Ich werde diskriminiert. Und ich will darüber reden.

Ich bin mit meiner damals dreijährigen Tochter mal nach Kanada geflogen (ihre Mutter war dort für einen Forschungsaufenthalt). Irgendwann fing sie völlig übermüdet und überfordert an, das Flugzeug zusammen zu schreien. Nach fünf Minuten erfolgloser Beruhigungsversuche tippte mich eine Frau aus der Reihe hinter mir an. Sie gestikulierte und machte mir klar, dass ich ihr mein Kind geben sollte. Sie sagte: „Ich bin eine Mutter, ich kann das für sie erledigen.“

Ich wusste in dem Moment gar nicht, was ich darauf antworten sollte. Erst ein paar Tage später ist mir klar geworden. Das war ganz klare Vater-Diskriminierung. Mir wird etwas nicht zugetraut, nur weil ich der Vater bin. Und das gibt es überall. Es ist höchstwahrscheinlich das einzige Thema, bei dem wirklich alle Männer Gefahr, laufen diskriminiert zu werden, egal welchen Hintergrund sie haben: Wenn es um ihr Leben als Vater geht.

Zum Beispiel wenn Ärztinnen und Ärzte aller Altersklassen aufschreiben, was ich der Mutter alles Wichtiges berichten soll. Wenn mir wildfremde Mamas auf der Straße erklären, dass mein Kind zu kalt angezogen ist. Wenn ich meiner Tochter eine Jacke kaufen will und dann gefragt werde, wo denn die Mama gerade ist. Oder, wenn mir im Zug gesagt wird, wie toll ich das als Vater mache, so allein unterwegs mit meiner Tochter.

Das passiert nicht ständig. Aber oft genug, dass es mir auffällt.

Dann fühle ich mich als Vater diskriminiert.

Aber sagen darf ich das nicht überall.

Vor einem Jahr habe ich mit zwei Freunden einen Podcast bei Spiegel.de gemacht. „Drei Väter – Ein Podcast“. Für keine andere Episode haben wir soviel soziale Netzwerk-Häme abgekommen, wie für diese: „Wenn Väter diskriminiert werden“.

Was wir uns erlauben, uns als privilegierte Männer so aufzuführen. Wie wir uns selbst in Familienfragen in den Vordergrund drängen müssen. Wie ignorant wir doch seien und nicht erkennen, dass es die Mütter 100 mal schwerer haben. Wir haben auch viel gutes Feedback bekommen, aber es ist vor allem die wütende Kritik, die mich heute noch beschäftigt.

Allein der Gedanke, dass sich Väter über Ungerechtigkeiten in ihrem Erziehungsalltag aufregen, ist für viele Menschen schon zu viel – für Männer wie Frauen. Natürlich stimmt es: Im Vergleich zu den Problemen vieler Mütter sind meine Probleme Kleinigkeiten. Alle Studien der Welt belegen, dass es Väter sehr viel einfacher als Mütter haben. Alle Studien belegen, dass Väter sich immer noch viel weniger um ihre Kinder kümmern als die Mütter. Das alles haben wir auch nie verneint. Die Essenz dieser Podcast-Folge war:

Väter macht mehr, dann gibt es irgendwann auch keine Vorurteile mehr.

Trotzdem: Ich finde es wichtig, dass auch Väter darüber sprechen dürfen, was sie an ihrer Rolle ärgert. Am Rollenbild, dem sie entsprechen sollen, wenn sie mal Opfer von pauschalen Vorurteilen werden. Reden hilft nämlich, die jeweils andere Seite der Elternmedaille besser zu verstehen. Mir hat das Reden darüber erst die Dimension der Schwierigkeiten gezeigt, die Mütter in ihrem Alltag erleben. Was Vorurteile bedeuten. Wie sie dich ärgern und belasten. Und ich glaube auch andersherum, das es für viele Mütter spannend sein kann, zu wisse: auch die gesellschaftlich verwöhnten Väter haben es nicht immer leicht.

Und was meine Tochter im Flugzeug nach Kanada angeht: Noch mal 5 Minuten später ist sie in meinem Arm eingeschlafen.