Let’s talk about: ambulant entbinden

Während der Schwangerschaft mit meiner großen Tochter habe ich mich zum ersten Mal intensiv mit dem Thema Geburtsort beschäftigt. Vorher kannte ich nur Geburten im Krankenhaus und Hausgeburten. Ich selbst bin Zuhause geboren, konnte mir das für mich aber irgendwie nicht vorstellen. Durch viele Texte und Gespräche mit meiner Hebamme habe ich weitere Möglichkeiten kennengelernt: das Geburtshaus und die ambulante Entbindung im Krankenhaus. Für Letzteres haben wir uns schlussendlich entschieden. Zweimal sogar. Warum es für mich die allerbeste Entscheidung war, welche Vorteile und Bedingungen es gibt, erzähle ich heute.

Bevor ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, hatte ich tatsächlich noch nie von der Möglichkeit gehört, im Krankenhaus zu gebären und danach direkt wieder nach Hause zu gehen. Auch jetzt, Jahre später, kenne ich kaum Mütter in meinem Bekanntenkreis, die ambulant entbunden haben. Und ich frage mich, warum das so ist. Denn ich finde, dass eine solche Geburt viele Vorteile hat. Für mich ist ambulant entbinden quasi best of both worlds – die medizinische Sicherheit eines Krankenhauses und die Gemütlichkeit und Initimität der eigenen vier Wände (ähnlich wie bei einer Hausgeburt).

MEINE Gründe

Ich mag keine Krankenhäuser und fühle mich dort absolut unwohl. Das hat verschiedene, sehr persönliche Gründe. Zum einen habe ich in den letzten Jahren nur dann Krankenhäuser von innen gesehen, wenn Familienmitglieder schwer krank waren und ich Abschied nehmen musste (und das leider viel zu oft). Zum anderen bin ich ein „Drinnie“. Ich bin hochsensibel und introvertiert und bin einfach wirklich gerne Zuhause. Dadurch arbeite ich auch schon seit vielen Jahren im Homeoffice. Zuhause fühle ich mich am wohlsten und sichersten. Nicht die besten Voraussetzungen für einen Krankenhausaufenthalt. Deswegen habe ich mich in meiner ersten Schwangerschaft auch viel mit dem Thema beschäftigt. Mein Mann und ich haben Kranken- und Geburtshäuser angeschaut, ich habe viel dazu gelesen und ausführlich mit meiner Hebamme gesprochen. Sie war zufällig auch Hausgeburtshebamme, dadurch konnte sie mir dazu alles Wichtige erklären. Nach und nach hat sich dann herausgestellt, dass eine ambulante Geburt für uns perfekt war. Jedoch: Natürlich ist das ganz individuell und mit Sicherheit nicht jedermanns äh jedermenschs Sache.

So war es dann wirklich

Ich habe das große Glück, zwei tolle Geburten erlebt haben zu dürfen. Beide waren zwar sehr anstrengend und auch nicht komplett unkompliziert, aber ich durfte zwei Mal relativ kurz nach der Geburt nach Hause gehen.
Bei meiner ersten Geburt war ich von nachts um 3 Uhr bis etwas 12 Uhr am nächsten Tag im Krankenhaus. Meine große Tochter ist um 08:04 Uhr geboren. Die Geburt war durchwachsen, denn meine Tochter war eine Sternenguckerin, das heißt, sie lag mit dem Gesicht nach oben. Das wusste ich vorher zum Glück nicht. Diese Lage führt oft dazu, dass die Geburt länger dauert und schmerzhafter ist. Das habe ich alles aber erst danach gelesen und erfahren. Ich hatte sogar das große Glück, keinerlei Geburtsverletzungen zu haben und auch meine Tochter war wohlauf. Also stand unserer Heimfahrt nichts im Wege. Die Hebammen haben zwar ein paar Mal kritisch nachgefragt, ob wir wirklich gehen wollen und auch mein Mann hat kurz Zweifel bekommen, aber ich wollte unbedingt nach Hause. Also haben wir unsere Hebamme angerufen und meine Eltern (sie haben uns mit dem Auto abgeholt) und sind dann vier Stunden nach der Geburt nach Hause gefahren. Dort war ich absolut erleichtert und glücklich.

Herausforderungen, Stillen, Ruhe – das erste Wochenbett

Mein Mann musste leider die ersten 10 Tage nach der Geburt noch arbeiten, bevor er Elternzeit hatte. In diesen ersten 10 Tagen ist meine Mutter jeden Tag zu uns gekommen. Mein Mann hat mir jeden Morgen Frühstück ans Bett gebracht, bevor er zur Arbeit gefahren ist. Im Laufe des Vormittags kam deine meine Mutter, hat aufgeräumt, geschaut, ob wir was brauchen, hat etwas Frisches gekocht und war einfach da. Meine Hebamme kam auch jeden Tag vorbei. Das Stillen war wirklich schwierig und es hat Tage und viele Versuche, Tränen und Hilfsmittel (Stillhütchen) gebraucht, bis es irgendwann geklappt hat. Ich saß oft einfach stundenlang halbnackt da und habe es immer wieder versucht. Ich weiß nicht, ob ich das im Krankenhaus durchgehalten hätte. Insgesamt war das erste Wochenbett wunderbar. Ich hatte die Ruhe und Umgebung, die ich brauchte und konnte ganz entspannt in meiner neuen Rolle ankommen. Wir haben das Wochenbett auch wirklich eingehalten und ich bin in der ersten Zeit kaum aufgestanden – dank der Unterstützung, die ich hatte, ging das wunderbar. Wir waren – auch dank der ambulanten Geburt – in den ersten Wochen wirklich einfach in unserer Babybubble.

Herausforderungen, Entthronung, Chaos – das zweite Wochenbett

Mit dem zweiten Kind ist so ein Wochenbett natürlich etwas anderes. Viele Freundinnen haben sich auch ganz bewusst dazu entscheiden, mit dem zweiten Kind ein paar Tage im Krankenhaus zu bleiben. Wegen der Ruhe. Ich wollte aber auch diesmal wieder nach Hause. Außerdem hat meine große Tochter das Thema sehr beschäftigt, sie wollte bei allem dabei sein und hatte große Sorge, dass wir länger im Krankenhaus bleiben müssen. Deswegen war die Entscheidung für eine weitere ambulante Geburt auch für sie. Meine zweite Geburt war der ersten recht ähnlich, außer dass meine zweite Tochter keine Sternenguckerin war, ich aber ein paar kleine Geburtsverletzungen hatte und genäht werden musste. Nach Hause gehen durften wir trotzdem. Zum Glück. Für uns als Familie war das sehr wichtig und ich glaube auch, dass es die erste Zeit einfacher gemacht hat. Unsere große Tochter konnte so überall dabei sein und zwar ganz von Anfang an. Sie war so aufgeregt und stolz. Natürlich gab es auch turbulente und herausforderne Tage und viele Tränen, aber ich war trotzdem unendlich froh, zuhause sein zu können.

Meine Geschichte und Beweggründe sind natürlich sehr individuell, aber es gibt auch ganz objektiv wirklich viele Vorteile. Und ein paar Bedingungen.

Vorteile und Bedingungen einer ambulanten Geburt auf einen Blick

Vorteile:

  • Zuhause ist es sehr viel ruhiger als in einem Krankenhaus, dadurch ist das Ankommen entspannter.
  • Zuhause hat man außerdem alles, was man braucht und gerne mag. Dadurch ist es einfacher, sich richtig wohl zu fühlen.
  • Das Wochenbett kann eine sehr sensible Zeit sein. Vielen Müttern fällt es in den eigenen vier Wänden leichter, diese Gefühle zuzulassen und damit umzugehen.
  • Man kann als Familie ganz ungestört die erste Zeit gemeinsam erleben.
  • Baby und Mama sind keinen Krankenhauskeimen ausgesetzt.
  • Eine Hebamme, die nach Hause kommt, kann sich ganz ungestört allen Themen widmen und hat häufig auch nicht so einen Zeitdruck.

Man kann übrigens sehr spontan entscheiden, ob man wirklich nach Hause gehen will. Auch wenn es allen Beteiligten gut geht, ihr nach der Geburt aber doch lieber im Krankenhaus bleiben wollt, geht das natürlich. Ich habe vorher immer gesagt, dass ich gerne gehen würde, wenn es möglich ist. Und falls es nicht möglich sein sollte, hatte ich schon ein Familienzimmer „reserviert“. Ihr könnt die Entscheidung nach der Geburt ganz in Ruhe als Familie und mit einer Hebamme besprechen.

Einige Dinge sollten aber beachtet und organisiert werden:

  • Es darf keine (großen) Komplikationen bei der Geburt geben und Baby und Mutter müssen fit genug sein (Geburtsverletzungen).
  • Nach einem Kaiserschnitt sollte man in der Klinik bleiben.
  • Ihr müsst eine Babyschale mit ins Krankenhaus nehmen, für den Weg nach Hause.
  • Zuhause sollte alles gut vorbereitet sein: Genug Essen (am besten auch fertige Gerichte), Windeln, Binden, Stilltee, Stilleinlagen, Hausapotheke…
  • Außerdem muss man eine Hebamme für die Zeit im Wochenbett haben. Sie kommt im Normalfall zwei Wochen lang täglich. Wenn es Schwierigkeiten (z.B. mit dem Stillen) gibt, sogar zweimal täglich.
  • Es ist auch sinnvoll, sich Unterstützung für diese Zeit zu organisieren – für den Haushalt, Besorgungen, Kochen etc.! Oder auch für die Beschäftigung eines Geschwisterkindes. Vielleicht können Oma und Opa mal unterstützen oder Freund*innen. Manche Krankenkassen bezahlen nach einer ambulanten Geburt oft sogar eine Haushaltshilfe. Fragt mal nach.
  • Die erste Untersuchung des Babies (U1) wird direkt im Krankenhaus durchgeführt. Aber für die U2 (die zwischen dem 3. und 10. Lebenstag durchgeführt wird) solltet ihr vorher schon einen Kinderarzt haben. Manche Kinderärzte machen wohl auch Hausbesuche. Das könnt ihr vorher erfragen. Falls ihr hinfahren müsst, macht am besten einen späten Termin (nicht schon am dritten Tag), da so ein Ausflug am Anfang wirklich sehr anstrengend sein kann.

Letztendlich kann man eine ambulante Geburt natürlich nur bedingt planen, da sie vom Geburtsverlauf abhängt. Ich wollte diese Option trotzdem genauer vorstellen, da einige sie vielleicht noch nicht kennen und weil sie für mich die absolut beste Entscheidung war.

Wie und wo habt ihr entbunden? Was sind eure Erfahrungen mit einer ambulanten Geburt?