Postpartum Sex – ein paar Dinge, die ich erst jetzt verstanden habe

Irgendwie sind diese Kinderchen ja entstanden. Wenn das Baby nach der Geburt im Beistellbettchen am Elternbett liegt, so klein und so süß, dann scheint die Zeit der Zeugung aus einer anderen Dimension zu sein. Aus einer Dimension, in der Mann und Frau sich noch abends oder – wie crazy – tagsüber näher gekommen sind. So offensichtlich die Herkunft dieses Babys ist, nach einer Weile fragte ich mich jedes Mal: Was war eigentlich noch mal Sex? Wird es sich je wieder wie “vorher” anfühlen? Und wann ist überhaupt der richtige Zeitpunkt, um sich wieder näher zukommen?

Natürlich ist das Thema, wie so viele, ein hochgradig individuelles und Sex ist ja auch nicht gleich Sex: Manche vermissen den Akt an sich, andere vermissen eher die Zuneigung, den Hautkontakt, das Sich-nah-sein. Und wieder andere Mütter vermissen erstmal gar nichts, weil der eigene Körper schon so vereinnahmt vom Babychen ist, schmerzt, sich komisch anfühlt. Vielleicht gibt es eine Kaiserschnittnarbe, die alles anders aussehen lässt als vorher. Vielleicht Dehnungsstreifen, einen weichen Bauch. Oft ist es ja so, dass man nach der Schwangerschaft seinen eigenen Körper irgendwie zurückerobern und sich erst mal wieder kennenlernen muss.

Ich weiß noch, dass ich mich nach dem ersten Kaiserschnitt wochenlang nicht getraut habe, meinen unteren Bauch zu berühren. Es hat mich wirklich Überwindung gekostet. Besonders am Ende der Schwangerschaft, während und nach der Geburt hatte sich mein Körper sowieso eher wie ein, das ist jetzt nicht romantisch, “Nutzobjekt” angefühlt. Priorität hatte das Baby und mein Körper musste funktionieren. Und er sollte möglichst unangetastet sein… Sex, oder Intimität kamen mir sehr weit weg vor. Gleichzeitig hatte ich total Sehnsucht danach! Schon ein kleines Über-den-Rücken-streicheln löste bei mir Tränen aus. Ich war ständig mit dem Baby und trotzdem fühlte ich mich einsam. Ich vermisste die Zweisamkeit. Etwas, das in meiner dritten Schwangerschaft dann sogar schon ab der 25. Woche nicht mehr so wirklich Thema war. Ich war nämlich einfach nicht fit und fühlte mich sehr unwohl. Außerdem gab es ein anspruchsvolles Kleinkind, das mir das letzte bisschen Kraft und Aufmerksamkeit abverlangte. An Sex war nicht zu denken. Auch nach der Geburt fehlte mir zwar die Intimität, aber hauptsächlich wollte ich einfach schlafen. Und heilen. Nach einigen Wochen kam das Bedürfnis allerdings wieder…

Nach sechs Wochen gehts rund? Eher nicht.

Generell werden ja immer die berühmten sechs Wochen angegeben, nach denen Sex “wieder erlaubt ist”. Natürlich ist das individuell und hängt auch vom Grad der Verletzungen ab. Ich hatte ziemlich genau die sechs Wochen abgewartet, auch mit meiner Hebamme gesprochen und dachte: Hui, es kann wieder losgehen! Ich hatte die Vorstellung, Sex würde einfach so funktionieren, wie vor der Geburt. Weit gefehlt! Was im Kopf so schön und aufregend war, hatte in der Realität eher die Qualität eines ersten Mals.

Alles tat irgendwie noch weh und es war eher unangenehm. Ich war überrascht davon, war es doch meine dritte Geburt! Was war los? Ich googlte. Ah ha. Nach der Geburt sinkt der Östrogenspiegel stark, was zu vaginaler Trockenheit führen kann. Auch das Stillen begünstigt dies. Wie konnte ich das nicht wissen? Und warum machte ich mir Sorgen, dass es nie wieder so werden würde, wie früher? Woher diese Ungeduld? Spoiler Alert: Natürlich wurde es wieder schön und auch richtig gut. Aber es dauert einfach. Jeder Körper hat sein eigenes Tempo und ich musste mal wieder lernen, loszulassen und den Dingen lieber ihre Zeit zu geben, als nach einem festen Zeitplan funktionieren zu müssen.

Was man tun kann, wenn es weh tut? Erstens mit dem Sex warten. Es sollte keinen Druck geben – man schuldet niemanden etwas. Ansonsten hilft wasserbasiertes Gleitgel bei Trockenheit. Außerdem gibt es ja noch andere Wege sich nah zu kommen, schaut einfach was sich gut anfühlt! Und natürlich helfen Beckenbodenübungen. Oft ist der Beckenboden nach einer Schwangerschaft und Geburt nämlich ziemlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Fangt hier am besten mit gezielten Übungen langsam – und in Absprache mit eurer Hebamme – an. Ein fitter Beckenboden kann ziemlich positive Auswirkungen auf den Sex haben.

Was auch helfen kann: Masturbation (wenn man denn Lust hat und so weit ist)! Vielleicht ist es schön, sich erstmal allein wieder kennenzulernen. Nehmt euch die Zeit, denn, wie unsere Autorin Daniela schon mal so passend geschrieben hat, “Selbstbefriedigung ist die hohe Kunst der Me-Time. Mehr “ME” geht nicht”.  Bestimmt kommt dann auch irgendwann die Lust jemand zweites ins Boot zu holen. Gut für den Beckenboden ist es allemal!

Aber nicht nur organisch braucht jeder Körper Zeit, auch der Kopf muss sich an die neue Situation gewönnen. Und obwohl ich das schon zweimal durch hatte, beim dritten Mal war es wieder ungewohnt! Ich dachte dieses Mal wirklich, ich weiß, wie der Hase läuft. Aber es war WIEDER anders. Der Hase lief nämlich erstmal gar nicht.

Im Nachhinein würde ich also eher sagen: Nicht nach sechs Wochen, kann es wieder losgehen. Eher nach sechs Monaten fühlt sich Sex wieder “normal” an. Alles andere davor sind eher schöne Übungen. Und auch das ist wieder bei jedem Menschen anders. So oder so – es ist wichtig als Paar irgendwann wieder mit Intimität zu beginnen. Und das muss natürlich nicht Penetration sein – Sex ist ja noch viel mehr. Ich kann mir vorstellen, je länger man sich gar nicht berührt, je schwieriger wird der “Einstieg” dann…

Stillen als Sex-Blocker? Ja und nein…

Ja, Hormone, die beim Stillen ausgeschüttet werden, können zu Trockenheit führen. Und das Hormon Prolaktin, das bei der Milchbildung hilft, wirkt dem Dopamin, welches eure Libido befeuert, entgegen. Wenn man stillt, hat man eventuell also weniger Lust auf Sex. Außerdem produziert der weibliche Körper während der Stillzeit weniger Testosteron, was wiederum dazu führt, dass das Verlangen nach Sex gemindert wird. Aber es gibt auch tolle Stillhormone, wie all das Oxytocin, das einen durchflutet! Es macht alles empfindlicher – für manche kann das sehr schön sein. Für einige vielleicht auch eher ein Grund für Überreizung. Interessant ist auch, dass die Milchbildung durch Sex angeregt werden kann. Und ja, oft läuft die Milch auch beim Orgasmus. Wen das nicht stört, für die kann das auch sehr spannend sein. Zumindest aber ein wenig lustig.

Apropos Sex! Leider schützt Stillen nicht zuverlässig vor einer erneuten Schwangerschaft. Ihr müsst also an Verhütung denken und das schon beim ersten Mal. Gerade wenn die Geburt noch nicht so lang her ist, sind Kondome eine gute Option, denn sie bieten auch Schutz vor Infektionen.

Kommt das Bedürfnis nach Sex also genauso wieder zurück?

Vielleicht. Einerseits “normalisiert” sich das Sexleben spätestens nach dem Abstillen bei vielen Paaren wieder (auch hier: nicht immer und es ist sehr individuell!). Ich dachte, alles wird wieder wie früher. Was ich nicht bedacht hatte: Da sind jetzt ein Baby und ein Kleinkind, die manchmal schlecht schlafen, nachts ins Bett kommen oder sowieso schon im Bett liegen und generell einfach viel Kraft und Zeit kosten. Abends will ich oft einfach ins Bett. Ich brauche meine Ruhe. Vielleicht zehn Minuten lesen, bevor ich dann einschlafe. Umso mehr Kinder da sind, desto kreativer müssen Eltern wohl sein. Desto mehr müssen sie die Momente, in denen sie sich nach Zweisamkeit fühlen, nutzen. Vielleicht plant man auch wirklich Sex-Dates? Wie auch immer, wie sagt man so schön: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und der kann anders sein also vorher, bestimmt wird er aber genauso schön.