Ist es egoistisch, nur ein Kind zu wollen?

Ein zweites Kind zu bekommen scheint für die meisten Familien völlig selbstverständlich. Doch immer öfter frage ich mich, zu welchem Preis das eigentlich passiert? Und was, wenn man sich der Herausforderung einfach nicht gewachsen fühlt? Ist man dann vielleicht nur zu egoistisch? Ein ehrliches Gefühls-Wirrwarr über die Entscheidung, nur ein Kind zu haben…

Eigentlich wussten wir von Anfang an, dass wir nur ein Kind wollen. Wieso, weshalb und warum habe ich vor fast drei Jahren schon mal hier runter geschrieben. Auch jetzt konnte ich beim erneuten Lesen gedanklich einen Haken dahinter setzen. Ja! Fühle ich immer noch ganz genau so – Punkt für Punkt.
Und trotzdem beschäftigt mich das Thema “zweites Kind” sehr. Nicht, weil wir nun doch weiteren Nachwuchs planen, sondern weil gefühlt alle um mich herum bereits noch ein Baby bekommen haben oder wieder schwanger sind. Und das macht mich sehr nachdenklich…

Zum einen, weil ich immer wieder merke, was ich für einen wahnsinnigen Respekt ich davor habe, ein Kleinkind und ein Baby zu haben. Ich erlebe es ja oft live mit: es ist in erste Linie sehr sehr kräftezehrend. Die Mütter, mit denen ich mich unterhalte, sagen Sätze wie „Ich hab’s mir nicht so anstrengend vorgestellt“ oder „Wie es mir geht interessiert niemanden, ich finde momentan gar nicht statt“. Auf der einen Seite bestätigt das meine Entscheidung für ein Einzelkind – aber gleichzeitig frage ich mich, warum so viele Eltern diese Doppelbelastung auf sich nehmen? Klaro, Geschwister zu haben ist wunderbar und irgendwann spielen die beiden auch sicher miteinander – aber zu welchem Preis das Ganze?

Zu welchem Preis?

Da ist die Freundin, die so gerne ein zweites Kind möchte, obwohl es in der Beziehung eigentlich gar nicht gut läuft. Trotzdem ist der Wunsch danach so groß, dass die Probleme kurz hinten angestellt werden, wohlwissend, dass dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt ist.
Da ist die Familie, die ein Haus baut und deshalb nicht weniger arbeiten kann und deren Alltag bald nur noch aus Geld verdienen, Kinder-Verpflegung und Hausbau besteht.
Das sind nur zwei Beispiele von so vielen. Machen wir uns nicht vielleicht zu großen Druck bzw. halten an Mustern und Bildern fest, wie eine Familie auszusehen hat – nämlich mindestens zwei Kinder und im besten Fall ein Haus mit Garten? Gefühlt wird immer auf etwas hingearbeitet, was in ein paar Jahren Früchte trägt. Aber was ist mit dem Jetzt? Wieso müssen Mütter und Väter erst mal „leiden“ und so sehr zurückstecken, bis sie dann auch mal die Füße hochlegen können?

Und dann ist da noch ein weiterer Gedanke, um das Gefühls-Wirrwarr perfekt zu machen. Bin ich einfach viel zu egoistisch und nicht bereit, so wie so viele andere, Familien meine Bedürfnisse erst mal hinten an zu stellen? Oder bin ich vielleicht einfach nicht so belastbar wie andere? Ab und zu ertappe ich mich dabei, wie ich mir den Alltag mit einem weiteren Kind ausmale und sicherlich wäre es wie so oft mit Kind – man wächst da rein. Doch bin ich jetzt schon ganz schön oft im Energy Low und das, obwohl ich täglich mehr Zeit als genug für mich alleine habe. Ein zweites Kind würde “all in” bedeuten, da bin ich mir sicher. Und ohne Unterstützung in der Stadt würde es mich absolut an meine Grenzen bringen.

Ich möchte nicht verzichten

Ich möchte weiterhin zwei Mal die Woche Abends mit Freunden unterwegs sein. Ich möchte nicht noch mal auf Schlaf verzichten und liebe es, dass wir am Wochenenden alle bis halb zehn pennen. Ich liebe es, abends Sport zu machen, wenn das Kind seine halbe Stunde Bildschirmzeit hat. Ich möchte so lange im Bad sein, wie es manchmal eben dauert. Ich möchte genug Zeit haben, um zu wissen, wie es mir eigentlich gerade geht und welche Bedürfnisse ich habe. Aber darf ich so egoistisch überhaupt sein, wenn ich mich ein Mal auf das Konzept Familie eingelassen habe?
ich weiß selbst, wie schön es ist, eine Schwester zu haben und fühle mich ein wenig schuldig dabei, dass mein Sohn diese Art von Liebe niemals erleben wird. Noch fragt er nicht nach einem Geschwisterkind und findet es sogar gut, dass wir „nur“ zu dritt sind. Aber was ist in ein paar Jahren?

Die Frage, die bleibt, ist also: Sollte man sich für seine Familie an die Grenze bringen oder macht man sich das Leben leichter, indem man Abschied von vorgefertigten Bildern und Idealen nimmt und einfach jetzt im Moment lebt und nicht auf das Später wartet? Rettet mich mein Egoismus oder wird er mir eines Tages zum Verhängnis?