Let’s talk about: Equal Pay und Altersvorsorge – Frauen macht euch unabhängig!

Ich bezeichne mich eigentlich nicht gerne als Feministin. Meine Mutter war und ist so eine und für mich sind viele "Gleichberechtigungs-Dinge" einfach schon so selbstverständlich, dass ich manchmal denke, man müsse keine Feministin mehr sein. Muss man aber schon. Daran werde ich dann doch immer mal wieder erinnert. Wenn ich mich mit Freundinnen unterhalte, die weniger emanzipiert ticken als ich. Und wenn ich plötzlich wieder überall lese, wie wenig wir doch eigentlich bislang erreicht haben, in diesem verkrusteten, ungleichen Land...

Am Samstag war Equal Pay Day.

Eine ärgerliche Geschichte, dass es einen ganzen Tag gibt, der uns jedes Jahr daran erinnert, dass wir Frauen immer noch schlechter verdienen. In Deutschland ist die Sache ganz besonders unschön, denn hierzulande ist das Gender Pay Gap ganz besonders hoch: 22% verdienen Frauen im Schnitt weniger.

Schuld sind nicht nur die anderen. Wir pokern zu niedrig, wir sind oft zu bescheiden. Mehr Transparenz wäre gut, ich persönlich bin auch für Quoten und gewisse Regeln, was das Lohnniveau angeht. Das leidigste Thema jedoch: wir Frauen nehmen uns in Deutschland immer noch der Familie wegen viel zu lange und zu stark zurück, um dann ein Leben lang darunter zu leiden.

Denn das ist das eigentliche Thema, über das ich mir in den letzten Wochen immer wieder Gedanken gemacht habe. Wie es eigentlich sein kann, dass so viele gut ausgebildete, ambitionierte, moderne, großartige Frauen in diesem Land in Beziehungen verweilen, in denen sie nicht die Karriere verfolgen können, die sie sich eigentlich gewünscht hatten und auch noch quasi direkt in die Altersarmut schlittern.

Das Rentengefälle – klingt weit weg, ist es nicht.

Denn nicht nur das Lohngefälle ist in Deutschland größer als anderswo. Auch das Rentengefälle ist es. Woran liegt das? Dreimal dürft ihr raten. Rollenklischees, ein unfassbar altmodisches Steuerrecht (ich weiß einfach nicht, warum es noch immer Ehegattensplitting gibt, ich verstehe es einfach nicht!!) und mittlerweile auch noch ein Unterhaltsrecht, das im Falle einer Scheidung nicht mehr schützt.

Viele Frauen bleiben zu lange dem Arbeitsleben fern ohne sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein. Sie leben in absolut nicht gleichberechtigten Beziehungen, kümmern sich um alles, was mit Zuhause zu tun hat. Und stellen das nicht mal in Frage.

Wenn sie nur ein Jahr pausieren nach dem Baby und dann direkt in den Job zurückkehren, verdienen sie laut DIW nur 1% weniger als ihre männlichen Mitstreiter. Je länger sie draußen sind, desto größer wird das Gender Pay Gap. Die “bereinigten” Zahlen in Sachen Unterschied: 7% weniger für Frauen bei gleicher Leistung und Qualifikation. Ach ja, im Osten läuft gerade richtig viel falsch, in Sachen Gleichberechtigung ist man dort aber um Längen weiter. Gut die Hälfte der Paare teilt sich Erwerbs- und Hausarbeit, entsprechend kleiner sind die Unterschiede in Sachen Verdienst. Es scheint also schon ein Problem in den westdeutschen Köpfen zu sein: Mutti soll zuhause bleiben. Mutti soll alles schmeißen. Ich will hier nicht das Rabenmutter-Dings wieder auspacken, ihr wisst ja eh, wovon ich spreche.

Wer zuhause bleibt, sollte sich absichern.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Frauen dürfen durchaus ein paar Jahre mit den Kindern zuhause bleiben, wenn sie das wollen. Die Kinder sind nicht lange klein und viele wünschen sich das sogar. Ich persönlich kann diese Entscheidung zwar überhaupt nicht nachvollziehen, ich drehe nach ein paar durchgemutterten Tagen mit meinem Sohn schon durch – mir macht dieser Job in Vollzeit einfach überhaupt keinen Spaß. Deshalb bin ich froh, dass ihn gut die Hälfte der Zeit jemand anderes macht: die Kita, der Mann, die Haushaltshilfe, die Oma. Aber es gibt Frauen, die das nicht so empfinden, die das wirklich gerne machen. Insbesondere wenn diese gut ausgebildet sind und vorher Karriere gemacht haben, finde ich persönlich es zwar einfach schade, wenn sie zu lange aussetzen und ihre wertvollen Ressourcen nicht zur Verfügung stellen. Dennoch können sie das natürlich machen. Jedoch! Ich verstehe nicht, warum so wenige sich dann mit ihren Männern verständigen und sich im Gegenzug entlohnen und absichern lassen.

Ich habe viele Freundinnen, die schlauer sind, als die meisten Frauen. Die sich bei Heirat in den Ehevertrag haben schreiben lassen, inwieweit sie von ihrem Mann einen Ausgleich bekommen für die Zeit, in der sie nicht voll arbeiten können, weil sie den Großteil der Arbeit zuhause schmeißen. Das ist nicht unromantisch, das ist einfach gerecht und schlau! Ich finde sogar den etwas absurden “Wife Bonus“, den sich reiche Frauen in New York von ihren Männern zahlen lassen, fair.

Unmoderne Rollen – und wer zieht den Kürzeren?

Viele kluge Frauen in diesem Land sind sich nicht zu unmodern, zuhause zu bleiben und lange traditionelle Rollen zu spielen. Sich dafür vom Mann finanziell absichern zu lassen, erscheint ihnen jedoch falsch. Warum?

Eine Ehe sichert heutzutage absolut nicht mehr ab. Wer keine Kinder unter drei hat, hat im Falle einer Trennung in den seltensten Fällen wirklich ein Anrecht auf Unterhalt. Für die Jahre, in denen die Frau nichts oder fast nichts verdient hat, muss sie im Falle dann büßen. Sie findet nur schwer in den Job zurück. Sie hat kaum Rente eingezahlt. Die Folge: Altersarmut. Finanzielle Ängste. Leben am Existenzminimum. Kann jeder passieren!

Ich weiß, dass das nicht schön ist. Dass niemand gerne mit dem Gedanken spielt, was ist, wenn die Beziehung zerbricht. Dass Altersvorsorge ein leidiges Thema ist. Aber es ist wichtig.

Ich würde mir wirklich wünschen, das mehr Frauen, die sich finanziell abhängig machen, daran denken, was danach sein könnte. Und einfache, klare Regeln mit den Männern machen. Was spricht dagegen, wenn der Mann in eine Lebensversicherung für die Frau einzahlt? Oder in einen Fonds? Das ist doch nur fair!

Teilzeit ist ein Gehaltskiller.

Und dann ist da noch die Sache mit der Teilzeitfalle. In Deutschland sind nur 40% der Frauen zwischen 25 und 59 Vollzeit angestellt. 70% der Mütter arbeiten Teilzeit, um Familie und Job vereinbaren zu können. Bei den Männern sind es – haltet euch fest – 6%. SECHS Prozent! Müssen die nicht Familie und Job vereinbaren, frage ich mich? Diese ganzen modernen Männer, die jammern, dass sie mehr Papa sein wollen, warum gehen die eigentlich nicht in Teilzeit?

Klar, das eine bedingt das andere. Wenn der Mann so viel mehr verdient als die Frau macht es natürlich Sinn, dass er den Löwenanteil stemmt. Aber warum sich nicht auch hier absichern? Warum nicht auch hier einen Fonds anlegen für die Frau, damit nicht sie diejenige ist, die am Ende die kleine Rente und das ganze Risiko abbekommt?

Ich würde mir mehr Männer in Teilzeit wünschen. Mehr emanzipierte Beziehungen, in denen wirklich geteilt wird. Erziehung, Hausarbeit, Organisations-Kram. Ich würde mir auch wünschen, dass wir keine 40+ Stunden Wochen hätten hierzulande, sodass mehr Eltern einfach Vollzeit arbeiten könnten. Oder dass Teilzeit besser entlohnt würde. Ich habe in den letzten Jahren selbst Teilzeit gearbeitet (und zusätzlich frei, also am Ende wohl Vollzeit…) und ich weiß um das Dilemma. Man arbeitet eigentlich mehr als die Hälfte, bekommt aber nur die Hälfte der Geldes und hat kaum Aufstiegschancen. Das ist einfach ungerecht.

Ach ja: Dass fast alle Kitas am frühen Nachmittag schließen ist natürlich auch nicht förderlich.

Sichert euch ab!

Aber es liegt auch an uns Frauen. Wer unmoderne Lebensentwürfe lebt, sollte sich zumindest über die Folgen im Klaren sein. Wer sie ablehnt, sollte etwas dagegen machen.

Also: sichert euch ab. Verdient euer eigenes Geld, so viel wie möglich. Eine Freundin sagt immer zu  mir, wenn ich einen Kostenvoranschlag schreibe: mach 30% mehr drauf. Einfach weil du eine Frau bist und die vorher abgezogen hast. Solche Freundinnen sind Gold wert! Ich pokere sicher immer noch oft zu niedrig, aber ich werde besser. Zahlt in eure eigenen Rentenkasse ein. Sorgt vor. Wenn das nicht geht oder ihr das nicht wollt: lasst vertraglich absichern, dass der besser verdienende Mann euch absichert. Klingt unromantisch? Ist es auch, aber um Romantik geht es hier nicht. Keine Ausreden mehr! Selbst ist die Frau!

 

Wer weiterlesen will, dem empfehle ich dieses Buch: Ein Mann ist keine Altersvorsorge: Warum finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig ist.

Dazu ein Interview mit Helma Sick

Und Artikel zum Thema:

Frauen müssen früher sparen

Altersarmut: arm, alt, weiblich