Die zwei wirklich besten Ratgeber für Schwangerschaft und die Babyjahre

Ich bin ja eigentlich kein Fan von Superlativen. Aber in den letzten acht Jahren (ja, im Februar gibt es uns acht Jahre!) habe ich mich mit einigen Ratgeberbüchern auseinandergesetzt. Bis jetzt war keines dabei, dass ich wirklich, wirklich meiner besten Freundin empfehlen würde. Bevor ich aber ins Schwärmen gerate noch kurz: Nein, dieser Beitrag ist nicht bezahlt.

Nun ist es so, dass es in Sachen Schwangerschaft, Baby- und Kleinkindzeit immer wieder unterschiedliche Trends, Strömungen und Faktenlagen gibt. Wurde vor einigen Jahren noch die Bauchlage des Babys als wichtig gegen den plötzlichen Kindstot angesehen, sieht man dies heute nicht mehr so. Galt es noch vor einigen Jahrzehnten als normal, dass Schwangere rauchen, weiß man heute, dass Rauchen wahnsinnig schädlich für das ungeborene Baby ist.

Anekdotische Evidenz versus Faktenlage

Der Wissenschaft sei Dank, wissen wir heute relativ gut, was wir lieber lassen sollten in der Schwangerschaft und was kein Problem ist. Aber Wissenschaft wäre nicht Wissenschaft, wenn es nicht auch Grautöne gäbe. Wir wissen nicht alles, oft kann man nur über Wahrscheinlichkeiten sprechen oder es wird festgestellt, dass die eine Annahme so doch nicht stimmt. Gerade wenn man das erste Kind erwartet, gibt es also trotz vieler Studien Unsicherheiten. Und es gibt ÄrztInnen, die unterschiedliche Dinge erzählen. Meinte meine Frauenärztin noch vor einigen Jahren, ich könne ruhig Sushi essen, riet die andere mir davon ab. Aber auch Eltern untereinander geben sich oft Ratschläge oder Tipps. Die für sie zutrafen, aber eben nicht allgemein gültig sind. “Anekdotische Evidenz” nennt man so etwas. Besonders wenn es um Babys und Kindererziehung geht, bemerke ich bei vielen Ratgebern dann auch noch folgendes: einen ideologischen Unterbau. Ist die Autorin zum Beispiel eher in der Attachment Parenting Sparte zu verbuchen? Dann kann man davon ausgehen, dass gewisse Dinge eben doch eingefärbt sind.

Denn wenn wir in unserer heutigen Zeit eines wissen, dann, dass Fakten verdreht und Studien verzerrt wiedergegeben werden können. Und hier kommt auch schon der erste Punkt, warum ich die Ratgeber der Harvard-Ökonomin Emily Oster so klasse finde: Sie ist Ökonomin. Sie hat keine pädagogische Ausbildung, ist keine Hebamme oder Ärztin. Sie ist nicht Anhängerin eines bestimmten Erziehungstrends. Sie ist Ökonomin und kennt sich vor allem mit Zahlen und der Auswertung von Studien aus. Sie interpretiert Studien nach wissenschaftlichen Maßstäben und gibt einfach die Faktenlage wieder. Und lässt Eltern dann selbst entscheiden. Schon vor einigen Jahren habe ich ein Interview mit ihr bei einem meiner Lieblingspodcasts Freakonomics gehört. Darin ging es um allerhand Mythen rund ums Kinderkriegen. Ich mag ihre unbefangene und nüchterne Art, mit Fakten umzugehen. Und lustig ist sie auch noch.

Für die mündige Schwangere

Und das ist auch gleich mein zweiter Punkt, weshalb ich vor allem “Das einzig wahre Schwangerschaftshandbuch” so toll finde: Es ist für Frauen gemacht, die selbst Entscheidungen treffen wollen (und können). Hier wird nicht bevormundet, sondern es werden Studien ausgewertet. Emily Oster schaut genau hin und gibt uns die Informationen an die Hand, um abzuwägen. Im Buch wird immer wieder deutlich, was zum Beispiel der Unterschied zwischen Korrelation (wechselseitige Beziehung) und Kausalität (ein ursächlicher Zusammenhang) ist. Das wird nämlich leider in Büchern oder Zeitungsartikeln oft falsch gedeutet. Sie erklärt uns auch gut verständlich, was randomisiert-kontrollierte Studien sind (eine Forschungsmethode, bei der eine große Gruppe nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt wird und eine die Kontrollgruppe darstellt). Der oder die LeserIn bekommt einen guten Einblick in die Welt der Forschung und Tools, mit denen man selbst kritisch hinterfragen kann, wenn man das nächste Mal eine Schlagzeile liest.

Information statt generelle Verbote

Was können Schwangere essen und was sollten sie lieber sein lassen? Viele sagen ja: Sushi auf keinen Fall. Wenn man aber genauer hinschaut, kann Sushi zwar mit Bakterien kontaminiert sein, die sind aber während der Schwangerschaft nicht gefährlicher als sonst. Anders sieht es zum Beispiel bei rohem Fleisch aus, über das man sich eine Toxoplasmose-Infektion holen kann – und die greift das ungeborene Kind an. Auch was Listerien angeht, ist es nicht ganz unkompliziert. Denn Listerienausbrüche sind leider relativ unberechenbar sowie vielfältig, und dabei sehr gefährlich fürs Baby. Im Buch stehen dann auch gleich die richtigen Informationsquellen, anhand derer man sich über (aktuelle) Listerienausbrüche informieren kann. Ich mag einfach wirklich, dass man hier informiert wird, anstatt mit Verboten überhäuft. Jedes Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit der Datenlage, am Ende des Kapitels gibt es ein “Unterm Strich”, wo kurz alles in einem sinnvollen Entscheidungsrahmen zusammengefasst wird. Und dann geht die Verantwortung an euch. Emily schreibt dazu: “Wer schwanger war, wurde offensichtlich wieder zum Kind. Ständig sagte einem wer, was man zu tun hatte.” Aber Emily interessierte sich für die genauen Daten und konnte auf Grund ihres Berufs Studien und Zahlen richtig werten.

Ein Beispiel: Stillen

Es wird oft behauptet, dass Babys, die gestillt werden weniger erkranken, zum Beispiel an einer Mittelohrentzündung. Das ist tatsächlich so, allerdings verringert sich das Risiko an einer Mittelohrentzündung zu erkranken von vorher 7% auf 5%, wenn man stillt. Das ist ein Unterschied von 2%. Wenn man das weiß (und es gibt natürlich auch viele anderen Fakten, die für das Stillen sprechen), ist es vielleicht doch nicht ganz so schlimm, wenn man nicht stillen kann (oder will).

Schlaftraining

Ich persönlich finde Schlaftraining schlimm, ganz furchtbar und es bricht mir fast das Herz, wenn ich mir vorstelle, dass Babys in ihrem Zimmer alleine schreien gelassen werden. Emily Oster erklärt in ihrem Buch erst, welche verschiedenen Ansätze es für Schlaftraining gibt, verweist auf die Kritik und woher manche Annahmen stammen. Gleichzeitig wertet sie Studien aus. Bei denen alle etwas gemein haben: Routine. Das Kind wird mit immer der selben Routine ins Bett gebracht. Liegt hier vielleicht der wahre Effekt des Schlaftrainings? Man weiß es nicht genau. Fakt ist, das viele Babys nach einem Schlaftraining länger durchschlafen. Emily Oster wiegt hier die Pro und Contras ab. Chronischer Schlafentzug bei Eltern kann nämlich auch Depressionen auslösen, und vielleicht ist ein “sanftes” Schlaftraining (falls es sowas überhaupt gibt), einer häuslichen Krise und ernsthaften depressiven Erkrankung vorzuziehen? Auch hier bleibt die Entscheidung bei den Eltern, anstatt einfach nur zu verteufeln.

Auch wenn ich ganz persönlich gehofft hatte, dass vom Schlaftraining per se abgeraten wird, überlässt Emily Oster den LeserInnen die Entscheidung. Neben diesen sehr kontroversen Themen, geht es aber auch um Frühgeburten (und wie das Risiko vermindert werden kann), Medikamente, Vorsorge, Schlaf, Pro und Contra Hausgeburt und viele weitere Themen. Die Bücher sind locker und teilweise recht witzig geschrieben, manchmal merkt man jedoch leider sehr die Übersetzung aus dem Englischen.

Am besten fasst es wohl aber Amy Schumer zusammen, was ich so an den Büchern mag: “Emily Oster ist die Freundin, die uns nicht verurteilt, unsere Hand hält und uns durch Schwangerschaft und Mutterschaft führt.”

“Das einzig wahre Schwangerschafts-Handbuch”, Emily Oster-

– “Das einzig wahre Baby-Handbuch”, Emily Oster