„Komm, wir gehen feiern!“ – Über die emotionale Reise einer Mutter nach Mitternacht
Drei Wochen vor der Party:
Was früher höchstens einen Tag vorher passiert, geschieht diesmal drei Wochen im Voraus – nämlich die Party-Planung. Ein Freund besorgt Tickets für irgendeine coole Label-Party, angeblich DIE Party überhaupt und fragt, ob ich mit möchte. Mein altes Ich freut sich auf Tanzen, das Gefühl von Freiheit und Exzess. Die Mutter in mir denkt: Wie gut, dass wir jetzt schon die Tickets haben, dann müssen wir sicher am Abend nicht lange anstehen, sind fix drin – und somit auch schneller wieder zu Hause. Außerdem kann ich natürlich mit so viel Vorlauf alle wichtigen Vorkehrungen schaffen und mich seelisch und moralisch auf diesen Abend vorbereiten.
Wow… liebe es, wie spontan ich bin!
Die Woche vor der Party:
Die Vorfreude steigt und mit ihr kommen natürlich auch so wichtige Fragen wie: Was ziehe ich an? Wie tanzt man eigentlich noch mal zu elektronischer Musik? Und wie werde ich es schaffen, nicht nach zwei Stunden auf der Tanzfläche einzuschlafen?
Ein kleiner Power Nap am Nachmittag ist natürlich schon fest eingeplant. Genau so wie der Deal mit einer Kita-Freundin, dass mein Sohn am Tag drauf zum Spielen bei ihr sein darf. Denn nur eine kinderfreie Wohnung gibt genug Raum für einen gepflegten Kater und dazugehörigen Schlafmangel. Ich fühle mich also bestens vorbereitet.
Der Morgen vor der Party:
Heute nehme ich mir natürlich ‘ne Runde Extra-Zeit im Bad, es wird ordentlich rasiert, gezupft und poliert. Nicht, dass das irgendwem auffallen würde, aber so hab ich’s halt auch schon mit 16 gemacht und so mach ich es auch heute noch. Es läuft den ganzen Tag schon laut Musik zu Hause und mein Körper hat richtig Bock. Beim wöchentlichen Einkauf fürs Wochenende, packe ich vorsichtshalber eine TK Pizza ein. Mein Zukunfts-Ich wird mir dafür noch sehr sehr dankbar sein. High Five für so viel Weitblick!
Der Nachmittag vor der Party:
Es ist 17 Uhr und ich bin so unfassbar müde. Es ist plötzlich wieder so kalt geworden und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, heute noch mal das Haus zu verlassen. Die Party beginnt um 0 Uhr, davor gibt’s Freunde und Drinks in einer Bar. Also noch eine gefühlte Ewigkeit bis dahin…
Sah mein Bett eigentlich schon immer so gemütlich aus? Hat das Kind plötzlich eine heiße Stirn? Wäre es vielleicht besser, zu Hause zu bleiben?
Muss mir leider eingestehen, dass niemand rine heiße Stirn hat und ich die Kurz-vorher-Absagen-Nummer nicht bringen kann. Also rein ins Outfit, warme Jacke drüber und los….
Zwei Stunden vor Party Beginn:
Die Müdigkeit ist verflogen, die Bar ist voll, die Laune richtig gut. Bin bereit für die Nacht. Mein Drink des Abends: Cubra Libre. Schmeckt, macht wach und angenehm tipsy. Zwei Stunden und drei Cola Rum später, bin ich bereit, ins Taxi zu springen und die Party zu stürmen. „Vor zwei Uhr brauchen wir da nicht auftauchen“ – erklärt mir meine Begleitung. Bitte was? Aber die Party fängt doch schon um 0 Uhr an, wieso denn warten?
Natürlich habe ich mir insgeheim eine Deadline gesetzt. Um vier wollte ich eigentlich mit frisch geputzten Zähnen wieder im Bett liegen. Dann bekomme ich im besten Fall 5,5 Stunden Schlaf.
Diesen perfekt ausgeklügelten Plan kann ich doch jetzt nicht über den Haufen werfen!?
Zwei Stunden nach Party Beginn:
Es ist zwei Uhr nachts, wir stehen im Nirgendwo vor einem typischen Berliner Club, es hat -2 Grad und die Cola hat aufgehört, zu wirken. Stattdessen habe ich tierischen Hunger und stelle mir vor, wie ich mit meiner Pizza im warmen Bett liege. Trotz der Tickets stehen wir weitere 20 Minuten in der Kälte und betreten um halb drei nachts den Club.
Ich versuche es erneut mit Alkohol und merke, wie mein Körper diesen mit jeder Faser abstößt.
HUUUUNGER!!!!! Wünschte, ich hätte ich ein paar Salzbrezeln oder Reiswaffeln in der Tasche, so wie sonst immer für die Kids.
Der Club ist bis zum Anschlag voll. Ich wundere mich allerdings über die viel zu leise, kaum hörbare Musik, bis ich feststelle, dass der erste DJ noch gar nicht richtig angefangen hat, aufzulegen. Bitte was? Es ist drei Uhr nachts und die Party hat noch gar nicht richtig angefangen? ich wollte doch um vier wieder zu Hause sein!!!! Hat denn hier sonst niemand Kinder?
Vier Uhr – (geplante Schlafenszeit):
Der DJ war so nett und hat mit seiner Arbeit angefangen – ich kann also endlich tanzen. Macht Spaß! Sehr sogar. Aber zwei Stunden später tut mir alles weh und ich kann die Augen vor Müdigkeit nicht mehr offen halten. Sechs Uhr – ich bin mehr als stolz, dass ich immer noch hier bin, aber rufe mir JETZT SOFORT ein Taxi. Alle anderen tanzen weiter. Die Party geht schließlich 24 Stunden. Während ich mich an tanzenden Menschen vorbei in Richtung Ausgang schiebe, mache ich mir jetzt schon Sorgen um den nächsten Tag. Der ja jetzt sogar schon angefangen hat. Scheiß Verantwortungsbewusstsein, scheiß Verpflichtungen!
6.30 Uhr (endlich Schlafenszeit!)
Ich lege mich leise aufs Sofa, damit ich Kind und Freund nicht wecke. Richtig blöde Idee, denn der Sohn ist im Halbschlaf, merkt, dass ich nicht neben ihm liege und fängt an, mich in der Wohnung zu suchen. Er findet mich auf dem Sofa und kommt dazu. Halbe Stunde später ist er richtig wach. Sonst schläft er gerne mal bis 9:30 uhr, heute ist er um sieben wach. Ich hab 30 Minuten geschlafen…30 MINUTEN!!!!! Mein Körper checkt ganz nichts mehr…
Die folgenden qualvollen Stunden erspare ich euch. Zum Glück ist das Kind irgendwann bei seinem Kumpel und ich falle von einem kurzen Schläfchen ins Nächste. Dazwischen gibt es Pizza.
Erkenntnisse des Abends:
-
- Alles was nach 2 Uhr Nachts passiert, passiert in Zukunft ziemlich sicher ohne mich.
- Werde nun immer Snacks in der Tasche dabei haben, für plötzliche Hunger-Attacken.
- Bock auf Tanzen? Klar! Aber zukünftig bitte nur noch tagsüber und am frühen Abend.
Schließlich findet man in Berlin immer irgendwo ein Open Air, so dass man pünktlich um 12 wieder im Bett liegen kann. Ob die wohl extra für Eltern gemacht wurden?