Babys, Liebe machen und der Körper: Aufklärungsbücher

Mit der Aufklärung ist es ja so eine Sache – man will die Kinder nicht verwirren, aber doch informieren und Fragen gut beantworten. Was ist zu viel, was überfordert (noch) und wie geht man eigentlich locker an dieses Thema heran, das so unheimlich komplex ist?

Schon bevor ich schwanger war, stellte mein Sohn Fragen. Wie entstehen Babys? Wie bin ich in deinen Baum gekommen? Damals konnte ich noch einfach etwas von Samen und Eiern erzählen, Details haben ihn nicht interessiert. Nun, mit sechs Jahren und einer schwangeren Mama möchte er es aber gern genauer wissen. Dass seine Mama menstruiert hat er schon lange mal mitbekommen, warum versteht er jetzt so langsam.

Dabei ist es mit einem Gespräch nicht getan. Meistens tauchen Fragen immer wieder auf. Es ist ein längerer Prozess. Gleichzeitig fühlt es sich als Mama auch doch manchmal etwas seltsam an. Spricht man von Liebe machen oder von Sex? Ist es die Vagina, Scheide, oder, bei uns Hoch im Kurs, einfach noch die “Mumu”? Erzählt man, dass es Sex auch ohne Liebe gibt? Wie weit man in das Thema einsteigt hängt natürlich, wie so vieles, ganz individuell vom eigenen Kind ab. Was generell ungemein hilft? Gute Bücher! Nicht nur der Anschauung halber, sondern weil vieles noch einmal genauer oder auch etwas anders erklärt wird. Illustrationen helfen auch für ein besseres Verständnis. Nur wird es hier eben auch wieder kniffelig. Manche der Aufklärungsbücher erzählen dann doch schon mehr als im individuellen Moment nötig oder möglich, manche vereinfachen zu viel (finde ich) und manche vermitteln dann doch ein sehr heteronormatives Bild vom Kinderbekommen.

Mein Sohn und ich haben verschiedene Bücher gelesen. (Er ist wahrscheinlich mittlerweile Experte und wird sich wohl demnächst gut überlegen, ob er Mama nochmal irgendwas fragt, nachdem er seit Wochen nur Aufklärungsbücher vorgelesen bekam).

Vom Liebhaben und Kinderkriegen: Mein erstes Aufklärungsbuch

Das niedliche Buch aus dem Annette Betz Verlag beschäftigt sich erst mit Fragen wie “Was ist Freundschaft?” und “Was ist Liebe?” und erklärt dann den Unterschied zwischen Jungen und Mädchen. Erst dann geht es ums “Liebe Machen” und die Entstehung von Babys. Unter der Rubrik “Es kann auch anders sein” wird künstliche Befruchtung erklärt oder was Adoption ist. Auch das Kinder bei ihren Großeltern aufwachsen können wird beschrieben.

Pluspunkt: Das einzige Buch (von denen, die ich hier vorstelle) dass auch auf Regenbogenfamilien eingeht.

Nachteil: Leider hat es doch sehr stereotype Darstellungen von “Babys aus aller Welt”. (Ein Baby mit Hindu-Turban und ein “chinesisches” Baby mit Kegelhut)

Peter, Ida und Minimum. Familie Lindström bekommt ein Baby

Lustigerweise war genau das mein Aufklärungsbuch, als ich ein Kind war. Wir lasen es damals in den Neunzigern in der Schule. Das Buch ist immer noch quasi unverändert auf dem Markt und ich habe es ein wenig nostalgisch meinem Sohn vorgelesen. Was hier mag: Es ist ziemlich nah dran an der familiären Realität, auch der Stress und die Übermüdung in den ersten Babywochen werden thematisiert. Das Buch ist ein Comic und eignet sich auch später zum Selbstlesen.

Pluspunkt: Sehr detailierte Familiendarstellung, mit all den Streitigkeiten unter Geschwistern (und Eltern). Hier wird nichts schön geredet.

Nachteil: Es ist eher für Kids ab dem Schulalter und das Vorlesen des Comic-Formats manchmal etwas umständlich.

Woher die kleinen Kinder kommen (Wieso? Weshalb? Warum?, Band 13)

Die Wieso? Weshalb? Warum? Bände haben wir schon zu den verschiedensten Themen zu Hause stehen. Ich mag sie, weil sie sehr vielseitig sind und es so viel für Kinder zu entdecken gibt. Mein Sohn blättert auch gern allein in ihnen herum. Auch hier wird erst auf die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen eingegangen und dann auf das “Miteinander Schlafen”. Man erfahrt auch viel zur Schwangerschaft und wie Babys im Bauch überhaupt atmen oder essen.

Pluspunkt: Es ist also besonders für die Zeit während der Schwangerschaft geeignet wenn Geschwisterkinder viele Fragen stellen.

Nachteil: Hier wird keine Geschichte erzählt, sondern viel erklärt. Regenbogenfamilien kommen gar nicht vor.

Mami hat ein Ei gelegt (Mini-Ausgabe)

Der Titel hört sich ein bisschen komisch an, zugegeben. Es ist aber wirklich witzig gemacht, denn hier erklären die Kids den Eltern, wie die Kinder entstehen (inklusive lustiger Zeichnungen). Das Buch eignet sich nicht wirklich um aufzuklären, sondern ist eher eine nette Ergänzung.

Pluspunkt: Viel Leichtigkeit und Humor – das tut gut!

Nachteil: Wirklich eher simpel und nicht als Aufklärungsbuch geeignet.

Ein Baby in Mamas Bauch

Sicherlich sind auch die Hormone schuld, aber allein das Titelbild rührt mich total. Ich mag die Illustrationen von Joelle Tourlonias, die mir schon in anderen Publikationen aufgefallen sind. Auch hier wird eine Geschichte erzählt, zusätzliche Informationen finden sich in kleine Kästen und können, aber müssen nicht vorgelesen werden (je nach Wissens- und Entwicklungsstand des Kindes). Auch hier wird nah an der Familienrealität erzählt, so entschuldigt sich zum Beispiel Mama bei ihren Kindern, dass sie in den ersten Monaten der Schwangerschaft oft so schlechte Laune hatte (kam mir bekannt vor…). Auch hier wird zuerst auf die Unterschiede zwischen Mann und Frau eingegangen, dann geht es sogar um Hormone und Pubertät. Es gibt viele anschauliche Bilder. Mein Favorit!

Pluspunkt: Wirklich schöne Illustrationen und viel Biologie kindgerecht erklärt (man merkt, dass die Autorin Ärztin ist).

Nachteil: Alternative Familienmodelle kommen so gut wie nicht vor.

Mein erstes Aufklärungsbuch: Aufklärung für Kinder ab 5

Das vielleicht umfassendste Buch aus unserer Auswahl! Hier geht es nicht nur um Reproduktion, sondern auch um unsere Gefühle und Emotionen. Der thematische Einstieg, bevor es ans Eingemachte geht, geht über den Körper (“Mein Körper gehört nur mir!”) Hier soll das Selbstbewusstsein gestärkt werden. Welche Berührungen mag ich? Was will ich nicht und wie reagiere ich dann? Dann geht es um Emotionen und erst dann darum, wie Kinder entstehen. Anhand einer Geschichte wird dann relativ explizit erklärt, was “Liebe machen ist”. Dazu gibt es viele anschauliche Bilder.

Pluspunkt: Wie schon geschrieben, sehr umfassend was das Thema Körper und Emotionen angeht!

Nachteil: Alternative Familienmodelle kommen leider nicht vor.

Fazit: Eine wirklich zeitgemäße und sensible Lektüre zum Aufklärung existiert nicht. Oft muss man beim Vorlesen noch ein wenig ergänzen. Was mir bei mehreren Büchern aufgefallen ist: Manchmal ist die Rede davon, “wenn es am schönsten ist, fließt der Samen des Mannes in die Scheide der Frau.” Hier würde ich gern noch ergänzen, “wenn es für den Mann am schönsten ist”.  Der Orgasmus der Frau wird überhaupt nicht thematisiert, könnte aber wenigstens auch kurz erwähnt werden, oder?