Die Sache mit dem Schlaf…

Das mit dem Schlaf ist schon so eine Sache. Die Hälfte unseres Lebens widmen wir ihm und doch kann er im Laufe der Zeit so unterschiedlich sein. Denn spätestens wenn wir Eltern sind, ist Schlaf plötzlich Mangelware und somit ein Luxusgut. Nicht wir, sondern jemand anderes bestimmt, wann und wie lange wir schlafen dürfen. Das lässt mich regelmäßig träumen. Von früher, von einem Leben voller wunderbarem Schlaf.

Ich bin neidisch auf mein Baby. Um genauer zu sein, auf seinen Schlaf. Er darf schlafen wann er will, wo er will und vor allem wie lange er will. Schade, dass man sich selbst an diese Phase des Lebens nicht mehr erinnert. Muss wundervoll gewesen sein. Die Erinnerung beginnt einige Jahre später: lange Autofahrten nach Italien, für die ich Nachts geweckt wurde und vorsichtig im Schlafanzug ins Auto getragen wurde.

Schlaf, Kindlein, schlaf

Während der langen Autofahrt summte leise das Radio, die Eltern unterhielten sich und ich schlief meist bis zur Ankunft. Ich liebte diese Fahrten. Die Nacht hatte als Kind oft etwas Magisches und war manchmal leider auch angsteinflößend. Vor allem, wenn vertraute Gegenstände im Zimmer unheimliche Formen annahmen. Die schönen Erinnerungen sind die Geschichten vor dem Einschlafen, Kuscheln bei den Eltern am Wochenende, Kaffeegeruch am Morgen und natürlich die Samstag-Abende mit Thomas Gottschalk und „Wetten Dass“. „Ich möchte ganz lange aufbleiben“, waren oft die letzten Worte bevor die Augen zu fielen. Der Schlaf als Kind ist so wahnsinnig wichtig. Weshalb ich auch nur an den Wochenenden bei Schulfreundinnen schlafen durfte. Schrecklich unfair, wie ich damals fand.

Guten Abend, gute Nacht

Die Teenager-Jahre verbringen wir dann gefühlt hauptsächlich im Bett. Meine Güte, was kann man als 16 jähriger Teenager viel schlafen. Die Wochenenden starteten selten vor dem Mittag und trotzdem war ich ständig müde. Erste Liebesbeziehungen spielten sich zusätzlich die meiste Zeit im Bett ab. Genauso wie lesen, fernsehen und wenn die Eltern nicht da waren, auch die Nahrungsaufnahme. Noch ein paar Jahre später: ab 18 bis etwa 28 wurden die Nächte dann immer häufiger sehr sehr kurz und dafür um so Party-orientierter. Nachts war alles so viel aufregender, verbotener und nicht so vorhersehbar. Die Nacht zum Tag machen – was für ein gutes und passendes Sprichwort. Bis sich dann irgendwann gaaanz langsam der Spießer in einem meldet und vermehrt der Wunsch aufkommt, die Wochenenden auch mal tagsüber zu erleben. Heißt: brunchen, Freunde treffen, Flohmarktbesuche – was man als junger Erwachsener eben so macht. Das Lümmeln im Bett wird also am Morgen verkürzt, weshalb dann aber langsam aber sicher das Nachmittagsschläfchen eingeführt wird. Dieses Gefühl, mit vollem Bauch noch mal einzunicken, um dann einige Zeit später völlig verwirrt wach zu werden und nicht zu wissen, wo und wer man eigentlich ist. Hach, toll!

Insomnia

Schlaf macht die wildesten Dinge mit einem, bekommen wir ihn dauerhaft zu wenig, wird ziemlich bald unsere Gesundheit in Mitleidenschaft gezogen. Es gibt Nächte, die rauben uns den Schlaf. Es gibt den Schlaf der Gerechten. Probleme scheinen in der Nacht so viel größer und unüberwindbarer, was dazu führen kann, das wir wach liegen und das Gedankenkarussell munter seine Runden dreht. Das liegt vor allem am Schlafhormon Melatonin. Was uns tagsüber bei Laune hält, nämlich das Serotonin, ist in der nacht das Melatonin und das lässt uns, wenn wir wach liegen alles furchtbar dunkel sehen. Buchstäblich. Eine neue Form der Müdigkeit lernen Frauen dann noch mal in der Schwangerschaft kennen. Noch nie zuvor war ich sooo müde. Gleichzeitig wurde der Schlaf aber auch, mit Zunahme des Bauches, eine echte Herausforderung. Und dann gab es da ja noch die gut gemeinten Ratschläge á la „Du musst unbedingt Schlaf vorholen“, die ich damals nicht so richtig verstand. Bis jetzt!

Wake me up, before you go-go

Eigentlich kann ich mich nicht wirklich beschweren. Wir haben bisher noch keine schlaflose Nacht erlebt und können uns an einem humanen Schlafrhythmus des Babies erfreuen. Und doch bleiben die Nächte fremdbestimmt. Es beginnt bereits am Abend, wenn man eigentlich endlich Zeit für sich hätte und es sich für ein paar Stunden gut gehen lassen kann. Oft fallen mir dann schon die Augen zu oder ich ich muss mich entscheiden: schlafen oder Freizeit? Oft gewinnt der Schlaf. Bis der Babywecker in der Nacht brutal zuschlägt. In manchen Schlafphasen weniger schlimm, in anderen fast schmerzhaft. Vor allem, wenn man nicht mehr stillt und die Hormone einen mit der Aufgabe ganz alleine lassen. Denkt man in der ersten Sekunde noch, man kommt absolut nicht klar, kann man 20 Minuten später, nach füttern und wickeln, plötzlich nicht mehr einschlafen. To Do Listen werden in Gedanken geschrieben, gegrübelt und in meinem Fall Unmengen an Podcasts gehört. Bis man dann wieder einschläft, natürlich nur um einige Minuten später erneut vom Babywecker geweckt zu werden und das Spiel von vorne los geht.
Das sind die Momente in denen ich bedaure, dem Schlaf an sich früher nicht mehr Dankbarkeit gezeugt zu haben. Habe ihn immer für selbstverständlich gehalten. Jetzt wo man sich jede Stunde hart erkämpfen muss, planen muss, Kompromisse eingeht, werde ich oft wehmütig und träume von früher. Von einem Leben voller Schlaf. Absoluter Luxus. Hoffentlich wird unser Sohn genau so eine Schlafmütze wie wir es sind und irgendwann teilen wir vielleicht sogar einen ähnlichen Rhythmus. Bis dahin träume ich weiter: von langen Sonntagen im Bett, selbstgewählten schlaflosen Nächten und ausgedehnten Nickerchen.

Und an alle schwangere Frauen da draußen: genießt jeden einzelnen Tag im Bett!