Von den ersten eigenen Schritten – Im Kiez und im Netz

Irgendwann kommt wohl unweigerlich für alle Eltern der Tag, an dem sie realisieren, dass die Kinder selbständiger werden wollen. Bei den einen ist das etwas früher, andere Kinder brauchen länger. Ich berichtete ja hier schon mal über die Erfahrungen mit meinem Sohn, der schon ein einigermaßen früh gerne die Wochenend-Schrippen (ja tatsächlich, mein kleiner Wahlberliner benutzt auch dieses Wort. Mir als gebürtige Rheinländerin ist das noch immer etwa suspekt ;)) selbst beim Bäcker um die Ecke holen wollte. Dieser Prozess kostet natürlich ein kleines Stück Überwindung, aber vor allem benötigt man Vertrauen. Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes, auf den Straßenverkehr zu achten, sich bestenfalls nicht verunsichern zu lassen, und das nötige Selbstbewusstsein mitzubringen, beim Bäcker überhaupt seine Bestellung aufzugeben.

Auch der Schulweg ist natürlich so ein Thema. War es früher in meiner Kindheit in den 80er Jahren noch absolut die Regel, dass die Kinder den Schulweg von locker bis zu einer halben Stunde oder mehr spätestens ab der 2. Klasse alleine bestreiten, so ist dies heute eher seltener die Regel. Das sogenannte “Elterntaxi” ist recht weit verbreitet. Sicherlich gibt es hierfür vielerlei Gründe. Auch wir wohnen beispielsweise nicht im direkten Einzugsgebiet unserer Schule. Der Weg mit S- und U-Bahn wäre zwar generell alleine machbar, aber, zumindest von meinem Bauchgefühl her, nicht vor der 5. Klasse. Und selbst dann: Umsteigen am U- Bahnhof Gesundbrunnen in die U8, wo, wie leider mittlerweile in gefühlt immer mehr Stationen in Berlin, offener Drogenkonsum keine Seltenheit ist…?! Aber nimmt man den Kindern damit nicht eigentlich auch wichtige Erfahrungen, wenn man ihnen die meisten der eigenen Wege abnimmt?

“Wer Kindern kein Risiko zutraut, bringt sie indirekt erst recht in Gefahr.”

Das sagt Herbert Renz-Polster, Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor im Gespräch mit MDR Kultur. Und er hat natürlich recht. Weiter sagt er: “Wir reden viel davon, dass unsere Kinder selbstständig sein sollen, reden von Autonomie. Und genau das ist eigentlich ein Übungsfeld für Autonomie: Selbstständigkeit, soziale Kompetenz, miteinander in der Gruppe Sachen aushandeln – das Gefühl: Das packe ich, das schaffe ich, ich bin groß. Die Kinder wachsen natürlich an solchen Dingen”.

Auch in der digitalen Welt werden diese ersten eigenen Schritte kommen. Und diese ist nicht mehr wirklich trennscharf abzugrenzen von der realen Lebenswelt unserer Kinder. Die Welten vermischen sich mehr und mehr – und so werden wir als Eltern auch immer mehr vor die Herausforderung gestellt, dies zu bewerten und bestenfalls gemeinsam mit den Kindern Regeln aufzustellen. Denn, genauso wie für die ersten eigenen Schritte in der realen Welt zunächst grundsätzliche Verkehrsregeln gelernt werden müssen, soziale und kognitive Fähigkeiten auf einem gewissen Level sein sollten, sowie Gefahren eingeschätzt werden müssen, sollten diese Eigenschaften auch für die ersten Schritte im Netz vorhanden sein.

Wir haben hierzu mit Frederike Ruhl gesprochen. Sie ist Medienpädagogin und seit einigen Jahren als Lehrbeauftragte, Konzepterin, pädagogische Beraterin und Workshopleiterin in verschiedenen Praxisfeldern der Medienpädagogik tätig. Dabei arbeitet sie u.a. als Multiplikatorin, sowohl in der Kinder- und Jugendbildung, als auch in der Erwachsenenbildung. Zur Zeit forscht sie im Bereich Digitalisierung und Transformation. Los geht’s:

Hi Frederike! Wie können Eltern ihre Kinder denn gut in der digitalen Welt begleiten? Und hast du klare Empfehlungen bezüglich der täglichen Screenzeit?

“Mir ist klar, dass Eltern sich eine klare Empfehlung wünschen für Screenzeit, wann soll mein Kind ein Smartphone bekommen, usw. Wie bei so vielen Dingen, kann da nicht DIE EINE klare Antwort gegeben werden. Genauso wie wir das Internet nicht mehr abschalten können, so wie einst das Radio oder den Fernseher. Es gibt kein Abschalten mehr – wir sind immer „Onlife“ ein schöner Begriff von dem Philosophen Luciano Floridi. Deshalb ist es wichtig, als Eltern diesen Medienhabitus, der durch die Digitalisierung neue Möglichkeiten, Blickpunkte und Verantwortungen aufzeigt, zu akzeptieren und ihn versuchen zu verstehen. Es kommt also auf die Altersstufe, den Entwicklungsstand und die Interessenlage des Kindes an. Grob wird bei z.B. 10-13-Jährigen 60 Minuten pro Tag am Rechner als Richtwert angesetzt. Ich finde aber wichtiger, auf einen ausgewogenen Tagesablauf zu achten, als die Screen-Minuten zu zählen. Genauso wichtig, wenn nicht sogar am Wichtigsten ist: Was machen die Kinder in der Zeit am Rechner? Recherchieren sie, chatten sie oder gucken sie Videos. Interagieren sie oder konsumieren sie. Außerdem ist die Begleitung der Eltern zentral. Kommunikation und Vertrauen zwischen Eltern und Kindern sind da der Schlüssel. Es ist ein permanenter Austausch und immer wieder neues Verhandeln. Das ist anstrengend, aber nicht anders lösbar in meinen Augen. Kontrolle durch technische Maßnahmen wie Sicherheitseinstellungen und Jugendschutzfilter einrichten, ist eine Maßnahme, die zunächst funktioniert und wichtig ist, aber die das eigentlich Wichtige verschiebt: die Reflektion von Inhalten und Beziehungsarbeit.”

Auch ein wichtiger Aspekt zur Screenzeit ist neben der Frage, was guckt sich das Kind an: Wird die Geschichte zu Ende geguckt und wird das Gesehene mit den Eltern im Nachgang reflektiert durch gemeinsames Spiel oder Gespräch (je nach Alter)? Sehe ich etwas, was mich z.B. gruselt alleine und habe niemanden, mit dem ich das besprechen kann, können sich Gefühle wie Ängste manifestieren. Sehe ich das Ganze allerdings mit meinen Eltern zusammen und merke, dass sie mich auffangen, das Gefühlte annehmen und mit mir nachfühlen, kann das Gruseln sogar etwas Lustvolles sein. Daher ist ein frühes Begleiten der Kinder auf ihren ersten medialen Wegen wichtig. So lernen Eltern auch Schritt für Schritt mit welchen Themen, Inhalten, Spielen, Filmen usw. sich die Kinder beschäftigen wollen und können sich so eher an ihre eigene Medienkindheit und die ihrer Medienhelden erinnern und mitfühlen. Es ist daher besser zu sagen, du darfst jetzt die und die Serie gucken, eine Folge und danach machst du das Tablet aus, also immer das Kind mit in die Eigenverantwortung ziehen.”

Inwieweit findest du es denn wichtig, die Familie als Ganzes zu betrachten beim Thema Medienkonsum? Stichwort hier auch “Vorbildfunktion”?

“Familien müssen für sich individuelle Werte und Regelungen finden und definieren. Welche Rolle und Gewichtung geben wir den Medien in unserer Familie? Welche Regeln hier gelten, sollte gemeinsam erarbeitet und aufgeschrieben werden und dann müssen sich auch bitte alle daran halten!! Auch, welche Plattformen genutzt werden dürfen, sollte gemeinsam besprochen werden. Auch hier gilt: Was für Familie X richtig ist, muss nicht zwangsläufig auch passend sein für Familie Z.”

Und wie kann ich meine Kinder aktiv in ihrer Medienkompetenz stärken?

“Wichtig ist hier, Gespräche zu führen und wirkliches Interesse zu zeigen. Ressourcen selbstständig einteilen üben finde ich ebenfalls sehr wichtig. Auch, das eigene Limit zu erkennen. Beispiel: Eine Stunde Medienzeit am Samstag und eine Stunde am Sonntag. Braucht das Kind diese am Samstag morgen für beide Tag auf, sollte es dann auch dabei bleiben. Es lernt so, Ressourcen einzuteilen und sich dann eben mit anderen Themen zu beschäftigen oder sich auch einfach mal zu langweilen und sich da selber rauszuholen und kreativ zu werden.”

Thema Smartphone: Ab wann würdet du das frühestens empfehlen? Und wie kann man das möglichst sicher machen?

“Generell finde ich, wenn ein Kind gut lesen und schreiben kann, Surf-Erfahrungen hat (also weiß, wie es im Internet nach Dingen sucht, etc.) und sicher mit Computer oder Tablet umgeht, kann ein Smartphone in Betracht gezogen werden. Zunächst wäre es gut, wenn es kindersicher gemacht wird, aber das kann nur für den Anfang helfen. Wichtig ist und bleibt die Achtsamkeit und Begleitung durch die Eltern. Gemeinsam sollten Regeln im Umgang mit dem Smartphone definiert werden. Welche Funktionen sollten aus bleiben, z.B. GPS, Bluetooth, mobiles Internet. Aber auch Regeln im Umgang: Wann wird das Handy weggelegt, Downloads und Anmeldungen immer mit den Eltern besprechen, keine persönlichen Informationen preisgeben, keine Onlinekäufe tätigen, etc.”

Thema Social Media: Hast du hier Richtlinien, ab wann die Kinder frühestens einen eigenen Instagram, Facebook, WhatsApp oder TikTok Account haben sollten? 

“Im Alter von 11-13 Jahre wird das Thema “Selbstständig Kontakt mit Freunden halten” immer größer. Zunächst sollten Eltern beachten, dass es ein  Mindestalter für Messenger Dienste oder soziale Netzwerke zu beachten gilt. Zum Beispiel gilt für WhatsApp 16 Jahre. Viele nutzen allerdings bereits weit vor dem 16 Lebensjahr WhatsApp. Dabei sollte dann darauf geachtet werden, dass die Profile möglichst gemeinsam, also mit den Eltern und sicher eingerichtet werden. Informationen über mich und Posts sollten nur für Freunde sichtbar sein. Gut ist auch, wenn eine Art von „Nettiquette“ mit den Kindern erarbeitet wird. Der Spitzenreiter der Messenger Dienste, WhatsApp, ist übrigens, was Datenschutz angeht, wirklich ein Messenger, den ich nicht empfehlen würde. Bei einem Medien-Elternabend in der Klasse sollte sich vielleicht auf eine sicherere Alternative geeinigt werden. Die Verbraucherzentrale hat hier Alternativen verglichen.”

Wie kann man evtl. auch Parallelen bilden zwischen Stärkung der Kinder für die „reale“ Welt und für das Internet? Die Grenzen verschwimmen ja auch mehr und mehr. Ist es da nicht umso wichtiger, hier auch sozusagen mehr „ganzheitliche Angebote“ zu schaffen? 

“Wichtig ist in meinen Augen dabei das Zusammenspiel aller Bildungsräume, sowohl Schule, Elternhaus, als auch Freizeitangebote. Medien durchziehen die komplette Lebenswelt, daher muss Medienbildung auch ÜBERALL stattfinden. Es gibt zum Beispiel in vielen Berliner Stadtteilen Medienkompetenzzentren, die medienpädagogische Projekte mit Kindern durchführen, Eltern unterstützen, Projekte in den Schulen anbieten etc. Von Storytelling über Reflexion und Umgang mit Sozialen Medien bis hin zu Coding und Robotik.”

Danke, liebe Frederike, für deine ausführlichen Erläuterungen und praktischen Tipps!

Wir werden auf jeden Fall einiges davon beherzigen, denn das Thema ist bei uns derzeit wirklich sehr aktuell. Und ich werde mich wohl selbst auch mal aus meiner eigenen Komfortzone heraus begeben, um gewisse Spiele, die mein Sohn so toll findet, tatsächlich selbst mal auf Herz und Nieren zu testen, anstatt sie von vorne herein zu verteufeln. Und sicherlich künftig auch einiges an Zeit mehr investieren, um mich zu informieren und mit meinem Sohn ins Gespräch zu gehen. Um ihm dann auch das Vertrauen schenken zu können, sich alleine in der digitalen Welt bewegen zu können. Schritt für Schritt.

Dieser Beitrag ist entstanden in Kooperation mit XPLORA, dem führenden Hersteller von Smartwatches für Kinder. XPLORA wurde mit dem Ziel gegründet, Kindern einen sicheren Einstieg in das digitale Leben und ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Bildschirmzeit und körperlicher Aktivität zu ermöglichen. Die Kid Smartwatches von XPLORA gehören zu den ersten auf dem deutschen Markt, die von Anfang an keine Abhörfunktion besessen haben, was die Bundesnetzagentur bestätigt. Sie motivieren Kinder außerdem dabei, aktiv zu sein, durch eine integrierte und spielerische Schrittzählerfunktion.

Was uns besonders gut gefällt ist, dass sich Xplora bewusst dafür einsetzt, dass Kinder selbst eine Balance zwischen Bildschirmzeit und physischer Aktivität im echten Leben finden. Über die Schrittzählerfunktion motivieren sie Kinder, aktiv zu sein. Eltern können die Kinder auf der Goplay-Plattform anmelden. Dort werden die gezählten Schritte des Schrittzählers automatisch in Xplora Coins umgewandelt, die wiederum in Bildschirmzeit, exklusive Minispiele, Lerninhalte und mehr eingetauscht werden können. Zusätzlich können sich Kinder sozial engagieren und erfahren, dass ihre tägliche Aktivität die Welt positiv verändern kann. Sie können sich für verschiedene Kampagnen anmelden und mit ihren Schritten dazu beitragen, dass verschiedene Projekte umgesetzt werden. Xplora unterstützt die Vereinten Nationen dieses Jahr 5 ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele zu erreichen: 1) Keine Armut 3) Gesundheit 4) Recht auf Bildung 5) Gleichstellung der Geschlechter 13) Klimaschutzmaßnahmen. Im Februar wurde 5 Mädchen von Back Girls CODE ein Ausbildungsplatz finanziert und im Juni werden mit One Tree Planted Bäume gepflanzt. Ausserdem sollen dieses Jahr Schulen gebaut und mit The Ocean Cleanup das Meer von Plastik befreit werden.