Das erste Jahr….
Die meisten Aktivitäten richten sich eher nach den Bedürfnissen der drei “Großen” in der Familie und das Kleine ist dann eben dabei. Das zweite Kind muss am Anfang viel öfter zurückstecken, weil es eben immer noch ein anderes Kind gibt, das sprechen kann und seine Wünsche deutlicher äußern. Während man sich dem ersten Kind noch zu 100% widmen kann, oder sogar zu 200% wenn beide Eltern zugange sind, ist das beim zweiten Kind schlicht nicht möglich.
Und was habe ich mir Gedanken gemacht um Kind eins: Spielt er genug? Isst er genug? Warum spricht er das so komisch aus? Sieht er genug andere Kinder? Gespräche über Windelinhalte, den Tonus eines Hustens, wie man die Nägel am besten geschnitten bekommt, ob das Abstillen jetzt nicht traumatisch ist, und und und und…
Nicht so wichtig und ganz normal
Diese ganzen Gespräche führe ich bei Kind Nummer zwei einfach nicht. Nicht weil dieses zweite Kind so viel einfacher wäre. Sondern weil ich jetzt weiß, dass das alles nicht so wichtig und vor allem völlig normal ist.
Wenn ich jetzt so zurück denke, dann war das erste Jahr mit Quinn aber ganz genauso intensiv wie damals mit Xaver. Vielleicht sogar intensiver! Weil sie mich am Anfang so viel gebraucht hat. Und weil ich es danach viel mehr genossen habe, das Baby-haben. Weil ich viel bewusster war. Ich habe beim ersten Kind glaube ich oft gehofft, dass es schnell groß wird. Dass alles wieder mehr wird wie vorher. Dieser Konflikt mit dem “neuen Leben” und dem Mama-Sein, der war eben doch da. Ich wollte mir beweisen, dass sich nichts verändert hat, dabei hatte sich natürlich alles verändert. Ich wollte weiterarbeiten, wieder so aussehen wie vorher, meine Freundinnen treffen, Zeit mit dem Mann haben. Und nebenbei natürlich die weltbeste Mama für mein Kind sein. Das erste Jahr war also viel rasanter. Beim zweiten Mal wusste ich, dass eh irgendwann alles wiederkommt. Dass alles ohnehin so schnell geht. Dass sie ruhig lange klein bleiben dürfen.
Man sagt ja immer: “…ist das erste Jahr erstmal vorbei!”
Ich sage das nicht, denn ich finde nicht, dass es danach automatisch einfacher wird oder sehr viel anders. Jedes Alter hat seine Zauber-Seiten. Und seine Herausforderungen.
Dennoch: das erste Jahr ist schon besonders.
Diese extreme Nähe zu dem Kind. Dieses 24-Stunden-Ding.
Wenn man alleine mit dem Kind unterwegs ist und denkt: ich kann jetzt nicht mal aufs Klo gehen. Wenn man dann einen netten Kellner fragt, ob er vielleicht mal auf das Baby schauen kann. Und sich so beeilt und Angst hat, das Kind könnte geklaut werden oder anfangen, zu schreien.
Wie man nicht mal eine Minute duschen kann.
Diese Schwangerschaft, die man noch in den Knochen und auf den Rippen hat. Diese Pfunde. Dieses Schwitzen im Wochenbett und während der Stillzeit. Man riecht auch so anders!
Wie so ein Tag vorbei gehen kann und man hat sieben Mal gestillt, zehn Mal gewickelt, rumgetragen und Einkäufe und Erledigungen gemacht hat. Und dabei irgendwie vergessen, mal selbst was zu essen. Oder zu trinken.
Diese Unsicherheit. Alle Unsicherheiten in Bezug auf Kinderhaben werden offengelegt. Beim ersten Mal noch mehr, als beim zweiten Mal, aber ich war auch mit Quinn oft so unsicher.
Weil jedes Baby ja ein eigenes Ökosystem ist, das man erstmal kennenlernen muss. Was mag es, was nicht, was braucht es, was nicht.
Das erste Fieber, das erste Fieberzäpfchen. Die erste Nacht mit Geschrei und man denkt: DAS meinten die alle, Gott wie anstrengend!
Diese engen Momente mit dem Kind. Beim stillen, beim Kuscheln. Wie nah sie einem sind. Tag und Nacht. Und wie man vor Liebe zerplatzt, wenn dieses kleine Baby das erste Mal lacht und grunzt.
Diese unglaublich vielen Entwicklungsschritte. Acht Mal steht ihr Baby Kopf, und gefühlt ist es doch noch viel öfter, oder? Und plötzlich können sie greifen, fixieren, anlachen, umarmen, Mama sagen, krabbeln, sitzen, ihre Flasche selbst halten, zeigen. Am Anfang konnten sie gefühlt nicht mal geradeaus schauen. Es ist verrückt!
Und wie schnell sie wachsen! Meine sind beide in einem Jahr von Größe 50 auf Größe 86 gewachsen. Sie wachsen nie wieder so schnell wie in diesem ersten Jahr.
Um vier Uhr morgens wach sein. Vier Uhr. Man kann jetzt nicht aufstehen. Aber wieder einschlafen scheint unrealistisch.
Das erste Jahr ist wirklich das Gegenteil von Selbstbestimmung, die ich vorher ganz schön wichtig fand. Es ist vollkommen fremdbestimmt. Von einem kleinem Mini-Wesen.
Dafür genießt man jede Sekunde ohne Baby enorm. Der Duft der Freiheit! Und vermisst das kleine Wesen im nächsten Moment wieder so sehr, dass es fast weh tut.
Die ersten Krankheiten. Kranke Babies. Wie sie alles lahmlegen, einfach nichts mehr geht, man nur noch das Kind auf dem Bauch hat, oder rumträgt. Und diese Sorge! Es ist schrecklich.
Diese ganzen Meilensteine: der erste Zahn! Der erste Brei! Haare, endlich!
Und dann: laufen sie plötzlich (also die meisten, ich habe hier einen Spätstarter und eine extreme Spätläuferin), sie brabbeln. Sie schreien: NEIN! Sie sagen: BITTEEEEE! Sie klauen dir dein Eis und deinen Geldbeutel, sie feixen und lachen, sie kommunizieren und werden einfach immer mehr zum eigenständigen Wesen.
Das erste Jahr ist intensiv. Manchmal gibt es so viele Höhen und Tiefen. Oft ist es anstrengend, immer wieder kommt man an seine Grenzen. Es ist wunderschön, und eben auch intensiv.
Aber: Es ist nicht für immer so. Sie werden wirklich schnell groß. Viele kommen kurz nach dem ersten Geburtstag in die Betreuung. Plötzlich hat man so viel Zeit für sich! (in den ersten Wochen, danach fliegen die paar Stunden auch nur so dahin). Und ehe man sich versieht, wollen sie das ganze Wochenende bei einem Freund übernachten, schlafen plötzlich im eigenen Bett durch, wünschen sich ein Handy und machen die Zimmertür zu.
Deshalb lese ich dem Großen gerade gerne jeden Abend noch eine und noch eine Geschichte. Mache mir nichts daraus, dass das kleine Kind mit fast zwei immer noch bei uns schläft und da auch kein Ende in Sicht ist. Das erste Jahr verging so schnell, jetzt ist das zweite schon fast vorbei. Übrigens ist die Kleine gerade in meinem Lieblingsalter, es macht so viel Freude. Die mache ich mir sicher nicht durch “Ins eigene Bett zwingen” kaputt. Weil es eh irgendwann vorbei sein wird!
Die Tage sind lang, aber die Jahre am Ende eben doch so kurz.
Genießt sie, die kleinen Jahre!
PS: Foto aus Formentera. Quinn war 5 Monate alt <3