Let’s talk about: Das Zwillings-Phänomen

Zeit meines Lebens haben mich Zwillinge unglaublich fasziniert, speziell eineiige Zwillingspaare. Bücher wie „Das doppelte Lottchen“ und „Hanni & Nanni“ hab ich geradezu verschlungen, so sehr hat es mich gefesselt, dass es Menschen gibt, die komplett gleich sind – zumindest äußerlich und genetisch. Selbst eine Zwillingsschwester zu haben, konnte ich mir jedoch nicht vorstellen. Aber ich hatte lange den Wunsch, mal Zwillinge zu bekommen. Zwei auf einen Streich – die Vorstellung gefiel mir. So hätten die Kinder von Anfang an einen Spielkameraden an der Seite und ich hätte nur einmal durch die Strapazen der Schwangerschaft und des Wochenbetts gehen müssen.

Als ich dann ein Kind bekam und mich das schon ordentlich herausforderte, war ich fast erleichtert, dass sich mein Wunsch nicht erfüllt hatte. Anderthalb Jahre nach Kind 1 bekam ich ein zweites Kind, wieder einen Sohn. Und wieder war ich heimlich froh, dass es keine Mehrlingsschwangerschaft war. (An dieser Stelle geht mein großer Respekt raus an jede Zwillings- bzw. Mehrlingsmama! Ihr leistet Unglaubliches!)

Das Zwillings-Thema hat mich jedoch auch weiterhin nicht losgelassen und noch immer verschlinge ich jeden Artikel zu der Thematik. Mich verblüfft beispielsweise jedes Mal wieder der Fakt, das wir heute in der Lage sind, innerhalb kurzer Zeit einen Impfstoff zu entwickeln, Schafe zu klonen und zum Mond zu fliegen – aber bis jetzt nicht wissen, wieso eineiige Zwillinge überhaupt entstehen…

Dafür wissen wir mittlerweile vieles andere über diese besonderen Geschwisterpaare. Mit dem Psychologen Prof. Dr. Frank Spinath, der an der Universität Saarland arbeitet und forscht, hab ich über das Phänomen „Zwilling“ gesprochen. Prof. Dr. Spinath leitet seit 2014 eine großangelegte Längsschnittstudie, an der etwa 4000 Zwillingspaare teilnehmen und ist damit einer der deutschen Experten in Sachen Zwillingsforschung. Ein spannendes Gespräch – nicht nur für Zwillinge, Zwillingsmamas und Zwillingspapas!

Herr Prof. Dr. Spinath, zu allererst muss ich Sie natürlich fragen: Sind Sie selbst ein Teil eines Zwillingspaares? Oder haben Sie Kinder, die Zwillinge sind?
Beides muss ich verneinen. Ich bin kein Teil eines Zwillingspaares und ich habe auch keine Zwillingskinder.

Wie sind Sie dann zu der Zwillingsforschung gekommen?
Mitte der 90er Jahre hat mein damaliger Doktorvater an der Uni Bielefeld eine Zwillingsstudie mit einem polnischen Kollegen begonnen und ich gehörte mit zum Team. Bei der Studie machten damals 1.500 Zwillingspaare mit, die sich alle auf eine Zeitungsannonce hin gemeldet hatten. Mit diesem Rücklauf hatten wir gar nicht gerechnet. So kam ich zur Zwillingsforschung.

Wieso üben Zwillinge, speziell die eineiigen Paare, so eine Faszination auf uns aus?
Zwillinge sind tatsächlich ein Hingucker. Wir sind ja eine Gesellschaft, die sehr auf Individualität fokussiert ist. Jeder hält sich für einmalig und für etwas Besonderes. Wie wir sehen, fühlen, aussehen ist einzigartig. Nun kommt da aber ein eineiiges Zwillingspaar daher und stellt diese Sicht in Frage, bricht sie auf. Und wir fragen uns plötzlich: Wie wäre das, wenn da jemand in meinem Leben wäre, der so ist wie ich? Wäre das eine Bereicherung? Oder eine Bedrohung? Und: Wie viel Individualität gibt es überhaupt?

Eineiige Zwillinge teilen sich zu 100 Prozent dieselbe DNA – zweieiige zu etwa 50 Prozent. Wir reden dabei aber nur über die Gene, die von Mensch zu Mensch variieren. Die meisten menschlichen Gene sind ja bei allen Menschen gleich, weil sie unseren körperlichen Bauplan bestimmen. Da gibt es keine Variation. Das heißt, auch Sie und ich unterscheiden sich nicht groß.

Zweieiige Zwillinge teilen zwar nur zu etwa 50 Prozent die gleiche DNA – aber wenn das die Gene betrifft, die für äußerliche Faktoren zuständig sind, dann können sich auch zweieiige Zwillinge sehr ähnlich sehen. Die 50 Prozent sind auch nicht in Stein gemeißelt. Bei einigen Zwillingspaaren ist die genetische Ähnlichkeit niedriger, bei anderen höher. Die 50 Prozent sind nur ein Durchschnittswert.

Seit den 70ern ist die Zahl der Zwillingsgeburten weltweit massiv gestiegen? Woran liegt das in erster Linie – wenn man die Reproduktionsmedizin mal ausklammert?
Es gibt ein paar Faktoren, die Einfluss haben, ob eine Frau Zwillinge bzw. Mehrlinge bekommt oder nicht. Ein entscheidender Punkt ist das Alter der Frau. Je älter die Mutter, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Zwillinge bekommt. Und seit einigen Jahren gibt es den Trend, dass Frauen später Kinder bekommen und sich beruflich erst einmal verwirklichen.

Dennoch hat die Wissenschaft bis heute nicht komplett ergründet, wieso es überhaupt zu eineiigen Zwillingsschwangerschaften kommt. Man kann also bis heute nicht erklären, was den Mechanismus, der im Mutterleib stattfindet, in Gang setzt – also warum sich der Zellhaufen in einem bestimmten Stadium der Schwangerschaft teilt. Bei zweieigen Zwillingsschwangerschaften ist das klarer: da werden zwei Eizellen von je einem Spermium befruchtet und reifen parallel heran. Da ich aber Psychologe bin, ist das nicht mein Fachgebiet. Ich nutze nur den Umstand, dass es Zwillinge gibt für meine Forschung.

Aber Sie haben sicher auch von den Mythen gehört, die es rund um Zwillingsschwangerschaften gibt?
Ja, natürlich. Zum Beispiel, dass man als schwangere Frau nicht reiten oder springen soll, weil sich sonst der Zellhaufen teilt. Aber das ist Unsinn. Was jedoch Fakt ist, sind die regionalen Unterschiede von Zwillingsgeburten. In Asien ist die Zahl der Zwillingsschwangerschaften deutlich geringer als in Zentralafrika. Den Umstand nimmt die Wissenschaft zum Anlass, um zu schauen, worin sich diese beiden Gesellschaften unterscheiden und hinterfragt beispielsweise, ob es an den unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten liegt. Aber bislang gibt es da noch keine fundierten Belege.

Spielt auch die genetische bzw. biologische Veranlagung der Mutter eine Rolle?
Ja, auch das schließt man nicht aus. Dennoch ist es ein Mythos, dass in Familien, in der es bereits Zwillinge gab, deutlich häufiger weitere Zwillinge geboren werden. Das kommt vor – aber es ist nicht die Regel. Es heißt ja, wenn die Großmutter Zwillinge hatte, dass die Enkeltochter auch welche bekommt. Diesen Effekt können wir aber in den Bereich der Mythologie verbannen.

Wie viele Zwillingspaare gibt es in Deutschland und auf der Welt heute in etwa?
Wie viele Zwillinge es insgesamt auf der Welt gibt, weiß ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass es da aussagekräftige Statistiken gibt. Man kann aber sagen, dass in Europa eine von 60 bis 65 Geburten eine Zwillingsgeburt ist. Laut einer Studie Universität Oxford werden weltweit jedes Jahr mehr als 1,6 Millionen Zwillingspaare geboren. Das betrifft damit eine von 40 Schwangerschaften. Und wie bereits erwähnt, werden die meisten Zwillinge in Afrika geboren.

Und wie viele dieser Zwillinge sind eineiig und wie viele zweieiig?
Es gibt deutlich mehr zweieiige Geburten. Wenn man das mal grob herunterbricht, dann ist eine von drei Zwillingsgeburten eine eineiige. Und zwei von drei sind zweieiig. Statistisch verteilt sich das relativ klar: Wir haben ein Drittel eineiige Zwillinge, ein Drittel zweieiige mit gleichem Geschlecht und ein Drittel zweieiige Zwillingsschwangerschaften mit unterschiedlichem Geschlecht.
Interessant ist hier, dass es deutlich mehr Zwillingsschwangerschaften als tatsächliche Zwillingsgeburten gibt. Das ist das Phänomen des verschwundenen Zwillings. Am Ende erblickt nur ein Kind das Licht der Welt, weil sich sein Zwillingsgeschwisterchen nicht weiterentwickelt hat. Aber einige dieser Kinder schildern später diffuse Verlustängste… Zu diesem Phänomen gibt es ganz viele Mythen und Geschichten.

Lässt sich prozentuell sagen, wie viele Zwillinge auf natürlichem Weg gezeugt wurden und wie viele auf künstlichem?
Nein. Das wird nicht gezählt. Was man sagen kann ist, dass bei einer In-vitro-Fertilisation, wenn zwei Embryonen im Mutterleib eingesetzt werden, eine 25 bis 30 prozentige Chance besteht, Zwillinge zu bekommen – wir sprechen hier aber von zweieiigen Zwillingen. Das ist vielfach höher als bei einer normalen Schwangerschaft.

Prof. Dr. Frank Spinath

Eineiige Zwillinge teilen sich zu 100 Prozent dieselbe DNA. Das ist Fakt. Wieso verhalten und handeln sie dennoch unterschiedlich?
Verhalten wird ja nicht nur durch die Gene, sondern auch durch die Umwelt beeinflusst. Beispielsweise wenn der Erstgeborene des Zwillingspaares von den Eltern die Ansage bekommt, auf den „jüngeren“ Bruder aufzupassen, wenn sie zusammen etwas unternehmen. Dann wird eine bestimmte Rolle von diesem Zwilling erwartet, nämlich die des Verantwortung tragenden, die er dann entweder erfüllt oder aber dagegen rebelliert. Aber egal wie sich der Zwilling in der Situation verhält, solche Situationen können einen nachhaltigen Einfluss auf sein weiteres Leben haben.

Weil sich eineiige Zwillinge genetisch eins zu eins ähneln, dann würde ein Labor ihre DNA-Probe für ein und dieselbe Person halten, richtig?
Eineiige Zwillinge haben nicht exakt die gleichen Fingerabdrücke – eine DNA-Probe hingegen wäre jedoch identisch. Man könnte also anhand der DNA nicht sagen, welcher Zwilling bei einem Verbrechen, bei dem keine Fingerabdrücke hinterlassen wurden, der Täter war. Dieses Phänomen machen sich ja auch viele Krimis zu Nutze.

Ich kenne eineiige Zwillinge, die sich absichtlich sehr ähneln – auch was ihre Frisur, ihre Kleidung, ihre Interessen betrifft. Und andere Zwillingspaare, die wollen sich ganz bewusst von ihrem Zwilling abheben. Was ist eher typisch?
Das kann man nicht sagen. Da gibt es alle Ausprägungen. Wie man mit seinem Zwilling umgeht, hängt stark von der eigenen Persönlichkeit ab. Bin ich ein Mensch, der eher teamfähig und sozial ist, dann ist ein Zwilling etwas Tolles. Das kann dann durchaus darin gipfeln, dass man sich exakt gleich kleidet und frisiert, um gemeinsam die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Wenn ich jedoch eher narzisstisch und konkurrenzorientiert veranlagt bin, dann gibt es in der Regel Stress zwischen mir und meinem Zwilling. Denn dann sehe ich immer mein eigenes Ich, meine Individualität bedroht. Die Nähe, die Zwillinge teilen, kann also etwas Gutes und etwas Schlechtes sein – je nach Persönlichkeit der Zwillinge.

Heißt das, weil sich eineiige Zwillinge zu 100 Prozent genetisch ähneln, sind dann auch beide Narzissten – und nicht nur einer?
Tendenziell ja. Denn diese hohe genetische Ähnlichkeit bedeutet, dass sich eineiige Zwillinge in globalen Verhaltenstendenzen sehr ähnlich sind. Das heißt nicht, dass sie jeden Tag exakt das gleiche tun – aber es bedeutet, dass sie entweder beide gern in Gesellschaft sind oder beide gern für sich sind. Und auch da gibt es natürlich Spielraum. Ähnlich ist im übrigen aber auch bei der Intelligenz. Wenn ich den IQ des einen Zwillings kenne, kann ich den des anderen meist sehr gut vorhersagen.

Wenn sich also ein Zwilling von seinem Zwillingsgeschwister abgrenzen möchte, muss er auch ein Stück weit gegen seine eigentliche genetisch bestimmte Natur handeln. Und das kostet viel Kraft. Wenn er also gern Fußball spielt, genau wie sein Bruder – der Bruder aber besser ist, kann er sich entscheiden: entweder er akzeptiert das und die damit einhergehenden Vergleiche oder er sucht sich eine andere Sportart aus – obwohl sein Herz eigentlich am Fußball hängt.

Wenn ich Mutter von Zwillingen wäre, was würden Sie mir raten?
Vergleiche zwischen den Zwillingen sollte man vermeiden. Trotz der hohen Ähnlichkeit sollten Eltern auf die individuellen Merkmale der Kinder fokussieren. Denn jeder Mensch, sei er nun ein Zwilling oder nicht, macht seine eigenen Erfahrungen im Leben und diese haben dann wiederum Einfluss auf sein weiteres Leben. Mein Rat wäre also: Hören Sie Ihren Kindern gut zu und schauen Sie genau hin, dann finden Sie heraus, was ihnen gut tut. Wollen beide in einer Klasse sein, dann trennen Sie sie nicht. Wollen beide in verschiedene Sportkurse, lassen Sie es zu.

Reden wir über Krankheiten: Wenn ein eineiiger Zwilling an einer Erkrankung leidet, bekommt sein Zwilling zwangsläufig die gleiche Krankheit, bspw. Krebs, Diabetes oder Depressionen?
Ja, da gibt es oftmals Zusammenhänge. Nehmen wir als Beispiel die Schizophrenie. Wenn ein eineiiger Zwilling schizophren ist, hat der andere Zwilling ein sehr hohes Risiko ebenfalls an Schizophrenie zu erkranken – das liegt bei etwa 50 Prozent. Bei zweieiigen Zwillingen liegt es nur bei 17 Prozent. Das heißt, mit höherer genetischer Ähnlichkeit, steigt die Wahrscheinlichkeit, die gleiche Krankheit zu bekommen wie der Bruder oder die Schwester. Das gilt z.B. für bestimmte Krebsformen, einige psychische Erkrankungen, Diabetes oder Thrombosen. Die Ausprägung der Krankheit kann aber bei beiden Zwillingen unterschiedlich ausfallen.

Was halten Sie von dem Mythos, wenn sich ein Zwilling verletzt, spürt auch der andere den Schmerz?
Das halte ich für Unsinn. Aber sagen Sie das nicht den Zwillingen, die fest daran glauben. Hier geht es viel um Phänomenologie: Wie werden Dinge erlebt und wie werden sie interpretiert? Aber wissenschaftliche Belege dafür gibt es nicht.

Ist es tatsächlich so, dass Zwillinge in der Sprachentwicklung anderen Kindern hinterher hinken?
Ja, das kommt mitunter vor. Zwillinge haben oft miteinander eine Brabbelsprache, mit der sie sich anscheinend auf einfachem Niveau verständigen können. Damit tritt der Input von außen etwas in den Hintergrund. Aber die Verzögerung ist nicht gravierend – Rückstände holen sie schnell wieder auf.

Ist das Verhältnis zwischen eineiigen Zwillingen enger, als zwischen zweieiigen Zwillingen oder normalen Geschwistern?
Ja, das ist so. Das sieht man z.B. daran, dass sich nach unserem Aufruf für die Studie Mitte der 90er, viel mehr eineiige Zwillinge bei uns gemeldet haben – obwohl es ja deutlich mehr zweieiige Zwillinge gibt. Das heißt, wenn man heute von „Zwilling“ spricht, fühlen sich die eineiigen deutlich mehr angesprochen als die zweieiigen. Sie betrachten sich in der Regel mehr als eine Einheit.

Wenn man eineiige Zwillinge vor die Wahl stellt, sich entweder von ihrem Partner oder ihrem Zwilling zu trennen, wie würden sich die meisten entscheiden?
Eher vom Partner bzw. der Partnerin. Das kam tatsächlich bei unserer damaligen Befragung heraus. Aber man muss dazu sagen, dass sich die Zwillingspaare, die 1995 bei unserer Studie mitgemacht haben, freiwillig bei uns gemeldet haben. In der Mehrheit waren das Zwillinge, die ihr Zwillingsdasein als sehr positiv erlebt haben und ein enges Verhältnis miteinander hatten. Mit Sicherheit gibt es zahlreiche Zwillinge, die diese Frage anders beantwortet hätten.

Seit wann beschäftigt sich die Wissenschaft eigentlich mit der Zwillingsforschung? Und was erhofft man sich von ihr?
Die Zwillingsforschung ist noch eine recht junge Wissenschaft. In Schweden oder den USA begann die ernstzunehmende Forschung bereits in den 60er Jahren. Dort hat man erkannt, dass man mit Hilfe von genetisch unterschiedlich ähnlichen Menschen, viel über Veranlagung und Umwelteinflüsse lernen kann. In Deutschland war man da lange etwas zurückhaltender – was vermutlich zum großen Teil an den Verbrechen, die an Zwillingen in der Nazi-Zeit verübt wurden, zu tun hatte. Erst mit der Studie Mitte der 90er, an der ich beteiligt war, hat man sich auch hierzulande wieder verstärkt der Zwillingsforschung zugewandt.

Sie selbst leiten seit 2014 die groß angelegte TwinLife-Studie. Können Sie kurz was zu deren Inhalten sagen?
Das ist eine Längsschnittstudie, bei der wir die Faktoren der Entstehung sozialer Ungleichheit und unterschiedlicher Lebenschancen untersuchen möchten. Dazu interviewen wir mindestens einmal pro Jahr etwa 4000 Zwillingspaare verschiedener Altersgruppen und deren Familien. Enden wird die Studie voraussichtlich 2026. Dann haben wir eine große Zahl von Zwillingen und ihre Familien aus unterschiedlichen sozialen Schichten und aus unterschiedlichen Regionen 12 Jahre ihres Lebens lang begleitet und befragt. Die jüngsten waren zu Beginn der Studie fünf Jahre, die ältesten 23 Jahre. Wir konnten damit verschiedene wichtige Schwellen im Leben, wie Schuleintritt, Schulabschluss, Berufseinstieg, Elternschaft mitverfolgen und unsere Schlüsse daraus ziehen. Also inwieweit genetische und Umwelt-Einflüsse die Entwicklung eines Menschen beeinflussen.

Lassen sich wirklich von einer speziellen Gruppe, wie eben den Zwillingen, Schlüsse auf die gesamte Gesellschaft ziehen?
Ja, weil wir die Zwillinge so repräsentativ ausgewählt haben, dass sie einen guten Querschnitt der Bevölkerung abbilden.

Denken Sie, die Zahl der Zwillings- bzw. Mehrlingsgeburten wird in Zukunft noch weiter zunehmen?
Das ist schwer zu sagen. Ich glaube nicht, dass das Durchschnittsalter von Müttern noch stärker ansteigen wird. Ich denke, da haben wir eine Grenze erreicht. Und was die Reproduktionsmedizin betrifft – da kann man mittlerweile relativ gut steuern, ob die künstliche Befruchtung in einer einfachen oder in einer Mehrlingsschwangerschaft münden soll. Von daher glaube ich nicht, dass die Zahl der Zwillingsgeburten noch deutlich zunehmen wird.

Abschließende Frage: Wie kann eine Frau, abseits der Reproduktionsmedizin, forcieren, Zwillinge zu bekommen?
Diese Frage kann und werde ich nicht beantworten (lacht). Weil es keine seriöse und wissenschaftlich fundierte Antwort darauf gibt.

Lieber Herr Prof. Dr. Spinath, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch!

Titelfoto: aus unserem Porträt mit Frida Mindt