Wie kann ich jetzt Menschen helfen, die richtig leiden?

Die traurige Wahrheit ist ja: auch in dieser Krise sind wir nicht alle gleich. Die Ausbreitung von Covid-19 trifft uns alle, aber für manch einen geht es schnell an die Substanz. Selbst das so belächelte Hamstern von Lebensmitteln muss man sich erstmal leisten können. Deswegen: Gerade in diesen Tagen ist es durchaus sinnvoll, sich die eigenen Privilegien vor Augen zu führen und denen zu helfen, denen es weniger gut geht.

Derzeit schließen in Deutschland beispielsweise viele der Tafeln – für einkommensschwache Familien und Menschen, die auf deren kostenlose Lebensmittelausgabe angewiesen sind, ist das eine dramatische Nachricht. Rund 1,6 Millionen Menschen nutzen das Angebot, das derzeit stark eingeschränkt werden muss, da etwa 90 Prozent der Ehrenamtlichen zur Risikogruppe gehören. Die Tafel ruft deshalb zu einer Welle der Solidarität auf und appelliert an Jüngere, bei Lieferungen etc. auszuhelfen.

Auch Kinder aus sozial schwachen Familien müssen in dieser Zeit auf vieles verzichten, so schließen angesichts der Verbreitung des Corona-Virus auch die Standorte der Arche, wo die Kinder sich sonst über ein warmes Mittagessen, Hilfe bei Hausaufgaben und Freizeitangebote freuen können. Die Arche will nun Lebensmittel ausliefern und Kindern telefonisch bei den Hausaufgaben helfen. Spenden kann man hier.

Besonders schlimm ist es dort, wo das Elend auch davor schon groß war

Ebenfalls hart trifft die Corona-Krise Obdachlose, denn sie haben natürlich keine Möglichkeit, sich an das Gebot der Stunde #stayathome zu halten, können soziale Kontakte nicht nach Belieben reduzieren und sind häufig schon chronisch krank, gehören also zur Risikogruppe. Hier kann man der Bahnhofsmission Geld spenden.

Sehr lesenswert ist dieses Interview mit Dimitris Vafeas, dem Leiter des Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos, wo das Elend auch ohne Corona schon groß war. Ärzte ohne Grenzen fordert die Evakuierung der EU-Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln, spenden für diese Ärmsten der Armen kann man hier oder hier oder auch hier.

Hilfe unter Nachbarn

Doch auch in Deutschland, in Berlin und anderswo, gibt es viele Menschen, die durch die Einschränkungen auf Hilfe angewiesen sind, zum Beispiel Senioren oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem, die sich teilweise nicht mehr vor die Tür trauen. Hier ist Nachbarschaftshilfe durch alle, die das Privileg haben, gesund und stark zu sein, besonders gefragt. Immer mehr Menschen hängen Zettel aus, in denen sie älteren Nachbarn anbieten, Besorgungen für diese zu erledigen. Vordrucke dazu gibt es hier. Der 15-jährige Noah Adler aus Zehlendorf hat Hilfsangebote unter Nachbarn für Berlin auf einem Internetportal gebündelt. Wie eine solche Hilfe im besten Fall aussehen kann, schildert Twitter-Nutzerin @morphany hier.

Auch der Kulturbetrieb leidet enorm unter der derzeitigen erzwungenen Pause – deswegen hat die Redaktion von nachtkritik.de mit mehreren freischaffenden Künstlern zur Aktion #meinekartemeinebühne aufgerufen. Wer jetzt auf die Rückerstattung von gekauften Tickets verzichtet, kann so ganz einfach ein Zeichen seiner Solidarität mit den von der Krise besonders hart getroffenen Künstlern setzen.

Die Berliner Philharmoniker haben derweil eine richtig tolle Aktion gestartet und stellen allen, die etwas Ablenkung brauchen, ein digitales Konzerthaus zur Verfügung.

Richtig herzig: Auf den Schließungs-Post des in Berlin so geliebten Yorck-Kinos reagierten Nutzer mit Bekundungen, ihr Abo trotz geschlossener Kinos natürlich weiterzuzahlen – Gutscheine verschenken, ob für das Lieblings-Restaurant oder das Kino der Wahl ist jetzt auch eine gute Möglichkeit, kleine und mittelständische Betriebe wie das Yoga-Studio oder das schöne Café um die Ecke zu unterstützen.

Selbstständige straucheln, “Systemrelevante” sind die Helden der Krise 

Für Selbstständige geht es ebenfalls sehr schnell an die Substanz – viele wissen schon jetzt nicht, ob sie im Juni ihre Miete noch zahlen können. Diese Petition fordert Hilfen für Freiberufler.

In diesen Tagen kursiert angesichts der Schul- und Kitaschließungen der Begriff “systemrelevante Berufe”. Dazu zählen Ärzte und Ärztinnen, Krankenschwestern sowie Pfleger, aber auch LKW-Fahrer und Supermarktangestellte, die trotz der Ansteckungsgefahr weiter ihrer Arbeit nachgehen müssen, um die Versorgung zu gewährleisten. Gesundheitsminister Jens Spahn appellierte am Dienstag an uns alle, ihnen ein Lächeln zu schenken – richtig so. Was eine Kassiererin derzeit bei der Arbeit so erlebt, sieht man sehr gut in diesem Thread.

Die, auf deren Schulter die Last jetzt ruht, sind oftmals genau die, die für ihre Arbeit viel zu schlecht bezahlt werden, und oft sind das Frauen. Interessanter Aspekt, mehr dazu hier.

In Italien und Spanien, wo vielerorts Menschen unter Hausarrest stehen, klatschen täglich viele von ihren Balkonen  für alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, oder singen gegen die Einsamkeit an. Gestern um 21 Uhr gab es auch hier den ersten Aufruf. Heute sollten wir wieder klatschen! Um Respekt und Ehrfurcht zu zeigen und weil bei all dem Fokus auf die körperlichen Folgen der Krankheit manchmal etwas zu kurz kommt, was dieser Ausnahmezustand mit der Seele macht.

Umso wichtiger also, einander beizustehen.