Noch im Babyrausch schrieb ich hier vor einem Jahr, dass zwei Kinder in weniger als zwei Jahren zu bekommen gar nicht so sei, wie es mir von vielen Menschen prophezeit wurde. Denn man hört ja oft: “Zwei unter zwei” sei sooo anstrengend. Ich schrieb darüber, wie schön es ist mit den zwei Kleinen. Und ja, schön ist es auch wirklich, also, äh, ab und zu mal.
Zwei unter Zwei… ist doch schlimm.
Wenn ich ehrlich bin, ist es vor allem hart. Vor einem Jahr war das noch nicht so, da war der Dreijährige noch zwei und klar, das war auch anstrengend, aber seine Schwester war eben ein Mini-Baby und konnte in stressigen Situationen einfach in die Trage, in die elektronische Federwiege oder auf den Arm von jemand anderem. Außerdem schlief sie noch viel.
Die Schwester ist nun fast anderthalb. Sie rennt, sie ist stark und sie hat gar keine Lust, auf dem Arm von irgendjemandem zu sein, wenn Papa oder Mama in der Nähe sind. Sie fordert unsere Aufmerksamkeit ein, sie ist aktiv dabei, bei allem was man tut.
Der Dreijährige ist ja auch noch so klein!
Ihr Bruder ist genau das auch: Aktiv mit dabei und Aufmerksamkeit einfordernd. Die Bedürfnisse sind meist akut, sie können kaum aufgeschoben werden. Und sie finden IMMER gleichzeitig statt. Also gibt es Momente, in denen ich mit zwei bitterlich schreienden Kleinkindern auf dem Boden liege und einfach nicht weiter weiß. Beide wollen mich. Wollen gekuschelt werden, brauchen nach der Kita jeweils 20 Minuten ungeteilte Aufmerksamkeit und Berührungen, um ihren Akku wieder aufzuladen. 20 Minuten würden reichen, das weiß ich mittlerweile. Oder sogar 15! Aber die beiden wollen sie ohne Aufschub und zur selben Zeit von mir. Und dann wird der Bruder eben vom Schoß geschubst, der mitten in einem für sein Alter sehr typischen Ausraster steckt. Oder die Schwester gekratzt, die sich kurz den Platz auf meinem Schoß erkämpft hat.
Diese scheinbar ausweglosen Szenen haben wir regelmäßig. Vor Kurzem haben beide an meinen Beinen gezerrt und so laut geschrien, dass ich – wahrscheinlich die klassische Übersprungreaktion- so ganz “Kopf-in-den-Sand”-mäßig fluchtartig wegrannte. Ja, ich tat das ohne nachzudenken, ich rannte einfach vor meinen armen, kleinen, süßen, bedürftigen Kleinkindern weg, weil ich Angst hatte, zu explodieren. Völlig sinnlos, weil die natürlich noch verzweifelter hinter mir her rannten und pädagogisch mindestens bedenklich. Glücklicherweise kam in diesem Moment größter Panik der Papa nach Hause und alles war schnell wieder in Ordnung. Ein Kind bei mir auf dem Arm, ein Kind bei ihm. Wenn es zwei Menschen gibt für zwei bedürftige Kleinkinder ist das meiste kein Problem.
Ich frage mich immer noch, wie man diese Situationen löst: Beide Kinder brauchen Eins zu Eins Zeit. Im selben Moment. Ich versuche, ihnen zu erklären, dass auf meinem Schoß Platz für zwei ist, dass wir alle zusammen kuscheln können. Aber für sie ist das keine Lösung, sie wollen mich alleine für sich haben. Manchmal mache ich dem Größeren eine Serie an, mit Bauchschmerzen, aber so kann ich wenigstens das kleinere Kind bekuscheln, und danach ist er dann dran. Das funktioniert aber auch nicht immer. Vielleicht gibt es auch keine Lösung dafür. Außer Beruhigungspraktiken zu erlernen, damit man selbst wenigstens nicht ausrastet.
Diese besonders angespannte Situation haben wir oft, wenn die Kinder aus der Kita kommen, es ein stressiger Tag war. Wenn ich Zeit habe, wir trödeln können und klar, ich auch entspannter bin, dann passiert das seltener. Aber so ist nun mal das Leben. Zumindest wenn beide Eltern erwerbsarbeiten. Manchmal frage ich mich: Wäre es einfacher, wenn einer von uns nicht arbeiten würde? Vielleicht. Aber wir arbeiten beide gern. Und noch dazu ist das eine finanzielle Frage.
Vor einigen Wochen haben wir das Wochenende mal aufgeteilt. Ich bin mit einem Kind weggefahren, das andere blieb beim Vater. Das war so schön! Einfach nur mit einem Kind etwas zu unternehmen, genau auf dessen Bedürfnisse angepasst. Mit dem Großen einen Burger essen gehen (was mit der Schwester nur Chaos und Stress gewesen wäre, ins Restaurant gehen wir momentan nicht). Und mit der Kleinen im Wald sein, die stundenlang kleine Steine aufhebt. Alle Zeit und Ruhe der Welt zu haben, ohne dass ein Kind wegläuft oder um einen Stock gestritten wird. Einfach in ihrem Tempo den Tag genießen. Es ist schön, wenn das mal möglich ist.
Nicht ständig am Limit sein
Diese Momente, wenn die Bedürfnisse dieser beiden kleinen Kinder aufeinanderprallen und für die ich keine Lösung weiß, gibt es oft. Zum Beispiel, wenn der Dreijährige in Ruhe etwas spielen möchte. Aber noch nicht so weit ist, alleine im Zimmer bei geschlossener Tür zu bleiben. Denn wenn die Tür nicht geschlossen ist, kommt die Einjährige wie ein kleiner, großer Babyzilla und zerstört seine Duplo-Welt. Geschrei. Tränen. Verzweiflung. Eine Bekannte meinte Letztens zu mir, vielleicht sollten wir einen Laufstall kaufen, den Großen da rein setzen, damit er in Ruhe spielen kann. Finde ich keine schlechte Idee. Die ständigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Kindern zerreiben mir die Nerven. Ich möchte nicht ständig am Limit sein.
Aber am Limit ist man auch, weil die Kinder viel krank werden. Das ist ja normal bei Kleinkindern, ständig läuft die Nase. Magendarm, Hand-Fuß-Mund und Husten wechseln sich ab. Und wir haben das alles mal zwei. Wenn ein Kind in der Kita-Gruppe mit ungefähr 20 anderen Kindern zusammen ist, dann gibt es Kontakt zu fast 40 Kindern täglich- die alle kleine Keimschleudern sind. Hat der Große etwas, bekommt die Kleine es ein paar Tage später auch. Da ist man locker mal einige Tage zu Hause (und der Rest der Familie wird meist auch noch krank).
War noch etwas? Achso ja! Kot! Es gibt Tage, da habe ich um 8:30 Uhr schon vier Kacka-Windeln gewechselt. Finde ich nicht schlimm, denn wie es wohl viele Eltern kennen, verliert man das Unbehagen bei den Ausscheidungen der eigenen Kinder recht schnell. Zumindest mir geht das so. Trotzdem werde ich sicher sehr froh sein, wenn ich irgendwann nicht mehr wickeln muss.
Ich bereue unsere Entscheidung, zwei Kinder so schnell hintereinander zu bekommen nicht, aber würde ich es nochmal so machen, mit dem Wissen, das ich jetzt habe? Sicher kann ich das nicht beantworten. Denn ja, es gibt sie auch, diese schönen Momente, wo beide sich abkitzeln und lachen. In denen ich denke: Wie schön, dass die sich haben! Aber wenn ich Bilder auf Instagram sehe, von kleinen und großen Geschwistern, die sich umarmen, denke ich meist nur: Haha! Schöne Momentaufnahme! Ich wette, eine Sekunde später haben sie sich an den Haaren gezogen und einer dem anderen ins Auge gepiekst. Für Geschwisterromantik hab ich wenig übrig, vor allem, wenn die Kinder sich so nah im Alter sind. Und wecken solche Bilder in Eltern mit nur einem Kind nicht vielleicht eine Art Mangelgefühl, als fehle da noch etwas? Dabei kann es sich auch mit einem Kind sehr komplett anfühlen. Isabel hat ja auch vor kurzem für einen größeren Altersabstand plädiert, und ich kann ihr nur zustimmen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Ich habe die Vorstellung noch nicht aufgegeben, dass die beiden doch irgendwann miteinander spielen werden. Hört man ja immer, dass das so schön sei. Mein Bruder war knapp zwei Jahre jünger als ich – genau wie meine Kinder – und wir hingen immer zusammen rum. Wir sind auf dem Dorf aufgewachsen, am Waldesrand. Ohne, dass wir uns gehabt hätten, hätten wir wahrscheinlich noch viel mehr Zeit vor RTL2 verbracht. Klar, wir haben uns gestritten, es gab mal Kratzer und Geschrei. Aber die meiste Zeit erinnere ich mich recht deutlich, dass es schön war, ihn zu haben. Ich habe ihm abends selbst ausgedachte Geschichten im Bett erzählt. Wir haben uns zusammen Nudeln gekocht. Wir haben im Wald mit Gummistiefeln “Safari” gespielt. Stundenlang aus Pappe Autohäuser und ganze Städte gebaut. In meiner Erinnerung überwiegt ein Gefühl: Ich hatte meinen Bruder sehr lieb. Auch wenn er mich manchmal tierisch genervt hat.