann meinen Alltag hervorragend organisieren, ich würde mir wünschen, dass diese Möglichkeit noch ausgebaut werden würde.

Danke, Helene!