Von der guten alten Konsequenz

Hach, wie war das doch schön, als man noch gefestigte Meinungen über Kindererziehung hatte.  Mit der Geburt des eigenen Kindes verändert sich das allerdings. Plötzlich sind Dinge, bei denen man sich sicher war, dass man sie NIE, NIE so machen würde, eine Option. Wie zum Beispiel die eigenen Kinder bestechen. Ich weiß noch, wie eine Freundin mit schuldbewusstem Lächeln ihrer Tochter eine Mini-Haribo-Tüte anbot, wenn sie jetzt endlich auf ihr Laufrad steigen und weiterfahren würde. Ich lächelte sie an und sagte "Klar, kann man verstehen". Gedacht habe ich: "Wie, die lässt sich so vom Kind manipulieren? Nee, bei mir würde das nicht in die Tüte kommen. Ich würde da strenger sein." Weit gefehlt.

Ein Tag voller Kämpfe

Nicht umsonst nennt man die Zeit ab zwei Jahren auch “terrible twos”. Nun sind unsere Jungs noch nicht zwei, aber haben durchaus schon ihren eigenen (Wider-)Willen entdeckt. Und sie “wollen” prinzipiell das, was wir gerade nicht wollen,  bzw. was sie nicht sollen. Die Waschmaschine läuft, die verbotenden bunten Knöpfen werden gedrückt und plötzlich wird aus der 30° Wäsche 60°. Adé Wolle-Seide-Body. In der Trotzphase ist jeder Tag ein Kampf. Mal mehr, mal noch mehr. Und da geht dann doch manchmal die Konsequenz flöten.

Der Grad an Konsequenz hängt vom Gemütszustand ab, oder eher: Vom Müdigkeitszustand

Je nach dem wie gut oder schlecht man geschlafen hat, wie gestresst man ist und welche Tageszeit es ist, variiert die eigene Konsequenz. Oder sie verschwindet ganz. Wie Isabel es beschreibt: Ihre Konsequenz hat sich eher in den Weg des geringsten Widerstandes verwandelt. Wenn man den ganzen Tag mit einem weinerlichen Kind verbracht hat, ist manchmal kein Nein mehr drin. Wenn es aber doch drin ist, dann wird geschrien. Sich auf den Boden geworfen und irgendwann weiß keiner mehr, worum es jetzt eigentlich ging.

Ablenken?

Auch zur Strategie des Ablenkens gibt es unterschiedlich Meinungen. Und nicht immer geht das. Wenn man sich zum Beispiel schnell anziehen muss, die Zeit drängt, man ist zu spät dran und der Sohnemann hat sich gerade entschieden, heute, natürlich ohne jeglichen Grund zu protestieren. Kein Schal bleibt am Hals, die Mütze wird auf den Boden gefeuert und so fort. Ihr kennt das. Da hilft ablenken natürlich nicht. Da hilft dann nur (Achtung, Rabenmutter-Alarm), “wenn du dich anziehen lässt bekommst du den Nuckel”. 0:2 für die Konsequenz. Erster Fehler: Nuckel gibt’s bei uns eigentlich nur noch zum Schlafen. Zweiter Fehler: Man hat das Kind mal wieder bestochen. Bei anderen Situationen hilft das Ablenken oder auch das Herausnehmen aus der Situation, manchmal.

Einmal verloren, immer verloren?

Nur weil man ab und zu mal nachgibt, heißt das ja nicht gleich, das Kind wird verzogen. Außerdem: Kinder werden älter, Phasen vergehen und es kommen neue. Und auch wenn Mama nicht immer konsequent ist, irgendwas scheinen die süßen Monster ja doch zu lernen. Manchmal hören sie dann auch einfach von ganz alleine auf. Und wenn nicht: An irgendwem muss man sich ja reiben und Mama ist immer da. Wichtig ist es, seinen eigenen Willen zu entdecken, sich selbst bewusst zu werden. Irgendwann wird es dann vielleicht auch langweilig, immer die bunten Knöpfe zu drücken oder auf den Tisch zu klettern. Da muss man dann plötzlich gar nichts mehr sagen und man bekommt als Dankeschön und einfach so, einen dicken Schmatzer.

FOTOS: JILL GREENBERG