Über Geld spricht frau – Frauen und Finanzen

Heute startet endlich unserer Serie über Frauen und Finanzen! Warum haben wir uns diese Serie überlegt? Weil wir finden, dass es längst überfällig ist, dass Finanzen auch Frauensache werden.

Das sind sie nämlich bisher nicht… Und die harten Fakten tun weh: Nur 10 Prozent der Frauen zwischen 30 und 50 in Deutschland verdienen mehr als 2000 Euro netto.
Von den verheirateten Frauen in dem Alter haben 19 Prozent gar kein eigenes Einkommen und insgesamt 63 Prozent verdienen unter 1000 Euro. Über das gesamte Leben erzielen Frauen 49% weniger Einkommen als Männer.

Wegen dieser Zahlen kann eine Mehrheit der Frauen ihre Existenz nicht alleine sichern. Das bedeutet im Klartext: selbst wenn sie unglücklich sind – diese Frauen haben kaum eine Möglichkeit, sich von ihren Partnern zu trennen. Und wenn sie keinen Partner haben, sind sie auf Sozialleistungen angewiesen.

Eine Mehrheit der deutschen Frauen ist abhängig – von Männern oder Sozialleistungen

Und na klar: Das beeinflusst auch die Rente. Mehr als die Hälfte der deutschen Frauen geht davon aus, dass sie trotz Erwerbstätigkeit im Alter nicht von ihrer eigenen Rente werden leben können. Sie sind also wieder auf die Rente ihres Partners angewiesen. Oder auf Sozialleistungen. Im Fall einer Scheidung, einem Unfall oder des Todes ihres Partners droht Altersarmut. Das Gender Pension Gap in Deutschland beträgt 53%!

Dazu kommt eben auch, dass sehr viele Frauen nicht nur wenig verdienen, sondern dass sie eben auch so viel weniger verdienen als Männer. Der Gender Pay Gap beträgt 21%, ja, man kann dann sagen, der bereinigte sind nur 6% weil Frauen eben auch eher in Branchen arbeiten, die schlechter bezahlt sind. Ich lasse das aber nicht gelten, weil ich sicher bin, dass diese Branchen eben auch so schlecht bezahlt sind, weil es Frauendomänen sind. Oder, wie Robert Franken hier so richtig schreibt: “Lohndiskriminierung ist nicht weniger ungerecht, nur weil man einen Großteil der verantwortlichen Faktoren erklären oder herleiten kann. Das Gegenteil ist der Fall: Wer um die Faktoren weiß und nichts dagegen unternimmt, verhält sich explizit diskriminierend.”

In nur wenigen europäischen Ländern ist der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen so groß wie in Deutschland – und seit 2002 ist dieser Unterschied auch fast konstant. Es tut sich also so gut wie gar nichts.

Das Gender Pay Gap ist in kaum einem europäischen Land so hoch wie hierzulande

Ich habe eine Bekannte, die irgendwann herausfand, dass ein Mann im gleichen Unternehmen, der eine Stelle mit weniger Verantwortung innehatte, aber den gleichen Ausbildungsgrad hat, 20.000 Euro im Jahr mehr als sie verdiente. Das ist natürlich ein Extrembeispiel, aber eben auch kein Einzelfall. Diese Freundin dachte vorher übrigens auch, ihr Gehalt sei eigentlich super. Viele Frauen wissen überhaupt nicht, was sie wert sind, was sie verlangen können. Sie verhandeln schlechter, wollen lieber aus altruistischen Gründen arbeiten, als für Geld. Was natürlich ehrenwert, aber auf Dauer auch unfair ist.

Wenn Männer ein gutes Gehalt aushandeln, gelten sie als geschickt und durchsetzungsfähig. Wenn Frauen ein gutes Gehalt aushandeln, gelten sie als gierig und eiskalt. Es wird einfach mit zweierlei Maß gemessen! Und für viele Frauen hat Geld auch etwas Schmutziges und Unattraktives, sie wollen sich damit nicht befassen.

Wir dachten da: was können wir machen? Darauf hingewiesen haben wir schon mehrmals. Warum das Thema Altersvorsorge vor allem Frauen angeht, haben wir hier aufgeschrieben. Macht euch unabhängig, Frauen, darauf haben wir auch schon hingewiesen. Wenn ihr in Teilzeit geht und der Partner Vollzeit arbeitet, wenn ihr eure Karriere hinten anstellt und mehr Zeit für die Familie investiert, also unbezahlte Arbeit verrichtet, dann muss das irgendwie fair ausgeglichen sein. „Wenn ein Mann nur aus dem Grund erwerbsarbeiten kann, dass seine Frau sich zuhause um die Kinder kümmert, sollte sie Anspruch auf die Hälfte des Einkommens haben“ schriebt Teresa Bücker hier. Das gilt insbesondere, wenn der Partner in dieser Zeit Vollzeit arbeitet und wahrscheinlich auch noch mehrmals befördert wird. Ist ja wirklich so. Noch immer ticken viele Chefs so, dass sie junge Väter eher befördern, junge Mütter dagegen bestrafen.

Befasst euch mit Finanzen, kennt euren Wert, geht verantwortungsvoll mit eurem Geld um und legt zurück. Sicher kennt ihr auch hier, die es sich zum Ziel gemacht hat, Frauen für Finanzen zu begeistern. Folgt ihr! Kauft ihr Buch!

Mehr Transparenz!

Wir dachten aber auch: mehr Transparenz muss her. Einfach mal offen über Zahlen sprechen. Auspacken, was man so verdient, was zurückgelegt wird, wie für’s Alter vorgesorgt wird. Wenn man weiß, wie andere Frauen das so machen, spornt das sicher an, die eigenen Finanzen auch mal anzupacken. Also haben wir Frauen aus ganz verschiedenen Bereichen ausgefragt, wie es bei ihnen so auf dem Konto aussieht. In dieser Serie wollen wir also über Zahlen reden. Über Gehälter, Fixkosten, Familienkonten. Über Finanzpläne, über ETFS, über Kredite und Immobilien.

Wir beginnen mit Amelie und sie ist eine von denen, wo ich dachte: bei der ist alles schon ziemlich safe. Ist noch nicht mal Mitte dreißig, verdient schon richtig gut, obwohl sie aktuell Teilzeit macht. Die gemeinsame Immobilie ist auch in acht Jahren abbezahlt. Sie selbst sieht das übrigens nicht so, sie fühlt sich unsicher auf dem Gebiet und verlässt sich immer noch viel auf ihre Eltern. Aber sie hat immerhin schon einige Baustellen angepackt.

Amelie ist 32 Jahre alt und hat zwei Kinder. Sie sind ein und drei Jahre alt. Sie hat einen Universitätsabschluss als Diplom-Ingenieurin und arbeitet nun als Beraterin in einem Großunternehmen. Alles andere erzählt sie im Interview!

Hi Amelie! Wir gehen gleich in die Vollen: Wieviel verdienst du aktuell brutto im Monat?

Aktuell bin ich in Elternzeit und bekomme 1500 €. Beim ersten Kind waren es noch 1800 €, aber da ich zwischendurch Teilzeit gearbeitet habe, ist es dieses Mal weniger.
Zuletzt habe ich 30 Stunden pro Woche gearbeitet. So werde ich demnächst auch wieder einsteigen. Vollzeit ist bei uns 39,5 Stunden. In Teilzeit verdiene ich brutto 4.064 € pro Monat. Dazu kommt ein einmaliger Bonus im Jahr. Dieser fällt ganz unterschiedlich aus und ist auch von der Teilzeit beeinflusst, er wird dann prozentual runtergerechnet. In Vollzeit lag er zwischen 2000 € und 12.000 €, der Bonus ist an die wirtschaftliche Lage des Unternehmens geknüpft, und nicht an eine persönliche Zielerreichung.
Ich lebe mit meinem Freund, der auch der Vater der Kinder ist in einer festen Partnerschaft in einer gemeinsamen Eigentumswohnung.

Wieviel bleibt dir dann netto, ihr seid nicht verheiratet, oder?

Mir bleiben netto 2480 €. Da wir nicht verheiratet sind, verschenken wir natürlich einige steuerliche Vorteile. Das war bevor wir Kinder hatten nicht so relevant, da der Gehaltsunterschied nicht so groß war. Inzwischen habe ich einige Jahre Teilzeit hinter mir, er ist in der Zeit aufgestiegen. Der Klassiker. Der Lohnunterschied ist daher nun größer – eine Hochzeit würde sich also lohnen. Wir sind übrigens seit fast drei Jahren verlobt. Wir kriegen es aber einfach nicht hin!

Legst du monatlich fest was zurück?

Nein, ich lege keinen festen Betrag zurück. Halbjährlich räumen wir aber die Konten und zahlen den inoffiziellen Kredit ab. Dazu erzähle ich später noch etwas.

Du hast ja ein eher männlich attributiertes Studienfach belegt und dich dann auch in einer Männerdomäne durchgesetzt. War dir das überhaupt bewusst?

Ja, das wird einem aber auch viel bewusst gemacht. Es gibt Förderprogramme für Frauen und die Reaktionen auf die Frage, was man denn studiert, kann sich ja jede(r) denken. Mir fällt es meist gar nicht mehr auf – außer ich werde dazu befragt.
In meinen Studiengang waren 20% Frauen, das ist im Gegensatz zu Maschinenbau oder Elektrotechnik schon viel. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und es waren tolle Jahre mit vielen tollen Leuten – Mädels und Jungs. Meine Lerngruppen bestanden meist nur aus Jungs, aber mit den Mädels hab ich mich auch super verstanden. Da ich unter den knapp 300 Studenten die Beste in Mathe war, brauchte ich mich den Männern gegenüber auch nie beweisen – das hat sich von selbst erledigt. Aber es gab in unserem Studiengang auch kein großes „Männer sind hier besser“- Gehabe.

Beim Einstieg ins Unternehmen über ein Traineeprogramm war das schon etwas anderes. Trotz Top-Noten im Studium bin ich über einen reinen Frauen-Recruiting-Tag und letztendlich eine selbstauferlegte Quote des Unternehmens eingestiegen. In dieser Zeit habe ich auch einige Monate in Asien gearbeitet. Dort saßen bei Meetings oft die Hälfte Frauen am Tisch. Da ist es mir erstmalig bewusst geworden, dass es auch anders geht. Ich bin, wie so viele, so gewöhnt an den hohen Männeranteil, das er mir gar nicht mehr auffällt.
In meinen ersten festen Job nach dem Programm war ich dann auch die erste Frau im Team. Als ich nach drei Jahren gewechselt habe, waren es immerhin schon vier!

Wie bist du selbst aufgewachsen, was machen deine Eltern, haben sie deinen Werdegang unterstützt?

Ich bin mit meinen Eltern erst in Berlin-Lichtenberg und dann in einem Randbezirk von Berlin aufgewachsen. Meine Eltern sind beide ebenfalls Ingenieure – ich hatte also die besten Vorbilder! Sie kommen aus der DDR (ich ja auch – 1987 geboren), dort war es üblich, dass Frauen technische Berufe ausüben. Und Vollzeit arbeiten. Als ich ein Jahr alt war ist meine Mutter wieder Vollzeit arbeiten gegangen.
Meinen Werdegang haben sie voll unterstützt, ich bin ja aber auch ihrem Weg gefolgt. Daher kann ich nicht sagen, wie sie andernfalls damit umgegangen wären. Aber sie haben mir bei den Abiturvorbereitungen geholfen, sind zum Tag der offenen Türen von Unis in anderen Städten mit mir gefahren… Es war ihnen sehr wichtig, dass ich aufs Gymnasium gehe, Abi mache, studieren gehe… Das ist natürlich eine tolle Förderung, die nicht jeder hat.

Hat sich deine finanzielle Lage nach dem Mutterwerden verändert, wenn ja, inwiefern?

Ja, durch die zweimalige Elternzeit mit Elterngeld und die Teilzeit danach. Ich arbeite ca. 80%, also verdiene ich auch dementsprechend weniger. Nach dem ersten Kind habe ich noch in einer befristeten Teilzeit auf zwei Jahre gearbeitet. Jetzt werde ich erstmal in einer dauerhaften Teilzeit wieder einsteigen. Wobei der Wechsel in Vollzeit eigentlich jederzeit möglich ist.

Das heißt: die berühmte Teilzeitfalle gibt es bei dir nicht so richtig?

Zumindest weniger, das liegt natürlich auch am Großunternehmen. Selbst wenn ich in meinem Team die Stunden nicht aufstocken könnte, weil kein Budget da ist, so müsste ich mich nur intern bewerben. Eigentlich sind alle Stellen in Vollzeit ausgeschrieben, mit einem Wechsel wäre also auch Vollzeit jederzeit möglich. Außerdem gab es ja eine Gesetzesänderung: seit 2019 müssen Unternehmen mit mehr als 45 Mitarbeitern den Wechsel auf Vollzeit garantieren.

Welche Fixkosten gehen monatlich von deinem Gehalt weg?

1100 Euro auf das Gemeinschaftskonto für die Kreditrate der Eigentumswohnung, Nebenkosten, Versicherungen, Kinderbetreuung und Essenseinkäufe, sowie Urlaube. Dazu von meinem Konto nochmal ca. 200 Euro für Handy, Sportverein, Schwimmkurse…

Ihr besitzt eine Immobilie – wann habt ihr die Wohnung gekauft? 

Wir haben die Wohnung 2016 gekauft und sind 2017 eingezogen. Wenn alles nach Plan läuft, ist sie 2028 abbezahlt.

Wie habt ihr sie finanziert?

Wir hatten drei verschiedene Finanzquellen, jede ca. zu einem Drittel. Ein Drittel kam aus Eigenkapital, ein Drittel von meinen Eltern und ein Drittel von der Bank. Bei der Bank haben wir einen Vollzahlerkredit, d.h. Wir haben feste Raten und nach 11 Jahren sind wir genau bei 0 € angekommen und der Kredit ist vollständig abbezahlt. Dadurch sind zwar keine Sonderzahlungen möglich, aber die Zinsen waren nochmal niedriger. Bei meinen Eltern zahlen wir die gleichen Zinsen wie bei der Bank und zahlen halbjährlich so viel wie eben gerade übrig ist, siehe oben. Es kann auch mal nichts sein, wenn es gerade nicht passt. Den „Kredit“ werden wir wahrscheinlich dieses Jahr abbezahlt haben. Es lief also ziemlich gut.

Unternimmst du sonst noch etwas in Sachen Altersvorsorge?

Neben dem Wohnungseigentum habe ich eine Lebensversicherung, die später monatliche Beträge auszahlt. Die haben allerdings meine Eltern noch zu Studienzeiten für mich abgeschlossen und ich habe keine wirkliche Übersicht darüber. Dafür zahle ich 35 Euro im Monat. Der Betrag steigt jährlich um 1-2 Euro.  Dazu habe ich noch eine Betriebsrente. Gerade habe ich außerdem noch eine Riester Rente abgeschlossen, um die Förderbeträge für beide Kinder zu erhalten. Für diese zahle ich 111 Euro im Monat, das ist der Mindestbetrag bei meinem Gehalt, um die volle staatliche Förderung für mich und die zwei Kinder zubekommen. Das sind jährlich 775 Euro. Ich habe aber das Gefühl, ich könnte und müsste noch mehr tun. Und irgendwie glaube ich auch noch an die staatliche Rente…

Hast du denn gelernt, dich um Finanzen und Sicherheit zu kümmern?

Nein, eigentlich nicht. Meine Eltern haben sich früher um alles gekümmert, daher habe ich es auch nicht richtig gelernt bzw. sie einfach machen lassen. Auch heute kommen viele Anstöße noch von ihnen – auch das mit der Riester-Rente inklusive der Förderungen, die Lebensversicherung… Also, ich fühle mich auf dem Thema ziemlich unsicher und bin nicht sehr selbstständig unterwegs. Denn die Frauen um mich herum verdienen alle ähnlich oder mehr, haben Aktien und und und, sind also besser aufgestellt und spornen mich an. Das ist natürlich eine totale Blase, die Statistik, dass nur 10% der Frauen über 2000€ verdienen, konnte ich gar nicht glauben. Ich will mich unbedingt noch mehr informieren, mache aber gerade noch nichts, um bei dem Thema fitter zu werden. Das ärgert mich einerseits, allerdings bin ich gerade nicht aufnahmefähig für das Thema. Hoffentlich ändert sich das, wenn die Kinder etwas älter sind!

Das können glaube ich viele nachvollziehen. Danke, für deine Offenheit!!