Die vier häufigsten Fehler bei der Beantragung von Elterngeld

Mit der Geburt eines Kindes beginnt für die werdenden Eltern ein neuer Lebensabschnitt. Und neben der Geburtsvorbereitung und der Kinderzimmereinrichtung ist auch noch einiges an Papierkram zu bewältigen. Damit euch die Anträge für Elterngeld, Elternzeit und Co im Wochenbett nicht den letzten Nerv rauben, solltet ihr euch damit möglichst frühzeitig auseinandersetzen – am besten schon in der Schwangerschaft. Denn Bürokratie und Antragsformulare können den ein oder anderen Stolperstein für euch bereit halten. Wir freuen uns deshalb, dass heute Gesa Heiden, Gründerin von Gesas Elterngeldberatung, für uns über die vier häufigsten Fehler, die ihr in den letzten Jahren bei der Beantragung von Elterngeld aufgefallen sind, schreibt!

Als ich 2016 Elterngeld für meine Tochter beantragt habe, habe ich mich – trotz meines Studiums der Verwaltungswissenschaften – irgendwie durch den Formular-Dschungel gehangelt und das gemacht, was alle anderen auch gemacht haben: 12 Monate Basiselterngeld beantragt. Dass ich damit das Elterngeld für meinen Sohn reduziere, habe ich weder gewusst noch geahnt (dazu später mehr). Ganz im Gegenteil! Ich war sogar stolz auf mich, denn ich war schon während der Familienplanung in die Steuerklasse 3 gewechselt. Ich hatte irgendwo gelesen, dass ich damit mein Elterngeld erhöhen kann und den Steuerklassenwechsel daher frühzeitig beim Finanzamt beantragt. Damit hatte ich einen der Hauptfehler beim Elterngeld vermieden:

Fehler Nr. 1: Zu spät die Steuerklasse wechseln (gilt nur für Verheiratete)

Das Elterngeld berechnet sich aus dem Zeitraum vor der Geburt des Kindes. Dieser Zeitraum wird Bemessungszeitraum genannt. Aus den Einkünften in diesem Bemessungszeitraum bildet die Elterngeldstelle das so genannte Elterngeld-Brutto. Um daraus das so genannte Elterngeld-Netto zu erhalten, zieht die Elterngeldstelle von dieser Summe Beträge für Sozialversicherung und Steuer ab. Aus dem Elterngeld-Netto wird dann prozentual das Elterngeld errechnet. Und für die Steuerabzüge wird die Steuerklasse zugrunde gelegt, die in dem Bemessungszeitraum überwiegend vorgelegen hat.

Das bedeutet, dass der Elternteil, der das meiste Elterngeld beantragen wird, in die Steuerklasse 3 wechseln sollte. Denn mit Steuerklasse 3 sind bei Verheirateten die steuerlichen Abzüge am geringsten und das Elterngeld-Netto ist somit am höchsten – und damit eben auch das Elterngeld.
Der Bemessungszeitraum kann sich individuell unterscheiden. Grundsätzlich lässt sich aber sagen: Damit der Steuerklassenwechsel sich positiv auswirkt, sollten Mütter, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben, spätestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes in der neuen Steuerklasse sein. Die Väter (bzw. der andere Elternteil) sollte spätestens sieben Monate vor der Geburt des Kindes in der neuen Steuerklasse sein.
Angesichts dieser Fristen müsst ihr mit eurem Antrag auf Steuerklassenwechsel beim Finanzamt also schnell sein – am besten plant ihr den Steuerklassenwechsel bei der Familienplanung direkt mit.
Meistens erreiche ich die werdenden Eltern übrigens viel zu spät, um ihnen zu dem Steuerklassenwechsel zu raten. Deswegen ist es ein echter Freundschaftsdienst von euch, wenn ihr diesen Beitrag mit euren Freund*innen und Bekannten teilt, die sich in der Familienplanung befinden.
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Fehler Nr. 2: Urlaub statt Elternzeit

Immer wieder erzählen mir gerade die werdenden Väter: „Nein, Elternzeit kann ich mir in meinem Job nicht erlauben.“ oder „Elternzeit? Als Mann? Das kann ich in meinem Unternehmen vergessen. Ich werde einfach meinen Resturlaub nehmen.“ Und wisst ihr was? Ehrlich gesagt kann ich es nicht mehr hören. Denn wie heißt es so schön: „Alle sagten immer das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht!“

Deswegen bitte mutig voran: Elternzeit anmelden! (Rest-)Urlaub nehmen, statt in Elternzeit zu gehen? Das ist nämlich ein Fehler und keine gute Idee!
Urlaub ist keine Elternzeit und somit besteht für Urlaub kein Anspruch auf Elterngeld. Und das Elterngeld ist eben gerade dazu da, um eine (längere) Familienzeit zu finanzieren. Und auch wenn keine 100 % des Einkommens als Elterngeld gezahlt werden, sollte es mit etwas Planung doch möglich sein, Elternzeit zu nehmen. Dafür werdet ihr auch belohnt. Denn wenn ihr beide Elterngeld beantragt und mindestens einer von euch nach der Geburt weniger Einkommen hat als davor, könnt ihr sogar noch zwei zusätzliche Monate Basiselterngeld oder vier zusätzliche Monate Elterngeld Plus bekommen. Diese zusätzlichen Monate sind die sog. Partnermonate.

Also, warum genau sollte jemand auf die Idee kommen, Urlaub statt Elternzeit zu nehmen? Richtig! Niemand.
Ich habe in der letzten Zeit übrigens auch viele Väter kennengelernt, die mehr als die zwei Partnermonate Elternzeit und Elterngeld genommen haben. Die auch in Führungspositionen mit gutem Beispiel vorangehen und eine (längere) Familienphase einlegen. Das macht mir Hoffnung. Und wenn ihr beide in Elternzeit geht und Elterngeld beantragt, vermeidet ihr auch noch Fehler Nr. 3.

Fehler Nr. 3: Elterngeldmonate verschenken
Elterngeldmonate verschenken könnt ihr direkt auf zwei Arten: Variante 1: Antrag zu spät

Elterngeld wird von der Elterngeldstelle nur bis zu drei Monate rückwirkend ausgezahlt. Deshalb solltet ihr euch mit dem Ausfüllen und Einreichen der Anträge nicht zu viel Zeit lassen. Im schlimmsten Fall verliert ihr dadurch nämlich Elterngeld für komplette Monate. In den ersten Wochen nach der Geburt eures Kindes werdet ihr mit Wickeln, Kuscheln und Hormonchaos beschäftigt sein. Deshalb ist es klug, die Formulare und Anträge schon so weit wie möglich vor der Geburt fertig zu machen.
Dann braucht ihr nach der Geburt nur noch die fehlenden Angaben einzutragen und den Umschlag zum Briefkasten zu bringen. Mit etwas Vorbereitung dürfte die Frist von drei Monaten also kein Problem sein.

Variante 2: Partnermonate verfallen lassen

Außerdem verschenkt ihr Elterngeldmonate, wenn ihr euren Anspruch nicht komplett ausnutzt.
Wie eben schon klar geworden sein dürfte, appelliere ich immer dafür, dass sich beide Elternteile Zeit für die Familie nehmen. Zum einen aus ideellen Gründen, zum anderen aus ganz pragmatischen Gründen: Geht nämlich der zweite Elternteil auch in Elternzeit, gibt es noch zwei weitere Monate Elterngeld: die oben schon erwähnten Partnermonate.
Doch genau auf diese zwei Monate verzichten viele Eltern. Meistens aus Angst, dass es finanziell eng wird, wenn beide Elternteile in Elternzeit sind. Aber wusstet ihr, dass es die Möglichkeit gibt, auch in Teilzeit-Elternzeit mit einer Arbeitszeit von bis zu 30 Stunden in der Woche (ab September 2021 sogar bis zu 32 Stunden) zu gehen?
Es ist außerdem möglich, diese Partnermonate ausschließlich als Elterngeld Plus-Monate zu nehmen. Dann sind sogar bis zu vier Monate Elternzeit möglich. Übrigens: Auch als Alleinerziehende stehen dir diese Partnermonate zu!

Fehler Nr. 4: Corona-Kurzarbeit-Monate nicht verschieben

Grundsätzlich wirken sich Entgeltersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I im Bemessungszeitraum negativ auf die Höhe des Elterngeldes aus. Denn diese Entgeltersatzleistungen gelten nicht als Einkommen. Somit fließen die entsprechenden Monate mit „0“ in die Berechnung des Elterngeldes ein. Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Elterngeld abzumildern, wurde im letzten Jahr aber eine Sonderregelung geschaffen:
Wenn ihr angestellt seid und aufgrund von Corona durch den Bezug von Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld I Einkommenseinbußen im sog. Bemessungszeitraum hattet, könnt ihr diese Monate (sofern sie zwischen dem 01.03.2020 und dem 31.12.2021 liegen) aus dem Bemessungszeitraum ausklammern lassen. Somit werden diese Monate durch unmittelbar davor liegende Monate ersetzt.
Wenn ihr selbstständig seid oder so genannte Mischeinkünfte habt – also angestellt UND selbstständig seid -, dann ist der für euch maßgebliche Bemessungszeitraum in der Regel das letzte abgeschlossene Kalenderjahr. Einzelne Monate können daher nicht ausgeklammert werden. In diesen Fällen kommt immer nur eine Verschiebung des Bemessungszeitraumes auf ein anderes Kalenderjahr in Betracht. Auch aufgrund anderer Corona-bedingter Einkommenseinbußen (z. B. durch eine Reduzierung der Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung aufgrund geschlossener Kindergärten oder durch die Schließung eines Gewerbes) können die betroffenen Monate ausgeklammert werden.

Ihr seht: Das Thema Elterngeld ist relativ komplex und es lohnt sich, sich frühzeitig damit zu beschäftigen. Denn nur, wenn ihr als (werdende) Eltern wisst, aus welchen Möglichkeiten ihr wählen könnt und welche Hürden ihr umgehen solltet, könnt ihr kluge Entscheidungen treffen-

Aber ich wollte ja noch erklären, warum ich mit meinen 12 Monaten Basiselterngeld für meine Tochter das Elterngeld für meinen etwa anderthalb Jahre später geborenen Sohn reduziert habe. Deswegen noch kurz zurück zum Bemessungszeitraum:

Bei der Bestimmung des Einkommens vor der Geburt können aus dem Bemessungszeitraum bestimmte Zeiträume ausgeklammert bzw. verschoben werden. Das ist z. B. dann möglich, wenn im Bemessungszeitraum Elterngeld für ein älteres Kind bezogen wurde, solange dieses noch keine 15 Monate alt war. Clever wäre es also gewesen, bei meiner Tochter 10 Monate Basiselterngeld zu beantragen und die verbliebenen 2 Monate Basiselterngeld in 4 Monate Elterngeld Plus umzuwandeln und damit die Lebensmonate 11 bis 14 meiner Tochter abzudecken.
Denn dann hätte ich nicht nur die ersten 12, sondern sogar die ersten 14 Lebensmonate meiner Tochter aus dem Bemessungszeitraum meines Sohnes ausklammern können. Und damit wären zwei weitere Monate aus meiner Vollzeitbeschäftigung VOR Geburt meiner Tochter in die Berechnung des Elterngeldes einbezogen worden.
Ich hab’s als Lehrgeld für mich verbucht. Denn schlussendlich war dieser Fehler (bzw. die Tatsache, dass ich mich darüber so geärgert habe) einer der Gründe, warum ich ein halbes Jahr nach der Geburt meines Sohnes meine Elterngeldberatung gegründet habe.

 

Gesa ist Gründerin von Gesas Elterngeldberatung. Sie unterstützt dort werdende Eltern den Papierkram rund um die Geburt schnell und unkompliziert zu meistern. 

Auf www.gesaselterngeldberatung.de findet ihr einen Newsletter und Blogbeiträge zum Thema, aber auch die Möglichkeit, euch zu Gesas Online-Seminar anzumeldenMit dem Gutscheincode LITTLEYEARS5 spart ihr bis 31.05.2021 bei der Anmeldung zu einem der nächsten Termine 5 Euro. Dafür müsst ihr im Anmeldeformular unter „Zusammenfassung“ den Haken bei „Gutscheincode vorhanden?“ setzen und anschließend den Code LITTLEYEARS5 eingeben. Sofort berechnet das System den neuen Preis und ihr könnt mit der Eingabe eurer Daten weitermachen.