Kleine Jahre, große Fragen #6: Wieso gehen Job und Familie für Frauen so schlecht zusammen?

Ich bin seit langem Fan von Sabine Rennefanz und ihren Kolumnen in der Berliner Zeitung. Erst vor kurzem hat sie wieder darüber geschrieben, wie seltsam sie oft angesehen wird, wenn sie erzählt, dass sie als Mutter von zwei kleinen Kindern Vollzeit arbeitet.

Auf Instagram fügte sie dann noch hinzu, dass sie übrigens 40 Stunden arbeitet und nicht 50 oder 60. Und dass sie es auch irre findet, dass die meisten Väter in Deutschland 50 Stunden arbeiten und damit wohl auch noch zufrieden sind. Dazu gibt es mehr hier zu lesen. Sabines Mann arbeitet übrigens Teilzeit und übernimmt einen größeren Teil der Kinderbetreuung.
Ja, die Väter. Um die ging es viel in unserem Gespräch, aber auch um Mütter natürlich. Darum, dass “Karrieremutter” sein so behaftet ist. Dass einer Frau eigentlich nicht zugetraut wird, dass sie voll arbeitet UND eine gute und liebevolle Beziehung zu ihren Kindern hat. “Wir brauchen mehr Vorbilder!” sagt Sabine dazu. Und: “Frauen sollten auch mehr über ihre Mutterrolle sprechen.”  Stimmt. Warum wird das im beruflichen Kontext immer gleich ausgeklammert, warum gilt Mutter sein quasi als “unprofessionell”? “Es muss selbstverständlicher werden, dass auch Frauen mit Führungspositionen Mütter sind.” sagt sie.

Dabei möchte ich Frauen (und Männern) auch zugestehen, sich einige Jahre nur um die Kinder kümmern zu wollen und bewusst beruflich zurückzustecken. Das sagt Sabine auch, aber wichtig sei dann eben, dass man den Ausfall irgendwie wett macht. Wer 20 Jahre Teilzeit arbeitet bekommt 250 Euro Rente, hat sie mal vorgerechnet, brrr…. also: Ausgleich! Für die ganze unbezahlte Arbeit. Ich kenne Frauen, die haben von ihren gut verdienenden Männern eine Eigentumswohnung bekommen für die Jahre, in denen sie nicht arbeiten konnten. Finde ich fair! Das ist natürlich nicht bei allen drin, aber es gibt auch andere Modelle, die gerecht sind.

Naja und gerecht ist eben auch mehr Gleichberechtigung. Wir waren uns einig, dass in den Köpfen noch so viel passieren muss. Und natürlich bei den Strukturen. Die ganzen Anreize: Ehegattensplitting, kostenlose Mitversicherung, dessen soll man sich bewusst sein. “Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen ost- und westdeutschen Frauen” sagt Sabine. Stimmt. Und daran sieht man ja, welch große Rolle Sozialisierung spielt. Sich darüber im Klaren zu sein, ist schon total viel wert.

Aber kann das Ziel wirklich sein, dass beide Eltern Vollzeit arbeiten? Die Frage habe ich ihr gestellt, denn mich nervt das immer ein bisschen. In Ländern, wo nach 37 Stunden der Füller fällt, mag das funktionieren, aber mit der deutschen Arbeitskultur doch nicht. Findet sie auch. Und wünscht sich modernere Arbeitgeber. Chefs, die ihre männlichen Mitarbeiter motivieren, Elternzeit zu nehmen, zum Beispiel.

Und dann hat sie eben auch noch das gesagt, was mich zu meinem Artikel letzte Woche inspiriert hat: “Wir Mütter sollten alle viel wütender sein und mehr fordern. Und eben nicht – typisch weiblich – die Wut wegatmen, Yoga machen und so ja quasi versuchen, noch mehr unter einen Hut zu bekommen.”

Gott, wie recht sie hat, oder? “Wir solten uns ärgern darüber, dass wir das so in uns haben, dieses immer zurückzustecken, es allen recht machen. Und dass wir uns bei unseren Männern bedanken, wenn sie den Müll runterbringen.” Sie lerne das auch immer noch, jeden Tag.

Das Gespräch mit Sabine hat viel mit mir gemacht, ich habe lange darüber nachgedacht. Wie kommen wir denn aus dieser Falle raus? Obwohl ich diesen ganzen Achtsamkeits-Trend auch mag, bin ich jetzt sicher: das ist auf jeden Fall nicht der richtige Weg. Der erste Schritt ist vielleicht, zuhause die eigenen Bedürfnisse besser durchzusetzen, abzugeben, einzufordern. Dann im Job den nächsten Schritt zu machen. Und irgendwann irgendwann verändert sich vielleicht auch mal politisch was, damit es Frauen leichter gemacht wird, Job und Kinder gut und zufrieden zu vereinbaren. Ohne Burn-Out!

Den ganzen Podcast könnt ihr euch hier anhören:

Foto: Ivan Cottrell